- Chapter 32 -

Alec

Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Magnus und Alec setzten den Fokus darauf, Alec so gut wie möglich auf die Welt, außerhalb des Lightwood Anwesens, vorzubereiten.

Es war nicht einfach gewesen. Jeder Schritt Richtung Haustür, fühlte sich wie eine Folter an.

Alles in Alec schrie förmlich, dass er es nicht wagen sollte, dieses Haus zu verlassen, obwohl es praktisch sein Gefängnis war.

Magnus hatte jedes Mal beteuert, dass es in Ordnung sei, wenn er noch nicht bereit dafür war, unter wildfremden Menschen zu sein, die er überhaupt nicht einschätzen konnte.

Doch Alec gab nicht auf. Er führte jeden einzelnen Schritt Richtung Tür aus, egal, wie sehr sich sein Inneres dagegen wehrte.

Egal, wie oft er sich vor Anstrengung und Überwindung vor Magnus' Augen übergeben hatte und zum Schluss nur ein zitterndes Etwas war, das sich erschöpft gegen die Wand lehnte und innerlich einfach nur aufgeben wollte, damit der Schmerz endlich vorbei war.

Doch er hatte nicht nachgegeben, obwohl er Magnus damit an seine Grenzen getrieben hatte.

Und es hatte sich gelohnt. Alec lächelte stolz in sich hinein.

Innerhalb von einem Monat hatte er es tatsächlich geschafft, gemeinsam mit Magnus in einem abgelegenen Park zu sitzen.

Es waren zwar nur vereinzelnd Menschen um sie herum gewesen, doch allein das Gefühl, außerhalb seines zu Hauses sein zu können, ohne die Kontrolle zu verlieren, ließ Alec noch immer triumphieren.

An besonderen Tagen stahlen sie sich mit Bettys Hilfe sogar nachts vom Grundstück und liefen Hand in Hand durch die dunklen Straßen des Dorfes, das ganz in der Nähe lag.

Alec hatte sich bis dahin überhaupt nicht mehr daran erinnert, dass es jemals dieses Dorf gegeben hatte.

Es war aufregend zusammen mit Magnus dieses 'verbotenen' Dinge zu unternehmen.

Schon allein mit ihm im Garten zu sitzen, hatte sich vor Monaten spannend angefühlt, doch das, was sie jetzt taten, war überhaupt kein Vergleich mehr.

Es war gefährlich. Sehr gefährlich.

Es löste in Alec diesen Nervenkitzel aus, der er ihn den letzten Wochen zu den verrücktesten Ideen geführt hatte.

Es sind keine Ideen, sondern Träume, korrigierte sich Alec selbst und spürte, wie sein Herz wehmütig stolperte.

Das Gefühl von Hochmut stürzte in sich zusammen und hinterließ eine klaffende Leere in seiner Brust.

Er würde niemals zusammen mit Magnus durch die nächstgelegene, große Stadt laufen können.

Er würde niemals zusammen mit Magnus auf diese Beauty-Messen gehen, die Magnus früher zusammen mit Izzy besucht hatte.

Er würde niemals zusammen mit Magnus auf eine Hochzeit gehen.

Sie würden nicht einmal ihr erstes Date in der Öffentlichkeit verbringen können.

Alec seufzte. Das Risiko erkannt zu werden, war einfach viel zu groß.

Er hatte panische Angst davor, um ehrlich zu sein. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was seine Eltern mit Magnus machen würden, wenn die Presse Wind davon bekam, dass Alec Lightwood 'zurück' in England und noch dazu in einer Beziehung mit einer männlichen Person war.

Alec schloss die Augen. Er hatte es sich ganz anders vorgestellt, um ehrlich zu sein.

Seit dem Tag, an dem er wieder er selbst war, träumte er davon, wieder ein normales Leben außerhalb dieser Mauern verbringen zu können.

Doch jetzt, wo diese Möglichkeit, allein von seinem Zustand her, fast zum Greifen nahe war, fühlte es sich nicht richtig an.

Er wollte nicht auf Schritt und Tritt verfolgt werden, wenn die Öffentlichkeit erfuhr, dass Alec Lightwood offensichtlich in der Stadt war.

Die Journalisten würden durchdrehen und vielleicht sogar die hässliche Wahrheit erfahren, die Alec seit Jahren gehütet hatte, bis er sie vor einem Monat einer Person anvertraut hatte, die ihm alles bedeutete.

