Hope
Ich sah zwischen den beiden hin und her. Mir war gar nicht klar, dass Sowon auf Milo stand, also so richtig stand. Sie war ja regelrecht in ihn verliebt.
Ich sah Ji-hoo an und konnte natürlich nachvollziehen, dass ihm das nicht wirklich gefiel. Immerhin war sie seine kleine Schwester. Ich atmete tief ein und wandte mich an Sowon. Ich legte meine Hände auf ihre Schultern und forderte ihren Blick.
»Soll ich dir von meinem ersten Mal erzählen?« fragte ich und lächelte sie an. Ohne auf ihre Antwort oder Ji-hoos Reaktion abzuwarten, begann ich zu erzählen: »Ich hatte mein erstes Mal mit einem Menschen. Er war nicht wirklich mein Typ und auch so hatte ich noch nie zuvor ein Wort mit ihm gewechselt. Ich hatte ihn auf einer Party 18+ kennengelernt, auf der ich mit 16 war. Meine beste Freundin hatte was mit dem Türsteher, weshalb wir ohne Kontrolle hereinkamen. Aber zurück zu dem Menschen, es war nicht gut. Ich hatte keine Gefühle für ihn und deswegen war das wirklich einfach nur ein: Schnell hinter mich bringen und verschwinden Ding. Es tat auch weh, weil ich mich total versteift hatte. Ich konnte es gar nicht richtig genießen.« Ich legte meine Hände an ihre Wangen und strich mit den Daumen über ihre zarte Haut. »Ich finde du solltest dich nicht zwingen mit 16 sofort dein erstes Mal haben zu müssen. Vielleicht wartest du einfach noch ein Jahr und schaust, ob du nicht einen anderen Rüden viel netter findest als Milo.« versuchte ich sie zu überzeugen.
Ji-hoo sah mich mit einem ›Was-soll-das-Blick‹ an, aber Sowon antwortete schon. Sie stand auf und meinte mit vollem jugendlichem Leichtsinn: »Milo ist nett. Immer. Zu mir ist er ... nett. Wieso sollte ich also warten? Ich ... mag ihn schon seit ich denken kann.« Sie sah mich an. »Du solltest froh sein, dass ich ihn mag und nicht irgendeinen anderen. Und wenn ich nächstes Jahr an der Paarungswoche mitmachen kann, dann spielt der Altersunterschied sowieso keine Rolle mehr. Nicht bei Wölfen.«
»Oh und wie er das macht, du Rotznase!«
»Bei Melissa und Rob sind es fünf Jahre.«
Ji rieb sich genervt den Nasenrücken. »Ja, aber sie ist 18 und er 23. Das ist legal.«
Sie zischte. »Ich will Milo. Er ist perfekt. Perfekt für mich.« Sie blickte wieder zu mir. »Ich schwöre euch, er ist einfach nur toll.«
Der Beta Erbe schnaubte.
Paarungswoche?
Ich erschauderte. Bei der letzten Paarungswoche hatte sich Milo auf mich geprägt. Im Wald, in Wolfsgestalt.
Der Wald.
Lexy.
Seitdem sie mich vor Tagen in den Wald gelockt hatte, hatte ich nichts mehr von ihr gehört. Mehrfach hatte ich sie angerufen, aber sie ist nie rangegangen.
Was war nur los mit ihr?
Wieso hatte sie das getan? Und wieso redete sie in der Uni kein Wort mehr mit mir? Ich verstand das alles nicht.
Seufzend schob ich den Gedanken beiseite und konzentrierte mich wieder auf Sowon.
Würde sie sauer und enttäuscht sein, wenn sie erfahren würde, dass Milo auf mich geprägt war?
»Es tut mir leid, Sowon, aber ich kann das nicht unterstützen.« Was redete ich da? Lag es an der Prägung, dass mich allein der Gedanke, die beiden zusammen zu wissen meine Wölfin gefährlich Knurren ließ. Ja es muss eindeutig an der Prägung liegen. »Milo ist viel zu alt für dich und ein Arschloch. Er hat kein Interesse an einer Beziehung. Alle seine Frauengeschichten sind Bettgeschichten. Er ist nur nett zu dir, weil er dich als kleine Schwester sieht, mehr nicht.«
Okay, die Worte waren hart. Aber es war doch die Wahrheit! Na schön, vielleicht sollte sie nicht mit mir über so etwas reden. Entschuldigend sah ich erst sie und dann Ji-hoo an. Dabei versuchte ich, meine Wölfin im Zaum zu halten.
