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Samstag.~

Es ist Wochenende und ich gehe dahin, wo ich so ziemlich die schrägsten Begegnungen hatte.
Wo ich mich verlaufen hatte.
Wo ich Kim und Jo kennen gelernt und Jaspers Stimme zum ersten mal wahr genommen hatte.

Ich bin im Wald. Mit Bo! Dem kleinen niedlichen Racker. Er freut sich natürlich und rennt fröhlich hin und her. Ich werfe ihm ein paar mal einen Stock zu und er bringt ihn zügig wieder zurück. Er ist klein, dafür aber sehr agil und schnell. Diesmal nehme ich einen anderen Weg.
Es gibt viele unterschiedliche in diesem Wald. Ich bin kurz in Gedanken, aber als wir an einer Lichtung ankommen,  bin ich wieder im hier und jetzt.
Eine große grüne Wiese ist vor uns. Sie ist wunderschön. Ich bewundere sie und sehe mich um. Schneller als ich reagieren kann, rennt Bo los.
Ich kichere kurz, verstumme aber sofort, denn nicht weit von Bo entfernt taucht etwas auf was mir den Atem raubt. Ein verdammt großer schwarzer Wolf, der aus dem nichts von einem Gebüsch erscheint, starrt mich und dann Bo an. Panik überkommt mich und mein Puls schießt in die Höhe. Nicht weil ich Angst um mich habe. Nein. Ich mache mir viel mehr sorgen um Bo!
Der kleine hat sich nämlich beschützend vor mich gestellt und er knurrt den schwarzen Riesen an.
Oh Gott Bo...
Der Wolf nähert sich uns langsam und strahlt pure Dominanz aus. Er scheint alles andere als beeindruckt zu sein.
Bo ist für ihn keine Bedrohung, egal wie laut er mittlerweile knurrt.
Der Wolf wirkt unbekümmert und nimmt ihn alles andere als ernst.
Das liegt wahrscheinlich am Größen unterschied. Während Bo eine klein Version eines Schäferhundes ist, ist der Wolf dort drüben viel größer als ein normaler Hund. Sein Schulterblatt ist so hoch, wie mein Kopf. Ich bin zwar klein, aber so monströs sollte kein Wolf sein. Der ist definitiv nicht normal! Moment, ist das ein Werwolf?! Ja, dass muss es sein! Aber wer ist das? Kenne ich ihn oder sie? Er oder sie wird doch nicht auf Bo los gehen, oder??

Die Frage erübrigt sich, als ich sehe, dass der Wolf mich anstarrt und seine Augen rot aufglühen. Ich mustere ihn genau. Ist das Jasper?

Locker! Das ist klar wie Kloßbrühe!!
Das kannst du nicht wissen...
Was wenn das ein anderer Alpha ist?
Oder einer von denen die mich entführt hatten? Was wenn er böse und gefährlich ist?

Paperlapapp!
Ouh Mann Daisy...

Während der Wolf uns weiter beobachtet, knurrt Bo weiterhin.
Und dann macht er etwas, was mich aufschreien lässt. Bo rennt zu dem Wolf hin und möchte ihn attackieren.
Ohh nein Bo... was machst du bloß??
Der Wolf weicht geschickt und elegant aus. Bo der auf ihn springen wollte, landet unsanft auf den Boden, rappelt sich aber schnell auf.
Die beiden umkreisen sich und Bo knurrt ihn weiter an. Ich habe ihn noch nie so erlebt. Irgendwann ertönt ein tiefes lautes knurren, das unglaublich gruselig klingt. Ich starre wie gebannt die beiden an. Der Wolf scheint Bo zurecht weisen zu wollen, doch der schwarze Schipperke ist eigensinnig und stur. Ich kann mir das nicht länger ansehen, Bo wird nicht nachgeben und das wird bestimmt böse enden, wenn ich nichts mache. Also nehme ich die Beine in die Hand und renne auf beide zu. Ich stelle mich zwischen sie und vor Bo. Ich breite meine Arme aus.

"Es reicht! Ich lasse nicht zu, dass du ihm weh tust! Wer auch immer du bist, geh weg!", sage ich ernst.
Ich weiß nicht wer das ist, aber eins steht fest keiner wirklich keiner schadet Bo!

