Kapitel 17
𝕋𝕙𝕖 𝕀𝕟𝕤𝕚𝕘𝕙𝕥
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𝕸𝖆𝖙𝖙𝖊𝖔
Ich hielt den Hörer in meiner Hand, mein Atem ging flach. Isabella war am anderen Ende der Leitung und ich hörte es an dem leisen Rauschen, das durch das Telefon drang, doch ich konnte keinen Ton herausbringen. Die Worte blieben mir im Hals stecken, als wäre da eine unsichtbare Mauer, die mich daran hinderte, auch nur ein einziges Wort zu sagen.
Eine unendliche Stille lag zwischen uns, durchbrochen nur von einem plötzlichen Schluchzen. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich sie weinen hörte.
Isabella... sie war genauso hilflos wie ich.
Ihr Schluchzen wurde lauter, roher, und es fühlte sich an, als würde mir jemand die Luft abschnüren.
„Matteo..." flüsterte sie leise, ihre Stimme zitterte. „Matteo, bitte... sag was."
Ich schloss die Augen und ich spürte, wie meine eigenen Tränen in meinen Augen brannten. Ich wollte stark sein. Doch in diesem Moment fühlte ich mich schwächer als je zuvor. Ihre Stimme drang durch die Stille, wie ein Lichtstrahl, der durch das Dunkel meiner Gedanken brach. Sie klang so verloren, so verzweifelt und es tat mir in der Seele weh, dass ich ihr das antun musste.
„Was... was ist los?" fragte sie schließlich, ihre Stimme klang brüchig. „Matteo, was ist passiert? Bitte sag mir, dass alles in Ordnung ist..."
Ich biss mir auf die Lippe, um die Tränen zurückzuhalten, aber es war zwecklos. Eine Träne rollte über meine Wange, gefolgt von einer zweiten. Die Mauer, die ich so lange um mein Herz gebaut hatte, begann zu bröckeln. Ich konnte es nicht länger verbergen.
„Bella..." flüsterte ich, kaum hörbar. „Ich... ich will hier raus. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch schaffe."
Meine Stimme brach und ich hörte, wie sie auf der anderen Seite heftig schluchzte. Ihre Sorgen, ihre Verzweiflung... es fühlte sich an, als würde sie jede Träne, die sie vergoss, direkt in mein Herz schneiden. Ich wollte ihr sagen, dass alles gut wird, dass ich es irgendwie überstehen würde. Aber die Wahrheit war, dass ich nicht mehr wusste, ob ich das wirklich konnte.
„Ich kann nicht mehr..." flüsterte ich mit gebrochener Stimme. „Ich... ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte."
Das Schweigen, das folgte, war schwerer als alles, was ich je gefühlt hatte. Isabella sagte nichts, aber ich hörte sie weinen und hörte ihr verzweifeltes Atmen. Es fühlte sich an, als würde mit jedem ihrer Schluchzer ein weiteres Stück von mir zerbrechen.
Plötzlich knackte es in der Leitung und bevor ich noch etwas sagen konnte, wurde das Gespräch abrupt beendet.
Der Hörer wurde still, als ob die Verbindung zu ihr, zu meinem letzten Funken Hoffnung, einfach weggerissen worden war. Für einen Moment starrte ich das Telefon an und ich war unfähig, zu begreifen, was gerade passiert war.
„Zeit ist um, Moretti." Die kühle Stimme des Polizisten riss mich aus meiner Starre. Widerwillig legte ich den Hörer zurück auf die Gabel, als ob das Gewicht meiner Hand plötzlich zu schwer wäre. Ohne ein weiteres Wort führte er mich zurück zu meiner Zelle, seine Schritte hallten in dem endlosen Korridor wider. Es war alles so mechanisch, so unwirklich, als ob ich in einem Albtraum gefangen wäre, aus dem ich nicht erwachen konnte.
Als wir meine Zelle erreichten, schloss sich die Tür hinter mir mit einem lauten, metallischen Knall. Ich stand mitten im Raum und es fühlte sich schwer an mich zu bewegen. Der Raum war so leer wie mein Inneres. Es gab nichts außer den Wänden, dem Bett und der Dunkelheit, die mich umgab.
Langsam ließ ich mich auf das harte Bett sinken. Ich legte mich auf den Rücken, starrte zur Decke und versuchte, nicht an das Loch in meiner Brust zu denken. Doch es war unmöglich, es zu ignorieren. Der Gedanke an Isabella war das Einzige, was mich zurück hielt nicht verstand zu verlieren.
Ihr Gesicht, ihre Stimme, sie waren alles, was mich davon abhielt, völlig zusammenzubrechen. Wieso dachte ich nur immer an sie?
~~~
Zwei Tage waren vergangen, seit dem Telefonat mit Isabella. Zwei Tage, die sich wie eine Ewigkeit angefühlt hatten. Ich hatte kaum geschlafen, vielleicht ein paar Stunden hier und da, aber die Dunkelheit in meiner Zelle war erdrückend und die Stimmen in meinem Kopf ließen mich nicht los. Der Gedanke, dass ich hier festsitzen könnte, während draußen das Leben weiterging, machte mich verrückt.
Heute jedoch durfte ich zum ersten Mal wieder meine Zelle verlassen. Ich wurde zum Wäschedienst eingeteilt. Das bedeutete, dass ich den restlichen Tag damit verbringen würde, schmutzige Kleidung zu sortieren und die Wäsche in riesige Maschinen zu werfen. Kein glamouröser Job, aber besser als stundenlang in der Zelle zu sitzen und zu warten, dass die Zeit irgendwie vergeht.