»I-ihr ....« Sie schniefte und Tränen bildeten sich in ihren Augen. Dann schluchzte sie und lief weg, während sie rief: »Ihr habt ja keine Ahnung!«
Die Tür ihres Zimmers knallte und Ji-hoo schüttelte den Kopf und fragte halb genervt halb erschöpft: »Wann wird das endlich aufhören?«
»Meine Worte waren etwas harsch, nicht wahr? Sorry, aber meiner Wölfin gefiel das nicht« erklärte ich seufzend und erhob mich. »Weiß Milo, dass deine kleine Schwester total auf ihn abfährt?«
Ji sah mich an und bedeutete mir, sich auf seinen Schoß zu setzen. »Harsch aber wahr. Natürlich weiß Milo das. Er ist ja nicht dumm. Man sieht aus einem Kilometer Entfernung, dass sie verknallt ist. Ich meine« Er deutete auf das Obergeschoss. »Sie wird rot, wenn nur jemand seinen Namen nennt. Wir fanden das all die Jahre ganz lustig. Aber dass sie jetzt sowas vorhat, ist ... Ich werde mit ihm reden müssen. Eventuell muss sie ja von ihm selbst hören, was wir schon gesagt haben.« Ji schmunzelte mich an. »Ich dachte wir hatten ausgemacht, dass du deine Wölfin an die Leine legst, Babe. Du bis jetzt meine Freundin.«
Ich schmunzelte zurück und setzte mich rittlings auf seinen Schoß. »Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, damit sie sich keine weiteren Hoffnungen macht.« Meine Finger wanderten in seinen Nacken und ich atmete seinen Duft ein. Er roch so unendlich gut. So süß. Meine Wölfin freute sich. Etwas zu sehr, denn ich wurde feucht. Göttin, Ich saß doch nur auf seinem verdammten Schoß.
Als Ji-hoo sagte, dass ich seine Freundin sei, wurde ich rot und sah peinlich berührt runter zu Seite, so dass mein Pony mein Gesicht halb verdeckte.
»Deine Freundin.« wiederholte ich glücklich.
»Du bist süß, wenn du rot wirst«, sagt er und stich mir den Pony zur Seite. »Und irgendwie macht mich das auch ein bisschen scharf, wenn du rot wirst, weil wir jetzt zusammen sind. Das du auf meinem Schoß sitzt, trägt wohl den Rest dazu bei.«
»Liegt es nicht eher daran, dass du mich witterst?« fragte ich und sah ihn wieder an. »Um ehrlich zu sein hasse ich es manchmal ein Wolf zu sein. Man hat irgendwie keine Privatsphäre. Ich könnte zum Beispiel dir nicht sagen, dass ich null erregt bin, wenn ich hier sitze, weil du es ja riechst.« erklärte ich und lachte leise.
Ji lachte ebenfalls. »Ich versuche, schon so wenig wie möglich zu atmen, seit du deinen Arsch hier rein geschwungen hast, Hope. Wahrscheinlich bilde ich mir das hier alles ein, wegen des Sauerstoffmangels.« Er zupfte an meinen Haaren. »Wir können es sowieso nicht ändern. Außerdem ist Erregung immer irgendwie zu erkennen. Man muss nur wissen, wonach man sehen muss.« Er strich mit den Fingern meinen Hals entlang und sein Daumen strich dabei über meine Kehle. »Gerötete Wangen, flache Atmung, geweitete Pupillen. Glänzende Augen, schweißnasse Hände.« Ji sah auf meine Brüste, die leider verdeckt waren. »Harte Nippel. Dafür brauch man kein Wolf mit Supernase sein, sondern einfach nur ein aufmerksamer Mensch mit Erfahrung.«
Ich musterte ihn. »Da spricht wohl die 'Erfahrung'.«
Meine Wölfin knurrte bei der Vorstellung, dass er andere Frauen vor mir hatte. Göttin, diese Besitzergreifung.
Ich schmiegte mich an Ji-hoo ran und küsste ihn. »Ich möchte es morgen Abend mit dir tun.«
Er grinste. »Warum bis morgen warten, Babe? Wir könn-«
Die Tür ging auf und seine Eltern riefen: »Wir sind wieder da.«
Ji fluchte leise, stellte mich auf, stand selbst auf und schob mich etwas hinter sich. »Shit. Hier im Wohnzimmer, Eomma.« Er sah mich an. »Bleib etwas hinter mir.«
Seine Eltern waren ebenfalls Wölfe, sie hatten eine genauso gute Nase wie der Alpha und meine Mutter. Er wollte anscheinend nicht, dass seine Eltern witterten das ich mit Milo gevögelt hatte.
Seine Mutter und sein Vater betraten das Wohnzimmer und sahen von ihm zu mir und wieder zurück.
»Ich wusste nicht, dass du Besuch hast, Ji-hoo-ya.«
Ji lächelte. »Ja, sorry, ich hätte Bescheid sagen sollen. Mi-ahn-hae, Eomma.«
Seine Mutter sah mich an. »Du bist Claire Patels Tochter, richtig?«
Ich sah an Ji-hoo vorbei und nickte verlegen. »Ja, genau. Freut mich Sie persönlich kennenzulernen.«
Auf einmal kamen Zweifel in mir hoch. Was, wenn seine Eltern mich nicht akzeptieren? Was, wenn sie keine Außenseiterin an der Seite ihres Sohnes, an der Seite des nächsten Betas haben wollten?