Magnus Bane.

Ein angenehmes Kribbeln fuhr Alecs Wirbelsäule entlang, als er diesen Namen in seinem Kopf immer wieder wiederholte.

Sofort breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Magnus ihn beobachtete.

Er konnte nicht in Worte fassen, wie sehr dieser Mann, der eigentlich das komplette Gegenteil von ihm war, ihm bedeutete.

Magnus gehörte sein Herz und Alec konnte, selbst wenn er es wollte, nichts dagegen tun.

Er war so hoffnungslos und unsterblich in ihn verliebt, dass es ihm manchmal eine höllische Angst einjagte.

Er hatte vor allem Angst davor, Magnus zu verlieren. Er hatte Angst vor den damit verbundenen Schmerzen und der Leere. Er hatte Angst vor einem Leben ohne Magnus.

Und er hatte Angst, dass er der Grund dafür sein würde.

Sein Herz, das gerade noch wie verrückt geklopft hatte, verlangsamte sich schlagartig.

Alec seufzte und schüttelte tadelnd den Kopf. Er steigerte sich mal wieder zu sehr hinein.

Um sich abzulenken, drehte er den Kopf zu Magnus, der neben ihm auf der Couch saß und zu ihm hinunter sah.

Alec lächelte leicht, hob den Kopf und bettete ihn in Magnus' Schoß.

Keine Sekunde später spürte er Magnus' Finger, die mit seinen Haaren spielten und seine Kopfhaut dabei leicht massierten.

Alec stöhnte vor Genuss leise auf und drückte seine Nase in Magnus' Bauch.

Er spürte, wie sich unter seinem Kopf für einen Moment alles anspannte, doch er ignorierte es und schob stattdessen seine Hand unter Magnus' Hemd und berührte sanft die weiche und makellose Haut.

Alec spürte, wie sich auf Magnus' Haut eine Gänsehaut bildete, als er mit den Fingerkuppen über sie strich und hörte, wie Magnus scharf nach Luft schnappte.

Automatisch musste er schmunzeln und fuhr jetzt über die besonders weiche Stelle unter Magnus' Bauchnabel.

Magnus stöhnte mit zusammen gebissenen Zähnen auf und umfasste warnend Alecs Finger, als diese nach unten wanderten.

Alec hob herausfordernd eine Augenbraue, als er Magnus' fiebrigen Blick sah.

Magnus schüttelte nur den Kopf und ließ Alecs Hand  wieder los.

Etwas unbewusst fing Alec wieder an über Magnus' Haut zu fahren, doch diesmal wich er den Stellen aus, an denen Magnus am empfindlichsten reagierte.

Trotzdem hatte Magnus die Augen etwas konzentriert geschlossen. Seine Atmung ging etwas schneller als normal und seine Augenlider flatterten jedes Mal, wenn Alecs Finger eine noch nicht erkundete Stelle erreichten.

Alec durchlief ein heißer Schauer. Magnus sah in dieser Sekunde so atemberaubend aus, dass es ihm die Sprache verschlug.

Schließlich ließ er seine Hand unter Magnus' Rippenbogen verharren und genoss einfach die angenehme Wärme, die durch Magnus' Haut in seine Finger- und Handflächen kroch.

Magnus' Finger befanden sich noch immer in Alecs Haar.

Ihre Blicke trafen sich. Magnus' Augen waren dunkler als normal und sein Körper strömte eine allgemeine Hitze aus, die Alecs Verlangen und Lust steigerte.

Die letzten Wochen waren kaum erträglich gewesen. Jedes Mal, wenn sie kurz davor waren endgültig die Kontrolle zu verlieren, brachen sie ab.

Magnus tat es ihm zu liebe, das wusste Alec, doch er selbst hielt es auch kaum mehr aus.

Allerdings hatten sie sich darauf geeinigt, dass sie zuerst ihr erstes Date haben würden, bevor sie den nächsten Schritt gingen.

Damals hatte Alec noch gedacht, dass es leicht werden würde, zu warten bis der perfekte Moment für ihr erstes Date gekommen war, doch da hatte er sich getäuscht.

Es war fast unerträglich, doch sie hielten sich daran.

Alec war es wichtig zuerst mit Magnus auszugehen, bevor sie zum ersten Mal Sex hatten.

