Kapitel 13

Als ich den Schlüssel im Schloss drehte, bemerkte ich sofort, dass die Tür nicht mehr abgeschlossen war. Das bedeutete, dass Basti wieder zu Hause war. Ihm konnte ich nicht die Geschichte von der Zwiebelsuppe auftischen.

Langsam öffnete ich die Tür. Er stand noch im Flur und zog sich die Schuh aus. Offenbar war auch er gerade erst nach Hause gekommen.

"Hey", begrüßte ich ihn.

Ich bemerkte, dass meine Stimme dabei zitterte.

"Warum hast du geweint?", fragte er sofort und ich war der Meinung, echte Sorge in seinem Blick zu sehen.

Ich sah ihm direkt in die Augen und ich wusste sofort, dass ich ihn weder jetzt noch ein Leben lang belügen konnte. Das hatte er nicht verdient. Eine Beziehung baute auf Vertrauen auf. Wir würden nie glücklich werden, wenn das immer zwischen uns stand.

Das bedeutete auch, dass ich daraus nur eine einzige Konsequenz ziehen konnte und die lautete: Wahrheit.

"Ich habe mit dem Arzt telefoniert. Wegen der Blutwerte."

Sein Körper verkrampfte.

"Ist es was Schlimmes? Hast du Krebs?"

Für einen kurzen Moment sah ich ihn irritiert an. Wie kam er jetzt auf Krebs? Als wäre das die einzig schreckliche Krankheit auf dieser Welt.

"Nein, es ist kein Krebs und auch keine andere Krankheit." Ich biss mir auf die Unterlippe. Ich hatte es bisher noch nicht einmal laut ausgesprochen und erst jetzt fiel mir auf, wie schwer es wirklich war, es über die Lippen zu bringen. Ich atmete noch einmal tief ein, ehe ich die wort bedacht sagte: "Ich bin schwanger."
Er erstarrte, als hätte ihn ein Stupor-Zauber getroffen. Umso mehr schien jedoch in seinem Körper zu geschehen. Seine Atmung war deutlich zu hören. Es war wie ein Stier, den man plötzlich ein wehendes Tuch vor die Nase hielt und seinen Angriff plante.

Ich wich automatisch einen Schritt zurück.

"Wie bitte?", schnaubte er ungläubig.

"Ich bin schwanger", sprach ich es noch einmal aus. "Ich habe es vor einer Stunde erfahren. Deshalb ging es mir so schlecht."

Er setzte zum Sprechen an, hielt dann jedoch inne. Er sah auf meinen Bauch, dann wieder zu mir nach oben.
"Willst du mich verarschen?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Es tut mir so leid, Basti. Es war ein einziges Mal. Wirklich! Es war ein Ausrutscher! Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich war betrunken und frustriert. Ich dachte, ich könnte so tun, als wäre das nie passiert."

Es schepperte. Mit einer Handbewegung hatte er alles abgeräumte, was bis eben auf unserer Flurkommode stand. Eine Vase zerschellte in zig Teien auf dem Parkett. Erschrocken machte ich einen Satz nach hinten.

"Du hast mir einem anderen gefickt?", schrie er, während seine Spucke in meine Richtung flog. "WER?"

"Kennst du nicht und ist auch egal", versuchte ich ruhig zu bleiben, damit die Situation nicht noch mehr eskalierte.

Er würde Finn zusammenschlagen, sollte er jemals erfahren, dass er es gewesen war.

"Ich glaube das nicht. ICH GLAUBE DAS EINFACH NICHT!", brüllte er und schlug nun gegen die Wand. Ich zuckte vor Schreck zusammen. Die Rigipsplatte gab der Wucht seiner Faust nach und gab ein Loch frei. "Und ich erzähle allen, was du doch für eine tolle Freundin bist und wie sehr du mich unterstützt und zu mir hältst. Dabei lässt du dich von irgend so einem Scheißtypen schwängern! Nicht einmal verhüten konntet ihr!"
Tränen der Wut standen in seinen Augen. Es zerbrach mir das Herz, dass ich allein für diesen Schmerz verantwortlich war. Das hatte er nicht verdient gehabt. Basti war nicht perfekt, aber er war auch kein schlechter Mensch.
"Es tut mir so leid."

Er presste kraftvoll seine Kiefer zusammen. Plötzlich schien er voller Entschlossenheit.

"Verschwinde!", zischte er. "Und zwar sofort. Sonst kann ich nichts garantieren!"

Sein Körper war unter Höchstspannung und ich wusste, dass er es ernst meinte.
"Kann ich wenigstens noch ein paar Sachen packen?", fragte ich noch immer möglichst ruhig. Ich wusste, dass jedes falsche Wort die Situation zum Eskalieren bringen konnte.

Wieder schnaubte er.

