Kapitel 24
PoV. Jake
Ich schaue aus dem Fenster des Zuges, während leise Musik durch die Kopfhörer in meinen Ohren strömt.
Ich habe Tim jetzt schon zwei Wochen lang nicht mehr gesehen und irgendwie vermisse ich ihn sehr. Meine Sehnsucht nach ihm wird immer stärker.
Ich vermisse ihn.
Seine blöde Art. Sein blöder Style. Seine blöden Augen. Seine blöde Stimme.
Einfach alles von ihm.
Und ich weiß einfach nicht, wieso ich ihn so sehr vermisse. Ich hasse ihn. Er bedeutet mir nichts.
Also wieso wünsche ich mir, dass er wieder zu mir kommt und..wir uns umarmen?
Das ist so großer Schwachsinn.
Leise seufze ich.
"Nächster Halt: Essen"
Ich schaue auf und nehme dann langsam meine Kopfhörer heraus. Dann stehe ich auf, nehme meine Tasche und gehe Richtung Ausgangstüren.
Der Zug hält an und dir Türen öffnen sich. Mit mir steigt ein Menschenschwarm aus und ich atme erstmal tief die Luft ein, da es im Zug sehr stickig war.
Ich sehe mich um und entdecke dann endlich eine blonde Frau mittleren Alters. Lächelnd gehe ich auf sie zu. "Hey Mom" begrüße ich sie und erschrocken sieht sie zu mir. "Jake mein Junge! Erschrecke mich doch nicht so" lächelt sie und schmunzelnd lasse ich die Tasche los und dann umarme ich sie.
Sie schlingt ihre Arme fest um mich und wippt mich kurz von einer Seite zur anderen.
Dann lösen wir uns wieder und ich sehe mich um. "Wo ist Vater?" Frage ich verwundert und sie seufzt. "Er ist Zuhause in seinem Büro. Er hat keine Zeit, um dich abzuholen" erklärt sie und ich lasse meine Schultern sacken. "Wäre ja auch was neues" Murmel ich und dann nehme ich meine Tasche und gemeinsam gehen wir zum Auto. Ich verstaue die Tasche im Kofferraum und setze mich dann auf den Beifahrersitz. Meine Mutter steigt in der Fahrerseite ein und wir schnallen uns an. Sie startet den Motor und dann fahren wir los.
Ich schaue aus dem Fenster und betrachte die verschiedenen Häuser, die an uns vorbeifliegen.
"Und, freust du dich schon auf Zuhause?" Fragt sie und ich brumme. "Total" antworte ich sarkastisch und sie seufzt. "Ich weiß..du willst ihn nicht wirklich sehen, aber er ist dein Vater" "Ein Vater, der sein Kind nicht Mal abholt. Was ein toller Vater"
Sie sagt dazu nichts mehr und wenig später kommen wir Zuhause an. Ich hole meine Tasche heraus und danach gehen wir rein. "Sebastian, wir sind wieder da" ruft meine Mutter und ich verdrehe die Augen.
Es kommt wie erwartet keine Antwort und ich mache mich auf den Weg in mein Zimmer.
Genervt schmeiße ich die Tasche in irgendeine Ecke und sehe, dass meine Poster an den Wänden fehlen.
Sofort runzel ich die Stirn und drehe mich einmal im Kreis.
Dann balle ich meine Hände wütend zu Fäusten. "Hat er wirklich meine Poster von Coldplay weggenommen?" Knurre ich leise und ich lege mich dann auf mein Bett. "So ein Arschloch"
Ich nehme mein Handy aus der Hosentasche und gehe auf WhatsApp. Dann scrolle ich die Chats herunter, als ich bei einem stehen bleibe.
Tims Chat.
Ich bemerke, dass er sein Profilbild geändert hat und klicke darauf. Es wird größer und ich sehe den Jungen, wie er auf dem Boden sitzt und breit grinst.
Sofort verschnellert sich mein Herzschlag, als ich sein Lächeln sehe und ich drücke eine Hand auf mein Herz. "Dummes Ding, wieso schlägst du jetzt so schnell?" Murre ich genervt und sehe dann zurück zum Bild.
Ich zögere kurz, jedoch mache ich dann ein Screenshot und schließe die App wieder. Ich gehe in meine Galerie und klicke auf das neue Bild.
Für ein paar Minuten starre ich es an und bemerke nicht, wie ich zum Essen gerufen werde.
