42- Verzweiflung

Ich stürmte die Tür hinein und riss mir meine Kleidung vom Leib. Gerade kam ich von der Arbeit, und alles drückte mal wieder auf mir. Mein Herz raste. Mein Körper glühte. Mein Gesicht brannte. Schnell lief ich in mein Badezimmer und stellte mich in die Badewanne. Ich duschte mich mit dem Schlauch ab. Tränen liefen über mein Gesicht. Ich war verzweifelt. Allein zu sein war ich nicht gewohnt. ich verfiel den Depressionen, seit das alles passiert ist.
Ich kann gar nicht sagen, was mich mehr bedrückt. Dass ich mit Lesley Schluss gemacht habe, oder dass meine Mutter mich raus schmiss?

Mal wieder ließ ich meinen Tränen freien Lauf. ,,Ich sollte damit echt aufhören", sagte ich zu mir selbt. Ich kam mir lächerlich vor. Was ist nur aus mir geworden?

Mein Wecker klingelte. Ich schreckte auf, und stieß mir den Kopf an der Wandschräge. ,,verdammte Scheiße!" Wie lange habe ich geschlafen? 6:30 Uhr zeigte mein Wecker. Mir ging es schlecht, wie eigentlich immer. Ich hatte keine Motivation um auf zu stehen. Trotz des Faktes, dass es Donnerstag war und ich 2 Blöcke mit Lesley Unterricht hatte. Ich kniff meine Augen zu, als das Display meines Handys anging. Eine Nachricht von Hanna.

H: Hey, ein Vögelchen hat mir gezwitschert du müsstest heute nicht arbeiten. Ich hole dich von der Schule ab, und dann treffen wir uns mit deinem Papi!

S: Meinem Papi? Ja okay, aber warum weißt du früher von dem Treffen als ich? Na ja wie auch immer. Ich habe keine Motivation um aufzustehen. Mach mir den Tag schmackhaft.

H: Heute Abend gehen wir essen, aber nur wenn du zur Schule gehst.

S: Essen? Ich habe keinen grossen Hunger aber wenn du mich zum Griechen schleifst werde ich mich auch nur ganz wenig wehren.

H: Ja ja! ;) Und jetzt ab, raus aus den Federn. Wie gesagt, nur wenn du zur Schule gehst. Du hast heute Unterricht mit Lesley, viel Glück.

S: Glück?

H: Nicht, dass du noch einmal umkippst. Ach so und zieh dir was warmes an, der Winter ist plötzlich ausgebrochen. Die eiskalten letzten Tage des Herbst. Dezembeeer!!

S: Bis später.

Protokoll beendet

Ich rollte mich bis zur äußeren Kante meines Bettes und stand in Sicherheit auf. In dieser Wohnung lief alles anders. Ich schlief immer mit geschlossenem Fenster, weil es mir sonst zu kalt wäre. Ich gehe immer mit Socken ins Bett, ach und habe ich schon erwähnt, dass in mir der Winter ausgebrochen ist? Mit der Aussage gegenüber Lesley, dass es vorbei ist, ist auch meine Körper Wärme verschwunden. Ich hörte seit neuestem Techno, diese Musik hielt mich einiger Maßen auf trapp. Vor einigen Wochen noch habe ich sie gehasst.

Ich hatte keine Lust mich jetzt zu duschen, ich war bereits gestern Abend und das würde genügen. Die Arbeit. Das Kaffee macht mich kaputt. Ich hätte mich für ein anderes Geschäft entscheiden sollen. Vielleicht eins, was etwas wärmer eingerichtet wäre. Und wo nicht ständig jemand die Tür offen lässt, weil sie nicht automatisch zu schließen geht. Dieses Kaffee ist kalt, so wie ich. Und der Anblick bringt mir noch mehr Kälte. Mir ist die ganze Zeit kalt. Seit mehreren Wochen, jetzt ist es schon Dezember. Bald ist Weihnachten, und ich habe keine Familie mit der ich es zusammen feiern kann.

Ein Vorteil an meiner ersten eigenen Wohnung war, mein Weg zur Schule war nicht mehr so weit. Vielleicht ein Drittel vom vorherien Weg. Ich laufe also nur noch 10 Minuten, wenn ich mir Zeit lasse.

In der Küche ließ ich mir heißes Wasser über die Kaffeemaschine ein, die mein Vater mir geschenkt hatte und schmiss einen Teebeutel in die Tasse. Mein Magen knurrte und ich machte mir dazu noch zwei Toasts mit Marmelade. Diese morgendlichen zwei Toasts waren seit einem Monat meist das einzige, was ich am Tag aß. Mein Körpergewicht hat sich um einiges verringert, deswegen versucht Hanna mich so oft wie möglich zum essen zu zwingen. Na ja mehr oder weniger. Ich greife dann eher schon selber zu. Eins zwei Nudeln, oder eben den ganzen Teller. So lang es schmeckt. Vielleicht ist der Grund für meine seltene Essenzufuhr einfach der, dass ich so etwas wie Hunger gar nicht mehr wirklich wahrnehme und spüre. Wenn jemand anderes mir aber Essen vor die Nase stellt, greife ich gern zu.

