Teil 16
,,Alles gut? Ist etwas?", fragte Hasenohr und drehte sich zu Mausseele um.
Er beschloss, es ihr nicht zu erzählen. Er machte sowieso alle immer verrückt. Wahrscheinlich war da gar nichts. "Nein, alles gut." antwortete er und stapfte an ihr vorbei ein Stück des Hanges hinunter, den Kopf gesenkt.
Hasenohr folgte ihm Kopfschüttelnd. Irgendetwas war mit Mausseele das spürte sie aber was ?
Mausseele starrte auf den Schnee vor sich. Die Gefühle, sie waren alle wieder da. Alle. Und sie drohten, ihn zu erdrücken. Zu ersticken. Er rang nach Luft. Er liebte sie, aber ihr schien es egal zu sein. Und er schaffte es nicht, mit ihr darüber zu sprechen. Er wusste nicht, was sie von ihm dachte, ob sie ihn auch mochte, vielleicht sogar sehr. Er hasste Unwissenheit.
,,Alles gut?", fragte Hasenohr wieder. ,,Und bitte Lüg mich nicht an!", fügte sie hinzu, ihm ging es schlecht aber was konnte sie tun? Sie konnte ihm nicht das geben was er wollte.
Mausseele antwortete nicht. Er kämpfte sich weiter durch den Schnee. Er hatte sie angelogen. Aber er konnte ja wohl kaum sagen 'Nein, ich ersticke gerade in meinem Gefühlen für dich und du liebst mich nicht.' Auch wenn das die Wahrheit wäre. Er rutschte auf der glatten Eisfläche unter dem Schne weg und krallte sich in die dicke Schneedecke um ihn herum, bis er wieder Halt gefunden hatte. Wie hatte das bloß passieren können? Sein ganzes Leben war von Trauer gezeichnet. Nicht einmal das Verliebtsein durfte für ihn etwas Schönes sein.
,,Sag es, dann wirst du dich besser fühlen. Du hast Fragen, aber wenn du sie nicht stellst wirst du nie die Antwort bekommen.", meinte Hasenohr und stellte sich vor Mausseele, sodass er sie ansehen musste.
Mausseele wich ihrem Blick aus. "Nein, es geht mir nicht gut." murmelte er. "Und ich frage mich, was du über mich denkst und warum ich in meinem Leben nie etwas schönes erleben darf."
,,Ich mag dich, wie ich dir schon tausendmal gesagt habe. Ich liebe dich vielleicht nicht wie einen Gefährten und trotzdem tue ich es.", schnurrte sie leise.
Mausseele schaute sie verwirrt an. Was sollte das denn schon wieder heißen? "Du verstehst es nicht!"
,,Dann erklär es mir.", antwortete die Kätzin ruhig.
Mausseele war unangenehm zumute. "Ich hatte in meinem ganzem Leben noch nichts, was wirklich schön war. Und jetzt bin ich verliebt, aber ich bedeute derjenigen - dir - nicht mehr als ein Bruder. Es gibt nichts, was du nur für mich und nicht für jeden anderen tun würdest. Ich weiß, eigentlich sollte ich zufrieden sein, aber das bin ich nicht. So viele Kater und Kätzinnen verlieben sich glücklich, aber bei mir darf es natürlich nicht so sein." schloss er bitter.
,,Wie gesagt niemand kann etwas für seine Gefühle und wärst du glücklich wenn ich mit dir zusammen wäre aber nicht in dich verliebt?", fragte Hasenohr.
Mausseele fauchte verletzt. "Es ist alles viel zu kompliziert!"
,,Das weiß ich selber! Kein Leben ist perfekt, jeder hat Probleme. Manche mehr manche weniger, manchen merkt man es an andere verstecken es.", meinte Hasenohr und probierte ruhig zu bleiben. Sie seufzte und stapfte weiter.
Mausseele lief ihr nicht nach. Er blieb stehen. Versteckte er seine Probleme? Normalerweiße ja. Normalerweiße erzählte er niemandem etwas über sich. Und niemand wusste so viel über ihn wie Hasenohr. Ihr hatte er natürlich von seinen Problemen erzählt. Aber nicht von allen. Und sie? Entweder hatte sie keine Probleme oder sie vertraute ihm nicht genug, um sie ihm zu erzählen. Und er wusste immer noch nicht, was sie von ihm dachte.
Hasenohr lief weiter, umging Stellen mit besonders tiefem Schnee und konzentrierte sich nur auf ihr Ziel. Das Lager!
Mausseele stand auf einem Felsen und sah zu ihr hinunter. Die Kälte fraß sich in sein Fell. Sie bemerkte nicht einmal, dass er ihr nicht folgte. Vielleicht war es besser so. Vielleicht sollte es so sein. Vielleicht sollte er hier sterben, im eiskaltem Gebirge.
,,Mausseele weißt du, du solltest dich mehr auf die guten Sachen konzentrieren, wir leben noch!", meinte Hasenohr und bemerkte kurz darauf das Mausseele nicht mehr da war. Sie verdrehte die Augen. ,,Jetzt komm schon, ich will nicht das du erfrierst!"
Mausseele hatte sich bereits abgewandt und hörte sie nicht. Er hatte etwas ungewöhnliches gesehen. Dort an dieser Stelle war der Schnee...Irgendwie anders. Zumindest sah es so aus. Also stapfte er durch den Schnee um die Stelle zu erreichen.
Hasenohr drehte um und lief den Weg zurück. Sie rief noch einige Male Mausseeles Namen.
