Alleine im Regen
Seit Stunden lag ich schon regungslos im Bett und starrte die Wand an, so wie ich es die letzten zwei Wochen getan habe, nachdem ich von der Schule nach Hause kam. Ich hoffe der heutige Tag vergeht schneller als die letzten Tage. Das Wochenende kam mir wie die Hölle vor. Ich hatte keine Lust mehr. Keine Lust mehr irgendetwas wahrzunehmen außer meine bereits brennende Schulter, auf der ich solange verweilen würde, bis ich wieder in die Schule musste. Mir war mittlerweile so einiges egal geworden. Meine Noten, meine Freunde, meine Familie und mein Körper. Ich war gut darin geworden den Hunger zu ignorieren, der mich von innen auffrass. Noch viel schlimmer als der Hunger, fraßen mich aber meine Gedanken auf, die mich nachts wachhielten, obwohl ich todmüde war.
Ich wollte nur vergessen. Alles was ich kannte, alles was ich war. Ich wollte von vorne anfangen. Nochmal geboren werden oder einfach sterben. Das zweite war die andere, viel realistischere Variante zu vergessen und vergessen zu werden.
Das einzige, das mich nämlich daran erinnerte noch zu leben waren meine Mitmenschen, denn spüren konnte ich nichts mehr.
Meine Augen blieben an den gleichen Fleck der Wand gerichtet, als es plötzlich an meiner Zimmertür klopfte.
„Jungkook? Schläfst du?" hörte ich die Stimme meiner Mutter.
Sie war schon wieder da? Es war also schon nach 10 Uhr. Also nur noch 8 Stunden, bis ich wieder aufstehen musste.
Sie trat herein, so wie die vergangenen Tage auch und setzte sich an mein Bett. Ihre schmale Hand legte sich sanft auf meinem Oberarm ab.
„Hör mal Schatz. Ich habe mir Gedanken gemacht. So kann es doch nicht weiter gehen. Ich habe es wirklich versucht, aber mit mir willst du ja nicht reden. Ich will nicht, dass mein Kind verrückt wird.... oder das du leidest. Weist du eigentlich wie es sich anfühlt als Mutter dein Kind so zu sehen? Ich habe Angst um dich."
In dem Moment begann sie wieder zu weinen. Auch das war nichts neues mehr. Es hat vor ein paar Tagen angefangen, als sich einer meiner Lehrer bei ihr gemeldet hat und meinte ich sei nicht mehr ich selbst. Als meine Mutter dann heraus fand, dass ich in meiner letzten Bio-Klausur kein Wort geschrieben habe, nicht mal meinen Namen, ist sie schier zusammen gebrochen.
„Hörst du mir überhaupt zu? Ich rede mit dir. Schau mich doch wenigstens an."
Ein weißer Fleck durchfraß das Gesicht meiner Mutter, als ich meinen Blick zum ersten Mal seit mehreren Stunden von der Wand löste. Erst nach langen Sekunden löste sich das Nachbild der Wand auf dem Gesicht meiner Mutter auf und ich erkannte ihren verschleierten Blick.
Sah sie so auch gestern aus? Und die Tage zuvor?
„Junge ich..." sie räusperte sich „ich denke es ist das beste, wenn ich dich zu einem Psychologen schicke. Vielleicht fällt es dir leichter mit ihm zu sprechen."
Zum ersten Mal seit Tagen spürte ich wieder etwas anderes als einsame Melancholie. Nämlich Panik, die sich in meinem Körper ausbreitete.
„Ich will nicht" schoss es aus mir krächzig hervor. Zu lange hatte ich nicht mehr gesprochen, weshalb meine Stimmbänder es nicht mehr gewohnt waren benutzt zu werden.
„Aber warum denn nicht? Es wird dir gut tun dich auszusprechen."
„Das kann ich auch mit jemand anderem machen."
„Ja, aber das tuest du nicht. Nicht mit mir, nicht mit deinem Vater, deinem Bruder, deiner Schwester. Selbst Tae weis sich nicht mehr zu helfen."
„Ich werde nicht mit einem Psychologen reden."
Ich will mit überhaupt niemandem reden. Ich will nicht irgendjemand etwas erzählen, da ich keine Lust habe meine Gedanken, die sich nur um eine Person drehten laut auszusprechen. Ich kann seinen Namen nicht mehr nennen. Ich kann seinen Namen nicht mehr hören. Ich kann ihn nichtmal mehr denke ohne dass es mir schlecht wird. Ich will dass er sich aus meinem Gehirn löscht.
