~40~
Meine Aufmerksamkeit wurde dann auf einen Mann gezogen, der mich anscheinend angesprochen hatte. Ich sah ihn an und bemerkte noch nebenbei wie Jasper sich neben mir anspannte. Den Blick wieder zu dem mir unbekannten Mann gewandt, sah ich ihn fragend an. Woraufhin er sich wiederholte und mich verschmitzt betrachtete.
"Ich habe Sie gefragt, ob Sie schon länger mit Jasper verkehren oder Sie sich erst kürzlich begegnet sind.", spricht mich der Schwarzhaarige etwas muskulöse Mann erneut an.
Er sitzt zu meiner rechten zwei Plätze von mir entfernt.
Wie bitte?! Ich glaube es hackt...
Das schlimme dabei ist, dass nun alle anwesenden auf meine Reaktion warten.
"Selbst wenn es der Fall wäre, wüsste ich nicht was Sie das angeht, zumal das eine sehr intime Frage ist und Sie nicht einmal kenne. Geschweige denn haben Sie sich mir noch nicht einmal vorgestellt.", antworte ich ihm schnaubend und lege das Besteck zur Seite.
Besagter sieht mich angepisst an.
Es gefällt ihm nicht, dass ich ihm nicht die Antwort gegeben habe, die er anscheinend erwartet hatte.
Der Mann zu meiner rechten, der zwischen uns sitzt, räuspert sich und ergreift das Wort.
"Bitte verzeiht meinem Bet.. äh ich meine meinem Freund Luca, er hatte sicherlich nicht die Absicht Sie zu beleidigen. Wir sind alle nur ein wenig verwundert und neugierig eine so bezaubernde Dame an Jaspers Seite zu sehen. Ignorieren sie einfach was er gesagt hat."
An Lucas Stirn ist mittlerweile eine pulsierende Ader erkennbar. Seine Augen funkeln mich gefährlich an.
Seine Hände ballt er zu Fäusten.
"Untersteh dich Luca. Entschuldige dich lieber bei der Dame. Und bei Jasper gleich auch noch dazu. Übrigens bin ich Enzo und sehr erfreut über ihre Anwesenheit.", weist Enzo Luca zurecht und stellt sich mir freundlicherweise vor.
Es dauert nicht lange bis Luca genau das macht, was Enzo ihm gesagt hatte.
Es ist jedoch offensichtlich, dass er das sehr widerwillig tut. Am Ende schenk er mir sogar noch ein fake lächeln, welches falscher nicht hätte sein können.
Ich nehme sie ganz souverän an und schenke Enzo ein aufrichtiges lächeln, da ich es nett finde, dass er das Fehlverhalten seines Kumpels korrigiert. Ich fühle mich ja hier schon fehl am Platz und dann lässt jemand einfach so einen Spruch los. Es ist wirklich erleichternd zu wissen, dass nicht jeder dieser Ansicht ist. Und das ausgerechnet sein eigener Freund ihn zurecht weist ist funny.
Dein ernst? Funny? Was ist daran bitte witzig???
Es ist nicht wortwörtlich gemeint Daisy. Diese Situation ist so schräg, dass sie wiederum lustig ist.
Du bist net mehr ganz knusper.
Du dann auch nicht, aber oke.
Liegt wahrscheinlich daran, dass ich mir während dem Essen ein wenig Wein gegönnt habe. Das erklärt auch wieso ich Luca so geantwortet hatte. Unter anderen Umständen würde ich nur verlegen etwas vor mich hin stammeln. Immerhin sitzen um mich herum ältere Personen. Okay so alt sind sie auch nicht, aber sie sind reifer als ich. Sie sind alle erfahrener, haben bestimmt einiges erlebt und sind hoch angesehen.
Und dann bin da ich. Eine 19 jährige, der man von weitem ansieht, dass sie so gar nicht in dieses Etablissement rein passt. Zwar weiß ich, wie ich mich auszudrücken habe, aber es harpert in solchen Situationen.
Gut das wir uns Mut angetrunken haben hahahahahhh
Hmmmm....
Joa wie Mann es nimmt...
Vorsichtshalber trinke ich nicht weiter, da ich bei klarem Verstand bleiben möchte. Nicht das ich etwas sage, was peinlich ist und ich Jasper und mich am Ende blamiere.
Der restliche Abend vergeht dann leider weiterhin nicht zu meinem Gunsten. Er zieht sich förmlich hin.
Und das obwohl alle irgendwie in Feierlaune sind. Was es wohl zu feiern gibt...
Die anderen stellen sich mir vor und ich stelle mir immer mehr die Frage was das alles hier soll. Alle hier sind offensichtlich sehr vermögend. Ihre gehobene Art ist stets zu erkennen.
Doch vom geschäftlichen haben sie so gut wie nichts offenbart, obwohl sie sehr offen sind und über alles mögliche reden. Das ist sehr skurril.
Das einzige gute ist, dass die Hälfte sehr zuvorkommend und freundlich ist. Andererseits gibt es einige, die mich mit vielsagenden Blicken betrachten, die ich nicht wirklich zuordnen kann. Sie sind sehr komisch.