Meine Tür wird aufgerissen und erschrocken schaue ich auf. "Bist du taub oder was? Deine Mutter hat dich zum Essen gerufen" zischt mein Vater und ich stehe auf. Kalt sehe ich ihn an. "Was eine nette Begrüßung von dir"
Ohne noch irgendwas zu sagen kommt er mir hinterher und wir setzen uns an den Tisch.
Das Essen duftet absolut lecker und mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.
"Na dann..guten Appetit" wünscht Mutter uns und ich nicke lächelnd, ehe wir anfangen zu essen.
Ich stöhne leise auf, als ich das leckere Stück Hähnchen auf meiner Zunge zergehen spüre und Vater schnaubt nur.
"Wie läuft deine Schule?" Fragt er monoton und ich sehe ihn an. "Gut"
"Hast du endlich das richtige Mädchen gefunden? Ich will, dass du nach der Schule und dem Studium meine Firma übernimmst und dafür brauchst du die richtige Person, die dich vom Stress ablenkt und dich bekocht"
Mein Mund klappt auf und Mutter räuspert sich unwohl. "Wie bitte?" "Du weißt genau, wie ich es meine" erwidert er streng. "Tze. Und wenn ich keine Frau will?" Konter ich und er hebt eine Augenbraue. "Willst du und etwa damit sagen, dass du eine Schwuchtel bist? Wenn ja, dann verpiss dich sofort aus meinem Haus!"
Ich schlucke leicht. "Was? Nein. Natürlich bin ich keine S-Schwuchtel. Was denkst du bitte von mir?!" Mecker ich und er nickt. "Gut. Denn dann bist du nicht mehr mein Sohn, sondern eine große Enttäuschung"
Ich lege die Gabel hin, da mir der Appetit verloren gegangen ist. "Mach dir keine Sorgen Vater. Ich werde dir deine Vorstellungen schon nicht kaputt machen"
Genervt stehe ich auf und gehe hoch auf mein Zimmer. "Jake!-"
Ich schmeiße die Tür zu und raufe mir die Haare.
Ich kann das bald nicht mehr. Er macht mich Irgendwann noch verrückt.
Unruhig gehe ich auf und ab und denke nach.
Plötzlich klopft es an der Tür. Ich bleibe stehen und schaue zu dieser. "Jake...darf ich rein kommen?" Wispert die Stimme meiner Mutter. Sofort erwärmt sich mein Herz.
"Natürlich"
Meine Mutter und ich hatten schon immer ein besseres Verhältnis, als das, was ich zu meinem Vater habe. Sie hat mich nie angemotzt, wenn ich Mal mit einer schlechten Note nach Hause kam. Sie hat mich noch nie für das verurteilt, wer ich bin. Sie hat immer Verständnis. Umarmt mich, wenn ich traurig bin. Kümmert sich um mich, wenn ich krank bin. Und natürlich tue ich das alles auch für sie. Wir sind ein Team. Niemals würde ich sie auch nur ansatzweise über meinen Vater stellen. Sie ist meine beste Freundin. Für sie würde ich alles tun.
Die Tür geht auf und meine Mutter kommt herein. Sie dreht dann den Schlüssel um, sodass die Tür abgeschlossen ist.
"Hey..wie geht es dir?" Fragt sie leise und ich lache leise. "Ich denke, dass kannst du dir denken. Aber die Frage ist ja, wie es dir geht?"
Wir setzen uns auf mein Bett und sie seufzt. "Er hatte wieder eine Affäre. Mit einer anderen Frau. Mittlerweile sind es schon 8, mit denen er mich schon betrogen hat. Und dennoch kann ich nicht aufhören, ihn zu lieben. Er ist so...so ein Arschloch, aber mein Herz schlägt immer noch nur für ihn" antwortet sie und ich schnaube. "Irgendwann bringe ich ihn echt noch um. Wieso gehst du nicht einfach? Ich weiß, du liebst ihn, aber wenn er dir so sehr weh tut, wieso gehst du nicht-"
Plötzlich stocke ich.
Denn diese Situation ist mir nicht fremd.
Sowas ist gerade erst bei mir passiert.
Ich habe Tim sehr verletzt und er ist daraufhin verschwunden.
