Kapitel 5

𝕃𝕚𝕖𝕕 𝕥𝕠 𝕒𝕟𝕕 𝕔𝕙𝕖𝕒𝕥𝕖𝕕

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𝕴𝖘𝖆𝖇𝖊𝖑𝖑𝖆

„Alessio?“ Verwundert starrte ich meinen Cousin an. Er war der letzte Mensch, den ich hier erwartet hatte. Wann war er wieder in der Stadt? Die letzte Nachricht, die ich von ihm erhalten hatte, kam aus Rom, wo er mit seiner Freundin Felicia eine Auszeit genoss. Doch jetzt stand er vor mir, sein Blick war leicht glasig und es war offensichtlich, dass er bereits mehr als nur einen Drink intus hatte. Ehe ich mich versah, zog er mich in eine enge Umarmung, fast so, als wäre ich sein Rettungsanker.

„Ciao bella!“ rief er über die ohrenbetäubende Musik hinweg in mein Ohr und ich zuckte unwillkürlich zusammen. „Was machst du hier? Warst du nicht mit Felicia in Rom?“ fragte ich, als er mich endlich losließ und erneut an seinem Bier nippte. Seine Augen waren schwer und sein Lächeln schien mehr eine Maske zu sein, als echte Freude.

„Sie hat Schluss gemacht,“ antwortete er, seine Stimme war so beiläufig, als ob er gerade das Wetter kommentierte. Ein schmerzhaftes Zucken durchzog sein Gesicht, das jedoch schnell von einem gequälten Lächeln überdeckt wurde. Bevor er den nächsten Schluck nehmen konnte, schnappte ich ihm die Dose aus der Hand und hielt sie außer Reichweite.

„Was hast du angestellt?“ fragte ich und meine Stimme wurde schärfer, als ich es beabsichtigt hatte. Alessio seufzte, als würde allein das Aussprechen der Wahrheit ihn erdrücken. Er schüttelte den Kopf, sein Blick war trüb und voller Bedauern.

„Eher, was ich nicht gemacht habe,“ lallte er und zog mich in die Küche, wo er sich träge an die Küchentheke lehnte. Mit einer fast schon mechanischen Bewegung griff er nach einem Glas Bowle, als würde er darin Trost suchen. „Anscheinend war ich kein guter Lover,“ murmelte er mit einem bitteren Lachen, das mir die Nackenhaare aufstellte. „Nur weil ich nicht mit ihr und ihrer neuen besten Freundin feiern gehen wollte. Wäre ich doch bloß mitgegangen, dann hätte sie nicht mit diesem Typen rumgemacht.“

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube. Felicia? Dieses Mädchen, das immer so süß und unschuldig gewirkt hatte, hatte meinen Cousin betrogen? Ungläubig starrte ich ihn an, während sich die Erkenntnis wie ein dunkler Schleier über meine Gedanken legte. Alessio, der sonst so stark und kontrolliert war, wirkte jetzt wie ein Schatten seiner selbst. Sein Lächeln war brüchig, seine Augen waren so verloren und verletzt.

Er hob den Blick, als er mein Schweigen bemerkte und seine Augen glänzten verdächtig feucht. „Ist schon okay, Isa. So ist das Leben halt,“ sagte er, doch seine Stimme brach am Ende fast und das Lächeln auf seinen Lippen erreichte nicht seine Augen. Der Schmerz in ihnen war unübersehbar, und es tat mir weh, ihn so zu sehen.

Ich suchte nach den richtigen Worten, doch sie blieben mir im Hals stecken, als ich sah, wie sein Inneres zerrissen wurde. Stattdessen trat ich näher an ihn heran und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. „Alessio... du hast Besseres verdient,“ flüsterte ich, meine Stimme zitterte leicht, aber ich meinte jedes Wort.

Er sah mich an, ein trauriges Lächeln spielte um seine Lippen, und er nickte langsam, als würde er versuchen, mir zu glauben, auch wenn es ihm schwerfiel. „Vielleicht hast du recht,“ murmelte er, „aber das macht es jetzt auch nicht einfacher.“

Wir standen einen Moment in dieser stillen, geteilten Traurigkeit, als wären wir in einem unsichtbaren Band aus Schmerz und Mitgefühl verbunden. Die Geräusche der Party drangen nur gedämpft an mein Ohr, als wäre die Welt um uns herum weit entfernt und bedeutungslos.

Dann, als ob er sich plötzlich daran erinnerte, wo wir waren, schüttelte Alessio die Schultern, als wollte er die Last seiner Gedanken abschütteln. Er nahm einen tiefen Atemzug und setzte sein gewohntes Lächeln wieder auf, auch wenn ich wusste, dass es nicht echt war.

