Kapitel 36- Jess ist zurück
Jess P.OV.
Wir fuhren knapp zwanzig Minuten bis wir vor dem Haus anhielten und sofort schossen mir sämtliche Kindheitserinnerungen mit meiner Mom ins Gedächtnis. Jeder einzelne Qudratmeter trug seine eigene Geschichte und somit auch Erinnerung. Ich war zu schwach für das, ich war zu schwach um zu sehen, dass ich schuld daran war, dass hier keine gemeinsamen Erlebnisse mehr entstehen würden.
Konnte er nicht einfach mich an ihrer Stelle nehmen? Mit wackligen Knien lief ich zur Tür und für jeden Zentimeter der Holzveranda entlang und erinnerte mich an all die Male, die wir hier gemeinsam durch gegangen waren. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass sie jetzt neben mir stehen würde und ich sie ein letztes Mal in die Arme nehmen könnte, denn im Moment fühlte sie sich so nah, doch gleichzeitig auch so fern an. Mit zittrigen Händen steckte ich den Schlüssel in das Schloss und betrat das Haus.
Jeder Raum fühlte sich so leer an, als wäre die Wärme und Liebe mit ihr gestorben. Ich lief in die Küche und erinnerte mich daran wie wir gemeinsam Pizza backten bevor ich nach L.A. geflogen war und wie viele Male wir hier gemeinsamem standen und kochten. Ich brach in Tränen aus und jede Erinnerung schmerzte, aber ich musste einfach in dieses Haus, denn nirgends war ich ihr näher als hier.
Ich lief die alte, knarrende Holztreppe hoch und blieb vor ihrer Schlafzimmertür stehen. Mit tränenverschwommener Sicht öffnete ich die Tür und sah mich in dem Raum um. Ihr Duft stach mir sofort in die Nase und gab mir damit endgültig den Rest. Komplett verheult schmiss ich mich in ihr Bett und kuschelte mich in ihre Bettlaken ein. Ich weiß nicht wie lange ich hier lag, doch anscheinend ziemlich lange, denn als ich das nächste mal nach draußen sah war es dunkel und Mrs. Cameron stand vor der Tür um mich zurück ins Hotel zu fahren.
Ich wollte nicht gehen, aber ich musste, denn ich musste diesen Mistkerl finden und ihn für das was er ihr angetan hatte zur Rechenschaft ziehen. Widerwillig machte ich mich auf den Weg zur Tür, doch davor holte ich Mamas Kette aus ihrem Schmuckkästchen und hängte sie mir um den Hals, damit ich auch in L.A. etwas hatte, dass ich anfassen konnte, wenn ich sie vermisste. Mrs. Cameron versuchte die ganze Fahrt über ein Gespräch mit ihr zu führen, doch mir war nicht zum reden zu mute.
Irgendwann hatte sie jedoch akzeptiert, dass ich momentan einfach meine Ruhe brauchte. Mit einer Umarmung verabschiedete ich mich von ihr, als sie mich vor dem Hotel absetzte und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Dort sah ich, dass wir bereits 23:00 Uhr hatten, weshalb ich schnell meinen Koffer packte und nach zehn Minuten pünktlich fertig war. Vor meinem Zimmer traf ich den Anwalt an und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Flughafen. Er versuchte gar nicht erst mit mir zu reden, da ihm bewusst war, dass ich ihm keine Antwort geben würde.
Die neuneinhalb Stunden Flug verbrachte ich völlig in Gedanken versunken und spürte wie mir immer und immer wieder einzelne Tränen über die Wange liefen. Ich hatte das Gefühl nichts mehr fühlen zu können, aber gleichzeitig auch in diesem Schmerz zu ertrinken. Ein rütteln an meiner Schulter was mir zeigen sollte, dass wir gelandet waren riss mich aus meinen Gedanken. Der Anwalt informierte mich, dass zwei Polizisten mich nach Hause bringen würden und er alle informiert hat, dass ich momentan niemanden hier sehen wollte.
Den Spiegel mied ich seid gestern auch, da ich wusste, dass ich alles andere als gesund aussah. Noch am Flughafen verabschiedete er sich von mir und sagte, dass er sich melde, wenn es etwas neues gäbe, doch ich wollte immer noch nicht sprechen. Die beiden Polizisten warfen mir mitleidige Blicke zu, aber sagten nichts. Die zwanzig Minuten bis nach Hause verliefen Stillschweigend und dafür war ich sehr dankbar. Ich dachte, dass sie mich nur nach Hause fuhren, doch sie begleiteten mich bis ins Haus. Als einer von ihnen den Schlüssel im Schloss umdrehte, wusste ich schon, dass alle dahinter standen und auf mich warteten, doch ich konnte einfach keine Freude empfinden wieder hier zu sein.
Meine Hand umfasste fest den herzförmigen Anhänger von Moms Kette. Die Tür ging auf und wie erwartet starrten alle mich an. Es war mir so unangenehm, dass ich den Kopf senkte, damit sie nicht sahen, dass ich weinte. Schnell, aber völlig kraftlos lief ich die Treppe hoch und schloss mich in meinem Zimmer ein. Ich wusste, dass sie wissen wollten was los war, aber ich konnte nicht darüber reden. Die nächsten drei Tage verließ ich mein Zimmer nicht. Ich schlief nicht, ich aß nichts und ich trank nichts.
Immer abwechselnd stand jemand vor meiner Tür und versuchte mit mir zu reden, doch ich antwortete nie. Ich lag in meinem Bett, als etwas gegen mein Fenster flog. Ich sah hin, aber da war nichts. Wieder flog etwas dagegen, weshalb ich mich dazu entschloss ans Fenster zu gehen. Als die Person mich jedoch erblickte schmiss sie ein Päckchen in den Vorgarten und rannte weg. Schnell schloss ich meine Tür auf und rannte aus dem Haus. Ich rannte so schnell, dass ich ihn erwischte und zum erste mal seit vier Tagen wieder sprach.
