22. Die Wahrheit...
Langsam wachte sie wieder auf. Sie öffnete die Augen und blinzelte. Was war passiert? War das wieder nur ein Traum gewesen?
Die Erinnerungen an die letzten Stunden kamen immer mehr zurück. Der Kampf... er war schief gegangen. Es hatte so gut ausgesehen, aber am Ende wurde sie von ihrer eigenen Magie besiegt.
Sie blickte an sich herunter. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie sich verwandelt hatte. Auf ihr lag eine Decke und am Ende ihrer Schwanzflosse lag ein nasser Lappen. So würde sie in nächster Zeit nie trocknen! Ihre Schulter war verbunden worden. Sie wollte sich den nassen Lappen von den Beinen nehmen und sich trocknen. Doch da bemerkte sie, dass ihre Hände durch schwarze Handschellen gefesselt worden. Diese Fesseln schienen auf magische Weise ihre eigenen Kräfte zu blockieren. Mit aller Kraft versuchte Luna sich zu befreien, aber es half nichts.
„Nur eine kleine Vorsichtsmaßnahme, damit unsere Unterhaltung diesmal nicht so jäh unterbrochen wird", Meerius stand an dem zerstörten Fenster und betrachtete die Schäden. Er drehte sich um und setzte sich Luna gegenüber.
„Was willst du von mir? Hast du jetzt vor, mich bis zu meinem Geburtstag hier einzusperren?" Meerius nickte nachdenklich: „Das wäre eine Möglichkeit. Oder du schließt dich mir einfach an. Das ist das Beste für alle" „Nein!", gab Luna entschieden zur Antwort. Meerius hatte aber noch nicht aufgegeben: „Überleg doch mal. Alle würden dich achten. Du wärst die Meerjungfrauenprinzessin. Dir würde es sehr gut gehen in meinem Schloss. Und deiner Familie würde es auch gut gehen. Allen würde es gut gehen. Was zögerst du noch?" Luna blickte ins Leere und dachte nach. Meerius lächelte sie freundlich an.
„Warum ich?" „Du hast starke magische Kräfte." „Da bin ich nicht die Einzige." „Und du bist mit mir verwand." „Da bin ich nicht die Erste" Meerius lachte leise: „Nein, da hast du recht. Aber du bist die Erste meiner Nachkommen, die meiner eigenen Tochter so unglaublich ähnlich ist." Meerius lächelte verträumt und schien plötzlich hunderte Jahre in der Zeit zurückzureisen und seine eigene Familie vor sich stehen zu sehen. Luna schaute ihn an. ‚Er wirkt auf einmal gar nicht mehr so bösartig und größenwahnsinnig. Seine Launen sind wechselhaft wie das Meer... Das könnte gefährlich werden.'
Am geheimen Höhleneingang schwammen Zac und Erik immer noch um ihr überleben. Der Hai schien einfach nicht müde zu werden. Im Gegensatz zu den beiden Meermännern. „Erik! Wir können nicht ewig so weitermachen. Ich werde ihn ablenken und du schwimmst durch den Eingang!" „Vergiss es! Ich lasse dich doch nicht mit dem Vieh hier alleine!" „Du musst aber! Luna wird deine Hilfe brauchen! Und wenn ihr zu zweit zurück kommt, dann haben wir bestimmt eine Chance ihn zu verjagen." „Okay. Aber pass gut auf dich auf!" Erik schwamm zum Eingang und rief noch einmal nach dem Wächter. Dann schwamm er hindurch.
