sunkissed
Es ist noch vor Mittag, dass Jaemin anfängt, sich leicht schwummrig zu fühlen.
Erst sagt er nichts, aber als sie eine lange, eher steile Treppe nehmen, muss er sich an Jeno festhalten, tut es reflexartig, als der Boden unter seinen Füßen wackelig wird.
"Ich hasse Sonne", murrt er im gleichen Atemzug.
Jeno hält ihn vorsichtig, aber sicher an seinem Arm fest. "Brauchst du eine Pause?"
"Hier ist kein Schatten."
"Dann schauen wir weiter oben nach Schatten", schlägt Jeno vor, wozu Jaemin nickt. "Willst du dich an mir festhalten?"
"... Vielleicht?"
"Ich hab's dir vorhin schon angeboten", lächelt der Ältere, "ich mein's ernst. Nachher fliegst du mir die ganzen Stufen wieder runter."
"So schlimm ist es gar nicht", murmelt Jaemin, aber hakt seinen Arm trotzdem in Jenos.
"Ich vertraue dir einfach mal, weil ich damit keine Erfahrung habe."
"Sei froh."
"Bin ich auch", schmunzelt Jeno. "Trink mal wieder was."
Leise jammernd, aber ohne Widerworte folgt Jaemin seiner Aufforderung.
Zwei Treppenabschnitte später setzen sie sich auf schattige Steine.
"Überall sind Bäume, und wir nehmen den Weg, wo nichts ist", schmollt Jaemin.
"Am Anfang waren welche und da hinten kommen auch wieder welche." Jeno deutet in die andere Richtung des Pfades.
"Und das zwischendrin reicht, dass ich einen Kollaps kriege."
"Soll ich dich tragen?", grinst Jeno, und Jaemin knufft ihn in die Seite.
"Wenn du willst, dass morgen alle über uns reden, tu dir keinen Zwang an."
"Hey, das ist kein Nein!"
"Ist mir lieber, wenn du meine Hand hältst", flüstert Jaemin.
"Meine ist aber eklig verschwitzt."
"Meine auch."
Sie schweigen, und Jaemin malt mit seinem Schuh Muster in den Schutt vor ihnen. Ihm rauscht das Blut in den Ohren, und als Jeno tatsächlich ihre Finger ineinanderschiebt, fällt er beinahe um.
"Ist dir also egal."
"Mhm." Jeno malt etwas Kreisähnliches auf seinen Handrücken. "Sehr sogar."
"Jetzt musst du mich die ganze Zeit festhalten, sonst geht's für mich rückwärts den Berg runter."
"Als hätte ich was dagegen."
Jaemin zieht seine Beine an und legt seinen Arm darauf ab, reibt sich die Augen und wendet sich Jeno zu, der ihn bereits ansieht.
"Du bist der Erste, mit dem ich das mache, weiß du? Und ich–" Er presst mit erhitzten Wangen die Lippen aufeinander. "Ich hab keine Ahnung, was das heißt, aber ich find's... schön."
"Ich auch", sagt Jeno leise. "Ich mag dich wirklich gerne, auch wenn wir uns noch nicht so gut kennen, aber irgendwie... hat das schon gereicht."
"Ich habe schon ewig einen Crush auf dich", gesteht Jaemin, "und mich nie getraut, mit dir zu reden. Und als du es dann gemacht hast, war ich total überfordert. Bin ich auch noch, aber ich... habe mich ein wenig daran gewöhnt."
"Ich hab dich... gesehen. Klingt komisch, aber von den Meisten aus meinen Kursen kenne ich kaum die Namen. Du bist hängen geblieben, und natürlich auch, weil du Mathe kannst und ich davon beeindruckt war, aber auch ansonsten hattest und hast du... irgendwas Besonderes an dir. Und als du das erste Mal Haarfarbe kaufen wolltest, war ich so 'Fuck it, sprich ihn an', und deine Reaktion hat die Schmetterlinge, die in mir saßen, aufflattern lassen."
"Das war so peinlich", murmelt Jaemin, und Jeno lacht leise.
"Es war unglaublich niedlich."
Einen Moment sind sie still.
"Wir sind eine gute Gleichung", flüstert Jaemin.
"Und was ist das Ergebnis?" Jenos Ton lässt ihn aufsehen, so unbekannt liebevoll, und erst dabei bemerken sie, wie dicht sie beieinandersitzen. Aber sie bewegen sich nicht voneinander weg.
"Ich weiß nicht", sagt der Jüngere leise.
"Finden wir wohl noch heraus", schmunzelt Jeno, erneut subtil über Jaemins Handrücken streichend.