Und er wollte, dass es etwas Besonderes war. Etwas, das er nicht alle Tage hatte.

Er hatte gar nicht bemerkt, dass er seine Augen geschlossen hatte, doch als Magnus sich zu ihm hinunter beugte und einen federleichten Kuss auf die Stelle zwischen seinen Augenbrauen hinterließ, öffnete er sie überrascht blinzelnd.

Magnus' Augen waren jetzt ruhiger und hatten eine sanfte Note angenommen.

Alec lächelte verlegen als Magnus einen weiteren Kuss auf seine Schläfe drückte und sich dann wieder entfernte.

Alec richtete sich auf und setzte sich einfach wortlos auf Magnus' Schoß.

Ihre Blicke verhakten sich erneut ineinander und ihre Gesichter zogen sich förmlich an, als wären sie zwei Magneten, die sich einander nicht widerstehen konnten.

Alec entfloh ein zufriedenes Seufzen als Magnus seine Lippen über seine legte.

Bevor Alec ihn jedoch erwidern konnte, entzog sich Magnus ihm erneut. Sein Blick war nun etwas ernst.

Alec runzelte die Stirn. "Habe ich etwas falsch gemacht?"

Magnus musterte ihn für einen Moment bestürzt und schüttelte dann entschieden den Kopf.

"Wie kommst du darauf, dass du irgendetwas falsch gemacht haben könntest?"

Die bestürzte Überraschung in Magnus' Stimme ließ Alec verlegen werden.

Er zuckte zur Antwort mit den Schultern. "Du verhältst dich anders als sonst."

Magnus lächelte schmunzelnd. Alec runzelte verärgert die Stirn.

Irgendetwas stimmte hier nicht. Das konnte er deutlich spüren.

Er beobachtete Magnus dabei, wie er seine Lippen mit der Zunge unbewusst befeuchtete und sah schnell weg.

"Vertraust du mir?", fragte ihn Magnus dann plötzlich.

Alec riss überrascht die Augen auf. Er konnte nicht sagen, ob Magnus die Frage ernst meinte oder nicht.

Alec griff nach Magnus' Hand und drückte sie fest. "Natürlich." Seine Stimme war leise und etwas dünn.

Er räusperte sich etwas verlegen.

Magnus hatte einen wissenden Blick aufgesetzt, den Alec ziemlich reizte.

"Ich habe eine Überraschung für dich."

Alec blieb für eine Sekunde das Herz stehen. In der nächsten schlug es dreifach so schnell wie davor.

Sein Körper kribbelte und wurde abwechselnd heiß und kalt.

Er spürte, wie Erwartung und Aufregung in ihm stieg.

Magnus entging es offensichtlich nicht, denn er grinste wie eine Katze und seine Augen leuchteten.

"Eine Überraschung.", wiederholte Alec, doch es klang eher nach einer Frage.

Magnus nickte geheimnisvoll, stieß Alec dann sanft von sich und stand auf.

Alec schnaubte empört als er allein auf der Couch zurück blieb.

"Ich bin gleich zurück!", versprach Magnus wieder mit diesem katzenartigen Lächeln und fuhr die Glasscheibe auf der anderen Seite hinunter. "Du kannst dich schon mal umziehen."

Alec öffnete den Mund, doch er wusste nicht, was er darauf antworten sollte.

Er war viel zu überrascht von dieser plötzlichen Wendung.

Und wieso zu Hölle wollte Magnus, dass er sich umzog?

Es war doch kurz vor 21 Uhr. Normalerweise lagen sie um diese Uhrzeit schon im Bett und kuschelten, oder küssten sich so lange, bis sie keine Luft mehr bekamen.

Irgendetwas lief hier nicht mit rechten Dingen zu. Alec spürte tief in sich drin, dass hier etwas nicht stimmte.

Jedoch hob sich durch diese Feststellung seine Aufregung nur noch mehr.

Vor allem, da er wusste, wie Magnus' letzte Überraschung ausgegangen war...

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Alec war bestimmt über fünfzehn Minuten vor seinem Kleiderschrank gestanden und hatte herum gerätselt, was er anziehen sollte.

Hätte Magnus ihm nicht zumindest einen kleinen Hinweis geben können?

Er sah an sich hinunter. Jogginghose. Pullover. So wie immer.

Alec seufzte. Schließlich griff er nach einer engen schwarzen Jeans und einem dunkelgrünen, engen Oberteil, das mit seinen Augen perfekt harmonierte.

