19. Alltägliche Dinge
Die nächsten Tage musste Luna hart ackern. Es war alles andere als leicht, Zauber in wenigen Stunden zu erlernen, die normalerweise Tage oder Wochen gebraucht hätten. Doch sie biss sich durch und spürte bald einige erfolge. Während sie bis vor kurzem ihre Magie eher intuitiv eingesetzt hatte, wurde sie jetzt zielgerichteter und konzentrierter. Auch, wenn das wahrscheinlich noch nicht half, Meerius endgültig zu besiegen, so freute sie sich doch, dass ihr Plan aufging. Vielleicht, war noch nicht alles verloren.
Hinzu kam, dass nun noch etwas anderes anstand. Sie wollte Erik heute ihrer Mutter vorstellen. Das machte sie fast nervöser, als der Besuch bei Meerius. Was würden sie voneinander halten? Ihre Mutter war noch nie einem Meermann begegnet! Gut, sie kannte sich mit der Unterwasserwelt doch ein wenig aus. Immerhin war ihre Tochter ja eine Meerjungfrau. Aber das heute wäre ja doch etwas besonderes.
Luna räumte ihr Zimmer und danach das ganze Haus auf. Sie deckte schon einmal den Tisch und zog sich ein hübsches Sommerkleid an. Danach frisierte sie noch ihre langen braunen Haare. Sie schaute auf die Uhr und dachte nach. Ihre Mutter würde in zehn Minuten kommen. Erik war für 15:00 Uhr eingeladen. (Trotzdem hatte Luna zu Erik gesagt, er solle 14:45 Uhr da sein. So bestand die Hoffnung, dass er pünktlich war.) Sie hatte zwischendrin also noch Zeit, ihrer Mutter noch letzte "Anweisungen" zu geben. Und da hörte sie auch schon die Tür. „Ich bin wieder da! Und ich habe auch gleich noch einen kleinen Kuchen mitgebracht", reif sie von unten. Luna ging die Treppe hinunter und lächelte ihre Mutter an: „Das ist echt toll Mom. Dankeschön. Und du wirst sehen: Erik ist ein sehr freundlicher Meermann. Ihr werdet euch super verstehen. Du brauchst eigentlich auch nichts wirklich zu beachten. Was Wasser angeht, geht es ihm, wie mir und sonst ist er normaler Junge." „Okay. Ich glaube, dass schaffe ich schon" „Ach so. Und Mom? Wenn wir es vermeiden können, dann wäre ich dir dankbar, wenn wir das Thema "Familie" vermeiden könnten. Erik hat niemanden mehr und ich möchte auch ungern, dass er das von vor elf Jahren erfährt. Du weißt schon was. Er soll ja kein schlechtes Bild von uns bekommen." „Ich versteh schon. Aber einen Tipp gebe ich dir mein Schatz. Sag ihm besser die Wahrheit, als dass er sie selbst herausfindet und denkt du belügst ihn. Das ist manchmal schlimmer, als das, was man ihm sagt." Luna seufzt, nickt dann aber. „Ja. Du hast recht. Ich erzähle es ihm... Dann....Irgendwann... Später..."
Während Luna noch überlegte, wann sie Erik das von vor fast elf Jahren erzählen sollte, ging ihre Mutter in die Küche und machte ihren legendären Schokomilchshake. Luna schaute auf die Uhr und musste lächeln. Es war fünf vor drei. Wahrscheinlich müsste Erik gleich kommen. Es war also gut seine typischen zehn Minuten mit einzurechnen.
