Vater zu sein

2. Vater zu sein

Was war nur mit ihm los? Seine Tochter saß neben ihm und fotografierte dieses pinke glitzernde Ungetüm von einem Milchshake, aber Patricks gesamte Aufmerksamkeit galt dem jungen Mann vor ihm. Seine Augen funkelten ihm verschmitzt entgegen und sein Gesicht zierte ein leichtes Lächeln. Seinen braunen glatten Haare waren zu einem Knoten zusammengebunden und einige Strähnen fielen ihm in sein blasses Gesicht. Sein T-Shirt ließ eine gute Sicht auf seine Schlüsselbeine zu und Patrick konnte deutlich die leicht geröteten Stellen erkennen, die er dem jungen Mann zugefügt hatte. Er sah wirklich schön aus.


„Hmm. Welchen Filter soll ich benutzen, Dad", fragte seine Tochter und Patrick riss endlich den Blick von dem jungen Mann vor ihm. Er schaute verdutzt auf das Handy seiner Tochter, die den Milchshake in verschiedenen Winkeln fotografiert hatte und nun mit bunten Stickern das ganze noch 'verschönerte'. „Sieht gut aus, aber willst du den Milchshake nicht langsam mal trinken", fragte Patrick Lea, welche ihm geschockt ansah. „Weißt du wie viele Kalorien das sind", rief sie aufgebracht und Patrick hob beschwichtigend seine Hände. Manu kicherte leicht und Patrick sah ihn lächelnd an.


„Ach was. Darüber musst du dir bestimmt keine Sorgen machen. Süß und Süß gesellt sich gern", sprach nun Manu Lea an und schob ihr den Milchshake dichter. „Außerdem glaube ich, dass Claus nicht glücklich mit mir sein wird, nachdem ich ihn dafür fast genötigt habe." Lea kicherte glücklich auf, während Patrick eine Augenbraue in die Höhe zog und Manu ihn zuzwinkerte. Genüsslich probierte sein kleines Mädchen das Getränk und schmatze amüsiert auf. „Das schmeckt wirklich super. Probiere mal, Dad", sagte sie und schob ihm das Monstrum an Glitzer zu.


Manu grinste ihn jetzt total breit an und nickte ihm zu. Egal wie attraktiv der junge Mann war, Patrick warf ihm einen bösen Blick zu. Seufzend nahm er den Becher von seiner Tochter entgegen, spürte noch immer den wartenden Blick von ihr und nahm einen Schluck von dem Milchshake. Nicht das Gesicht verziehen, dachte er sich, während er schon merkte, dass der ganze Zucker ihm den Mund verklebte. So etwas Süßes hatte er noch nie in seinem Leben getrunken. Dagegen war Cola noch human. „Sehr lecker", presste Patrick dann hervor und schob den Milchshake zu seiner glücklichen Tochter. Doch als er ihr Lächeln sah, wusste er, dass er immer wieder so etwas abscheulich Süßes trinken würde.


„Und du kennst den Besitzer", fragte Patrick nun an Manu gewannt. „Ja. Er ist mein bester Freund. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und während ich bei der IT geblieben bin, ist er ein Superstar in der Foodrevolution geworden", erzählte der junge Mann vor ihm und Patrick nickte verstehend. „Und ihr seid Freunde", fragte sein Tochter und sah neugierig zwischen den beiden hin und her. Patrick schoss das Blut in sein Gesicht und versuchte das mit einem Räuspern zu unterdrücken. Manu wollte gerade darauf antworten, als Patrick ihm mit dem Händen irgendwie zu verstehen gab, dass seine Tochter nicht gerade wissen sollte, dass sie vor nicht mal zwei Tagen einen One Night Stand hatten.


„Ähm. Ja wir sind Freunde", sagte nun Manu und lächelte seine Tochter an. „Wirklich", fragte sie nochmal nach und Patrick sah sie fragend an. „Warum denn nicht", wollte er von ihr wissen und sie lächelte verlegen. „Naja. Er ist so cool und du bist doch schon ein wenig älter. Wie heißt du überhaupt?" Manu lachte nun und Patrick schnaubte. „Ich bin nicht alt", murmelte Patrick verlegen. „Ich bin Manuel, aber du kannst ruhig Manu sagen", stellte sich der Jüngere vor.


Als seine Tochter endlich mit dem Milchshake fertig war, wollten sie langsam los. In nicht mal einer Stunde würde seine Exfrau mit Ben vor seiner Tür stehen und es würde nicht gut enden, wenn er dann nicht mit Lea bei sich war. Deswegen standen sie auf, genauso wie Manu und verabschiedeten sich von ihm. Lea bedankte sich höflich bei Manu und drückte dann nochmal Patrick zum Dank, was dieser nach langer Zeit endlich mal wieder genoss. Manu grinste ihn an und verabschiedete sich dann ebenfalls von ihm, wobei er Patrick unauffällig einen Zettel in die Hand drückte. Schnell ließ Patrick diesen in seine Jackentasche gleiten und hob nochmal zum Abschied seine Hand.



„Hast du noch Hunger", fragte Patrick seine Tochter, die lächelnd auf seiner Couch lag und wild in ihrem Handy tippte. „Nicht wirklich. Der Milchshake war echt viel", lächelte sie ihn an und streckte sich nochmal. Patrick ließ sich neben Lea nieder und schaltete gähnend den Fernseher an. „Manu ist echt cool", sprach nun seine Tochter, während sie sich aufsetzte und ihr Handy auf den Couchtisch legte. „Ähm ja. Ist er", fing Patrick, während seine Tochter ihn lächelnd ansah. „Seit wann kennt ihr euch überhaupt? Sonst hängst du doch nur mit anderen alten Leuten ab", sprach sie und kicherte, als Patrick ihr einen bösen Blick zuwarf. „Sehr witzig Lea. So alt bin ich noch nicht", sagte er und seine Tochter zuckte mit den Schultern.