Besagter bellt mich an. Ich drehe mich um und sehe den kleinen an.
Er scheint auf einmal nicht mehr aggressiv zu sein. Sein Schwänzchen wedelt umher und ich ziehe verwirrt eine Augenbraue hoch. Bevor ich mich mehr mit ihm beschäftigen kann, spüre ich, wie sich etwas gegen meine Hand drückt. Ich sehe wieder nach vorne und ziehe augenblicklich die Luft ein. Der schwarze Wolf hat mich eben mit seiner Schnauze angestupst. Sein Kopf ist etwas gesenkt, sodass er in Höhe meiner Hand ist und seine roten Augen durchbohren mich.
Ich ziehe etwas ängstlich meine Hand zurück und halte sie mit der anderen fest. Ich schaue von ihr zu dem monströsen Wolf der vor mir steht.
Er könnte mich mit Leichtigkeit töten.
So als könnte er meine Gedanken lesen, ertönt ein brummen. Ich zucke etwas zusammen.

Wenn er uns töten wollte, hätte er es schon längst getan. Vor allem wäre nichts mehr von Bo übrig.
Daisy!

Was ist doch so...
Hmmm...

Irgendwie hast du schon recht.
Wenn er böse Absichten haben würde, dann hätte er schon längst etwas gemacht. Vorsichtig Strecke ich meine Hand nach ihm aus.
Er beobachtet jede einzelne Bewegung von mir und lässt es erstaunlicher weise zu, dass ich ihn berühre. Ich weiß nicht woher mein Mut oder Sinneswandel herkommt, aber ich fange an ihn zu streicheln. Ich fahre mit meiner Hand über seinen Kopf entlang und muss mich dafür sogar etwas strecken. Der Wolf schließt seine Augen und es ertönt ein grölen. Es scheint ihm zu gefallen.
Also mache ich weiter. Ich gehe etwas zur Seite und streichle sein Fell.
Es fühlt sich so unsagbar weich und flauschig an! Nach einigen Minuten höre ich auf und löse mich von ihm. Das scheint dem Wolf nicht so wirklich zu gefallen und er macht ein schnaubendes Geräusch. Er umrundet mich und drückt mir sein Kopf entgegen. Er reibt sich an mir.
Ich muss kichern, da er sich wie eine Katze verhält. Es fehlt nur noch, dass er anfängt zu schnurren.

Meine kurze Unaufmerksamkeit nutzt er aus und mit einem Kopfstoß bringt er mich zum taumeln, sodass ich auf meinem Po lande.

"Hey was soll das?", möchte ich beleidigt wissen. Da streichelt man ihn und wird zum Dank auf den Boden geschubst! Kurz denke ich an Taylor, der mich auch geschubst hatte und dafür ein tritt in seine Eier bekommen hatte, aber dann sehe ich hoch zu dem Wolf und schaue in seine rot funkelnden Augen. Das kann Tyler nicht sein. Er ist kein Alpha.

Der Wolf nähert sich mir und steht nun über mir. Ich sehe neben mich und überlege, wie ich flüchten kann.
Seine Pfote stupst mein Gesicht an und ich schaue zu ihm hoch.
Ich blinzle ihn an und weiß nicht was ich machen soll. Und ehe ich mich versehe ist nicht mehr ein großer schwarzer Wolf über mir, sondern Jasper der mich angrinst. Ich reiße erstaunt die Augen sehr weit auf.

"Duuu!", quietsche ich. Ich schlage ihn oder versuche seinen Brustkorb zu treffen. Ich scheitere aber kläglich, denn Jasper hält mich auf und drückt meine Handgelenke jeweils runter.
Er liegt mit einem Schwarzen T-Shirt über mir und seine Muskeln kommen sehr zu Geltung. Ich winde mich und möchte ihn hoch oder von mir weg drücken, aber auch das gelingt mir nicht. Er ist zu stark. Ich stöhne genervt auf.

"Mach so weiter und du wirst aus anderen Gründen stöhnen.", sagt er schmunzelnd.

Normalerweise würde mich das zum dahin schmelzen bringen, doch gerade jetzt bin ich total sauer!
Ich hatte fast einen schock des Lebens und dachte Bo wäre in Gefahr.
Wieso hat er sich nicht früher zurück verwandelt? Wieso ist er soooo?!
Er bringt alles durcheinander.
Er bringt mich durcheinander!

"Du bist so gemein! Was sollte das?", zische ich gereizt.

