Das Outing
11. Das Outing
Manchmal fragte sich Patrick wirklich, ob seine Kinder nicht zu schlau und selbstständig für ihr Alter waren. Lag es an der Trennung von Nina und ihm? Doch egal was es war. Es machte ihn irgendwie glücklich, dass seine Kinder immer mehr ihrem Kopf folgten. Auch wenn man sie manchmal in die richtige Richtung schubsen musste. Doch gerade jetzt in diesem Moment verfluchte er es. Lea saß gelassen auf dem Sessel und ihr Blick sagte ihm nichts Gutes. Sie ähnelte gerade so sehr ihrer Mutter, dass es Patrick Angst machte.
Ihr Blick sah die beiden Männer forschend an und zuckte bei der kleinsten Bewegung, die sie zueinander machten. Er wusste, dass Manu und er nicht gerade subtil waren. Und das schien nun auch seine Tochter zu wissen. Der Abstand zwischen den beiden war bei Weitem nicht mehr freundschaftlich und sie beiden reagierten und glichen sich aus. Dass seine Tochter die ganze Zeit nicht sprach, machte es nicht besser. Ihre brauen Augen fokussierten Momentan die Lücke zwischen ihnen und schwankten dann zu Patricks Augenpaar.
„Papa", fing sie an und er merkte wie Manu neben ihm kurz zuckte. Automatisch bewegten sich seine Hände kurz zu dem Braunhaarigen, aber er zwang sich den jungen Mann nicht in den Arm zu nehmen. Patrick fragte sich, warum gerade Manu so heftig auf die ganze Situation reagierte, obwohl es gerade er war, der ziemlich offen mit seiner Sexualität umging. „Alles okay", fragte er kurz an Manu gewandt, welcher ihn zu erst überrascht ansah, aber dann nickte. „Alles gut. Bekomme nur gerade Flashbacks", meinte er und blickte stur an die Decke. Lea sah besorgt zu Manu und kam nun auf die beiden Männer zu.
Patrick sah seine Tochter lächelnd an und zog sie zwischen den Beiden. „Es ist für mich vollkommen okay", flüsterte sie und sah vom Boden Patrick an. Sie blickte denn zu Manu, welcher auch endlich seine Augen auf Lea gerichtet hatte. „Danke, dass du für Papa da bist", lächelte sie und umarmte den geschockten Manu. „Du solltest es aber Ben erzählen", fügte Lea hinzu und ließ endlich Manu los. Patrick nickte kurz und Manu stand dann auf. „Ich gehe eben Essen machen", sprach er schnell und verschwand in der Küche.
„War ich zu streng", fragte Lea, aber Patrick schüttelte den Kopf. „Du hast uns Angst gemacht, aber ich glaube nicht, dass Manu deswegen so reagiert hat", antwortete Patrick und Lea nickte. „Ich habe damit wirklich kein Problem, dass du und Manu zusammen seid. Ich war nur sauer, weil du nichts erzählt hast", sagte Lea und Patrick seufzte. „Bei Erwachsenen ist alles ein bisschen schwerer. Wichtig ist erst mal nur, dass deine Mutter davon nichts erfährt", seufzte Patrick und lehnte sich wieder an die Lehne der Couch. „Warum das denn? Wir mögen Manu wirklich gerne", grinste Lea.
„Das ist mir klar. Aber eure Mutter wahrscheinlich nicht", sagte Patrick und Lea schnaubte.„Ich mag Manu viel lieber als diesen Thomas. Der nervt", fügte Lea hinzu und Patrick lachte. „Ich gehe eben kurz zu Manu", meinte Patrick und wuschelte Lea nochmal durch die Haare, weswegen sie ihn anheyte und versuchte Patrick zu verjagen. Immer noch lachend ging Patrick und schloss leise die Tür. Er wollte gerade zu sprechen anfangen, als Manu sich umdrehte und nervös mit seinen Finger spielte.
„Ich kann das nicht", sagte der Braunhaarige und Patrick sah ihn überrascht an. „Was", fing Patrick an, aber Manu unterbrach ihn sofort. „Das wird mir zu Ernst, Paddy. Ich mag dein Kinder wirklich gerne und dich auch, aber ich will das nicht", rief er und seine Stimmer klang so verzweifelt, dass Patrick erst mal schluckte. „Manu. Wir... ." „Nicht 'Wir'. Ich will keine Beziehung. Mein Vater ist ein verdammtes Arschloch und ich werde wahrscheinlich nicht besser sein. Ich will keine Kinder und das wird mir viel zu ernst", zischte der Jüngere aufgebracht und ging nervös hin und her.