„Es ist nicht gut, wenn man alles in sich rein frisst."
„Ich. Will. Aber. Nicht." zischte ich meine Mutter an. Meine Atmung ging so schnell wie schon lange nicht mehr.
Ein Knarzen an der Tür, lies mich aufblicken.
Meine Schwester stand in der Tür und schaute besorgt in unsere Richtung.
„Er ist wach?" stellte sie fragend fest, was sie schon wusste.
Meine Mutter nickte. Dann bat sie meine Schwester weiter rein. Sie setzte sich auf meinen Schreibtischstuhl, den in letzter Zeit nur sie oder Eomma benutzt hatten.
„Ich weis nicht mehr weiter. Er will mit niemandem reden" erklärte meine Mutter, was mich tierisch nervte, da ich anwesend war.
Meine Schwester nickte, das sah ich im Augenwinkel, dann rutschte sie näher zum Bett.
„Kookie, wir machen uns alle sorgen um dich. Weist du du machst uns ganz schön traurig. Ich dachte du würdest uns vertrauen. Wir sind doch deine Familie" ihre Stimme war ruhig. Spuren von Traurigkeit war klar aus ihrem Tonfall zu hören, doch ihre Stimme blieb dennoch stark.
„Und Kookie?" sie wartete einen Moment, bis ich sie tatsächlich ansah.
„Denkst du nicht, es ist langsam an der Zeit?"
Verwirrt blickte meine Mutter sie an.
„Was meinst du?" fragte sie nach und ich spürte Angst meinen Körper erfüllen.
„Irgendwie denke ich, ich weis was los ist. Und ich glaube es hat auch keinen Zweck mehr es weiterhin zu verheimliche, wenn es nur verursacht, dass du weiterhin so leidest."
Geschockt starrte ich sie an. Ohne in der Verfassung zu sein, etwas zu sagen.
„Kookie? Ich verspreche dir es wird besser werden, wenn du es jetzt sagst. Eomma wird dich verstehen. Es ist okay" versuchte meine Schwester mir etwas aus dem Mund zu zaubern, von dem ich beschlossen hatte es für immer weit im inneren meiner dunklen Seele eingesperrt zu lassen. Nach den letzten Wochen wollte ich dieses Thema, dieses Teil von mir nie wieder ausleben oder auch nur ansprechen. Es hat mich zerstört.
„Es ist okay. Du kannst es mir sagen. Ich bin nicht böse" bestärkte jetzt auch meine Mutter, doch ich schwieg weiterhin.
Doch dann passierte es: Der Fehler meiner Schwester, der alle Sicherungen bei mir durchbrennen ließen.
„Erzählt ihr einfach von Jimin."
Ich wusste nicht ob das laute Geräusche meine Zimmertür war, oder doch meine Mutter, die ich auf die Seite geschmissen habe, als sie mir im Weg saß.
Meine Beine brannten, als ich zur Haustür rannte, während mir die Tränen bereits über die Wangen liefen. Ich war froh die Türklinke unter meiner kalten Hand zu spüren, da es mir begann schwarz vor den Augen zu werden. Trotzdem drückte ich sie mit voller Kraft nach unten und zog an ihr, als ich merkte, dass sich nichts rührte. Sie war verschlossen. Ich hörte wie sich mehrere Türen im Haus öffneten, nur nicht die richtige, während ich auf den Boden sank. Mein Kopf sank auf meine Knie, die von meinen Armen umschlungen wurden.
Fußschritte waren nur zu hören, nicht zu sehen, da mir meine Arme, meine Tränen und das Schwarz vor meinen Augen den Blick verwehrten.
„Was ist denn jetzt schon wieder los?" hörte ich meine Bruder von oben emotionslos feststellen.
Das war das letzte was ich wahrnahm. Alle anderen Stimmen um mich herum wurden lautlos, nur ein Wortfetzen hallte mir durch den Schädel und lies meinen Körper Beben. Nur ein Name, der mich erneut von innen umhüllte und alle meine Sinne zu einem einzigen Chaos verwirbelten. Zeit und Raum spürte ich nicht mehr. Es war alles wie gelähmt. Ich merkte nicht, wie ich weinte, wie ich von meiner Familie verstört beobachtet wurde.