Nachdem wir das Essen überstanden hatten, hat Jasper vorgeschlagen, dass wir uns gemeinsam das Anwesen von außen ansehen können. Er wollte mich rumführen und so konnten wir uns die Beine vertreten und miteinander reden. Zwar fand ich die Idee zu Anfang nicht sonderlich toll, da es schon dunkel ist, aber ich entschied mich dafür, da ich mit ihm tatsächlich reden wollte. Ich wollte immer noch meine Antworten. Und nach diesem Essen habe ich sie mir verdient!
"Bevor du mich mit Fragen durchlöcherst, möchte ich dir sagen, dass ich es dir nicht momentan nicht erklären kann, aber du bist hier sicher. Die einzige Gefahr hier ist die Langeweile oder das nervige Gerede von einigen.", seufzend sieht mich Jasper an. Er rauft sich die Haare und betrachtet mich entschuldigend.
Ich verschränke meine Arme und sehe bedrückt zur Seite. Ich weiß zwar, dass Jasper mich nur schützen möchte. Aber wovor? Er kann doch mit mir darüber reden. Er weiß offensichtlich mehr. Wieso kann er es mir nicht sagen?? Was hält ihn davon ab?
Ich laufe in Gedanken immer weiter.
Wir sind schon eine weile nebeneinander gegangen. Irgendwann werde ich an den Schultern vorsichtig gepackt und mit Schwung umgedreht. Stur wie ich bin halte ich meinen Blick gesenkt. Mein Kopf ist nah an seiner Brust. Es vergehen einige Minuten. Ich sage immer noch nichts.
Ich möchte standhaft bleiben, weswegen ich ihn mit schweigen bestrafe. Ich ignoriere wie er mich mehrmals ruft und nehme sogar etwas Abstand von ihm.
Jaspers Geduld ist irgendwann am Ende. Mit seinen Fingern hebt er mein Kinn und sieht mich eindringlich an. Sein Kiefer ist sehr angespannt. Er wirkt gerade sehr dominant. Er drückt mich nah an sich ran und die Nähe macht mich verrückt. Ich lege meine Hände an seine Brust und möchte ihn wegdrücken, doch es gelingt mir nicht.
"Verdammt Kate! Hör mir doch zu.
Es tut mir leid. Ich kann es dir aber jetzt nicht sagen. Noch nicht.", versucht er es und rüttelt mich ein wenig an meinen Schultern.
Ich schüttle jedoch nur meinen Kopf.
Das alles gefällt mir nicht. Ich mag Jasper wirklich. Aber das ist alles so verwirrend. Ich fühle mich wie das naive Mädchen das ständig ungelegen in ein Fettnäpfchen nach dem anderen tappt. Immer bin ich diejenige, die alles zuletzt gesagt bekommt. Die mit vollendeten Tatsachen zurecht kommen soll.
Ich nehme ja alles hin. Aber irgendwann... da reicht es mir einfach. Es verletzt mich. Er verletzt mich. Sie alle verletzen mich. Meine Eltern. Meine Freunde. Mein Freund. Ohne es zu wissen. Weil sie lieber alles ohne mich entscheiden.
Über meinen Kopf hinweg.
Das ist einfach scheiße!
Klar könnte ich ihnen das alles sagen, aber dann würden sie mich nur schuldig ansehen und sich schlecht fühlen. Und das will ich wiederum nicht.
Meine Augen sind schon glasig und eine Träne bahnt sich den Weg zu meiner Wange hinab.
"Vertraust du mir nicht?", möchte Jasper wissen. Seine Stimme ist immer noch fordernd aber er wirkt verzweifelt.
"I-ich weiß e-es nicht. Jasper wir kennen uns erst seit kurzem und dann passiert sowas und ich werde nicht eingeweiht. Du weißt etwas.
Du verschweigst mir etwas wichtiges. Es ist so schwer dir da zu vertrauen. Das alles ist zu viel.", sage ich schluchzend. Ich reiße mich von seinem Griff los und fuchtle mit meinen Händen und Armen rum, um zu verdeutlichen, dass mich diese enorme Unwissenheit wahnsinnig macht.
"Ich weiß Kate. Und es tut mir auch alles sehr leid. In deinem Kopf herrscht sicher Chaos. Das zwischen uns geht ziemlich schnell und es braucht Zeit bis man jemanden überhaupt vertrauen kann. Aber bitte glaube mir wenn ich dir sage, dass deine Sicherheit für mich sehr wichtig ist. Du bringst mich sehr durcheinander und faszinierst mich zugleich. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn dir jemand ein Haar krümmt.", setzt er nochmal an. Ehe ich etwas dazu erwidern kann werde ich umarmt. Naja eher zerdrückt.
"Jasper du nimmst mir die Luft zum atmen.", keuchend klopfe ich seine Schulter in der Hoffnung er löst sich von mir.