Und da klingelte es auch schon. „Ich mach schon auf!", rief sie in Richtung Küche. Vor der Tür stand Erik. „Hallo. Ich hoffe, ich komme nicht zu spät?" Luna lachte und meinte: „Nein. DU bist fünf Minuten zu früh. Das ist gut" Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und bat ihn herein. Er überreichte ihr ein kleines Geschenk. Sie öffnete es und fand darin einen Ring, der aussah, wie ein Delfin, der um ihren Finger schwamm. „Danke. Der ist wirklich schön. Womit habe ich denn nur die ganzen Geschenke verdient?" „Damit, dass du meine Freundin bist und immer für mich da bist." Da kam auch Lunas Mutter aus der Küche und brachte den Milchshake. „Ich bin gleich bei euch! Ich muss nur noch den Kuchen holen" „Oh. Keine Umstände Frau Oceania. Wenn Sie mir sagen, wo ich ihn finde, trage ich ihn für Sie." „Das ist aber lieb von dir. In der Küche. Die Tür da rein und dann steht er auf dem Küchentisch" Sofort ging Erik los und kam mit dem Kuchen wieder. Nachdem alles auf dem Tisch stand, konnten sie sich endlich einander vorstellen. „... du kannst mich aber auch einfach Moonia nennen" „Danke. Ich habe Ihnen übrigens etwas mitgebracht Moonia", meinte Erik und übergab ihr ein handgroßes Meeresschneckenhaus. „Das ist wunderschön. Vielen Dank Erik" Sie setzten sich und aßen Kuchen und tranken Milchshake. Dabei unterhielten sie sich interessiert. Aus der anfänglichen Schüchternheit wurde schnell eine lockere Atmosphäre. Gerade als sie den Tisch abgeräumt hatten, klingelte das Telefon. Moonia ging ran und legte nach einem kurzen Gespräch wieder auf. „Es tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen. Dein Vater brauch Hilfe. Es könnte etwas länger dauern. Entschuldigt" „Nicht so schlimm Mom. Wir gehen einfach noch ein wenig schwimmen. Das ist bei so warmen Wetter sowieso das Beste." „Genau Moonia. Wegen uns brauchen Sie kein schlechtes Gewissen haben. Es war trotzdem schön sie kennen zulernen" Lunas Mutter nickte freundlich, nahm ihre Tasche und verließ das Haus.
Erik wollte auch gerade zur Tür gehen, da hielt Luna ihn auf. „Nicht da raus. Wir haben noch einen anderen Weg" Sie lief voran zu einem Unterwasserausgang. „Wow. Ich wusste nicht, dass du auch so einen hast" „Überraschung! Und jetzt komm. Wer zuerst beim Korallenriff ist!" Und schon sprang Luna in das kleine Becken. Erik sprang ihr nach und stutzte. Der Durchgang war ja zu! Luna zwinkerte und gab eine Zahlenkombination in einen kleinen Kasten ein. „Wir haben jetzt 30 Sekunden. Dann schließt sich das Tor wieder. Also: Auf die Plätze. Fertig. Und los!"
Schon zischte sie ab, wie eine Rakete. Auch im schnelleren schwimmen wurde Luna unterrichtet und Erik musste zugeben, dass er inzwischen Probleme hatte das Tempo zu halten. Am Korallenriff angekommen (Luna hatte gewonnen), verlangsamten sie ihre Geschwindigkeit. Nun schwammen sie langsam nebeneinander her.
Luna beschloss es ihm einfach jetzt zu sagen: „Du Erik?" „Ja?" „Du fragst dich bestimmt, warum meine restliche Familie vorhin nicht da war und anscheinend gar nicht richtig bei uns wohnt." „Naja. Ein wenig am überlegen war ich wirklich. Und du möchtest mir jetzt verraten, woran das liegt?" „Ja. Weißt du, mein Vater und mein Bruder sind nicht wirklich mit mir verwand. Es sind mein Stiefvater und mein Stiefbruder. Mein richtiger Vater hat uns vor fast genau elf Jahren verlassen." „Vor elf Jahren? An deinem siebten Geburtstag? Hat es etwas...nun ja....damit zu tun?", wollte Erik wissen und zeigte auf Lunas Schwanz. Luna atmete tief durch und nickte. „Ja. Er ist meinetwegen gegangen. Er wollte nichts mit "so sonderlichen Wesen" zu tun haben. Und das ist noch nett ausgedrückt. Deshalb wollte ich es dir nicht gleich sagen. Ich dachte, dass du vielleicht unsere Familie hasst, wenn du erfährst, dass mein leiblicher Vater uns für Freaks hält" „Das würde ich niemals. Da brauchst du dir keine Sorgen machen. Komme was wolle. Ich werde dich immer unterstützen."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top