Nichts schien mich mehr aus meiner schwarzen Welt holen zu können. Nichts außer seine Berührung. Und so geschah es auch:
So wie die viele Male zuvor fühlte es sich an, als ich spürte wie seine Hand über meinen Kopf streichelte, sich in meine Haaren kurz verfang und sich dann auf meinen Nacken legte. Seine warme Hand, die mich schon so oft beruhigt hatte, übertrug ihre Wärme auf meinen Körper. Meine Atmung verlangsamte sich und ich spürte die Wasserperlen auf meiner Wange wieder, die die selben Bahnen benutzten wie ihre Vorgänger.
Er ist bei mir. Er ist da.
Hoffnungsvoll hob ich den Kopf an, um in sein schönes trauriges Gesicht zu blicken.
Doch das schöne traurige Gesicht gehörte meiner Schwester. Sie hörte nicht auf mich zu streicheln, mit ihrer Stimme zu beruhigen und mir irgendetwas zu zu sprechen.
Irgendwann schaute sie mich fragend an und ich nickte. Wusste nicht was sie gesagt hat, aber ein Nicken schien die richtige Antwort zu sein. Ihr Blick wand sich kurz von mir ab. Dann lächelte sie mir wieder zu, bevor ich zwei Arme an mir spürte, die mich hoch zogen und mich ins Wohnzimmer auf die Couch führten. Einen Moment lang geschah nichts. Dann wurde mir eine Tasse in die Hand gedrückt, dessen Inhalt ich nur betrachtete und in ihm wie in einem klaren Sternenhimmel versank.
Den Sternenhimmel den ich nur mit ihm zusammen betrachten wollte.
„Kookie" holte mich die Stimme meines Bruders aus den Tiefen meines Tees.
Ich blickte auf und sah in das liebevolle Gesicht meiner Mutter, die sich dicht neben mich setzte.
„Könntet ihr zwei uns kurz alleine lassen?"
Meine Geschwister verschwanden mit einem Nicken.
„Trink... das beruhigt."
Ich tat was sie mir sagte und sie hatte recht. Der Wärme Inhalt fühlte sich gut in meinem Mund an und noch besser in meinem leeren Magen.
„Jungkook" sagte sie so sanft wie noch nie zuvor und gewann so meine Aufmerksamkeit „ist etwas vorgefallen, zwischen dir und Ji..."
Sie stoppte, als sie sah wie ich meine Augen zukniff.
Ziemlich schnell begriff sie, dass ich noch nicht in der Lage war ihr zu antworten, weshalb sie einfach weitere Fragen stellte und wohl auf ein Nicken oder ähnliches hoffte.
„Du magst ihn recht gerne, stimmt's?"
Ich schaute sie nicht an, während ich nickte, da ich Angst vor ihrer Reaktion hatte.
„Und dich mag er auch oder?"
Das war die entscheidende Frage, die ich mir die vergangenen Wochen jede Sekunde stellte. Ich war immer auf ein anderes Ergebnis gekommen, bis in der letzten Zeit eines klar die überhand gewann, welches ich dann auch meiner Mutter durch ein Kopfschütteln mitteilte.
Ein enttäuschtes Schnauben war ihrerseits zu hören.
„Bist du dir sicher?"
Ich nickte.
„Und das macht dich jetzt traurig?"
Ihre Worte gingen mir ziemlich nah, weshalb ich wieder begann zu weinen. Schnell legte sie einen Arm um mich und zog mich in eine Umarmung. Das reicht wohl als Antwort.
In diesem Moment merkte ich auch, wie sehr mir Körperkontakt die vergangenen Wochen gefehlt hat. Es tat gut, sich richtig auszuheulen.
„Ach Schatz, wie gerne würde ich dir deinen Schmerz jetzt abnehmen, aber das geht leider nicht. Das Leben verläuft manchmal anders, als man es sich vielleicht wünscht. Gerade wenn es um ... Gefühle geht, die nicht erwidert werden. Aber lass deswegen den Kopf nicht hängen. Es kommen bessere Tage und Zeit heilt ja bekanntlich alle Wunden. Also bitte tue nicht nur mir, sondern auch dir den gefallen und versuche darüber hinweg zu kommen. Ja ich weis: Leichter gesagt als getan, aber versuche es ja? Es wird sich lohnen."
Ich hörte meiner Mutter genauestens zu und stimmte ihr am Ende mit einem Nicken zu.