"So geht es mir auch. Nur der unterschied ist, dass ich mich so fühle sobald du nicht bei mir bist. Ich weiß ich verlange viel von dir. Aber ich meine es ernst. Wenn der richtige Zeitpunkt kommt, dann erzähle ich es dir. Nur nicht jetzt. Bitte gedulde dich.", ergänzt er zustimmend. Sein Griff wird jedoch nicht lockerer.
"N-nein Jasper du v-verstehst mich nicht. Ich b-bekomme wirklich keine Luft! Zu zerquetschst mich förmlich.", beharre ich weiter.
Aprubt löst er sich von mir und mustert mich. Er scheint sich nicht bewusst gewesen zu sein, dass er fast seine Freundin zu Tode geknuddelt hätte.
Das wärs gewesen. Jungfrau stirbt an mangelder Luft, verursacht durch den eigenen Freund, der sich nicht zurück halten konnte! Hahahahah
Jaja... lach du nur. Wärs mit mir zu Ende, dann gäbe es dich auch nicht mehr. Nur mal so nebenbei...
Och nööö!
"Ach du scheiße! Kate das wollte ich nicht. Bitte verzeih mir.", besorgt strich Jasper mir ein paar Strähnen hinter mein Ohr.
Ich nahm behutsam seine Hand in meine. Ich war zwar ein wenig durcheinander wegen eben, aber er schien deutlicher aus dem Häuschen zu sein als ich. Und das im nicht so guten Sinne. Er hatte eine besorgte Miene. Und jetzt tat er mir sogar leid.
Ich schmunzelte wegen meinen eigenen Gedanken. Der dominante, arrogante, selbstverliebte Draufgänger steht hier vor mir und ist förmlich am verzweifeln.
Das entlockte mir ein kichern.
Wir versuchten uns zu beruhigen und liefen noch ein wenig umher.
Ich erkundigte mich später nach meinen Eltern und Jasper meinte zu mir das er das schon geklärt hätte und ich mir keine sorgen machen müsste.
Ich beschloss es für das erste zu akzeptieren. Wenn ich mich weiter hinein steigern würde, würde es nur in einem gewaltigen Streit enden und das wollte ich nicht. Vor allem nicht in einem Anwesen wo viele Personen sind und wir dann Gesprächsthema Nummer eins wären. Zwar waren wir das schon irgendwie, aber ich wollte die Sache einfach nicht verschlimmern. Jedoch war ein kleiner Teil in mir immer noch unzufrieden. Diesen verdrängte ich aber nun und versuchte mich abzulenken.
Apropos Ablenkung. Es bahnt sich eine auf zwei Beinen genau in unsere Richtung, beziehungsweise Taylor steuert gradewegs zu uns. Und das sehr zügig. Er hat ein ordentliches Tempo drauf. Und er ist nicht mal aus der Puste, als er vor uns steht.
"Jasper wir müssen etwas besprechen. Unter vier Augen. Jetzt sofort am besten. Entschuldige Kate.", meint Taylor barsch.
Jasper spannt sich an und unsere Hände lösen sich von einander.
Neiiiin! Denke ich mir nur und bin ein wenig traurig. Doch die Trauer hält nicht lange. Ich bin nämlich zu überrascht darüber, dass sich Taylor bei mir entschuldigt und blinzle ihn perplex an.
"Kate ich muss leider...", fängt Jasper an. Doch dieses mal bin ich diejenige, die ihn unterbricht.
"Halb so wild. Geh ruhig ich komme zurecht und gehe einfach wieder ins Zimmer. Klärt das einfach. Es scheint wirklich wichtig zu sein, wenn Taylor sich bei mir dafür entschuldigt.", lüge ich was das Zeug hält. Ich würde nämlich noch gern bei Jasper bleiben, aber was muss, das muss. Dafür werde ich mich einfach bei Gelegenheit revanchieren.
Die beiden lachen kurz. Dann wirken sie sehr ernst. Ich verabschiede mich noch von ihren und mache kehrt.
Ich lief ins Anwesen und im Flur angekommen wurde mir dann meine Misere klar. Ich hatte keinen blassen Schimmer wohin ich sollte. Wo lang ich sollte, geschweige denn wo irgendwer war, den ich hätte fragen können. Innerlich fluchend stand ich eine Weile so da, bis eine weibliche Stimme erklingt. Ich verdrehte meine Augen und hatte jetzt schon keine Lust auf sie. Beim Essen war sie mir schon unsympathisch gewesen. Das lag an ihrem Todesblick, den sie mir den ganzen Abend zugeworfen hatte.
Ich hatte schon längere Zeit ein seltsames Gefühl und als den Übeltäter fand, tat sie einfach so als wäre nichts und unterhielt sich mit anderen am Tisch weiter.
Ich wusste nicht einmal wieso!
Was hatte ich ihr getan? Dass sie so biestig zu mir war?
Das sollte sich noch an diesem Abend ändern. Genauso wie eine andere erschütternde Nachricht, die ich durch andere Umstände erfahren würde. Dieser Abend fing gerade erst an. Und ich würde ihn niemals vergessen. Wie auch. Denn ab diesem Moment änderte sich einfach so gut wie alles.
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