Sein Vater sah mich mit schief gelegtem Kopf an und schnupperte. »Du bist läufig. Du solltest nicht hier sein.«
Sofort wurde ich rot im Gesicht.
Seine Mutter schnupperte ebenfalls, aber ehe sie etwas sagen konnte, mischte Ji sich wieder ein. »Das ist okay, Appa. Hope und ich sind zusammen, sie ist meine Freundin.«
Sein Vater hob eine Braue und seine Mutter ... sie sah mich genau an. Ein Muskel an ihrer Lippe zuckte. »Sie ist der Mischling.«
Keine Frage. Kein Vorwurf. Nur ein Fakt.
»Sie ist Mitglied des Rudels. Nur das zählt für mich.«
Seine Mutter schnupperte wieder und Ji-hoo erstarrte. Dann jedoch nickte sie. »Geht bitte in dein Zimmer. Dein Vater und ich müssen reden.«
Ji sah mich fragend an. »Wollen wir?«
Ich sah von seinen Eltern zu Ji-hoo hoch und nickte nur. Sie sahen mich zwar nicht verurteilend an, aber irgendwie fühlte ich mich dennoch unwohl.
Er nickte ebenfalls, verflocht seine Finger mit meinen und lief dann an seinen Eltern vorbei. Er führte mich dann runter in sein Zimmer. Nun, es war eher eine kleine Kellerwohnung. Er schloss die Tür und lehnte sich dagegen.
»Tut mir leid. Klischee mäßig sind meine Eltern etwas rassistisch. Wie alle Asiaten. Sei so gut, und nimm es dir nicht zu Herzen.«
Ich sah mich neugierig um. Das Zimmer selbst war sehr modern eingerichtet. Nur ein wenig Deko war vorhanden, was wohl bei einem typischen Jungenzimmer normal war. Gitarren an der Wand, eine kleine Bar, was mich persönlich schmunzeln ließ und ein Bereich zum Zocken und Trainieren. »Ganz nett hier.« kommentierte ich das Zimmer und sah ihn an. »Ich muss ehrlich zu geben, wenn deine Eltern mit mir ein Problem haben, weil ich keine Asiatin bin und nicht, weil ich ein Milchling bin und dazu auch noch anders aussehe, dann würde das mal eine gelungene Abwechslung sein.« scherzte ich und lachte leise.
Ji-hoo hob einen Mundwinkel. »Freu dich nicht zu früh, Babe, da werden noch einige Spitzen gegen dich geflogen kommen«, meinte er und grinste dann breiter. »Für die ich mich dann alle bei dir entschuldigen muss.« Wie ein Raubtier pirschte er sich an mich heran.
Entschuldigen? Mhhh da würde mir wohl einiges einfallen, wie er sich bei mir entschuldigen konnte. Dachte ich an einige schmutzige Dinge.
Weshalb ich vielsagend grinste. »Also wenn die Entschuldigungen mit Blumen, Schokolade und gutem Sex enden, dann werde ich es wohl ertragen können.«
Als mein Handy piepte, sah ich auf meinen Bildschirm.
MILO: › Wo bist du?‹
Milo? Wieso wollte der das wissen? Ich öffnete den Chat und antwortete:
ICH: › Bei Ji-hoo. Wieso?‹
MILO: › Weil ich es eben wissen will 😡‹
› Was sucht du bei Ji? ‹
»Blumen, Schokolade und Sex? Das bekomme ich hin.« Er nahm mir das Handy ab und warf es auf sein Sofa. »Hey, hier spielt die Musik.«
Meine Augen flogen zu ihm hoch und ich grinste frech. Scheiß auf Milo, er war dauernd wütend auf mich und obwohl er mir letztens etwas mehr von sich erzählt hatte, wollte er mich am Ende nur wieder vögeln. Im Gegensatz zu Ji-hoo der auf mein Einverständnis gewartet hatte, hatte mich Milo regelrecht in die Enge getrieben. Damit möchte ich nicht sagen, dass er alleine schuld war, aber er hatte einen großen Teil dazu beigetragen, dass es überhaupt so weit kam.
»Die Reihenfolge würde mir gefallen.« erwiderte ich.
Ji-hoo lachte leise und trieb mich weiter in Richtung seines Bettes. »Ich hab gerade keine Blumen und auch keine Schokolade, aber Sex, den könnte ich anbieten«, raunte er knurrend.
Ich landete auf dem Bett und leckte mir die Lippen, während ich ihn mir ansah. Er sah wirklich verboten gut aus. Ich wusste zuvor nicht, dass ich auf Koreaner stehen könnte. Nun, so schnell konnte sich das ändern. »Deine Eltern sind da und du weiß, was ich will. Ich hab's dir gesagt.«
Ich wollte mit ihm das ersten Mal nach der Jagd haben, sowie man das eigentlich machte als Pärchen, zumindest bei uns Wölfen.
Wenigstens mit ihm wollte ich es richtig machen, wenn ich es schon bei Milo nicht tun konnte.
Mit Ji-hoo würde ich diese besonderen Momente genießen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top