Mausseele hörte etwas. War das der Wind oder hatte Hasenohr ihn gerufen? Er wusste es nicht. Dann hatte er die Stelle fast erreicht, als er plötzlich ins Leere trat. Verdammt! Mäusedreck! Er steckte fest! Und von oben konnte man die Stelle nicht sehen...Er strampelte, was die Sache aber nur verschlimmerte. Da schnappte plötzlich etwas in seine Hinterpfote und er schrie auf. Es brannte fürchterlich. Er war in eine Fuchsfalle getreten - Fußeisen oder wie das hieß. Nein, das konnte nicht sein!
,,Mausseele bist du hier?", rief Hasenohr wo war dieser Kater nur hin? Ihr Blick glitt über das Gelände, aber da war nur ein endloses weiß.
Mausseele versuchte, sich hochzuziehen, aber die Jäger hatten die Stelle mit Bedacht gewählt. Satt aus dem Loch heraus zu kommen, versank er immer tiefer und der Schnee schloss sich über ihm. Aber bevor das Licht über ihm erlosch, hatte er etwas gesehen. Die Feder. Sie lag direkt über unschuldig auf dem Schnee. Die Kälte drohte ihn zu überwältigen.
,,Mausseele, gib mir ein Zeichen!", rief Hasenohr, dann sah sie eine Stelle an der sich der Schnee rot färbte.... Blut!
Mausseele schlug die Pfoten in den Schnee und versuchte, sich hochzuziehen. Der Schnee war nass, aber auch fest. Wenn Hasenohr die Stelle finden würde, könnte sie ihn ausgraben. Hoffte er. Vielleicht sah sie die Feder...Oder das verdammte Blut aus seiner Pote. Er biss die Zähne zusammen.
Hasenohr eilte zu der Stelle, kurz erstarrte sie als sie die Feder sah. Dann legte sie sie zur Seite und begann zu graben, hinter ihr bildete sich schon ein kleiner Schneehaufen.
Mausseele schaute hoch. Die Schneedecke über ihm wurde dünner. Sehr gut! Nun müsste sie ihn hören können. "Hasenohr? Geh zur seite, bitte!" rief er nach oben und spannte sich an.
Hasenohr trat einen Schritt zurück und sah angespannt zu dem Loch im Schnee.
Mausseele duckte sich leicht und visierte die dünne Schneedecke über sich an. Dann sprang er hindurch und landete samt Fußfalle draußen im Schnee.
,,Leg dich hin, ich schau mir das an.", meinte Hasenohr und sah zu der Falle.
Mausseele gehorchte und legte sich auf die Seite. Dann betrachtete er das Metallding an seiner Pfote. Ob sie das irgendwie aufhebeln konnten? Wenn das Ding ab wäre, würde er versuchen, es zu zerstören. Es sollte nicht noch mehr Leid bringen.
Hasenohr eilte davon und kam mit einem Stock wieder, sie klemmte ihn zwischen die Zähne der Falle und stützte sich mit all ihrer Kraft drauf.
Mausseele verrenkte sich fast, um ihr zu helfen und drückte den Stock ebenfalls mit der Vorderpfote runter.
Die Falle öffnete sich ein Stück. ,,Schnell raus!", zischte Hasenohr zwischen zusammengebissenen Zähnen.
Mausseele zog sein Hinterbein aus der Falle, die sofort mit einem metallischem Klirren zuschnappte. Dann betrachtete er seine Pfote. Sie war arg mitgenommen und blutverkrustet, aber es blutete nicht mehr so stark und bewegen konnte er sie auch noch. Gut. Er wusste, dass diese Fallen meistens dazu führten, dass sich die gefangenen Tiere ein Bein abbissen oder vom Jäger getötet wurden. Da war er noch ganz gut dran. "Wir sollten die Falle zerstören."
,,Wir könnten sie in den Fluss werfen... sonst habe ich keine Idee wie wir das Ding kaputt bekommen...", meinte Hasenohr und betrachtete die Falle genauer.
Mausseele konzentrierte sich auf die Falle und seine Augen leuchteten intensivtürkis. Dann zerbrach die Falle in stumpfe, ungefährliche Stücke und schmolz zu einem Haufen zusammen. Mausseele war beindruckt. "Endlich bin ich mal zu etwas nütze..."
,,Du warst auch schon davor zu was zu nütze!", meinte Hasenohr streng. ,,Aber jetzt lass uns zurück ins Lager gehen, also wenn du kannst."
Mausseele schüttelte den Kopf. "Mit zwei Beinen kann ich leider nicht gehen, aber vielleicht lässt mein Hinterbein sich schienen?" Er zog den Stock zu sich und zerbrach ihn in zwei stabile Teile. "Es fehlen nur noch ein paar Spinnweben."
,,Ich habe da drüben welche gesehen als ich den Stock geholt habe.", meinte Hasenohr, verschwand kurz und kam dann mit ein paar Spinnenweben zurück.
Mausseele nahm sie ihr ab und wickelte sie vorsichtig um seine Pfote und die Stöcke. Dann sicherte er es noch mit ein paar Grashalmen und stand auf. Es funktionierte. "Gut. Nun müssten wir eigentlich nicht mehr so viel Weg haben und der Schnee sollte fester geworden sein." meinte er und trat vorsichtig auf die Schneedecke, die vor ihnen lag. Er sank nicht ein.
,,Dann los und diesmal bleibst du bei mir ja?" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage und sie traten den Rückweg an.
"Ja, mache ich." meinte Mausseele zuversichtlich. Er war gut gelaunt, die frische Luft und die Kühle des Schnees taten seinem geschundenem Körper gut, als er entspannt neben Hasenohr hertrabte. Bald würden sie das Lager erreichen.
,,Das ist gut so, deine nächste Verletzung könnte deinem Körper den Rest geben.", sagte Hasenohr und ihre Augen waren fixiert auf ihr Ziel.
Mausseele nickte nur.
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