Prüfend fuhr er sich im Badezimmer durch sein Haar und versuchte es nicht ganz so zerzaust wirken zu lassen.

Sein Blick fiel auf sein Haargel als er etwas verzweifelt die Arme senkte.

Alec schüttelte energisch den Kopf.

Es wäre verdammt peinlich, wenn er sich zu schick machte. Nachher machten sie nur eine alberne Nachtwanderung durchs Haus.

Alec rollte mit den Augen. Okay - vielleicht keine Nachtwanderung, sondern eher irgendetwas völlig  banales.

Auf jeden Fall nichts, das Haargel benötigte.

Also beließ er es dabei, sprühte sich stattdessen Deo unter die Achseln und verließ das Bad.

Sein Blick fiel auf die Uhr.

Es war über eine halbe Stunde vergangen, seit dem Magnus meinte, dass er gleich zurück sein würde.

Plötzlich befiel Alec das unangenehme Gefühl, dass diese Überraschung doch etwas Außergewöhnliches war.

Gleichzeitig fing sein Herz wieder schneller an zu schlagen. Es fühlte sich an, als würde es gleich vor Erwartung zerspringen.

Doch die Möglichkeit sich nochmal umzuziehen erlosch in der Sekunde, in der Magnus mit erhobenem Kopf aus dem Fahrstuhl stieg.

Alec blieb, genauso wie beim letzten Mal, fast der Mund offen stehen, als sein Blick über Magnus glitt.

Magnus sah...atemberaubend aus. Das hatte er zuvor zwar auch, doch die Details machten den Unterschied.

Magnus trug ein dunkelrotes Hemd, das im Licht leicht schimmerte, und eine schwarze Hose. Darüber eine dunkelgraue Jacke, die an den Schultern goldene Stickereien hatte und ziemlich edel wirkte.

An seinen schwarz lackierten Fingern trug er silberen und schwarze Ringe und in seinem dunklen Haar befand sich eine dunkelblonde Strähne, die Alec zuvor nicht aufgefallen war.

Magnus' Augen waren wie gewohnt dunkel geschminkt, doch Alec konnte selbst aus der Entfernung die goldenen Glitzerpartikel erkennen, die Magnus hinzugefügt hatte.

Magnus' Haltung war aufrecht, selbstbewusst, er wusste ganz genau, wie gut ihm dieses Outfit stand.

Alec spürte, wie sein Knie weich wurden, als Magnus die Glasscheibe wortlos hochfahren ließ.

Danach gab er den Code ein, der die Barrieren vor dem Fahrstuhl entfernte.

Sein Blick war fest auf Alec gerichtet, der Halt an der Couch-Lehne suchte.

Alec kam sich wie ein hässliches Entchen im Vergleich zu Magnus vor.

Sein Oberteil war leicht verwaschen und sein Haar war eine einzige Katastrophe, während Magnus strahlte wie die Sonne höchstpersönlich.

Alec musste sich auf die Lippen beißen, um sich nicht sofort auf Magnus zu stürzen, als dieser sich vor ihn stellte und ihn musterte.

Er errötete sofort und senkte den Blick.

"Bereit?", fragte Magnus leise. Es schien ihn gar nicht zu stören, dass Alec, im Gegensatz zu ihm, fast schon zu casual gekleidet war.

"Wofür?", fragte Alec etwas nervös und versuchte aus Magnus' Augen irgendeinen Hinweis erhaschen zu können.

Magnus lächelte belustigt und verschränkte seine Hand mit Alecs.

"Vertrau mir.", murmelte Magnus leise in Alecs Ohr und zog ihn Richtung Fahrstuhl.

Leichte Panik brach in Alec aus, als ihm einfiel, dass Maryse und Robert zu Hause waren.

Magnus schien Alecs Gedanken auf irgendeine Weise gelesen zu haben, denn er drückte seine Hand für einen Moment ganz fest und sah ihm beruhigend in die Augen.

"Du brauchst dir um nichts Sorgen zu machen. Ich habe alles im Voraus ganz genau geplant."

Alec nickte halbherzig. Er glaubte Magnus, doch die Angst ließ ihn einfach nicht los.

Sie steigerte sich, vor allem als Magnus die Haustür ansteuerte.

Alec blieb abrupt stehen. Sein Körper zitterte.