Als ich in den Waschkeller kam, roch es nach feuchter Luft und Reinigungsmitteln. Überall standen Körbe voller schmutziger Wäsche. Einige andere Gefangene arbeiteten schweigend, jeder in seiner eigenen Welt.
Und dann sah ich ihn wieder. Den Typen von neulich, der sich so freundlich verhalten hatte. Er stand an einem Tisch, faltete Handtücher und sprach mit einem anderen Kerl, der ihm nur abwesend zuhörte. Als er mich bemerkte, hob er den Kopf und nickte mir zu. Ohne etwas zu sagen, begann ich ebenfalls, die schmutzige Wäsche aus den Körben zu nehmen und in die Maschinen zu werfen.
Er kam schließlich rüber, musterte mich kurz und lehnte sich gegen den Tisch. „Hey, alles klar bei dir?" fragte er, während er die Ärmel seines Hemds hochkrempelte. Seine Stimme war locker, fast schon freundlich, aber ich hatte keine Lust zu reden.
Nicht heute.
Ich nickte nur stumm und machte weiter. Meine Hände griffen mechanisch nach einem weiteren Stapel Wäsche, den ich achtlos in die Maschine warf. Die Geräusche der rotierenden Trommel und das Summen der Maschinen waren das Einzige, was meine Gedanken übertönte.
Er ließ nicht locker. „Hör zu, das war wirklich stark, wie du Grimaldi vermöbelt hast", sagte er, während er mit einem Grinsen den Kopf schüttelte. „War ziemlich beeindruckend. Der Typ hat hier 'nen Ruf, weißt du? Sich mit ihm anzulegen, dazu braucht man schon Eier."
Ich zuckte mit den Schultern. Es interessierte mich nicht, was für einen Ruf dieser Typ hatte. Mir war es egal, was die anderen dachten. Ich hatte einfach nur reagiert, als er mich provoziert hatte.
„Ich heiße übrigens Luca", sagte er plötzlich, reichte mir seine Hand und brach damit das Schweigen. „Hätte ich vielleicht vorher sagen sollen."
Ich blieb einen Moment stehen und schaute ihn an. Zögernd schüttelte ich seine Hand, nicht weil ich wollte, sondern weil ich spürte, dass ich mich nicht komplett abkapseln durfte. „Matteo", murmelte ich leise und ließ seine Hand schnell wieder los.
„Matteo, also", wiederholte er, als ob er den Namen prüfte. „Wusste ich doch. Hab schon von dir gehört. Hier redet man jetzt über dich, seitdem du diesen Kerl fertiggemacht hast. Die meisten hier legen sich nicht mit ihm an, aber du..." Er lachte leise und schüttelte den Kopf. „Respekt, Mann. Hätt' ich dir ehrlich gesagt nicht zugetraut, als ich dich das erste Mal gesehen hab."
Ich sagte nichts, ließ seine Worte einfach an mir abprallen. Luca war nett, vielleicht sogar zu nett für einen Ort wie diesen, aber ich konnte mir nicht leisten, hier Freundschaften zu schließen.
Ich hatte nur ein Ziel: rauskommen. Alles andere war mir egal.
„Jedenfalls", fuhr er fort, während er sich wieder an die Wäsche machte, „jetzt haben einige hier Respekt vor dir. Der Typ, den du vermöbelt hast, ist nicht gerade bekannt dafür, sich zurückzuhalten. Aber dass du ihm so die Stirn geboten hast, das hat Eindruck hinterlassen."
Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Es war mir wirklich egal, wer hier Respekt vor mir hatte oder nicht. Dieses ganze Gefängnisleben war wie ein schlechter Film, und ich wollte nur den Abspann sehen.
„Hör zu, Matteo", sagte Luca schließlich leiser, als ob er sicherstellen wollte, dass niemand anderes uns hörte. „Ich hab dir doch neulich schon gesagt, dass ich dir helfen kann. Es gibt immer Wege, wie man hier rauskommt. Man muss nur wissen, wie."
Ich sah ihn an, zum ersten Mal wirklich. Er meinte es ernst. Vielleicht war er einer von denen, die ihre Zeit damit verbrachten, Fluchtpläne zu schmieden. Aber so etwas kam für mich nicht in Frage. Wenn ich hier rauswollte, dann auf legale Weise. Ich wollte kein Verbrecher sein, ich wollte keine Abkürzungen.
„Ich brauche keine Hilfe", sagte ich schließlich. Meine Stimme war leiser, als ich es gewollt hatte, aber fest. „Ich will das auf die richtige Weise durchziehen. Das hier..." Ich deutete um mich herum, auf die grauen Wände und die endlosen Reihen von Wäschekörben. „Das ist nicht mein Leben."
Luca schaute mich nachdenklich an, als würde er meine Worte abwägen. „Wie du willst, Matteo. Aber denk dran: Du hast hier einen Freund, auch wenn du das vielleicht noch nicht so siehst."
Dann wandte er sich ab, griff nach einem Stapel Wäsche und machte weiter mit seiner Arbeit. Ich stand noch einen Moment da, die Worte hingen in der Luft zwischen uns. Freunde? Hier? Ich war mir nicht sicher, ob das überhaupt möglich war. Aber irgendetwas in Lucas Stimme ließ mich glauben, dass er es ernst meinte.
Trotzdem blieb ich misstrauisch. Vertrauen war in einem Ort wie diesem ein Luxus, den ich mir nicht leisten konnte.
Nicht jetzt.
Nicht, solange ich hier festsaß.
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