"Also zunächst einmal solltest du dich beruhigen.", sagt er und zieht mich hoch, sodass ich nun auf seinem Schoß sitze. Seine eine Hand ist um meine Hüfte und mit der anderen streicht er mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht. Mist! Nicht schwach werden Kate!! Du bist ihm böse...
Werde nicht weich...
Ich nehme seine Hand von meinem Gesicht und schlage sie weg.
Ich schaue in eine andere Seite.
Nicht in seine Augen. Keinesfalls!
Wenn ich seine wunderschönen grünen Auge sehe, habe ich verloren.

"Kate, sei doch bitte nicht sauer.
Ich wollte nur sehen wie du auf meine Wölfische Seite reagierst.
Und Bo wollte dich beschützen und hat mich nicht gleich wieder erkannt.
Ich wollte ihn nur zurecht weisen, nicht ihm weh tun. Schau ihm ist nichts passiert. Er schläft sogar.", sag Jasper und deutet auf Bo hin.

Aus Neugier sehe ich zu Bo. Er liegt seelenruhig auf dem Boden mit geschlossenen Augen. Sein Körper hebt und senkt sich in einem ruhigen Rhythmus.

Kurz schiele ich zu Jasper, der auf meine Reaktion wartet.
Wenn er denkt ich verzeihe ihm so leicht, dann irrt er sich. Zwar bin ich mir sicher, dass er ihm wirklich nie weh tun würde, aber ich habe mir wirklich sorgen gemacht!
Also drehe ich meinen Kopf wieder zur Seite und recke sogar mein Kinn hoch. Um es noch dramatischer wirken zu lassen schnaube ich empört. Was Jasper dazu bringt zu seufzen. Wir verweilen einen Moment so schweigend, bis er die Stille bricht und mich noch näher  zu sich ran zieht. Sein Kopf ist vor meiner Halsbeuge und seine Arme sind eng um mich umschlungen.

"Kate es tut mir leid. Ich wollte dir keine Angst machen. Verzeih mir bitte.", raunt Jasper und haucht mir nach jedem einzelnen Wort ein Kuss auf meine Haut. Zunächst wander er hoch zu meinem Hals, dann küsst er mein Schlüsselbein entlang. Jeder Kuss löst ein prickeln aus und fühlt sich schön an. Ich kann nicht anders als zu keuchen.

"O-okay.", gebe ich schwach nach.
Ich halte es nicht weiter aus und fahre durch seine Haare und ziehe sie nach unten, sodass er zu mir hoch schaut und ich meine Lippen mit seinen vereinen kann. Er stöhnt kurz auf und erwidert schmunzelnd meinen Kuss. Wir küssen uns eine Zeit lang innig weiter, bis ich den Kuss unterbreche und nach Luft schnappe.

"Nicht das Atmen vergessen.", sagt er belustigt und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Ich sehe ihn schmollend an.
Was kann ich dafür, dass er so gut küsst und es länger aushält als ich?

Da vergisst man mal das Atmen...
Genau! 

Jasper schüttelt nur amüsiert den Kopf, entfernt sich langsam von mir und steht auf. Er reicht mir seine Hand und ich nehme sie verlegen an und werde hoch gezogen.

"Was machst du überhaupt hier?", frage ich ihn, um für eine Ablenkung zu sorgen.

"Der Natur nahe sein.", sagt er schlicht und zuckt mit den Schultern.

Ich nicke. Die Natur ist was schönes.
So faszinierend und beruhigend.
Der Gedanke bringt mich zum lächeln.

"Es trifft sich gut das wir uns sehen, ich wollte dir später schreiben und dich was fragen, aber da du ja hier bist kann ich es dir persönlich sagen...", sage ich und werde gegen Ende nervöser.

"Du kannst mit mir über alles reden, Kate. Hab keine angst.", versucht er mich zu beruhigen. Ich bin ihm dafür sehr dankbar.

"Also es ist so dass Jack den anderen morgen etwas mitteilen möchte.
Wir möchten uns alle treffen und ich glaube es wäre sinnvoll, wenn du dabei bist.", teile ich ihm mit.

Er hebt eine Augenbraue.

"Also nur wenn du nicht schon etwas vor hast...", füge ich schnell hinzu.

"Ich werde kommen.", kommt es von ihm schnell. Er sieht mich eindringlich an und schenkt mir ein liebevolles lächeln.

Wir reden noch etwas und Jasper begleitet mich dann nach Hause.


Mit gemischten Gefühlen sitze ich schließlich in meinem Bett und denke schonmal nach, wie Jack und ich ihnen beibringen, dass Jane Jack's Mate sein könnte und wie wir sie überzeugen können nicht mehr auf Abstand zu sein. Irgendwann falle ich in einem traumlosen Schlaf.

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