Er fühlte sich plötzlich in die Tage zurück versetzt, in denen er vor Erschöpfung zusammen gebrochen war, da sein Körper sich strikt dagegen gewehrt hatte, einen weiteren Schritt Richtung Außenwelt zu machen.

Alec spürte erneut diese unbeschreibliche Panik, die ihm auch jetzt die Kehle zuschnürte.

Magnus entfuhr ein Seufzen und stellte sich so dicht vor Alec, dass er seinen Atem an seinen Lippen spüren konnte.

Alec erschauderte und sah Magnus in die Augen, in der Hoffnung, von der dort Mut und Kraft schöpfen zu können.

Natürlich fand er das Gesuchte in Magnus' Blick. Erleichterung schlug wie eine Welle über ihn ein und nahm im ein Stück weit die Angst.

"Ich verspreche dir, dass alles gut gehen wird. Es kann nichts schief gehen...", meinte Magnus mit gesenkter Stimme und blickte Alec aufmunternd und überzeugt an.

Magnus' Sicherheit erstickte Alecs Sorge und Angst völlig und er nickte ihm schließlich entschlossen zu.

Er vertraute Magnus blind.

Magnus drückte noch einmal fest seine Hand, bevor er die Tür öffnete und frische Abendluft sie empfing.

Es war fast Mitte September und man spürte deutlich, dass es kühler wurde.

Auf Alecs Haut bildete sich eine dichte Gänsehaut, doch er ließ sich nichts anmerken, sondern ließ sich einfach von Magnus führen.

Er liebte das Gefühl von Magnus' Handfläche gegen seiner. Er liebte diese elektrischen Spannungen, die jede Berührung von Haut auf Haut auslöste.

Alecs Herzschlag wurde mit jeder Sekunde lauter und schneller. Je weiter sie sich von dem Haus entfernten, desto leichter fiel es Alec zu atmen.

Jedoch konnte er es jetzt schon kaum erwarten, zu erfahren, was Magnus überhaupt so genau geplant hatte, dass einfach nichts schief gehen konnte.

Alecs Blick fiel auf ein gelbes Fahrzeug und blieb perplex stehen.

Magnus warf ihm einen leicht besorgten Blick zu.

"Ein...Taxi?"

Magnus wirkte für einen Moment unsicher, doch seine Stimme war klar und deutlich.

"Der Führerschein wird eindeutig überbewertet.", meinte er mit trocken und ließ Alec den Vortritt.

Der Taxifahrer warf ihm einen misstrauischen Blick zu, als sich Alec zögernd auf die Rückbank setzte.

Keine zwei Sekunden saß Magnus neben ihm und durch seinen Körper durchfloss ein angenehmer Stromschlag als sich ihre Hände berührten.

Alec lächelte in sich hinein.

Erschrocken zuckte er zusammen, als sich das Auto in Bewegung setzte.

Alec konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er zuletzt bewusst in einem Auto gesessen hatte.

In seinem Magen lag ein schwerer Klumpen aus Angst, Aufregung, Unruhe und Übelkeit, als sich das Fahrzeug Richtung Autobahn bewegte.

Seine Hände waren schweißnass und er musste die Augen schließen, um sich darauf zu konzentrieren, sich nicht zu übergeben.

Magnus zog ihn behutsam an sich und Alec legte dankbar seinen Kopf gegen seine Schulter, obwohl die goldenen Stickereien auf Magnus' Jacke ihm schmerzhaft in die Haut stachen.

Er hätte gerne aus dem Fenster geschaut, doch die Übelkeit, die ihm die Kehle hoch schoss, sobald er die Augen öffnete, hinderte ihn daran.

Magnus neben ihm strich ihm immer wieder beruhigend über seinen Arm und flüsterte aufmunternde Dinge in Alecs Ohr.

Nach einer Weile schien sein Körper sich etwas an die Situation gewöhnt zu haben und er wagte es wieder, die Augen zu öffnen.

Alec hätte es auf jeden Fall bereut, wenn er es nicht getan hätte.

Um sie herum waren die Straßen der Stadt hell erleuchtet. Aus der Ferne konnte er die Hochhäuser und Einkaufsgebäude erkennen, die im Licht der untergehenden Sonne wunderschön angestrahlt wurden.

Alec schnappte fasziniert nach Luft und setzte sich etwas auf, um besser sehen zu können.

