Magnus
Als Magnus die Augen aufschlug wusste er sofort, dass ihm nicht viel Zeit mehr blieb.
Er hätte schon längst wieder zu Hause sein sollen. Und Izzy hatte er auch nicht gesagt, dass er über Nacht hier bleiben würde.
Ein schlechtes Gewissen breitete sich in ihm aus und er spürte, wie sich sein Gesicht verdüsterte.
Magnus seufzte und rieb sich über die Augen.
Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie er gerade aussah.
Unsicher huschte sein Blick auf den Jungen, der schlafend neben ihm lag.
Seine Atmung ging regelmäßig, sein Brustkorb hob und senkte sich langsam aber stetig.
Magnus bemerkte, wie seine Hand auf Alecs Hüfte lag und zog sie eilig fort.
Er schüttelte den Kopf. Das ist nicht richtig. Was tust du da?
Trotzdem fiel es ihm schwer, Alec nicht anzusehen.
Es beruhigte ihn, ihn schlafen zu sehen.
Seine aufgewühlte Stimmung ebbte etwas ab als seine Augen über Alecs schlafende Gesicht wanderten, das zu ihm gedreht war.
Magnus' Atmung stockte und er schluckte schwer.
Irgendetwas an diesem Anblick berührte ihn so sehr, dass er diesen Augenblick am liebsten für immer festhalten würde.
Doch er riss sich schließlich los und verließ das Bett, in dem er letzte Nacht zusammen mit Alec geschlafen hatte.
Und dabei war es nicht geblieben.
Er hatte Alec an sich gezogen.
Er hatte Alec die ganze Nacht in seinem Arm gehalten.
Magnus' Atmung ging unkontrolliert und er spürte, wie sich diese Tatsache wie Feuer in seinem Körper ausbreitete.
Er wusste nicht, wie er Alec das nächste Mal unter die Augen treten sollte.
Es war ihm unangenehm, dass er noch nie so friedlich geschlafen hatte, wie mit Alec an seiner Seite.
Es war nicht richtig. Magnus hätte das nicht tun dürfen.
Hastig schlüpfte er in seine Stiefel und eilte zur Tür.
Er hatte keine Ahnung, was ihn erwarten würde, wenn er diesen Raum jetzt verließ.
Würde er beim Rausschleichen erwischt werden?
Würde er auffallen?
Er hatte nicht die geringste Ahnung, doch er musste verschwinden! Jetzt!
Also drückte er mit zitternden Händen und rasendem Herzschlag die Türklinke hinunter und zog die Tür langsam zu sich.
Bevor er Alecs Zimmer jedoch verließ, drehte er sich noch einmal in Richtung Bett und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Sein Herz flatterte leicht, sein Magen grummelte nervös.
Alec wirkte so...friedlich.
Fast hätte Magnus aufgeseufzt, doch er zwang sich dazu, Alec den Rücken zu zudrehen und leise aus dem Zimmer zu laufen.
Als er die Tür zu zog, hörte er ein Klicken.
Magnus runzelte die Stirn. Irgendetwas war ungewöhnlich. Irgendetwas stimmte nicht.
Doch er kam nicht drauf. Um ehrlich zu sein, war die Tür gerade sein geringstes Problem.
Er hatte keinerlei Ahnung, wie er hier wieder rauskommen sollte?
Wo war Izzy?
Magnus sah sich wachsam um, doch er sah nichts als Leere.
Verkrampft versuchte er sich an den Weg zu erinnern, der sie hier her geführt hatten, doch alles kam ihm plötzlich so identisch vor, dass er nicht einmal mehr wusste, ob sie die rechte oder linke Abzweigung genommen hatten.
Leichte Panik stieg in ihm auf, als er hektisch nach seinem Handy suchte.
Als er es schließlich in seiner Hosentasche fand, drückte er sich in eine Ecke, in der er nicht sofort gesehen wurde, falls jemand vorbei lief.
"Izzy! Wo bist du?", zischte er leise als sie den Anruf annahm.
Izzy schien seltsamerweise überhaupt nicht wütend auf ihn zu sein. Magnus ahnte Schlimmes.
"Bei Brian.", erwiderte sie. Magnus seufzte. "Wer ist Brian?"
Izzy kicherte wie ein kleines Mädchen. Magnus schloss müde seine Augen.
Er war nicht einmal seit zehn Minuten wach und schon wurden seine Nerven aufs übelste herausgefordert.
"Du hörst dich nicht gut an. Was ist passiert?", wechselte Izzy einfach das Thema.
Magnus schüttelte den Kopf. "Wo bist du? Die Lightwoods machen mich einen Kopf kürzer, wenn sie herausfinden, dass ich die Nacht mit ihrem Sohn verbracht habe."
"Du hast was getan?" Izzy hörte sich ehrlich entsetzt an.
Magnus stöhnte genervt. Verdammt. Er hätte über seine Wortwahl etwas besser nachdenken sollen, denn jetzt ging Izzy davon aus, dass er mit Alec geschlafen hatte.
Ihm wurde schlecht aber auch gleichzeitig hibbelig zu mute, als er darüber nachdachte und biss die Zähne fest zusammen.
Nur schwer konnte er sich vor dem Kopfkino wehren.
"Magnus? Halloooo?!"
"Kannst du mich bitte abholen! Ich möchte nach Hause."
So langsam verlor er die Geduld. Die Paranoia hatte ihn jetzt komplett ergriffen.
"Jaja, schon gut, ich hab's verstanden! Ich bin in gleich da."
Magnus atmete erleichtert aus und sah sich im nächsten Moment wieder hektisch um.
Er hätte schwören können, dass er gerade die Stimme des Professors aufgeschnappt hatte.