Der Pinkhaarige sieht seinem Finger dabei zu, da es ihn nervös macht, ihm so lange in die Augen zu sehen. "Wie weit sind wir?"
Jeno kann ihn kaum verstehen. "Was meinst du?"
"Das zwischen uns. Ist da überhaupt was?"
"Willst du, dass da etwas ist?"
"Willst du das denn?"
"Ja, wenn du es willst."
Sie müssen lachen.
"Und das Etwas", fährt Jaemin fort, "das ist... neu und ich habe keine Ahnung, was das bedeutet."
"Es bedeutet, dass ich deine Hand noch viel öfter halten kann", lächelt Jeno.
"Setzt du dich in Mathe neben mich?"
"Gerne."
"Sind unsere Treffen jetzt Dates?"
"Sind sie doch von Anfang an gewesen."
Jaemin dreht sich von ihm weg. "Du machst mir das nicht leichter."
Mit einem leisen Glucksen folgt Jeno ihm, aber mit dem Kopf auf seiner Schulter wird er wieder ernst. "Darf ich das machen?"
"Ja. Und du darfst mich umarmen und ganz fest drücken, weil ich das gerade brauche."
Jeno legt vorsichtig seine Arme um ihn, und muss dafür Jaemins Hand loslassen, was diesen ein wenig enttäuscht. Dafür ist die Umarmung noch besser, und sie sind sich so nah, und Jeno riecht so gut, und er kann seinen Herzschlag spüren, und seine Finger kehren zurück zwischen Jaemins, als wäre das der einzige Ort, an den sie gehören.
"Ich will dir nicht wehtun."
"Tust du nicht." Jaemin strahlt in sich hinein. "Das ist perfekt so."
Jeno atmet erleichtert aus. "Das ist gut. Ich bin echt kein Experte, was Umarmungen angeht."
"Ich auch nicht. Dann können wir zusammen üben."
"Das klingt gut", lächelt der Ältere. Jaemin lehnt sich leicht gegen ihn, schließt die Augen, und sie genießen in Stille ihre Nähe zueinander, bis Stimmen auf das Näherkommen einer nächsten Gruppe deuten.
Zeitgleich schnellen sie auseinander, sitzen weiter voneinander entfernt als vorher mit ihren Händen unnatürlich in ihrem Schoß gefaltet, die Blicke stur zu Boden gerichtet. Jaemin wackelt nervös mit den Beinen, Jeno rollt seinen Kopf von einer Seite zur anderen. Sie sind umhüllt von betretenem Schweigen, auch als die vier schon wieder weg sind.
"Erstmal nicht vor anderen", schlussfolgert Jeno leise.
"Erstmal nicht vor anderen", wiederholt Jaemin.
"Sollen wir weiter?" Er fühlt sich ganz wie auf Wolken, wenn Jeno so sanft mit ihm redet.
"Je schneller wir hier fertig sind, desto besser."
Jeno lacht leise. "Du meinst wohl, je schneller wir im Schatten sind, desto sicherer bist du."
"Nee, darum geht's mir gar nicht." Jaemin nimmt seine Hand, ganz selbstverständlich, und zieht ihn mit sich den Pfad entlang. Sonne trifft auf sein pinkes Haar, doch er beschwert sich nicht, sondern wendet sich mit einem Strahlen, das noch heller scheint als die Sonne, Jeno zu. "Dann habe ich ja gar keine Ausrede mehr, deine Hand zu halten."
Er kann nicht anders. Jeno kann einfach nicht anders. Er muss Jaemin an seiner Hand ganz dicht zu sich ziehen.
"Bitte", Jaemin spürt seine Unruhe, "sag mir, dass ich dich küssen darf. Wir haben das noch nie gemacht und ein Nein ist völlig okay, aber–"
Statt einer Antwort verbindet Jaemin ihre Lippen miteinander, und es katapultiert sie gemeinsam auf Wolke sieben. Nicht dass sie wirklich wüssten, was sie da tun, letztendlich weilt der Kuss auch nicht lange, aber es ist genug, um sie rundum glücklich zu machen, mit einer Wärme zu erfüllen, die alles andere irgendwie ganz egal sein lässt.
Auch als sie sich lösen, verharren sie voreinander, noch zu überwältigt, voneinander, von ihren Gefühlen.
"Das", Jaemin muss lächeln, "gehört auch auf die Liste der Dinge, die wir jetzt machen können."
"Das find ich gut", wird Jeno nur noch los, ehe sie mit klopfenden Herzen weitermarschieren.
29.04.2021
🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰
evtl kommt noch was in any hierzu uwu
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