„Deiner Tochter?" „Ja. Ich hatte eine wunderschöne Tochter. Lehn dich zurück und entspann dich. Ich werde dir jetzt erzählen, wie die Legende von Meerius weiterging:
Ich verliebte mich als junger Mann in eine sehr anmutige Meerjungfrau. Wir lebten gemeinsam wie du zum Teil an Land und zum Teil im Wasser. Nach einigen Jahren bekamen wir ein Kind und das Glück war für mich perfekt. Ich hatte alles, was ich wollte: Eine Familie, das Meer und meine Wasserkräfte. Doch mit der Zeit merkte ich, dass mir noch etwas fehlte: Der Kontakt zu Anderen. Und meiner kleinen Familie erging es nicht anders. An Land mussten wir unsere wahre Natur verbergen. Denn damals war man gegenüber anderen nicht so aufgeschlossen, wie heute. Man konnte nicht einmal sagen, dass man Wasser einfach nicht vertrage. Also hatten wir an Land niemanden. Und im Meer sah das leider nicht besser aus. Meermänner waren verachtet. Und somit fühlten wir uns auch im Wasser wie Außenseiter. Wir waren Vertriebene. Und zwar aus beiden Heimaten. Gerade meinem Kind bereitete das großen Kummer. Und da kam mir die Idee. Wenn unsere Familie die Herrscher der See wären, dann müssten sie uns höflich behandeln. Und meine Tochter, die Prinzessin des Weltmeers, hätte so viele Freunde und Spielgefährten, wie sie sich nur wünscht...
Doch leider konnte Aquaria, meine Gemahlin, diesen Wunsch nach etwas mehr Macht nicht teilen. Sie bekam Angst und floh mit meinem Kind. Sie brachte sie zu meiner langweiligen Schwester. Diese sollte sie wie ihr eigenes Kind aufziehen und sie ab sofort vom Wasser und mir fernhalten. Sie selbst hatte keine Kinder und freute sich über diese Aufgabe. Aquaria wollte zurück zum Schwarm, wurde jedoch ausgestoßen. Sie lebte daraufhin einsam an Land. Ihr Kind besuchte sie einmal im Monat als "entfernte Tante". Es war schrecklich für sie ihrem Kind nicht die Wahrheit sagen zu können. Nur wenige Monate später starb sie an Meerespocken... und einem gebrochenen Herzen. Ich war sehr traurig über ihren Verlust. Ich zog mich eine lange Zeit zurück und so entstand der Mythos, dass ich verschwunden sei. In Wirklichkeit entdeckte ich einen alten vergessenen Zauber, der das aktuelle Alter solange einfriert, bis eine bestimmte Person geboren wird. Ich nahm mein eigenes Kind. Ich würde so lange leben, bis es wieder jemanden in der Familie gab, der ihr im Aussehen, im Charakter und in den Meerkungfraueigenschaften glich. Da ich nun eines (vorübergehend) ewigen Lebens beschenkt war, nutzte ich die Zeit, um meine Tochter beim Aufwachsen zu beobachten. Und auch die folgende Familie zu sehen war spannend. Sie war jedoch leider von immer weniger Magie durchzogen. Bis zu deiner Geburt. Und da sind wir schon am Ende unserer Geschichte. Oder besser gesagt: Am neuen Anfang."
Für einen Moment war Stille. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. „Wie hieß deine Tochter. Du hast mir nur den Namen deiner Frau verraten. Aber nicht den deines Kindes." Meerius lächelte nun wieder: „Dann rate doch mal" „Wenn du das so sagst... Aber wie ist daas möglich?" „Ich habe dafür gesorgt, dass du den Namen deiner Ur-,ur-,ur-, und so weiter Großmutter bekommst" Verwirrt blickte Luna ihn an. „Wie ich schon sagte: Ich bin Mediziner. Ich half deinen Eltern sozusagen bei der Namenswahl. Ich sagte, sie sollen doch mal nach schönen Namen im Familienstammbaum suchen. Und dann sorgte ich dafür, dass sie deinen Namen im Krankenhaus oft zu lesen bekamen. Zuletzt sagte ich noch, dass dein Geburtstag wahrscheinlich auf einen astronomisch besonderen Tag fällt und riet ihnen das zu berücksichtigen. Tja, psychische Manipulation ist eines meiner Spezialgebiete. Und deshalb heißt du Lunaja. Weil ich es so wollte."
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