„Komm, Isa,“ sagte er plötzlich, seine Stimme wieder lauter und lebhafter, als wolle er die Dunkelheit in sich übertönen. „Lass uns tanzen und vergessen.“ Doch in seinen Augen konnte ich sehen, dass er die Wunden in seinem Inneren nicht so leicht heilen konnte.

Ich nickte langsam, auch wenn meine Gedanken noch immer bei Matteo waren. Doch ich konnte Alessio jetzt nicht alleine lassen, nicht in diesem Zustand. Vielleicht war ein wenig Ablenkung genau das, was wir beide brauchten, auch wenn es nur für diesen Moment war. Ich griff nach seiner Hand, und gemeinsam traten wir zurück in die laute, pulsierende Welt der Party, wo das Leben weiterging, auch wenn unsere Herzen im Stillstand verharrten.

Zusammen liefen wir durch das überfüllte Wohnzimmer hinaus in den weitläufigen Garten, der von bunten Lichtern erhellt war. Überall um uns herum tanzten die Leute wild und ausgelassen, die Musik pulsierte in der Luft, als wäre sie der Herzschlag der Party selbst. Die lauten Bässe vibrierten in meiner Brust, doch meine Gedanken waren weit weg, fokussiert auf ein einziges Ziel:

Matteo.

Ich zog scharf die Luft ein und ließ meinen Blick suchend über die Menge gleiten. Menschen lachten, tranken, schwangen ihre Körper im Takt der Musik, eine scheinbar endlose Masse von Gesichtern und Bewegungen. Aber Matteo war nirgendwo zu sehen. Es war, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Mein Herz begann schneller zu schlagen, nicht vor Aufregung, sondern vor einer Unruhe, die mich immer stärker ergriff.

Wo konnte er nur sein?

Alessio hielt weiterhin meine Hand fest, und als wir uns schließlich in der Mitte der tanzenden Menge wiederfanden, begann er im Rhythmus der Musik mit mir zu tanzen. Seine Bewegungen waren locker, aber seine Augen wirkten leer, so als ob er den Schmerz und die Enttäuschung von früher immer noch nicht abschütteln konnte. Trotzdem zwang er sich zu einem Lächeln, versuchte den Moment zu genießen, während er mich herumwirbelte. Doch ich war nur halb bei der Sache.

Meine Augen huschten unruhig über die Köpfe der anderen hinweg, scannten jede Ecke des Gartens. Mein Herz setzte jedes Mal einen Schlag aus, wenn ich glaubte, einen dunklen Haarschopf oder die Silhouette von Matteo zu erkennen, nur um im nächsten Moment enttäuscht zu werden. Es war ein Gefühl, als ob ein unsichtbares Band zwischen uns gezogen war, das mich in seine Nähe zwingen wollte, egal wie sehr ich dagegen ankämpfte. Ich spürte förmlich seine Anwesenheit, so als ob er mich beobachten würde, doch ich konnte ihn nicht finden.

Der Duft von Sommerblumen mischte sich mit dem Rauch von Zigaretten und dem süßen Aroma des Alkohols. Die Luft war stickig, und mein Kopf begann ein wenig zu schwirren, doch ich konnte nicht aufhören, nach ihm Ausschau zu halten. Eine innere Stimme drängte mich, ihn zu finden, ihn zur Rede zu stellen. Ich musste wissen, was hinter seinem Auftauchen steckte, warum er mir ausgerechnet jetzt dieses rätselhafte Geschenk gemacht hatte.

Alessio drehte mich in einer fließenden Bewegung, und als ich wieder nach vorn blickte, durchzuckte mich ein kalter Schauer. War das ein Schatten, der sich am Rande des Gartens bewegte? Ich hielt inne, meine Hand schwebte in der Luft, während Alessio weiter tanzte, doch ich nahm ihn kaum mehr wahr. Mein Blick war auf diesen dunklen Fleck in der Ferne fixiert, mein Atem stockte. Das konnte nur Matteo sein. Diese Vorahnung war zu stark, um ignoriert zu werden.

„Isa, alles okay?“ Alessios Stimme drang wie durch einen dicken Nebel zu mir durch, doch ich konnte ihn nicht ansehen. Mein Herz raste, als ich mich entschied. Ich musste ihm folgen. Ohne ein weiteres Wort ließ ich Alessios Hand los und bahnte mir einen Weg durch die Menge, meine Schritte wurden schneller, je näher ich dem Schatten am Rand des Gartens kam.

Jedes Geräusch, jedes Lachen und jede Bewegung um mich herum schien in den Hintergrund zu treten, als würde die Welt verblassen, während ich nurnoch ein Ziel vor Augen hatte.

Matteo.

Er war hier.

Und dieses Mal würde er mir nicht entkommen.

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