44- Anonym

Seit 3 Monaten haben wir nicht mehr gesprochen.

Heute kenne ich Lesley genau sechs Monate. Das erste Halbjahr der elften Klasse nimmt ein Ende, und ich starre sie seit zwanzig Minuten an. Die Zeit verging so schnell, und doch so langsam, ohne sie. Ich kenne niemanden, der mit 18 und mitten im Abitur schon alleine lebt. Diese Vorfälle haben mein Leben zerstört. Aber ich hätte es nicht ertragen können, wenn Lesley wegen irgend einem Anonymen Bastard und Erpresser ihren Job verliert. Ich konnte es nicht zulassen. Immer wenn ich sie ansehe denke ich an die schöne Zeit mit ihr zurück. Immer wenn sie mich ansieht denke ich nur daran, was ich ihr angetan habe. Seit 3 Monaten lebe ich allein, habe keinen Kontakt zu meiner Familie, und habe auch Lesley nicht mehr. Mein Vater und ich müssen uns heimlich treffen, weil meine Mutter ihn den Kontakt zu 'seiner lesbischen Tochter' verbietet. So nannte sie mich jetzt, ich war nicht länger ihre Tochter. Ich habe rein gar keinen Bezug mehr zu Vincent, meinem Adoptivbruder. Seit 3 Monaten habe ich ihn nicht mehr gesehen. Wenn ich das ganze nur rückgängig machen könnte. Oder ich Lesley vielleicht einfach ein paar Jahre später kennengelernt hätte. Lesley ihre Augen sind gefüllt mit Trauer, Erschöpfung und Selbsthass. Sie weiß nicht, warum ich unsere Beziehung beenden musste. Sie denkt, sie hätte einen Fehler gemacht. Doch das tat sie nicht.

Um 17 Uhr hatte ich mich mit meinem Vater verabredet, abgelegen der Stadt in einem Kaffee. Eigentlich ist alles klar für das Treffen, aber mir geht es schlecht. Mir geht es sehr schlecht, weil es Lesley schlecht geht. Ihr geht es immer schlechter. Wie gern ich ihr ihre Schuldgefühle abnehmen will. Bald endet die Stunde, ich möchte mit ihr sprechen, sie beruhigen. An liebsten würde ich ihr alles erzählen, aber es geht nicht, zumindest nicht alles. Ich möchte ihr ihre Schuldgefühle nehmen, indem ich ihr die Wahrheit sage, aber ich kann es nicht. Die dreißigste Minute beginnt, in der ich sie ansehe. Unsere Blicke treffen sich. Das erste mal seit drei Monaten. Sie erschreckte sich. Nicht aus furcht, sondern weil sie sieht wie sehr ich mich quäle. Wie sehr es mir leid tut, wie sehr ich mit den Tränen kämpfe. Aber auch sie leidet unter meinem Blick, sie fühlte sich umso schuldiger. Oh wie sehr ich ihr diese Qual nehmen will. Mir traten Tränen in die Augen. Wir kannten uns jetzt schon sechs Monate, und dass sie mir heute in die Augen sieht ist mein Startsignal. Meine Bestätigung dafür, dass ich sie nach der Stunde ansprechen werde. Fast sechs Monate wären wir heute ein Paar, glücklich und zufrieden. Würden es wahrscheinlich feiern, aber dies hat uns nun jemand verdorben.

Nach dem Unterricht wartete ich, bis alle Schüler gegangen waren. Es war Schulschluss, also hatte ich Zeit, und sie auch. Sie musste einfach Zeit haben.