"Was machst du hier?", fauchte ich ihn an, während ich ihn aggressiv an den Schultern packte. "Bitte, ich-ich wurde bezahlt, um das Paket hier abzugeben", stotterte er und die Angst in seinen Augen verriet mir, dass er die Wahrheit sagte. Ich ließ ihn los und stürmte zurück ins Haus, nachdem ich das Paket aufhob. Während dem Laufen riss ich es auf und ignorierte dabei vollkommen, dass alle mich anstarrte, da unsere Freunde offensichtlich bei uns eingezogen waren.
In dem Paket befand sich eine DVD und ohne zu zögern lief ich zurück in mein Zimmer und legte sie in den DVD-Player ein. Schon die Einblende schockierte mich.
Damit du ja keine Sekunde davon vergisst.
XOXO Mr. Mystery
Und dann begann der Albtraum. Das Video aus der Kirche spielte sich wieder ab. Hysterisch begann ich wieder herum zuschreien und das Video zu stoppen, aber es ging nicht, dass Video wollte nicht aufhören. Sie begann wieder ihre letzten Worte zu sagen, aber ich wollte das nicht hören und zu meinem Glück tauchte jemand auf, der all das abstellte.
Zusammen gekugelt und immer noch hysterisch schreiend liege ich auf dem Boden und war wieder kurz davor zusammenzubrechen, als mich jemand hoch hob und aus dem Zimmer trug. Sofort stieg mir sein vertrauter Duft in die Nase und ich spürte Sicherheit. Keine zwei Minuten später legte er mich in seinem Bett ab, und umschlang mich fest mit seinen Armen. "Jess, beruhig dich. Es wird alles wieder gut, wir sind da für dich", flüsterte er und sofort kuschelte ich mich an ihn an. "Pscht, es wird alles gut", versuchte er mich zu beruhigen, doch ich konnte nicht aufhören zu weinen.
"Danke, Mason", wimmerte ich und gab ihm ein Kuss auf die Wange. Danach legte ich meinen Kopf wieder auf seiner Brust ab und der beruhigende Schlag seines Herzens ließ mich zum ersten mal seit vier Tagen wieder schlafen.
Mason's P.O.V.
Noch nie hatte ich Jess so gesehen. Ihr Gesicht war so ausdruckslos und blass, dass man es erkennen konnte, selbst wenn sie ihren Kopf senkte. Ihr Anblick zerriss mir das Herz und es fühlte sich noch schlimmer an, als alles was ich erwartet hatte. Was war nur passiert, dass Jess so am Boden zerstört war? Diese Frage sollte mir anscheinend auch die kommenden Tage nicht beantwortet werden, da sie sich in ihrem Zimmer verschanzte und mit niemandem sprach. Meine Gedanken machten mich wahnsinnig, aber egal wie oft ich versuchte mit ihr durch die verschlossene Tür zu kommunizieren, ich scheiterte kläglich daran.
Ich fragte mich, wie lange sie noch da drin bleiben würde, bis sie eines Tages an uns vorbei stürmte. Sie war blass und schwach, doch irgendetwas machte ihr anscheinend zu schaffen, sodass sie aus dem Haus stürmte. Doch ihr Gesichtsausdruck war voll mit purem Hass, ich konnte nichts außer Hass und Vergeltung erkennen. Ich war jedoch zu langsam als ich ihr folgen wollte, sodass ich sie nicht mehr sah, nachdem sie aus der Tür gerannt war. Krank vor Sorge begab ich mich zurück ins Haus und war froh als sie kurze Zeit später wieder zurück war. Doch wieder behandelte sie uns wie Luft und als nächstes hörte man nur noch das zufallen ihrer Tür. Zwei Minuten lang kam kein Lebenszeichen von ihr, bis sie auf einmal hysterisch schrie. Noch nie hatte ich jemand so schreien gehört. So gequält, verletzt, aber auch wütend.
Ohne lange zu überlegen stürmte ich die Treppe hoch in ihr Zimmer und ihr Anblick zerbrach mir endgültig das Herz. Sie lag zusammengekauert wie ein verletzter Igel auf dem Boden und schrie sich die Seele aus dem Leib. Ich hob ihren abgemagerten und blassen Körper hoch und trug sie in mein Zimmer. Mich interessierte zwar sehr was sie gesehen hatte, dass es ihr jetzt so schlecht ging, aber ihr Wohlergehen ging vor. Nachdem ich sie auf meinem Bett abgelegt hatte, kuschelte ich mich an sie und spürte wie sie kurze Zeit später in meinen Armen einschlief. Da war es wieder, dass Gefühl, dass nur sie mir geben konnte und das ich so sehr vermisst hatte. Einen kurzen Augenblick genoss ich es sie endlich wieder neben mir liegen zu haben, bis Noah mit einem vielsagenden Blick im Türrahmen auftauchte.
Schweren Herzens verließ ich mein Zimmer und folgte ihm in ihrs. Das Standbild des Fernsehers ließ mir das Blut in den Adern gefrieren und ab da verstand ich was sie so fertig machte. "Wir sollten das Jack zeigen", meinte ich und bedenklich nickte Noah. "Und was sollen wir wegen Jess tun?", fragte ich völlig verzweifelt. "Sei einfach da für sie. Du bedeutest ihr viel und bitte lass sie da nicht alleine durch", antwortete er mir und verständnisvoll nickte ich. Jess mein Liebling, wie kann ich dir nur helfen?
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