16.Kapitel - Augen
16.Kapitel - Augen
Ich saß auf einem hohen gelben Sessel in Freiraum, hatte mein Handy in der Hand und ließ die Zeit vergehen. Zehn nach sechs. Er war zu spät. Ich schaute hin und wieder zur Glastür und konnte meine Nervosität nicht verhehlen. Warum ich überhaupt nervös war, wusste ich nicht, doch ich konnte mich gut an unser letztes Treffen erinnern und nur der Gedanke daran ließ mir einen Schauder den Rücken hinunterlaufen.
Endlich; er war da. Er kam mit einem warmen Lächeln zu mir und umarmte mich fest. Das hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet, aber ich freute mich sehr darüber. Er setzte sich neben mich auf den hohen Sessel und schon begaben wir uns in einem tiefen Gespräch.
Er malte viel. Das hatte ich immer an ihn gemocht. Unsere erste Gemeinsamkeit. Vieles mochte ich an ihn. Seine Augen, sein warmes Lächeln, seine kindliche Art und vor allem seine starken sicheren Hände. Wenn sie deine nahmen, dann warst du dir sicher, dass er sie nie loslassen würde.
Irish Coffee; sowohl Kaffee als auch Alkohol. Es war genau die Kombination, die er wollte. Bei unserem Chat meinte er auch, dass es Kaffee mit Alkohol gibt. Wir stoßen an und schauten einander in die Augen. Die Minuten vergingen und ich fühlte mich immer lockerer und heiterer. Ich fühlte mich wohl in seiner Nähe; so wie ich es das letzte Mal getan hatte.
Er zeigte mir ein paar Bilder in seinem Handy. Ich beugte mich nach vorn und unsere Gesichter waren keine fünf Zentimeter von einander entfernt. Nicht ihn anschauen, nicht ihn anschauen, nicht ihn anschauen... Ich saß wieder normal auf meinem Sessel und atmete tief ein und aus. Es war nichts passiert. Keine komische Stille oder seltsames „in-die-Augen-Schauen".
Der Kellner brachte schon das zweite Bier und ich war dabei, meinen Aperol Spritzer zu trinken. Meine Augen schienen nicht mehr nüchtern zu sein, doch das mochte ich genau daran. Obwohl ich mir versprochen hatte, heute nicht zu trinken, doch eins zwei Spritzer wäre nicht dagegen. Hin und wieder legte er mir seine Hand auf den Schoß. Es war angenehm. Seine Hände waren warm. Ich liebte warme Hände. Ich fühlte deren Wärme durch meine Strumpfhose und schloß unmerklich die Augen für eine Sekunde.
Die Zeit verging schnell, doch kaum merklich. Wir saßen immer noch in der Bar, auf den hohen gelben Sesseln und redeten. Wenn ich all meine Gedanken beiseiteläge, würde ich gleich aufspringen und ihn umarmen oder vielleicht noch was anderes tun. Doch ich riss mich lieber zusammen und blieb an meinem Platz sitzen und schaute ihn in die Augen. Länger als ein paar lange Sekunden schaffte ich es nicht, in seine Augen zu sehen. Sie wollten mich immer mitnehmen. Mitnehmen irgendwohin in die weite endlose Welt.
Ich wusste nicht wie, aber er schaffte es immer, mich sprachlos zu machen. Obwohl wir einander nicht so lange kannten, wusste er genau, wie ich auf was reagierte. Er wusste, was mir durch den Kopf ging und er konnte meine Augen lesen. Meine Augen sagten viel. Ich konnte nicht lügen. Man konnte alles in meinen Augen lesen. Die einzige Wahrheit fand man dort, wenn man genau hinschaute.
Die Augen waren die Fenster zur Seele. Daran hatte ich immer geglaubt. Jetzt saß er vor mir, schaute mich genau in die Augen und ich hörte seine schreien. Ich schaute kurz weg, doch seine Augen zogen mich wieder an und ich musste mich wieder in diese zwei kleinen jedoch tiefen Meere verlieren.
Er näherte sich mir. Er nahm meine Hände in die seine und das einzige, was er sagte, war Es ist das erste Mal, dass ich so sprachlos bin! Ich spürte den Drang in mir; den Drang, ihn zu küssen, ihn für mich zu haben. Doch ich zog mich zurück. Er gab nicht auf. Er legte seine Hand auf meine Wange und schon hatte ich meine Sinne verloren.
Ich schloss die Augen. Ich wollte nicht, dass er das Chaos in meinen Augen sah. Dieses Durcheinander in meinem Kopf. Ich spürte seine Hand auf mein Kinn und er brachte mich dazu, meine Augen zu öffnen. Das hätte er nicht machen sollen, denn schon lagen seine Lippen, seine warmen Lippen, auf den meinen. Die Zeit schien auf einmal stehen geblieben zu sein. Er küsste zu gut. Zu gut dafür, um es ertragen zu können.
Der Kuss war nicht lang, jedoch schien er eine Ewigkeit zu dauern. Ich lehnte meine Stirn an seine und hatte dabei die Augen zu. Schon wieder nahm er meine Hände und brachte mich dazu, ihn in die Augen zu sehen. Ich wollte mehr. Seit ein paar Monaten hatte ich mich schon nicht so geliebt gefühlt. „Deine Augen sind schön", meinte er. „Ich mag meine Augen", entgegnete ich. Ich hatte mich in die Augen verliebt; in seine Augen. Sie wussten genau, was meine wollten.
Ich wollte mich nicht in einen Badboy verlieben, denn ich wusste, dass ich am Ende mit einem gebrochenen Herzen dastehen würde, doch es war ein bisschen zu spät. Ich empfand schon einige Gefühle für ihn und das durfte er nicht wissen. Er näherte sich mir ein zweites Mal und etwas Anderes hätte ich nicht machen können außer ihn zu küssen. Ich wusste nicht, wie lange wir dasaßen und einander küssten, aber es machte mir nichts aus, wenn der ganze Tag so lief.
Vier Getränke. Ich war nüchtern. Ich war eine nüchterne Betrunkene. Ich wusste genau, was ich wollte und das machte ich auch gerade. Ihn küssen. Seit ein paar Monaten hatte ich mich schon nicht so geborgen gefühlt. Ich fühlte mich wie Zuhause. Seine Lippen, seine warmen Lippen, küssten meine und ich musste den Kuss erwidern. Seine Hand gleitete über meinen Rücken und fand ihren Weg zu meiner Hüfte und blieb dort stehen. Ich konnte mir ein leises Stöhnen nicht verkneifen.
Ich ließ meine Hand in seine Haare gleiten und hielt mich an ihn fest. Wenn wir alleine wären, so hätte er mich hochgehoben, mich weitergeküsst und vielleicht wären wir einander nähergekommen. Doch wir saßen immer noch in der Bar, auf den hohen gelben Sesseln und küssten einander, als ob es kein Morgen gäbe.
Meine Seele lächelte. Das konnte er in meinen Augen sehen. Meine Augen sagten viel. Ich konnte nicht lügen. Man konnte alles in meinen Augen lesen. Die einzige Wahrheit fand man dort, wenn man genau hinschaute.
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Oben seht ihr noch ein Foto von Joe :)
Ich hoffe, dass euch die Story bis hierhin gefällt ^.^
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