„Ich gehe", sagte Manu und stürmte aus der Küche. Patrick blieb erst mal geschockt stehen, bis er merkte, dass Manu gerade abhaute und wenn er das schafft, dann würde er nie wieder kommen. „Manu", rief Patrick und rannte zu seiner Tür, die einen lauten Knall von sich gab. Lea sah ihn erschrocken hinterher, aber er musste Manu sofort einholen. Patrick riss die Tür auf und sprintete die Treppen nach unten. Manu wollte gerade die Tür aufmachen, als Patrick ihm am Arm zufassen bekam.
„Manu. Beruhige dich erst mal", keuchte Patrick und zog Manu von der Tür weg. „Paddy. Das geht so nicht", sagte er völlig aufgelöst und der Ältere umarmte ihn fest. Beruhigend strich er ihn über den Rücken. Er wollte ihm eigentlich sagen, dass er ihn auch sehr mochte. Dass er ihn mehr mochte. Dass er ihn in seinem Leben behalten wollte. „Es tut mir Leid", flüsterte Manu und löste sich aus der Umarmung. „Es wäre besser, wenn wir uns nicht mehr sehen", sprach er und blickte Patrick dabei nicht in die Augen. Patrick hatte jetzt zwei Möglichkeiten. Er konnte Manu daran hindern wegzugehen und mit ihm die gleiche Beziehung führen, wie sie es bis jetzt geführt hatten oder ihn ziehen lassen.
Seufzend trat er einen Schritt zurück und für eine Sekunde trafen sich ihre Blicke, bevor Manu traurig den Blick abwandte und aus seiner Tür ging. Und als die Tür ins Schloss fiel und Manu wahrscheinlich für immer weg war, wusste Patrick, dass er gerade jetzt wahrscheinlich den größten Fehler seines Lebens gemacht hatte. Stockend atmete der Polizist ein und versuchte sein Herz zu beruhigen, welches schmerzend und wild in seiner Brust hämmerte. Seine Beine gaben nach und er ließ sich auf die Treppen gleiten. Manu war weg und es war seine Schuld.
„Papa", kam die fragende Stimme von Lea, die sich als sie ihn erblickte, neben ihn niederließ. Sie schien langsam zu realisieren, was gerade passiert war und sah ihn traurig an. „Das war meine Schuld", schluchzte sie aufgebracht und Tränen flossen ihren geröteten Wangen herunter. „Nein. Meine", flüstere Patrick mit gebrochener Stimme und nahm seine Tochter in den Arm.
Patrick hatte keine Lust zu feiern. Doch hier saß er neben Rewi, welcher unbedingt darauf bestand, damit sich Patrick den 'Braunhaarigen Bengel' aus dem Kopf schlagen konnte, aber gerade jetzt, wo Manu weg war, wurde ihm erst klar, wie viel ihm der Jüngere bedeutete. Es war vielleicht keine Liebe, aber es kam den Ganzen verdammt nahe und nun saß er mit gebrochenen Herzen neben seinem Kumpel. Patrick hatte mehrmals versucht Manu zu erreichen, aber dieser hatte wohl eine neuer Nummer oder ihn auf jede erdenkliche Weise gesperrt. Der Polizist war müde, traurig und genervt von dieser ganzen Situation.
Sein Kumpel redete die ganze Zeit davon, dass er ihm dabei helfen würde, einen Typen abzuschleppen und Patrick wusste, dass es Rewis Art war ihn aufzumuntern. Doch er war nicht wie Sebastian. Er versuchte nicht vor lauter Kummer Sex zu haben. Patrick wollte einfach nur mit Manu reden und ihm alles erklären. Sich entschuldigen, dass Patrick mehr gedrängt hatte, als er sollte. Dass er zu unvorsichtig war und dass er ihn vermisste. Der Jüngere war erst ein paar Monate in Patricks Leben getreten, aber es hatte von Anfang an zwischen ihnen gefunkt. Jedenfalls auf Patricks Seite.
Schweigend stieg er aus dem Auto von seinem besten Freund und trottete ihm hinterher. Patrick wollte das hier nicht. Er brauchte keine Ablenkung. Nur Ruhe und seine eigenen Gedanken. Seine Erinnerungen und Manus verdammtes Kissen. Was würde er alles dafür geben den Jüngeren nochmal zusehen. Tim begrüßte sie und der Polizist wusste, dass Bergi ihn fragend ansah. Rewi seufzte und sagte nur, dass Manu und er nicht mehr zusammen waren. Tim nickte nur traurig und ließ Patrick vorbei, welcher sofort zur Bar steuerte. Er war nicht dumm und würde sich grundlos betrinken, aber er wollte jetzt nicht so vor den anderen Jungs treten.