Meine Morgen verliefen ziemlich monoton. Eben nur mit Übelkeit. Wie jeden Dienstag Mittwoch und Donnerstag. Das habe ich immer, wenn ich nur sehr kurz geschlafen habe und umso früher aufstehe. Das Selbe war auch heute wieder der Fall.

An der Schule lief ich zu meiner Klasse, die mich herzlich begrüßte. ,,Hey Sophie, kommst du nachher auch", fragte Louise. ,,Wohin, wenn ich fragen darf?" Ich zog eine Augenbraue hoch. ,,Wir wollen in eine Eishalle", hörte ich Nataly vor Freude kreischen. ,,Ich kann nicht, bin schon verabredet, morgen hätte da anscheinend besser gepasst." Schade eigentlich. Aber ich hatte meinen Vater seit 2 Wochen nicht gesehen. Und ausserdem wollte Hanna mich doch gezwungener Maßen zum Griechen schleifen. ,,Hmm ja ok, dann ein anderes mal." Louises Blick fiel auf etwas hinter mir. Ich drehte mich um. Lesley. ,,Schade dass wir Donnerstag haben", gab Nataly von sich. ,,Warum", fragte ich. ,,Ab sofort haben wir für die Ausfallstunde Mittwochs bei einem neuen Lehrer. Er fängt morgen erst an, aber er soll relativ jung sein", schwärmte Louise. ,,Aah."

Ich konnte die Gedanken meiner Mitschüler nicht nachvollziehen. Für mich hieß es einfach nur 90 Minuten weniger Zeit mit der Frau meiner Träume. Meine Stimmung kippte von Minute von Minute mehr. Erst als ich Lesley wieder sah wurde ich ein Stück glücklicher. Wobei sich dieses Glücklichsein schnell wieder legte.

Ich muss sie mir aus dem Kopf schlagen. Ich werde sie so wie so nicht wieder haben können.

Nie wieder.

Mir stiegen Tränen in die Augen. Schnell griff ich nach meinem Spray und meldete mich. Als ich sah, dass sie sich in meine Richtung drehte rief ich schnell: ,,Ich.. ich muss schnell wo hin." Weinend, mit Tränen erfüllten Augen.

Ich rannte in auf Toilette. Ich sah nicht in den Spiegel, ich wusste dass ich extrem beschissen aussah. Ich holte mein Handy und Kopfhörer raus, um mich zu beruhigen. Ich startete einfach den musikplayer.

Gemeinsam mit dem Takt des Liedes atmete ich ein und aus. Der Schultag ging noch weitere zwei einhalb Blocks.

Auch der letzte Block War endlich geschafft. Als ich meine Sachen zusammengepackt habe, War ich mal wieder die letzte. Die Zeit verging langsam, doch in Wirklichkeit so schnell. Ich legte meine Tasche auf meiner Schulter ab, mit dem Blick nach unten gerichtet.
Mein Weg führte mich wie immer am Lehrerpult entlang, an dem Lesley noch saß, als mit plötzlich ein Stück Papier auf den Fuß fiel. Ich war verwundert und blieb schlagartig stehen. Wo kam dieser Zettel her? Ich hob ihn auf und öffnete ihn. Sofort rannten mir die Tränen in die Augen und mein Herz erlitt ein starkes tiefes ziehen, verbunden mit unendlich tiefen, dunklen Schmerz.

Du bist total süß, wenn du unterrichtest.
Konzentriere dich lieber auf den Stoff als auch mich! ;)

Ein Zettel zwischen Lesley und mir. Diese Sache war eine Tortur. Eigentlich sitze ich ganz hinten. Aber wir lösten es gut.
Um das zu erläutern: Ich brachte mein Heft nach vorn, zur Kontrolle und hatte zuvor einen kleinen Zettel hinein gelegt. Später brachte sie mir das Heft zurück und den Zettel gleich mit.

Der Zettel muss aus meiner Jackentasche gefallen sein. Vielleicht ist es seltsam, wenn ich hier stehe, mit dem Rücken zu Lesley, mitten in Raum, als Einzige mit ihr. Und dass, obwohl ich nicht einmal mit ihr reden möchte. Ich bin mir sicher, sie hört mein Wimmern, doch auch sie scheint sich nicht zu wagen, sich zu bewegen. Irgendwie spürte ich, dass Lesley mich gerade beobachtete. Sie saß unmittelbar neben mir, am Lehrerpult. Mittlerweile verteilten sich meine Tränen auf dem Zettel. Ich küsste diesen, drehte mich halb und schnell um und legte ihn auf ihr Heft. Dann ging ich.

Fragen kommen in mir auf. Warum habe ich das gerade getan? Was hatte das bitte für einen Hintergrund? Ich tat das gerade, nur für was?

Ich wollte gerade aus dem Eingangstor gehen, als es plötzlich hupte. ,,Sophie! Hast du mich vergessen?" Ich kehrte nach meinem Schrecken um. ,,Ja fast", gab ich zu und umarmte Hanna. Ich hatte keine Ahnung, was das gerade von mir sollte. Wahrscheinlich habe ich sie noch mehr verletzt. Verdammt. Wie dumm war ich nur?

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