Sie fuhren gerade wohl durch ein etwas ruhigeres Viertel, denn Alec konnte niemanden neben der Straße laufen sehen.

Magnus ließ das Fenster hinunter fahren. Kalte Luft strömte durch das Taxi und aus der Ferne konnte Alec Stimmen und Musik ausmachen.

Er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, so überwältigt war er von diesen ganzen Eindrücken.

Schließlich hielt das Taxi an und der Fahrer verlangte sein Geld. Er schien ziemlich gereizt zu sein, denn er bedankte sich nicht einmal, als Magnus noch zusätzliches Trinkgeld gab.

"Sind Taxifahrer immer so freundlich?", fragte Alec ironisch, aber trotzdem leicht verwundert, als sie dem gelben Auto hinterher blickten.

Magnus lachte und warf Alec einen Blick zu, der seine ohne Worte Frage beantwortete.

"Wo sind wir hier?", fragte Alec und sah sich etwas nervös um.

Ihm kam hier alles so unwahrscheinlich groß vor, dass er sich fühlte wie eine Ameise, die jeden Moment zertreten werde könnte.

Magnus ergriff wieder seine Hand und zeigte mit der anderen über die erleuchtete Skyline der Stadt hinter ihnen.

"Da hinten liegt Birmingham. Wir befinden uns in einer der Vororte."

Alec blinzelte seinen Freund ungläubig an.

Birmingham...

Dieser Name kam ihm so bekannt vor. Zu bekannt.

Seine Eltern hatten früher dort mit Julia und ihm gewohnt. Bevor sie zur bekanntesten Familie des Landes geworden waren und unzählige Kunden und Partner gewonnen hatten.

Alec seufzte und verdrängte seine Erinnerungen an diese Zeit schnell.

"Wieso sind wir hier?", fragte Alec Magnus stattdessen und sah sich vorsichtig um.

Es war dämmrig und er hatte ein mulmiges Gefühl. Er fürchtete sich vor dieser leicht abgelegenen Straße, die so verdammt still war.

"Ich zeig's dir.", meinte Magnus geheimnisvoll und zielte eine Nebenstraße an.

Alec zögerte zunächst und blieb einfach stehen.

Magnus warf ihm über die Schulter einen aufmunternden Blick zu. "Kommst du?"

Noch immer zögerte Alec. Er vertraute Magnus, daran lag es nicht. Es lag eher daran, dass er noch nie hier gewesen war und immer noch keine Ahnung hatte, was in den nächsten Stunden hier passieren würde.

"J-Ja.", stotterte Alec unsicher und zwang sich den Abstand zwischen Magnus und ihm zu verkleinern.

Reflexartig griff er nach Magnus' Hand, als ein kleiner, dunkle Schatten sich ihnen plötzlich näherte.

Magnus lachte und berührte beruhigend Alecs Arm. "Ich glaube kaum, dass eine Katze dir irgendetwas antun würde."

Alec wurde knallrot und wich Magnus' Blick aus.

"Los, sonst kommen wir zu spät.", Magnus zog ungeduldig an Alecs Hand.

Alec sah sich noch einen Moment um und warf der schwarze Katze einen giften Blick zu, bevor er sich von Magnus in die Nebenstraße führen ließ.

Zu seiner Überraschung entpuppte sich diese als hell erleuchtet und ab und zu gingen hübsch gekleidete Frauen mit ihren Begleitern an ihnen vorbei.

Natürlich blieb Magnus, selbst in dieser Dämmerung, nicht unentdeckt und erhaschte den ein oder anderen faszinierten, aber auch angewiderten Blick.

Sofort stellte sich alles in Alec auf Angriffsbereitschaft. Am liebsten hätte er etwas gesagt, doch seine Kehle war wie zugeschnürt.

Magnus dagegen schien die Blicke gar nicht zu stören. Seine Augen leuchteten glücklich und er wirkte total entspannt.

Alec liebte diese Eigenschaft an Magnus. Er war in der perfekten Balance mit sich selbst und er schien sich niemals Gedanken darüber zu machen, was andere über ihn dachten.

"Wir sind da.", meinte Magnus plötzlich. Er sah Alec gespannt an. Die goldenen Partikel auf seinen Augenlidern schimmerten im warmen Laternenlicht.

Überrascht drehte Alec den Kopf und sein Blick fiel direkt auf ein kleines, romantisches Restaurant, das ihm vorher gar nicht aufgefallen war.

