Kapitel 3
Der Schmerz ließ mich aufkeuchen. Gierig zog ich die Luft in meine Lungen, die so sehr danach letzten. Viel zu lange, beinahe eine kleine Ewigkeit, kam es mir vor meinen letzten Atemzug getan zu haben, sodass es meinen Lungen schmerzte zu atmen. Die Augenblicke verstrichen, während meine heftigen Atemzüge die Luft durchschnitten. Langsam schien der Schmerz kaum noch wirklich und mein Puls normalisierte sich. Ich schlug meine Augen auf. Es war Nacht. Nur der Mond ließ die Finsternis weichen und die Kälte meinen Atem kondensieren, welcher mir nun die Sicht raubte. Aber auch meine Glieder fühlten ich kaum noch. Sie wirkten kalt und steif.
Meine Gedanken waren noch immer nicht wirklich klar, meine Sinne benebelt und meine Erinnerung seltsam verzehrt, bis zum Moment, als mir die Realität ins Gesicht schlug. Es roch nach Blut. Und dann fing ich an mich zu erinnern. Ich richtete mich entsetzt auf. Entsetzt es vergessen zu haben. Sie vergessen zu haben. Daria. Ethan. