Kapitel 18

𝕋𝕙𝕒𝕥 𝕞𝕦𝕤𝕥 𝕓𝕖 𝕒 𝕞𝕚𝕣𝕒𝕔𝕝𝕖

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𝕸𝖆𝖙𝖙𝖊𝖔

Der Tag begann wie jeder andere in diesem Gefängnis. Frühstück in der großen Halle, schales Essen, endlose Gespräche und das ständige Geräusch von Metall, das auf Metall schlug. Ich saß an meinem üblichen Platz, abseits von den anderen und starrte auf das fade Stück Brot vor mir. Der Hunger war längst zu einem stillen Begleiter geworden und schon fast nebensächlich. Gedankenverloren schob ich das Brot auf dem Tablett hin und her, während die Geräuschkulisse um mich herum verschwamm.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Reflexartig zuckte ich zusammen und drehte mich um. Ein Wärter stand hinter mir, sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine Hand fest auf meiner Schulter. „Du hast Besuch“, sagte er knapp und zog mich ohne ein weiteres Wort vom Tisch hoch. Besuch? Bella? Mein Herz setzte einen Schlag aus.

Hatte sie es wirklich geschafft, so schnell wiederzukommen?

Mit einem leisen Grummeln deutete der Wärter mir, ihm zu folgen. Mein Kopf war voller Fragen, während ich durch die Flure geführt wurde. Meine Schritte hallten auf dem kalten Boden und mein Herzschlag beschleunigte sich mit jedem Schritt, den wir dem Besuchsraum näher kamen. Ich versuchte, mich auf Bella vorzubereiten. Vielleicht hatte sie Neuigkeiten. Vielleicht gab es endlich einen Ausweg.

Als die Tür zum Besuchsraum geöffnet wurde, trat ich ein und hielt kurz die Luft an. Doch es war nicht Bella, die dort saß.

Stattdessen sah ich Alessio. Und neben ihm saß Felicia, seine Freundin. Beide schauten mich stumm an, keine Regung in ihren Gesichtern. Mein Herz raste. Was zur Hölle machten sie hier? Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Die Anspannung in meinem Körper verwandelte sich in eine kalte Starre, als ich vor dem Tisch stehen blieb.

Alessio sah mir direkt in die Augen, seine Miene war undurchdringlich. Für einen Moment herrschte totale Stille. Ich wusste nicht, ob ich mich setzen oder einfach weglaufen sollte, aber der Wärter drückte mich sanft in den Stuhl. Ich saß ihnen gegenüber und fühlte mich, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen.

Warum waren sie hier?

Was wollten sie von mir?

Schließlich durchbrach Alessio die Stille, indem er sich leicht nach vorne lehnte. Seine Augen funkelten gefährlich, aber er sprach ruhig und beherrscht. „Wehe, du tust meiner Cousine weh“, sagte er mit bedrohlicher Kälte in der Stimme. „Dann tue ich dir weh.“

Ich blinzelte, verwirrt und sprachlos. Die Worte prallten erst einmal an mir ab, bis sie in meinem Kopf langsam Sinn ergaben. „Was?“ stieß ich hervor, meine Stimme rau und ungläubig. „Wovon redest du?“

Alessio hob eine Augenbraue, als würde er abwägen, wie viel er mir verraten sollte. „Anscheinend bist du Isa so wichtig, dass sie alles tut, um dich hier rauszuholen.“ Er machte eine kurze Pause und sah mich durchdringend an. „Sie setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um das Geld für deine Kaution zusammenzukriegen. Hat dafür sogar mit ihrem Vater gestritten. Das solltest du wissen.“

Sein Blick verengte sich, als er mich musterte. „Und da du früher mal mein bester Freund warst“, sagte er, fast widerwillig, „werde ich dir helfen, hier rauszukommen.“

Ich saß da, als hätte man mir einen Schlag verpasst. Mein Atem stockte und mein Kopf schwirrte vor Unglauben. Isa? Sie tat das alles für mich? Wieso? Und Alessio er wollte mir wirklich helfen, obwohl wir auf verschiedenen Seiten dieses alten Familienkrieges standen? Die Worte, die er gesagt hatte, hallten in meinem Kopf nach, aber sie ergaben keinen Sinn.

„Die Kaution habe ich schon bezahlt“, sagte Alessio, während er mich weiterhin musterte. „In zwei Tagen bist du draußen.“

Ich blinzelte ihn an, unfähig zu antworten. Es war, als hätte jemand die ganze Welt auf den Kopf gestellt. „Warum…?“ Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, gebrochen und voller Verwirrung. „Warum tust du das?“

Er schnaubte leise, fast spöttisch. „Weil ich weiß, dass du unschuldig bist, Matteo. Und weil Isa dir vertraut. Aber täusch dich nicht, das bedeutet nicht, dass alles vergeben und vergessen ist. Wenn du sie enttäuschst, gibt es Ärger.“

Felicia, die die ganze Zeit still neben ihm gesessen hatte, sah mich jetzt direkt an. Ihre Augen wirkten freundlich, aber auch wachsam. Sie nickte Alessio leicht zu, als ob sie seine Entscheidung unterstützte, auch wenn sie nicht wirklich glücklich damit war. „Pass auf dich auf“, sagte sie leise, „und enttäusch uns nicht.“

Ich konnte nicht mehr als nicken. Mein Kopf war voll mit Gedanken, die ich nicht sortieren konnte. Die beiden standen auf, und Alessio klopfte leicht mit den Fingerspitzen auf den Tisch, bevor er sich zum Gehen wandte. „Man sieht sich draußen, Matteo.“

Sie standen beide auf und verließem ohne noch etwas zu sagen den Raum.

Ich blieb einen Moment einfach nur sitzen, unfähig, mich zu rühren. Die letzten Minuten wirbelten in meinem Kopf herum, während ich versuchte, zu begreifen, was gerade passiert war. Bella hatte wirklich alles getan, um mich rauszuholen? Alessio hatte die Kaution bezahlt? Es fühlte sich an wie ein Traum, aber es war real. In zwei Tagen würde ich hier raus sein.

Plötzlich tauchte der Wärter wieder auf und riss mich aus meinen Gedanken. „Zeit ist um. Du musst zurück“, sagte er knapp.

Schweigend stand ich auf und ließ mich von ihm zurück in den Arbeitsbereich führen. Das Frühstück war längst vorbei, aber das interessierte niemanden. Ich spürte, wie die Blicke der anderen Häftlinge auf mir lasteten, aber mir war alles egal. Mein Kopf war zu voll, mein Herz zu schwer. Während ich meine Arbeit tat, hämmerte ein Gedanke immer wieder durch mein Bewusstsein: In zwei Tagen bin ich frei.

Aber mit der Freiheit würde auch eine neue Verantwortung kommen. Eine Verantwortung gegenüber Bella, gegenüber Alessio, gegenüber der Wahrheit.

Ich wusste, dass das Leben draußen nicht einfach werden würde, aber im Vergleich zu diesem Ort… Es war meine einzige Chance.

Ich stand wieder am Arbeitstisch, meine Hände bewegten sich mechanisch, während ich Wäsche in einen Korb warf und aus einem anderen herausholte. Die Geräusche um mich herum, das Rascheln der Kleidung, das leise Summen der Maschinen, waren wie ein Hintergrundrauschen, das mich in einen seltsamen Zustand der Gleichgültigkeit versetzte. Mein Kopf war noch immer bei dem Gespräch mit Alessio.

Zwei Tage. In zwei Tagen würde ich hier raus sein.

Doch diese Erleichterung brachte auch neue Ängste mit sich. Was würde draußen auf mich warten? Ich hatte keinen Plan, kein Ziel. Und Isa… Sie hatte das alles für mich getan. Warum? Konnte ich ihr je zurückgeben, was sie für mich opferte?

Neben mir tauchte plötzlich Luca auf, wortlos wie immer, aber seine Anwesenheit war beruhigend. Wir arbeiteten eine Weile schweigend nebeneinander, nur das Rauschen der Maschinen begleitete uns. Es war fast schon ein merkwürdiger Frieden, den ich in diesen Momenten fand, auch wenn der Ort das genaue Gegenteil davon war.

Nach einer Weile konnte ich die Gedanken in meinem Kopf nicht länger zurückhalten. Ich spürte, wie sich die Worte in mir formten, bis sie schließlich leise über meine Lippen kamen. „Isabella hat dafür gesorgt, dass ich in zwei Tagen entlassen werde.“

Luca hielt inne, drehte sich zu mir und hob eine Augenbraue. „Isabella?“ fragte er und dann ein leichtes Grinsen auf seinen Lippen. „Wer ist denn Isabella? Ist das deine Freundin?“

Ich sah ihn an und konnte nicht anders, als leicht zu lächeln, auch wenn es sich fast fremd anfühlte in diesem tristen Umfeld. „Sie ist Nur… eine Freundin“, murmelte ich und versuchte es beiläufig klingen zu lassen.

Luca hob beide Augenbrauen und ließ ein leises Lachen hören. „Mhm, nur eine Freundin? Oder deine Freundin?“ Er knuffte mich spielerisch in die Seite und obwohl es mich überraschte, musste ich doch kurz grinsen.

„Hör auf“, sagte ich, den Kopf schüttelnd, während ich versuchte, die Arbeit fortzusetzen. Aber innerlich brodelte es in mir. War sie nur eine Freundin? Ich hatte immer gesagt, ich hasse sie, sie ist eine Rossi und das sollte genug Grund sein, oder? Doch nach allem, was sie für mich getan hatte, nach ihrem Mut, sich gegen ihren eigenen Vater zu stellen, war ich mir plötzlich nicht mehr so sicher. Die Gedanken darüber ließen mein Herz schneller schlagen, und ich fühlte mich verwirrt.

Luca beobachtete mich eine Weile, bevor er mit einem breiten Grinsen weitersprach. „Tja, scheint mir, als wäre da doch mehr als nur Freundschaft, Kumpel. Aber keine Sorge, ich verrate’s niemandem.“

Ich schnaubte leise und versuchte, meinen Blick wieder auf die Wäsche zu richten. Doch Luca's Worte nagten an mir. Konnte es wirklich sein, dass ich mehr für sie empfand? Die Gedanken ließen mich nicht los, aber ich schüttelte sie vorerst ab. Es war nicht der richtige Ort, um darüber nachzudenken.

Luca brach schließlich das Schweigen erneut. „Wenn ich Glück hab’ und mich gut benehme, bin ich in einem Jahr auch draußen“, sagte er leise, während er weiterarbeitete. „Vielleicht treffen wir uns dann mal draußen, irgendwo, weißt du? Ein Bier oder so. Wäre doch was, oder?“

Ich nickte, noch immer mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt. „Ja, wäre nicht schlecht“, antwortete ich, und für einen Moment konnte ich mir tatsächlich vorstellen, wie es wäre, Luca draußen zu treffen. Ein kleines Stück Normalität, das mir plötzlich viel zu fern schien.

Gerade, als wir uns wieder in die Arbeit vertieften, hörte ich hinter uns das vertraute Geräusch von Schritten, die sich uns näherten. Ich musste nicht hinsehen, um zu wissen, wer es war. Grimaldi. Der Typ, der mich schon seit meiner ersten Stunde hier auf dem Kieker hatte.

„Na, na, na“, kam es höhnisch hinter uns. „Die beiden Kumpels machen schon Pläne fürs große Wiedersehen draußen, was?“ Er trat näher und grinste schief, während er uns beide abschätzend ansah.

Ich drehte mich zu ihm um und verschränkte die Arme vor der Brust. Luca war schon still geworden und seine Kiefer war angespannt. „Was willst du, Grimaldi?“ fragte ich, meine Stimme blieb ruhig, aber ich spürte, wie die Spannung in mir anstieg.

Grimaldi zuckte mit den Schultern, sein Grinsen wurde breiter. „Nichts Besonderes. Wollte nur sicherstellen, dass ihr beiden Traumtänzer nicht vergesst, wo ihr seid. Man kommt hier nicht so leicht raus, wie ihr denkt. Und selbst wenn...“ Er beugte sich leicht vor, sein Blick bohrend. „... draußen wartet nicht gerade das Paradies.“

Die Worte ließen mich innerlich aufflammen, aber ich wusste, dass es jetzt keinen Sinn machte, auf seine Provokationen einzugehen. Nicht nach allem, was passiert war und nicht, wo ich so kurz davor war, rauszukommen. Ich konnte mir keinen weiteren Ärger leisten.

Ich wandte mich wieder meiner Arbeit zu, entschlossen, ihn zu ignorieren, aber Grimaldi ließ nicht locker. „Pass auf, Matteo. Deine kleine Freiheitsträumerei könnte schneller zerplatzen, als du denkst.“

Bevor ich etwas entgegnen konnte, dröhnte die Stimme eines Wärters durch den Raum. „Weiterarbeiten, Männer! Keine Plaudereien!“

„Du wirst dich noch Umgucken Moretti. Ich habe meine Kontakte überall." grinste Grimaldi und verschwand in der Menge.

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