J -3-

Chan wartete bereits am Eingangstor des Parks aus mich. Wir hatten per Handy ausgemacht, wo genau wir uns trafen. Er sah viel gefasster aus als am Freitag, hatte die Information von Felix mittlerweile verdaut. „Wollen wir?", fragte er mich, nachdem ich ihn begrüßt hatte. Ich war mehr als nur bereit J kennen zu lernen. Wie zuvor fühlte ich mich sicherer, da Chan bei mir war und er zur Not eingreifen konnte. Allerdings habe ich keine Informationen über J. Er kann ein muskelgepackter, großer Kerl sein, der Chan und mich mit Leichtigkeit fertig machen konnte. Wir könnten in diesem Moment zu unserem Untergang laufen, nur weil wir Minhos Geheimnisse lüften wollten.

„Wie denkst du, wird J aussehen?", fragte ich Chan. Ich kann doch nicht der Einzige von uns beide sein, der sich J gefährlich vorstellte. „Keine Ahnung, wirklich." Wenigstens war seine Antwort ehrlich. Da blieb uns also nichts übrig unseren großen Bekannten weiter zu suchen. Gemeinsam liefen wir durch den Park und betrachteten jede Bank, die uns ins Gesichtsfeld kam. Es war nicht gerade viel los um die Uhrzeit, also war die Gegend sehr überschaubar und wir sahen Menschen schon von weiten. Es saß der ein oder andere Passant auf der Bank, doch sie hatten alle keine schwarze Lederjacke an. Wir suchten also weiter. 

Unter einem großen Baum wurden wir dann fündig. Dort saß ein junger Mann mit schwarzen Haar und schwarzer Lederjacke. Ich knuffte Chan leicht in die Seite und deutete mit dem Kinn auf die Gestalt unter dem Baum. „Denkst du, das ist J? Sieht nicht so gefährlich aus...aber ich kann mich auch irren. Es könnte auch sein, dass der Unbekannte schnelle Reflexe hatte und uns trotzdem überwältigen konnte. „Ich gehe etwas vor, okay?", bot mir Chan an. Er wollte mich als sein Lehrer vor Gefahr schützen. Mir war das auch recht. Ich vertraute diesem J gar nicht. Er kam immer mehr Konturen, als wir uns näher. J sah normaler aus, wie ich dachte. Ehrlich gesagt sah er wie ein Schüler aus. J hatte seine Hände in die Jackentasche gesteckt und sah uns misstrauisch an. „Bist du J?", fragte ich, worauf er nickte und mit seinen Jackentasche auf den Platz neben sich deutete. Wir sollten uns also hinsetzen.

„Ihr habt Fragen zu Minho? Er ist doch erst neulich gestorben, oder? Selbstmord?" Wie sein Aussehen, war seine Tonlage eher reserviert und leise. „Ja...und wir haben Fragen..wer bist du?", fragte Chan ihn. Er wollte wie ich so schnell wie möglich Antworten, aber ich hatte im Gefühl, dass wir diesen J nicht aufregen dürfen. Wir wussten immer noch nicht ob in ihm ein Kämpfertyp steckte. „Ich bin J. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Fragt mich lieber was zu euren Freund." Der ominöse J zeigte uns also unseren Platz. Okay, dann musste ich besser vorsichtiger sein. „In Welchem Zusammenhang stehst du zu Minho? Woher kennt er dich?", versuchte ich es. Dieses Mal zeigte sich J gnädiger und gab eine ganze Antwort. Eine Antwort, mit der ich nie gerechnet hatte. Minho war mir wirklich unbekannter als ich je geglaubt hatte. „Ich bin sein Drogendealer. Wir kennen uns durch Felix."

„Was hast du ihm verkauft?!", fragte Chan aufgebracht. Am liebsten würde ich Chan beruhigen und ihm sagen, dass wir unsere Coolness hier behalten mussten, aber er war sicher noch sauer wegen Minhos Affäre und in ihm kochte das Blut bei der Erwähnung von Felix. Würde ich auch so reagieren, wenn ich in Chan Position wäre?

„LSD und Crystal Meth."

Und wieder zerfiel meine Welt dank einem weiteren düsteren Geheimnisse meines toten, besten Freund. Jetzt wusste ich auch, dass er drogenabhängig war. Konnte es noch beschissener in Minhos Leben gehen? Und von all diesen Sache hatte ich überhaupt keine Ahnung. Wenn ich mich schon nach Jisungs Geständnis schlecht gefühlt hatte, dann fühlte ich mich jetzt noch grausiger. Wie kann ein bester Freund so sein und die Geheimnisse seines Kumpels nicht mitbekommen? Wie blind war ich gewesen? Ich hätte doch wenigstens herausfinden müssen, dass Minho Drogen zu sich nahm. Ich hätte es an seiner Reaktionen, seinem Aussehen und seinen Gefühlsausbrüchen merken müssen. Jetzt wo ich wirklich daran denke, hat sich Minho manchmal seltsam benommen. Er stand unter Strom und war unruhig. Allerdings dachte ich er wäre so drauf, da wir bald Abschlussprüfungen hatten und ich selber schon ganz nervös wurde. Wie geblendet von meiner eigenen schulischen Leistung konnte ich nur sein? Minho hatte recht.

Ich war kein guter Freund.

„Das...das kann nicht wahr sein....", stammelte Chan schockiert. Er verkrampfte seine Hände auf seinen Knien, ich sah seine Venen raustreten, die Augen weit aufgerissen. So wie er von Aussehen aussah, fühlte ich mich innen. Ich war komplett überfordert. „Ich wäre dann fertig hier. Wenn ihr mich in irgendeiner Weise an die Bullen verpetzt, dann werde ich euch kalt machen. Ich kenne eure Gesichter", drohte uns J. Wir beide nahmen das allerdings nicht wirklich wahr, denn wir waren immer noch wegen Minhos Geheimnis schockiert. J stand auf und lies uns alleine. Ich sah ihm lange nach.

„Minho hat doch keine Drogen genommen....ich hätte es sehen müssen." Chan machte sich auch Vorwürfe, dass er nichts davon bemerkt hatte. Wie oft hatte man in der Schule das Thema Drogenprävention gehalten. Wie oft hatte man über die verschiedenen Drogen geredet und Anlaufstellen aufgelistet, an die man sich wenden konnte, wenn es einen erwischt hatte.

Doch das alles half nichts, denn sie haben Minho nicht aufgehalten. 

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