"Ist alles okay?" Fragt die Blondine und ich sehe zu ihr. "Ich...ich glaube, ich habe großen Mist gebaut"
Verwirrt runzelt sie die Stirn und rutscht näher an mich. "Was ist denn passiert?" "Nein Mom..wir reden gerade von dir, ich will nicht immer die Aufmerksamkeit auf mich lenken"
Sie lächelt sanft und streichelt kurz meine Wange. "Es ist alles gut mein Schatz. Was ändern an dieser Situation können wir sowieso nicht" zögerlich nicke ich.
Dann atme ich tief durch.
"Ich bin so verwirrt Mom. Da ist dieser Junge. Er kam vor...uff..ich glaube einem halben Jahr? Zu uns. Er ist eher schmächtig, hat braune Haare, braune Augen und schüchtern. Aber er hat es auch faustdick hinter den Ohren. Er geht eine Klasse unter mir. Ich...ich habe angefangen, ihn zu schikanieren. Ich hasse ihn. Er ist so verdammt nervig und seine Art, wie er ist. Er ist so komisch und... tiefgründig. Ich musste Mal wegen einer Wette mit ihm zusammen sein. Diese Zeit..ich will es nicht zugeben, aber diese Zeit war die beste für mich. Er hat mich...geliebt. So wie kein es je getan hat. Er...er hat mich akzeptiert. Er hat mich behandelt, als wäre ich dein größter Schatz. Und dann...dann die Nacht unter dem Sternenhimmel. Sie war..magisch" fange ich an und sehe zur Wand gegenüber von uns.
"Er hat mich glücklich gemacht. Aber dann hat er von der Wette erfahren und wir haben uns getrennt. Wir schikanieren ihn weiter und dann..kam die Party. Ich habe zu ihm so fiese Sachen gesagt Mom. Er ist falsch. Er liebt Männer. Sowas gehört sich nicht und ist ekelhaft. Aber dennoch... lässt er mein Herz schneller schlagen. Er lässt meinen Bauch kribbeln. Er lässt mich Sachen fühlen, die ich noch nie gefühlt habe. Und jetzt...ich fühle Sehnsucht. Einsamkeit. Schmerz und Kummer. Ich will ihn berühren. Ihn umarmen. Ihm all seinen Schmerz nehmen. Ihn beschützen. Mich um ihn kümmern. Aber wieso fühle ich sowas? Seit er da ist, bin ich nur noch durcheinander. Ich weiß nicht, was das ist! Es macht mich rasend, dass ich nicht weiß, was ich da fühle" hauche ich und es bleibt für eine kurze Zeit still.
"Oh Jake..du hast großen Mist gebaut. Aber..ich kann verstehen, wieso du so gehandelt hast. Bei der Erziehung deines Vaters...bei dem, was er sagt..aber...was du da fühlst..es ist ganz normal. Es ist okay, sowas zu fühlen" "Was fühle ich denn?! Ich will endlich diese Ungewissheit loswerden"
Sie lächelt mich an und legt einen Arm um meine Schulter. "Liebe. Du bist verliebt mein kleiner. Aber...es ist nicht schlimm. Es ist okay, einen Jungen zu lieben. Ich weiß, was du gerade denkst. Es ist okay, Gefühle für einen Jungen zu entwickeln. Es ist okay, mit einem Jungen zusammen zu sein. Was dein Vater dir immer gesagt hat...es ist falsch. Ich liebe dich so, wie du bist. Du kannst ein Mädchen lieben oder einen Jungen. Ich akzeptiere dich so, wie du bist. Es ist okay. An deinen Gefühlen ist nichts verwerfliches. Aber...du solltest mit diesem Jungen reden. Dich entschuldigen. Du hast ihm genauso viel leid zugefügt, wie dein Vater dir. Er...ist wahrscheinlich sehr verletzt. Du solltest ihm erklären, wieso du so gehandelt hast. Wenn du möchtest, kann ich dir auch bei helfen. Aber du kennst auch seine Vorgeschichte nicht. Worte können einen Menschen zerstören. Bitte Versuch, dich bei diesem Jungen zu entschuldigen" wispert sie und ich spüre, wie sich Tränen in meinen Augen bilden.
"A-Aber ich weiß nicht, wo er ist. Und ich traue mich nicht, ihn anzuschreiben. Er hasst mich" ich umarme sie fest und sie streichelt mir über den Rücken.
"Wir werden schon eine Lösung finden, ja? Jetzt ruh dich erstmal aus und Schlaf etwas...später werden wir uns dann hinsetzen und uns einen gemeinsamen Lösungsweg ausdenken" haucht sie und langsam gleite ich in einen unruhigen Schlaf.
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