Sie lächelte mir zufrieden zu und schaute mich einfach eine Weile an.
„Wie wäre es, wenn ich dir noch etwas zu essen mache?"
Ich zuckte mit den Schultern, was sie als ja verstand.
Während ich dann aß, saß sie mir gegenüber um mir angeblich nur Gesellschaft zu leisten, doch ich denke sie wollte eigentlich nur sicher gehen, dass ich ja alles aufesse.
Ich fragte mich aber immer noch, ob ihr es jetzt eindeutig klar war, dass ihr Sohn schwul ist oder sie vielleicht vorher nur freundschaftliche Gefühle meinte.
„Eomma?"
„Ja?"
„Diese Gefühle... die ich für... die ich habe, sind anders."
Sie schaute mich fragend an.
„Wie meinst du das?"
Oh Gott sie hat es nicht verstanden.
„Ich weis auch nicht... ich glaube einfach dass ich eventuell in... also dass ich..."
„Das du in ihn verliebt bist?"
Ich traute mich nichts mehr zu sagen, da ich nicht feststellen konnte, wie sie dazu steht. Ihr Blick allerdings sieht nicht wütend, enttäuscht oder ähnliches aus, weshalb ich mich dann doch überwand und ein wenig nickte. Doch leider antwortete sie daraufhin erst mal nichts mehr, was mir den Schweiß auf die Stirne treibt. Ich schluckte laut und begann sie zu mustern. Sie blickte auf ihre Hände. Genauer gesagt auf ihren Ehering.
„Eomma?" fragte ich unsicher nach.
Sie schaute auf und ihr Gesicht wurde freundlich, doch die Sorgenfalte auf ihrer Stirn entging mir nicht.
„Ich kann dich verstehen. Ich hätte mich sicher auch in ihn verliebt. Er ist so höflich und gut aussehend. Er wirkte fast schon zu perfekt, so wie ein Prinz aus einem Märchen."
Zu perfekt. Das war er in der Tat. Zu perfekt um wahr zu sein. Aber das hier ist kein Märchen, also gibt es auch kein Happyend.
„Es kann ja mal passieren. Gerade in deinem Alter."
„Nein Eomma. Du verstehst das falsch" sagte ich mutig. Jetzt war ich schon dabei, dann werde ich es auch zu Ende bringen.
„Ich denke mir wird das in Zukunft noch öfters passieren."
„Und das ist auch vollkommen okay. Ich will nur damit sagen, dass du dir so jung wie du bist, noch keine Gedanken machen musst, wie und mit wem du dein restliches Leben verbringst. Eines Tages kommt die oder der Richtige und dann wirst du es wissen."
Bei so ernsten Gesprächen schaffe ich es nie ihr die ganze Zeit in die Augen zu schauen, weshalb ich lieber mein leeren Teller bestaunte und die restlichen Reiskörner einzeln aufpickte.
„Wissen deine Geschwister schon davon?"
„Ja, aber du musst dich ja nicht mit ihnen darüber unterhalten oder?"
Sie lächelte mir zu und schüttelte den Kopf.
Das alles verlief ja tatsächlich besser als ich dachte. Und nachdem ich diese Nacht neben meiner Mutter, im Bett meines Vaters geschlafen hatte, hatte ich endlich wieder mehr als zwei Stunden Schlaf. Ja ich weis, ich sollte das nicht mehr machen, aber es hat wirklich etwas bewirkt. Ich konnte im Unterricht wieder etwas konzentrierter sein, auch wenn ich trotzdem immer mal wieder in Gedanken versank. Ich versuche alles was passiert war einfach zu verdrängen und so wenig wie möglich darüber nachzudenken. Schließlich hatte ich das in den letzten Wochen schon genug getan.
Dies klappte auch ganz gut, bis ich dann in der Nachmittagsschule meine Koreanisch Hausaufgaben begann. Ich sollte einen Pro-Kontra Aufsatz schreiben über ein beliebiges Thema. Also nahm ich ein Blatt Papier, schrieb links in die Ecke ein Plus und rechts ein Minus. Ich dachte wirklich lange über ein Thema nach, doch alles was mir momentan einfiel war schon wenig später die Überschrift:
Jimin
Und dann begann ich zum ersten Mal das aufzuschreiben, über das ich mir die letzten Wochen den Kopf zerbrochen habe.
