Lix -1-

Hyunjins POV

Das Gespräch mit Jisung war hilfreich gewesen. Jetzt kannte ich eine weitere Seite von Minho. Er war so viel mehr, als er mir vorgab zu sein. Mit jedem Kontakt von ihm, den ich nachging, bekam ich ein genaueres, detailliertes Bild meines verstorbenen Kumpels. Minho hatte nicht nur Zuneigung Chan verspürt, sondern hatte die Schulkatze lieb. Nichts davon wusste ich, oder hätte es vermutet. Es war auch zum Teil meine Schuld gewesen. Jetzt wo ich wusste, dass Minho nicht viel von mir hielt, habe ich über mein eigenes Verhalten nachgedacht. Wie sehr habe ich überhaupt versucht Minho zu verstehen? Wie sehr habe ich versucht mich in seinen Leben hineinzuversetzen? Nicht tief, denn für mich war Minho ein toller Mensch gewesen, der zwar Probleme zuhause hatte, aber an sich sonst glücklich. Ich machte mich dementsprechend selber dafür verantwortlich, dass ich nicht gesehen hatte, wie liebevoll und nach Aufmerksamkeit flehend er wirklich war. Wenn ich nur weiter nachgehakt hätte, würde er mir vielleicht mehr in mir sehen, als nur eine 'bessere Version von sich'. Vielleicht hätte er sich dann mir anvertraut.

Allerdings hatte er alles nur runtergespielt, so getan, als wäre alles in Ordnung. Minho hatte seine Rolle so gut gespielt, dass ich nicht mal in Erwägung gezogen hatte, dass es ihm möglicherweise nicht gut ging. Ich habe jetzt schon von drei Leuten gehört, dass es Minho nicht wirklich blendend ging. Einmal habe ich sogar den Grund gesehen. Meine Theorie, dass er vielleicht ermordet wurde, schwand dahin. Was wenn er sich wirklich umgebracht hatte? Was wenn alles zu viel um wurde? Denn eins stand fest: Minho hatte mir sein wahres Ich nie gezeigt.

Meine Schlussfolgerung zerstreute mich zutiefst. Ich musste jetzt mit jemanden darüber reden. Jemand, den Minho auch so am Herzen lag, wie mir. Chan musste her. Da er mir seine Nummer gegeben hatte, konnte ich ihn auch anrufen. Er ging gleich ran. „Hallo Hyunjin. Wie läuft es mit deiner Arbeit?" Ich weihte kurz Chan in meine neuste Begegnung mit Jisung ein. „Wäre es okay, wenn wir uns in einem Café treffen? Ich wollte mich sowieso mit dir bezüglich Minho treffen, wenn das okay ist?" Wir suchten ein Café aus, welches auch am Abend aufhatte und suchte eine Uhrzeit für heute aus.  Die ganze Zeit war ich angespannt und deprimiert, während ich im vereinbarten Café auf Chan wartete. In meiner Hand hielt ich einen Tasse Pfefferminztee, der mich etwas wärmte. Koffein würde mich hier nur weiter nervös machen. Ich hatte auch ein paar kleine Gebäckstücke für mich bestellt, die ich allerdings nicht runter bekam. Zu sehr wühlte mich Minhos Tod wieder auf. Ich spürte den Verlust immer noch so tief in mir. Die Tür ging auf und Chan trat herein. Er schaute sich um und sah mich. Mein Englischlehrer setzte sich mir gegenüber hin. „Es freut mich sehr, dass du meine Einladung angenommen hast. Es tut gut mit jemand über Minho zu reden", meinte er traurig. Noch immer sah er richtig mitgenommen aus. Minhos Tod setzte ihn noch sehr zu. Mit Sicherheit noch mehr als mir. Ich schob ihm den Teller mit den Gebäckstücken hin. „Nimm dir ruhig welche. Ich kann im Moment nichts essen..." Nachdenklich betrachtete Chan die Leckereien, als würde er in ihnen die Antwort finden, wieso Minho so viele Geheimnisse vor uns hatte. Er nahm eins, biss aber nicht davon ab.

„Ich bekomme auch nichts mehr runter....seit Wochen kann ich nicht mehr richtig essen..... ich hab so viel abgenommen, dass es mir Angst macht....aber ich kann einfach nicht mehr essen....", sagte Chan zutiefst erschüttert. Er wollte seine Trauer bezüglich Minho rauslassen und da ich die einzige Person bin, bei dem er es konnte, traute er es sich. „Ich fühlte mich wie tot ohne ihn...ich hab keine Motivation mehr irgendwas zu machen...ich gehe nicht mehr ins Fitnesscenter....ich höre mir nicht mehr Musik an....weil viel zu viele Lieder mich an Minho erinnern....ich schaffe es kaum meine Unterrichtsstunden vorzubereiten....ich kann einfach nicht mehr....es macht mich so fertig....ich vermisse Minho jeden einzelnen Tag...." Aus Chans Augen rollten Tränen. Sie tropfen auf das Gebäckstück und sogen sich tief in den Teig ein. „Es bringt mich um, wie sehr ich ihn vermisse....", wimmerte Chan und schluchzte. Er lies das Gebäckstück fallen und vergrub sein Gesicht in den Händen. Ich würde ihn gerne in den Arm nehmen, aber ich wusste nicht, ob das okay wäre als Lehrer und Schüler, also legte ich ihn meine Hand auf die Schulter. Er zitterte.

„Ich vermisse Minho auch jeden Tag....mir fällt es immer noch schwerer meinen Alltag ohne ihn zu bestreiten..." Chan versuchte sich zusammenzureißen, denn er wischte sich die Tränen aus den Augen und aß dann doch ein Gebäckstück. „Kommen...kommen wir zurück zu dem Sinn dieses Treffen....erzähl mir doch genau von Jisung...du sagtest, dass Minho die Schulkatze mochte?" Ich holte Minhos Handy aus meiner Jackentasche heraus. Bevor ich aufgebrochen war, hatte ich es noch aufgeladen. Schnell war das Display entsperrt und ich zeigte Chan ein Bild von Ramyun. „Minho hat sie wohl sehr gemocht." Chan nahm zitternd das Handy in seine Hand, um die Katze besser betrachten zu können. „Er hat mir nie erzählt, dass er Katzen mag...ach Minho....nimm es...bevor ich wieder anfange zu weinen...." Vielleicht hatte er ja mehr Bilder von Ramyun in seiner Galerie. Warte...wie dumm war ich eigentlich? Ich bin bisher nicht auf die Idee gekommen dort nach Hinweisen zu suchen. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top