"Meinetwegen, aber mach aber schnell! Ich will dich hier nicht sehen. Du hast alles kaputt gemacht. Alles, Ilvi! Alles, was wir uns in den letzten Jahren aufgebaut haben, hast du mit einem Mal Sex zerstört! War es das wirklich Wert? Auch wenn es gerade nicht leicht ist, hätten wir eine tolle Zukunft haben können! Und du lässt dir so ein Gör einpflanzen!"

Sein Worte bewirkten, dass mir für einen Augenblick wieder bewusst wurde, dass da wirklich etwas in meinem Bauch heranwuchs. So richtig hatte ich das noch nicht begriffen.

"Es tut mir wirklich leid", entschuldigte ich mich wieder, auch wenn ich wusste, dass es keinen Unterschied mehr machte. Ich hätte genauso wie er reagiert, wenn ich erfahren hätte, dass er einen Seitensprung hatte und sogar noch jemand geschwängert hatte.

Ich lief ins Schlafzimmer und zog den Koffer unterm Bett hervor. Dann stopfte ich willkürlich Klamotten von mir in das Gepächstück. Basti stand dabei auf der Türschwelle und beobachtete jede meiner Bewegungen.

Ich konnte nicht leugnen, dass ich ein wenig Angst vor ihm hatte. Zeitgleich schmerzte mein Herz, weil ich soeben meinen Freund verloren hatte, mit dem mich unzählige schöne Erinnerungen verbanden.

"Du hast alles kaputt gemacht", schluchzte er plötzlich.

Tränen liefen bitterlich über seine Wangen.

"Ich weiß", hauchte ich kaum hörbar. Ich bereute nichts mehr, als diese eine Nacht mit Finn. "Glaube mir, ich würde die Zeit zurückdrehen, wenn ich könnte."

"Tja, das sagst du jetzt mit deinem Parasiten im Bauch. Zu blöd, oder? Sonst hättest du es mir gar nicht gesagt, nicht wahr?"

Herausfordernd sah er mich an. Ich stopfte einen Pullover in den Koffer und griff dann nach einer Jeans.

"Ich rede mit dir!", sprach er mit Nachdruck, als ich nicht antwortete. "Hättest du es mir gesagt, wenn du nicht schwanger geworden wärst?"

Ich sah ihm an, dass ihm die Antwort äußerst wichtig war.

"Ich weiß es nicht", antwortete ich ehrlich.

Vielleicht hätte ich auch ohne Schwangerschaft die Schuld nicht auf ewig ausgehalten.

"Wann war es?", fragte er nun. "Wann hast du mich betrogen?"

"Basti", sagte ich flehend. "Das macht doch kein Unterschied."

"FÜR MICH SCHON!", brüllte er. "Du weißt doch ganz genau, wann es war, wenn du mich nur ein einziges Mal betrogen hast."

Ich hatte das Gefühl, ihm diese Antwort schuldig zu sein.

"Es war auf der Weihnachtsfeier", gab ich zähneknirschend zu.

"Pah, ein Kollege? Das wird ja immer besser!"

Offensichtlich schien es nicht einmal in den Sinn zu kommen, dass Finn der Vater war. Basti wusste, dass Finn und ich sogar zusammen zur Feier gelaufen waren, doch offensichtlich war ihm das zu abwegig.

"Weiß der Glückliche denn schon von seinen anstehenden Vaterfreuden?", erkundigte sich Basti schnippisch.

"Nein, und wenn du es ganz genau wissen willst, glaube ich auch nicht, dass dieses Kind jemals das Licht der Welt erblicken wird."

Verdutzt sah Basti mich an. Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. Für einen kurzen Moment brachte ihn diese Information aus dem Konzept.

"Du willst abtreiben?", fragte er und ich konnte so etwas mit Verwirrung in seiner Stimme heraushören.

"Vermutlich ja", sagte ich knapp und zog nun den Reißverschluss meines Koffers zu.

"Warum hast du es mir dann gesagt? Du hättest es einfach totschweigen können."

"Ja, hätte ich. Wollte ich aber nicht."

Ich erhob mich und zog meinen Koffer zurück in den Flur, wo mir das Loch, das Basti mit seiner Faust in der Wand erschaffen hatte, wieder ins Augen fiel.

"Du hast alles kaputt gemacht", sagte Basti nun wieder erstaunlich ruhig.

Ich konnte nicht widersprechen, denn er hatte Recht. Er hatte vieles falsch gemacht, aber hierfür war allein ich verantwortlich."Was hast du dir dabei gedacht? War es das wirklich Wert? Eine heiße Nacht für eine kaputte Beziehung? Wenn das nicht der beste Sex deines Lebens gewesen ist, war das ein ziemlich schlechter Deal."

Natürlich war es das nicht Wert gewesen, doch diese Erkenntnis kam leider zu spät.

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