1. Er antwortet mir nicht mehr.
Ich habe täglich versucht ihn zu erreichen, habe ihm Nachrichten geschrieben und ihn angerufen, doch er antwortete auf keiner Weise. Wenigstens lässt er es jetzt einfach klingeln wenn ich anrufe und drückt mich nicht mehr weg wie noch an Anfang.
Obwohl mir das auch Angst macht, womit wir zum grotesken Positiven kommen:
Vielleicht ist ihm irgendetwas passiert und er ist nicht mehr in der Lage zu antworten. Vielleicht hatte er kurz nachdem wir miteinander geschlafen habe wirklich keine Zeit und dann ist ihm etwas zugestoßen.
Notiz: Er ist sicherlich nicht tot, da ich auch schon alle Todesanzeigen der letzten Wochen durchgegangen bin. Im Krankenhaus hätte er sein Handy ja benutzen können, außer er liegt im Koma.
Ich schüttelte den Kopf. Was denke ich bloß da? Das ist doch zu weit hergeholt, aber es wäre eine Möglichkeit.
Oder ihm wurde sein Handy geklaut, aber dann hätte er sich ja trotzdem bei mir blicken lassen können.
2. Er verschwindet direkt nachdem er mich entjungfert hat.
Darüber denke ich am Meisten in letzter Zeit nach und auch Tae macht es an dieser Stelle besonders stutzig. Es ist einfach so seltsam, dass er ausgerechnet in dieser Nacht verschwindet und mich lässt der Gedanke nicht los, dass er wusste, dass wir uns in dieser Nacht das letzte mal sehen würden. Er wirkte in dieser Nacht sehr nachdenklich, aber wenn er es wusste, warum schläft er dann dennoch mit mir? Hat er mich vielleicht wirklich nur ausgenutzt und hat mir die komplette Beziehung vorgespielt um mit mir zu schlafen und danach für immer zu verschwinden?
Dann wiederum frag ich mich warum er es nicht schon früher mit mir gemacht hat. Es gab mindestens zwei Gelegenheiten, in denen er es hätte tun können. Das eine Mal als ich betrunken war und noch auf unserem Ausflug von neulich. Wenn es ihm die ganze Zeit nur um Sex ging, hätte er nicht auf mich Rücksicht nehmen müssen, aber das hat er. Er hat so lange gewartet und war verständnisvoll, dass es einfach keinen Sinn macht, mich nur ausnutzen zu wollen.
Obwohl... manchmal war er schon etwas aufdringlich. Schlussendlich weis ich nicht was wirklich in ihm vorging, was mich zum nächsten Punkt bringt.
3. Er hat nie „Ich liebe dich" gesagt
Als er noch da war, war es für mich nicht so wichtig diese Worte zu hören, aber jetzt im Nachhinein, würden sie so einiges ändern.
Er hat mich zwar fühlen lassen, dass er mich liebt, aber er hat es nie gesagt. Vielleicht ist er auch einfach nur ein guter Schauspieler und ich hatte die passende rosarote Brille auf, die mir ein falsches Bild von ihm gab.
Oft habe ich ihm gesagt, dass ich ihn liebe, doch darauf hat er nur mit einem Lächeln oder einem Kuss geantwortet.
Hätte er es auch nur einmal gesagt, hätte ich jetzt keinen Grund an seiner Liebe zu zweifeln.
Trotz dem Zweifel will ich an dem Gedanken festhalten, dass es echt war.
Wie könnte ich das auch nicht? Jimin hat mich so behandelt, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe. Die Art und Weise wie er mich anlächelte, nachdem wir uns geküsst haben, wie er mich anfasste und nicht nur mein Äußeres berührte. Wie er mir immer durch die Haare wuschelte und mich umarmte. Wie er mir aufmerksam zuhörte und wie er mir Dinge erklärte. Wie er mich verteidigt hat. Wie er mich in gewissen Situationen angrinste. Wie er für mich da war. Wie er war als ich für ihn da war. Wie er mich streichelte um mich zu beruhigen...
Das kann man doch nicht schauspielern.
Es war echt.
Es hat sich echt angefühlt.
Und dennoch muss ich hier sitzen und an all dem zweifeln. Warum macht er es mir so schwer? Wenn er mich wirklich liebt, warum lässt er mich dann so leiden?
Ich würde ihn das gerne direkt fragen. Auch wenn es wirklich alles Falsch war, wenn nichts Echt war... trotzdem will ich wissen warum?