Langsam und unsicher lief ich zur Tür. Ich schloss die Tür ab, und stellte mich vor sie. Sie erstarrte. ,,Sechs Monate.",gab ich traurig von mir. Tränen erfüllten ihre glasigen Augen und suchten sich einen Weg über ihre Wange. Sie war nicht in der Verfassung mir jetzt etwas sagen zu können. Ich nahm sie fest in meine Arme, sie wehrte sich nicht. Wahrscheinlich konnte sie es nicht, sie war schwach und zerbrechlich. Sie weinte bitterlich, Antwort genug für mich. ,,Ich kann es nicht mehr ertragen dich so leiden zu sehen." Langsam kamen mir auch die tränen und ich schlang mich fester um sie. ,,Du bist nicht schuld daran. Du bist an gar nichts schuld. Es tut mir so unfassbar Leid. Bitte denk' nicht du wärst schuld.", sie legte ihre Arme um mich. ,,Ich vermisse dich so sehr, Sophie. Ich kann nicht ohne dich. Ich will mit dir sein.", ich ließ von ihr ab. Seit drei Monaten dachte sie, sie wäre Schuld. Seit drei Monaten habe ich sie nicht mehr berührt. Seit drei Monaten verzehre ich mich nach ihrer Liebe, nach ihrer Nähe, nach ihren Lippen. Ich wollte endlich wieder ihre Lippen spüren, aber jenes konnte ich nie wieder. Nie wieder konnte ich sie küssen. Nie wieder konnte ich ihre Liebe spüren. Und das nur wegen diesem Arschloch mit verzerrter Stimme. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände. ,,Ich muss los, ich habe ein geheimes Treffen mit meinem Vater." Ich wusste nicht,was ihr Blick aussagte. Trauer? Erleichterung? Glück? Verwunderung? Ich ließ meine Hände von ihrem Gesicht zu ihren Händen gleiten. Vertiefte meinen Blick in ihre Augen, nahm ihre Hände zusammen und küsste sie auf die Handrücken. Diese Geste sollte ihr meine Liebe zeigen.

Mit einem letzten liebevollen ,,Tschüss", verließ ich den Raum und machte mich auf den Weg in meine Wohnung. Mein Vater unterstützt mich finanziell, wie er nur kann. Und Hanna hilft mir auch viel. Sie kaufte mir meine halbe Einrichtung. Wahrscheinlich hätte ich die letzten drei Monate ohne sie nicht überstanden.

Ich fuhr gerade auf den Parkplatz des Kaffees und sah meinen Vater schon auf einem Platz am Fenster sitzen. Wir begrüßten uns, und bestellten jeweils einen Tee. Es war Winter. Aber in mir brach der Winter schon vor drei Monaten aus, als mir alles genommen wurde. Ich stand zu Silvester nicht vor Lesleys Tür, das Risiko war zu hoch, jemand würde uns zusammen sehen. Vielleicht Batek. Vielleicht würde mich auch meine Mutter sehen und eins zu eins zusammenzählen. ,,Deine Mutter ist verrückt geworden. Der Grund, warum ich dich nicht abholen konnte ist, dass deine Mutter nach unserem letzten Treffen dein Parfüm in meinem Auto gerochen hat. Sie hat uns deswegen fast an einen Baum gefahren." Ich zog eine Augenbraue hoch, traurig was aus meiner Mutter geworden ist. ,,Ich habe jetzt ein eigenes Auto.", mein Vater schluckte laut und schaute um sich. ,,Ich habe in ihren Sachen gestern diese Fotos und dieses Aufnahmegerät gefunden.", er legte die Sachen auf den Tisch. Meine Augen weiteten sich, als ich sah, was für Bilder vor mir lagen. Ich sah meinen Vater an, der das Aufnahmegerät anschaltete. ,,Hallo Sophie, ich weiß es. Ich weiß, was für Machenschaften du mit deiner Lehrerin treibst. Wenn du dass nicht sofort beendest werde ich alle Beweise an die Polizei weitergeben... und dein, und das Leben deiner Hure, Lesley, zerstören. Wenn du dich nicht trennst werdet ihr leiden." Ich schluckte. Dieses Gerät spielte die selben Worte, mit der selben verzerrten Stimme ab, wie ich sie vor drei Monaten am Telefon hörte.

Meine Mutter, meine eigene Mutter war es, die mein Leben zerstörte. Erst schmiss sie mich raus, ruft mich an und zerstört mein komplettes Leben in nicht einmal einem Tag.

,,Pap-", er unterbrach mich. ,,Du musst mir nichts erklären, ich stehe immer hinter dir. Von mir aus kannst du auch einen Alien als partner nehmen. Was kann man gegen die Liebe nur tun?", mir Schoße Tränen in die Augen. ,,Danke Papa.", ich wollte wissen, ob sie mich immer noch beschattet. ,,Macht die immer noch Fotos von mir?", ,,Seit du ausgezogen bist war sie nicht weg. Ich habe so aber auch nie etwas davon mitbekommen. Aber ich bin auch arbeiten. Die Alarmanlage, die deine Mutter einbauen lassen hat verrät mir, wie oft das Haus verlassen und betreten wird. Ich könnte dir nachher Bescheid geben.", mir wird immer deutlicher, warum ich ihn so liebe. ,,Was machen wir jetzt?", fragte ich. "Weiterleben und überleben.".

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top