Die ihm wahrscheinlich gerade fragen hinterher sahen, aber Patrick wusste, dass das Tim und Sebastian klären würden. Deswegen setzte er sich schweigend auf den Hocker und bestellte sich eine Cola. Patrick war nicht der Typ, der viel weinte. Er war meistens ruhig und betrübt. Seufzte viel und schlief nicht mehr. Momentan hatte er kaum geschlafen und irgendwann würde ihn die Müdigkeit noch holen, doch sein Herz schmerzte und seine Augen brannten. Der Polizist konnte nicht mal Manu böse sein, denn der Jüngere hatte immer deutlich die Grenzen gezeigt und Patrick hatte sie immer wieder überschritten. Und während sein Herz wild stotterte, lief die erste Träne seiner Wange hinab.
Tim kam nach einer Stunde zu ihm und Patrick war es so egal, dass er in einer Bar mit seiner Stirn an der Theke saß. Cola immer noch vor ihm und Hände auf seinem Schoß. „Palle", sprach Bergi ruhig und Patrick brummte nur traurig. „Tut mir leid, dass mit Manu", fing Tim an und bei dem Name des Jüngeren zog sich Patricks Herz schmerzhaft zusammen. „Kann man nichts ändern", sagte er und seine Stimme klang so heiser und fremd. Patrick war nicht er selber. Er wollte nur nach Hause und ins Bett. Sein Kopf dröhnte und hämmerte stark gegen seine Schläfe. Ihm war übel, aber irgendwie besaß er kein Hungergefühl. „Palle", fragte Tim besorgt und strich ihm kurz über den Rücken. „Ich möchte nach Hause", flüsterte Patrick und schluchzte.
Mit der Trauer kam irgendwann wieder der Alltag. Ben und Lea waren oft bei ihm und schliefen dann sogar in der Schulzeit mit in seinem Bett. Lea hatte Ben wohl alles erzählt und auch wenn Patrick so tat, als würde es ihm gut gehen, fühlte er sich trotzdem beschissen. Lea und Ben schienen das zu wissen. Doch wirklich helfen konnten sie ihm nicht. Er hatte Liebeskummer und das irgendwie zum ersten Mal. Es schmerzte nicht annähernd so sehr, wie seine eigene Frau mit einem Fremden im Ehebett zu sehen. Aus der Trauer wurde dann irgendwann Wut. Wut, welche er immer wieder unterdrückte. Er schluckte sie herunter und versuchte seine alten Gefühle wieder zu bekommen, aber Manu war überall.
Irgendwann ließ er sie zu. Er schlug immer wieder auf den Sandsack ein. Schlug und Schlug. Er weinte und schrie. Wie sehr er sich gerade in diesem Moment hasste. Hasste für seine Gefühle, die nicht abschwächten, sondern immer stärker wurden . Bis er wusste, dass er Manu auf irgendeiner Art und Weise. Auf merkwürdigen Wegen und verdrehten Situationen, doch geliebt hatte. Er liebte ihn immer noch und die Erkenntnis nahm ihm den Sauerstoff und verschnürte ihm die Lunge. Sein Herz schrie und ächzte.
Endlich nach 3 Wochen schlief Patrick ein. In seiner Sportkleidung und mehr als verschwitzt, aber die Müdigkeit erschlug ihn beinah und er hatte für all das keine Kraft mehr. Deswegen schlief er ganze drei Tage und wachte nur auf, um was zu essen und übergab sich meistens kurz danach. Er fieberte und nach dem dritten Tag waren Rewi und Tim da. Machten Patrick ein Bad und kochten für ihn Suppe, von der er sich nicht übergeben musste. Sie deckten ihn zu und blieben da.
Nach der vierten Woche ging es Patrick einigermaßen gut. Er tat so, als würde es ihm super gehen und alle glaubten ihm. Er würde Manu vergessen müssen. Es hatte sowieso nie eine Zukunft gehabt. Manu war nicht im Stande eine richtige Beziehung zu führen und Patrick fand sich damit ab. Redete sich ein, dass es so besser war. Dass es da draußen jemanden gab, der mehr war als Manu. Der besser zu ihm passen würde und ihn liebte. Mit dem Gedanken verdrängte er Manu in den hintersten Ecken seines Kopfes.
Und als er endlich dachte,dass es wieder ging. Dass er vergessen konnte und wollte, klingelte es an seiner Tür und holte ihn wieder in die Realität zurück.
Ich war leider den gesamten Tag nicht zu Hause und hatte irgendwie keine Zeit, aber hier ist das neue Kapitel und wenn ich es schaffe, dann kommt 'Heute' noch eins :3
Hat einer vielleicht eine Idee, wer da an der Tür klingelt? :D
Gute Nacht meine Lieben <3
MuffinHill
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