Das Problem ist nur:
4. Ich habe absolut keine Ahnung wo Jimin ist.
Es ist traurig, das feststellen zu müssen, aber eigentlich habe ich keine Ahnung von meinem Fr... von ihm.
Ich weis nicht wo er wohnt.
Ich kenne seine Freunde nicht.
Ich weis nicht mal auf welche Uni er geht.
Warum ist das so? Jimin weis so viel über mich, aber ich habe keine Ahnung wie sein Leben ist. Würde ich wissen wo er wohnt, wäre ich schon längst bei ihm und würde ihn zu rede stellen, doch aus irgendeinem Grund hat er mich ja nie zu sich nach Hause geholt. Gründe dafür können entweder sein, dass er sich schämt mir sein Zuhause zu zeigen, da seine Mutter eventuell nicht so viel Geld hat sich ein großes Apartment zu leisten
oder er wollte nicht, dass ich weis wo er wohnt. Genauso wie er nicht wollte, dass ich seine Freunde und seine Uni kenne.
Na gut, ich hab ihn das nie so richtig gefragt, aber es ist dennoch seltsam, dass ich nicht einen Namen seiner Freunde kenne. Hobi ist sicherlich nicht sein einziger Freund.
5. Sein Verhalten war in letzter Zeit wirklich seltsam.
Er meinte das liegt alles nur daran, dass er gestresst ist, doch irgendwie glaube ich ihm das nicht so ganz. Erst recht nicht nach dem was neulich passiert ist, als er so scheiße zu mir war und dann sein Vater kam und „nochmal" mit ihm sprechen wollte. Mhhh ja, sie hätten eventuell nur einen Trainingsplan durch gegangen sein können, doch ich glaube es war etwas anderes. Etwas das Jimin dazu gebracht hat seinen Frust an mir auszulassen.
Alles was ich über seinen Vater weis ist dass er früher, laut meines Vaters, ein Arschloch war, dass er Jimins Trainer ist, dass er streng ist, Jimin ihn respektiert und dass Jimin ihm trotzdem irgendwie wahnsinnig nahe steht. UND dass er homophob ist. Hat er vielleicht irgendetwas herausgefunden? Dass sein Sohn anders ist oder weis er eventuell über unsere Beziehung bescheid?
Wenn das so wäre, warum setzt sich Jimin trotzdem der Gefahr aus erwischt zu werden, indem er mich ins Schwimmbad einläd, in dem sein Vater jeden Moment auftauchen könnte.
Und warum schleicht sich Jimin dann nicht nachts mal zu mir, um es mir zu erklären so wie er es schonmal getan hat?
Das macht doch keinen Sinn.
Und auch wenn es das täte stört mich eine Sache am meisten an dieser Theorie:
Warum redete er mit mir nicht darüber? Es gilt immerhin nicht nur für mich, immer ehrlich zu ihm zu sein. Eine gute Beziehung baut doch darauf auf, dass man füreinander da ist und ehrlich ist.
Ja er wollte mal mit mir reden, aber das würde ja nichts. Aber dann hätte er es auch tun können bevor wir miteinander geschlafen haben...
Ich starrte auf das vollgeschriebene Papier vor mir, als es plötzlich klingelte. Es war 22Uhr. Ich habe die ganze Zeit nur darüber nachgedacht und bin zu nichts gekommen. Shit. Um mich herum packen alle zusammen, nur ich bleib noch sitzen um noch wenigstens einen Teil meiner Mathe Aufgaben zu machen. Doch dann wurde auch ich vom Aufsichtslehrer aus der Schule geschickt.
Wie jeden Tag lief ich am Schwimmbad vorbei um von außen rein zu blicken, doch es war niemand zu sehen.
Auf meinem restlichen Weg zur Bushaltestelle begann es dann auch noch zu Donnern und als ich angekommen war und auf meinen Bus wartete zu regnen. Ich hatte zwar einen Regenschirm dabei, doch nichts trieb mich dazu ihn aus meinem Rucksack zu holen.
Denn so sehr wünschte ich mir, so nass zu werden, bis auf einmal ein junger Mann neben mir auftauchte, der mich fragte ob ich unter seinen Regenschirm wollte. Einen der mir die Hand entgegen streckte und mir sagte wie er heiße, während er mir zulächelt. Einer der mit mir gemeinsam auf meinen Bus wartete, damit ich nicht nass werden würde.
Auf diesen jemand wartete ich an diesem Abend für immer.
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