Sein Herz machte einen riesigen Satz in die Luft und klopfte in der nächsten Sekunde laut und aufgeregt gegen seinen Brustkorb.

Alles in ihm fing an zu kribbeln und sein Blick fiel fragend auf Magnus, der ihn noch immer erwartungsvoll ansah.

Alec wusste nicht, was er sagen sollte. Er konnte nicht glauben, was hier gerade passierte.

Vor allem, weil er damit überhaupt nicht gerechnet hatte.

Sein Herz fühlte sich an, als würde es gleich zerspringen.

"Magnus...du...das...wow", Alec konnte keinen zusammenhängend Satz bilden und wurde knallrot.

Magnus lachte und zog ihn an sich, um ihn einen Kuss auf die Wange zu geben.

Dann zog er Alec in das Restaurant und setzte sich mit ihm an einem Tisch, der etwas abgelegen war.

Alec war noch immer völlig perplex als er saß und starrte Magnus einfach nur an.

Dieser lachte und berührte seine Hand, die einsam auf dem Tisch lag.

Alec schluckte. "Unser erstes Date?", brachte er heraus und sah sich fasziniert in dem italienisch eingerichteten Raum um.

Im Hintergrund konnte er hören, wie die anderen Gäste sich unterhielten und aßen.

Der Geruch von frischem Essen lag in der Luft

Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal in einem so öffentlichen Ort gesessen hatte.

Magnus lächelte ihn strahlend an.

"Nach dem meine letzte Überraschung in einer Mehlschlacht geendet hat - was übrigens nicht meine Schuld gewesen war - dachte ich, die zweite sollte etwas außergewöhnlicher sein."

Alec lächelte schief und sein Herz machte einen erneuten Sprung in die Luft.

Unter seiner Haut kribbelte jeder Zentimeter und er war noch immer völlig überwältigt.

"Ach, also bin ich jetzt daran Schuld?", entgegnete Alec gespielt beleidigt und hob eine Augenbraue an.

Magnus sah man deutlich an, wie schwer es ihm fiel, sein Grinsen zu unterdrücken.

"Du hast mich zuerst beworfen, Darling. Versuch es bloß nicht abzustreiten."

Magnus' Augen glitzerten herausfordernd.

Alec kaschierte sein Lachen mit seiner Handfläche und biss sich auf die Lippe.

Sein Körper fühlte sich an, als würde er fliegen. Alles schien plötzlich so leicht.

"Das ist unglaublich.", murmelte Alec und legte den Kopf leicht in den Nacken, um die bemalte Decke zu betrachten.

"Ich glaube die Chancen, dass hier eine weitere Mehlschlacht ausbricht, sind gering.", meldete sich plötzlich eine Stimme.

Alecs Blick fiel auf die zierliche Frau, die mit Block und Stift bewaffnet vor ihrem Tisch stand und Magnus und ihn belustigt musterte.

Alec errötete verlegen. Magnus schmunzelte.

"Was möchten Sie trinken?"

-

Fünf Minuten später wurden ihre Gläser mit rotem Wein befüllt.

Alec hatte Magnus einen überraschten Blick zugeworfen, als er den Wein bestellt hatte.

"Entspann' dich, Alexander!", hatte Magnus gemeint, als die Kellnerin wieder gegangen war. "Ich werde dich ganz sicher nicht abfüllen."

Alec fühlte sich wirklich entspannter.

Der Wein brannte leicht in seiner Kehle und lag schwer auf seiner Zunge, doch daran gewöhnte er sich recht schnell.

"Ich kann nicht glauben, dass wir wirklich hier sitzen.", sagte Alec und schüttelte den Kopf.

Magnus lächelte nur. Man sah ihm an, wie sehr ihm dieser Abend bedeutete.

Alec ging es nicht anders.

"Lass uns heute Abend mal so zu tun, als wäre das hier völlig normal.", schlug Magnus vor und deutete auf ihre Umgebung.

Alec lächelte dankbar und griff nach Magnus' Hand. Er musste darauf nicht antworten.

Aus den Augenwinkeln sah er, wie einige Gäste zu ihnen blickten...und lächelten.

Und er wusste ohne Zweifel, dass dieser Abend für immer in seiner Erinnerung bleiben würde.

Egal, was in Zukunft passieren würde.

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Meinungen/Gedanken/Fragen/Vorschläge?

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