Sie hatten es sich gemütlich auf der Couch gemacht und schauten irgendeine Sendung, die Lea meistens immer sah. Ihr Handy lag dieses Mal unberührt auf dem Tisch und Patrick fragte sich wirklich, was er dieses Mal anders gemacht hatte. Vielleicht lag es wirklich daran, dass er sonst immer so viel arbeitet und dann kaum Zeit für seine Kinder fand. Er war lange nicht mehr mit ihnen weg und Lea schien der Ausflug in den Laden heute echt gefallen zu haben. Ganz zu schweigen von der Begegnung mit Manu. Patrick hatte langsam Hoffnung vielleicht bald seinen Kindern erzählen zu können, was er wirklich wollte und vielleicht dann auch mit dem passenden Mann an seiner Seite. Dass er dabei an Manu dachte, ließ ihn seufzen.


Denn ganz egal wie toll die Zeit mit Manu war, eine Zukunft gab es mit den Beiden wahrscheinlich nicht. Manu war erst Mitte Zwanzig und hatte noch sein ganzes Leben vor sich. Außerdem hatte er Patrick klar gemacht, dass er keine feste Beziehung suchte. Er konnte vielleicht gut mit Lea umgehen, aber da war auch noch Ben. Abgesehen davon, dass er in diesem Moment keine Verantwortung für die beiden Kinder tragen musste. Und wie groß wäre der Zufall, dass sie ihn nochmal sehen würden.


Das Klingeln seiner Tür ließ ihn aus seinen Gedanken schrecken und Lea sprang gleichzeitig mit ihm von der Couch auf. Patrick ging schon mal zu seiner Tür, während seine Tochter ihre ganzen Sachen zusammensuchte. Seine Exfrau Nina stand vor der Tür und hinter ihr stand Ben, welcher ihn anlächelte. „Hey Dad", sagte er und umarmte seinen Vater. „Na Großer. Wie war die Schule", fragte Patrick und wuschelte seinem Sohn durch die braunen Haare. „Ganz okay", sagte er und Nina schnaubte. „Ganz okay? Er hatte eine 6 in Sport", setzte nun seine Exfrau und Ben sah beschämt zur Seite. „Jeder hat mal einen schlechten Tag", fing Patrick an, aber erntete von Nina einen bösen Blick. „Können wir reden? Unter vier Augen?"


Patrick nickte und ging mit seiner Exfrau in die Küche, welche dann die Tür hinter sich zu machte und Patrick böse ansah. „Ben und Lea brauchen ein Vorbild. Noten sind wichtig! Gerade du als angesehener Polizist müsstest das wissen", sprach sie und Patrick seufzte. „Trotzdem macht jeder Mal Fehler und Ben kann nicht immer perfekt sein", erwiderte er. „Er ist 15 Jahre alt und hat wahrscheinlich mehr Probleme, als eine schlechte Note in Sport." „Wie wäre es damit, dass sein Vater nie für ihn da ist!"



Nun saß er wieder auf der Couch. Alleine und seufzte schwer. War er wirklich so ein schrecklicher Vater? Gerade heute mit Lea merkte er, wie sehr er seine beiden Kinder vermisste. Doch er wollte sie nicht dazu zwingen, dass sie etwas mit ihm machten. Wusste er überhaupt was sie mochten? Welche Freunde sie hatten? Oder was sie als Hobby taten? Als sie kleiner waren, wusste Patrick alles. Zum Beispiel dass sein Tochter dieses Kuhkuscheltier über alles liebte, welches sie kreativer Weise 'Mrs. Muuh' nannte. Oder Ben, der es immer liebte, wenn Patrick ihm die Geschichte von dem gestiefelten Kater vorlas. Doch heute schienen die Interessen dann doch eher bei merkwürdigen Milchshakes und dem neusten PC zu liegen.


Er war nicht schlecht mit der neusten Technik und hatte sich damals in seiner Ausbildung seinen PC selber zusammen gebaut. Doch nun brauchte er das Ganze nicht. Er besaß einen Laptop und einen Fernseher. Patrick brauchte keine Konsole, weil er selber kaum zum Spielen kam. Außerdem machten Spiele zu Zweit immer mehr Spaß. Irgendwie konnte er sich das gut mit Manu vorstellen. Er wirkte wie der Typ, der zockte und tausende Konsolen bei sich hatte. Damit war er dann wohl wieder mit den Gedanken bei Manu.


Patrick setzte sich erschrocken auf und sprintete förmlich zu seiner Jacke. Manu hatte ihm einen Zettel zugesteckt und Patrick konnte ihn da nicht lesen, weil seine Tochter in der Nähe war. Schnell kramte er in seiner Jackentasche und zog den kleinen sauber gefalteten Zettel heraus. Als er ihn öffnete, lief er rot an und lächelte milde. Manu hatte ihm seine Nummer gegeben und eine kleine Botschaft, die sein Herz höher schlagen ließ. 'Falls du mal wieder Ablenkung brauchst ;)'


Manu wollte sich also wirklich wieder mit ihm treffen. Vielleicht nicht auf ein Date, aber Patrick würde dieses Angebot nicht ausschlagen. Er könnte immer ein bisschen Ablenkung gebrauchen und so schlecht schien der Abend dann nicht gewesen zu sein, wenn Manu ihn wirklich wiedersehen wollte.


Zweites Kapitel :) Ich würde mich wie immer über Feedback freuen :3

Eure MuffinHill

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