12.Kapitel - Weiches Fell


12.Kapitel - Weiches Fell

Eine flauschige Gestalt setzte sich auf mein Gesicht. Ihre Wärme und die sanften Bewegungen weckten mich auf. Langsam hob ich meine Arme hoch und umklammerte die Katze fest. Es war halt immer ihre Art, Zuneigung zu zeigen. Ich musste bei dem Gedanken kurz grinsen. Ich erinnerte mich an meine zwei lieben Katzen, die jedoch nicht mehr bei mir waren. Jede aus einem anderen Grund.

Ich streichelte Tigger ein paar Minuten lang mit geschlossenen Augen und genoss sein weiches Fell. Anelim schlief noch. Wir hatten ja eine lange Nacht hinter uns. Obwohl ich viel Tequila getrunken hatte, hatte ich keine Kopfschmerzen. Dennoch war ich noch immer erschöpft und meine Füße taten weh; und wie.

Irgendwann wollte Tigger nicht mehr in meinen Armen liegen und lief davon. Sie sprang von der Couch auf den Boden, schaute sich ein bisschen herum, fand ihren gewünschten Platz und legte sich hin. Ich vermisste das Gefühl, von einer Katze aufgeweckt zu werden. Doch sie waren nicht mehr bei mir. Und jedes Mal war es meine Schuld und verzeihen konnte ich mir nicht.

Ich nahm eine Bewegung neben mir wahr und sah rüber zu Anelim, die auch schon wach war. „Morgen!" nuschelte sie. „Morgen!" entgegnete ich. „Gut geschlafen?" fragte ich die müde Anelim. „Huh?" Sie war anscheinend noch nicht hundertprozentig aufgewacht. Ich lachte kurz auf und setzte mich auf.

„Ob du gut geschlafen hast, habe ich gefragt!" stellte ich nochmal die Frage und lächelte sie an. „Warum schaust du so?" Sie rieb ihr Auge und schaute mich skeptisch mit dem anderen an. „Weil du lustig ausschaust!" antwortete ich und lachte wieder auf. „Selber!" war das einzige, was sie nur sagte, und ich lachte los.

„Das ist gemein. Du bist schon länger auf!" sagte sie enttäuscht. „Ja, dank deiner Katze!" entgegnete ich und lachte wieder, während ich aufstand und in die Küche ging. Ich füllte den Wasserkocher mit Wasser und stellte es zum heiß werden hin und ging in der Zwischenzeit auf die Toilette.

Es war eine traumlose Nacht. Naja, wenn man sie Nacht nennen konnte. Wir waren irgendwann um halb Sieben in der Früh zu Hause und hatten uns einfach auf die Couch geschmissen und waren sofort weg. Jetzt war es wahrscheinlich irgendwann zu Mittag oder so. Auf jeden Fall, schlief ich sehr gut letzte Nacht und für ein paar Stunden konnte ich einiges vergessen und loslassen.

Ich wusch mir mein Gesicht mit kühlem Wasser und putzte mir danach die Zähne. Obwohl ich noch fertig aussah, war ich ziemlich fit, außer, dass mir die Füße sehr wehtaten. Ich durchsuchte währenddessen Ani's Kasten im Bad. Ein paar halbvolle Parfüms, Haut und Handcremen und Schminksachen.

Darunter sah ich das Parfüm, dass ich ihr einmal zum Geburtstag geschenkt hatte. Ich nahm es in die Hand, ging aus dem Bad und fragte mit der Zahnbürste im Mund „Isch esch dasch, dasch isch dir mal geschenkt hab?" Gleich streckte sie ihren Kopf aus der Küche raus mit einem Löffel im Mund. „Aha!" antwortete sie und verschwand wieder hinter der Wand.

„Cool!" entgegnete ich laut genug, damit sie es aus der Küche hören konnte. „Ja, ich habe irgendwo gelesen, wenn man das Parfüm nicht ausleert und ein bisschen übriglässt, hält die Freundschaft so lang man die Flasche so behält." sagte sie mit voller Überzeugung. „Cool!" entgegnete ich wieder „Wusste ich nicht!"

„Naja, ich glaube eh nicht an solche Sachen, aber das fand ich cool und ja, daher habe ich das Flakon mit ein bisschen Flüssigkeit drinnen behalten." sagte sie schulterzuckend. „Das finde ich voll lieb." war das einzige, was ich noch sagte, bevor ich wieder ins Bad ging und mir den Mund abwusch.

„So, sag mir denn über diesen einen." begann Ani zu reden. „Über welchen einen?" fragte ich sie abwesend. „Na, der, der dir das Herz gebrochen hat." „Ach, das ist nicht nötig." „Natürlich ist es nötig. Du bist meine Freundin und ich sitze hier, bis du mir irgendetwas verrätst." sagte Ani entschlossen und setzte sich auf die Couch.

„Na gut. Es ist ja nichts Besonderes." Ich wollte es so simple wie möglich halten, doch sie schien nicht damit zufrieden zu sein. „Ach was. Du bist keine gute Lügnerin, Baran. Ich kann's in deinen Augen sehen, dass er dich so nervt und kaputt macht. Setz dich hin und sag mir vom Anfang an, was alles passiert ist."

Ich setzte mich vor ihr hin, zögerte für einen Moment und fuhr dann fort. „Na gut. Es hat vor ca. drei Jahren begonnen. Es war der erste Tag im Dezember, wo ich mich mit Roger, meineim damaligen Freund, treffen wollte. Und da stand er. Ganz plötzlich neben mir. Ihm gehörte ein Juwelierstand. Er merkte, dass mir ein Ring gefiel und er schenkte ihn mir. Einfach so. In einer roten Box mit einem silbernen Stern oben.

Er beschäftigte mich für ein paar Tagen. Ich sah ihn nicht mehr am Weihnachtsmarkt und plötzlich traff ich ihn auf einem anderen Weihnachtsmarkt, wo ich mit meiner Mom und Tante war. Meine Mom und Tante haben sich schnell mit ihm befreundet. Ich war sauer, weil er auf einmal verschwunden war, doch da stand er wieder. Da standen wir wieder."

Ich erzählte Ani die ganze Geschichte, wie wir zusammengekommen waren und was er alles für mich getan hatte. Dass er mich seiner Mom vorgestellt hatte und mir geholfen hatte, als ich diesen blöden Unfall hatte. Ich erzählte ihr alles, was mir am Herzen lag. Ich begann sogar zu weinen, als ich an all die Erinnerungen dachte, die er mir wegnahm.

Und dann war er weg. Ohne eine Erklärung, ohne etwas. Ohne nichts. Er schickte mir eine Nachricht, dass es mit uns nicht mehr funktionieren würde, da ich anscheinend zu wenig für ihn tat. Ihm nicht genug Freiraum gegeben hatte. Ihn nicht genug geliebt hatte. Doch was hatte ich sonst all die Zeit getan? War das alles nicht genug für ihn? Ich liebte ihn über alles und doch sah er das nicht.

Vielleicht hatte ich ihn einfach nicht genug geliebt, so dass die Liebe uns zusammenhielt.

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