Doch der Gang wirkte nach wie vor völlig verlassen.
-
Schreckliche und unheimlich träge zehn Minuten später saß Magnus wieder zusammen mit Izzy in deren Auto und wurde regelrecht, genauso wie während der Hinfahrt, mit Fragen gelöchert.
Magnus setzte sein perfektestes Pokerface auf und ließ sich keinerlei Reaktion entlocken, während Izzy darüber spekulierte, wer top und wer bottom gewesen war.
Nur mit halben Ohr bekam er mit, wie sie sich schließlich dafür entschied, dass Alec niemals der Typ für den Top war.
Daraufhin fragte sich Magnus, was er für ein Image haben musste, um sich für den Top qualifiziert zu haben.
Abwehrend schüttelte er den Kopf. Izzy beeinflusste ihn einfach zu sehr.
Es interessierte ihn eigentlich überhaupt nicht, wer in einer Beziehung welche Rolle übernahm.
Darauf kam es doch in erster Linie gar nicht an!
Und vor allem war in der Nacht zwischen Alec und ihm überhaupt nichts vorgefallen, weswegen sich Izzy eigentlich gerade ziemlich zum Affen machte, da sie anscheinend felsenfest davon überzeugt war, dass er mit Alec geschlafen hatte.
Darüber konnte Magnus wieder nur den Kopf schütteln.
Zwischen Alec und ihm lief rein gar nichts. Dafür hatten sie einen zu holprigen Start gehabt.
Magnus bildete sich nichts ein. Er wusste sowieso, dass es mit Alec niemals funktionieren würde.
Doch dann war da sein Herz, das sich in den unangebrachtesten Momenten gegen seinen Kopf aufstellte und komplett widersprüchliche Gefühle in Magnus aufweckte.
Das Herzflattern. Das plötzliche Flattern in Brust und Bauch. Und dann diese Wärme, die er in seinem Herzen spürte, wenn er Alec beobachtete.
Magnus war sich nicht sicher, was das zu bedeuten hatte, doch er wusste, dass es nicht richtig war.
Er würde nie zugeben, dass er überhaupt irgendetwas in Alecs Anwesenheit empfand.
Sein Job war ihm wichtiger als das, was sein Herz angeblich wollte.
"Kannst du nicht für eine Sekunde damit aufhören?!", fuhr er Izzy wütend an.
Er hasste es, wenn er sie so behandeln musste, doch das war der einzige Weg, seiner besten Freundin zu zeigen, dass sie an der Grenze angelangt war.
Izzy verstummte. Magnus spürte ihren Blick auf seinem Körper.
Herausfordernd drehte er den Kopf zu ihr und sah sie warnend an.
Izzy war gekränkt. Er sah es in ihren Augen und an ihrer Körperhaltung. Ihre Hände krampften sich um das Lenkrad.
Ihm war bewusst, dass er in letzter Zeit oft so grob zu ihr war.
Er schob es auf den Stress.
"Wieso glaubst du mir nicht einfach?" Seine Stimme zitterte und er spürte einen Kloß im Hals.
Izzys Blick wechselte von beleidigt zu besorgt. "Was ist gestern wirklich passiert?"
Magnus schloss die Augen und lehnte seinen Kopf an die stützende Kopflehne. Er wollte nicht über seine Gefühle sprechen, die er in Alecs Gegenwart verspürte.
"Das ist nicht wichtig.", entgegnete er und öffnete seine Augen wieder.
Es ist falsch.
Nicht, weil Alec ganz offensichtlich männlich war, sondern weil Alec sein Klient war und noch oben dazu psychisch labil.
Außerdem kannte er Alec eigentlich gar nichts. Er wusste rein gar nichts über ihn.
Zudem hatte Magnus überhaupt keine Ahnung für welchen Teil in Alec er diese seltsamem, besorgniserregenden Gefühle entwickelt hatte.
Da war diese seltsame Anziehung zwischen ihnen. Er spürte sie nur in gewissen Momenten, meistens dann, wenn er die Kontrolle über seinen Körper verlor, doch sie war da.
Magnus seufzte. Er wollte das alles gar nicht. Am liebsten würde er für immer verschwinden.
"Doch, es ist wichtig, weil es dir nicht gut geht!", meinte Izzy eindringlich und legte ihre freie Hand auf seinen Unterarm.
Magnus seufzte erneut. "Mir geht es gut!"
Izzy schnaubte. Ihm war bewusst, dass sie ihm nicht glaubte. Hätte er an ihrer Stelle auch nicht getan.
Sie kannte ihn einfach zu gut und Magnus bedeutete das so viel, dass es ihm fast schon weh tat.
Genauso wie es ihm insgeheim weh tat, Alec zu sehen. Nur war es bei Alec viel schlimmer.
"Können wir nicht einfach so tun, als wären wir nie dort gewesen?", fragte er und seine Stimme zitterte erneut.
Izzy gab ihm einen schrägen Seitenblick. "Du möchtest ihn nicht noch einmal besuchen?"
Magnus schüttelte den Kopf.
Abstand war das Beste, was er gerade bekommen konnte.
Er musste an sich selbst arbeiten und sich klar machen, dass das zwischen Alec und ihm nicht echt sein konnte.
Nicht echt sein durfte!
Der Zeitpunkt war nahezu perfekt.
Alec war in der Klinik. Magnus war es untersagt, Alec zu sehen.
Somit hatte er für die nächsten Tage zum ersten Mal wieder etwas Zeit für sich und diese würde er auch nutzen!
Er würde es schaffen. Er konnte es schaffen.
Schließlich war er Magnus Bane...
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top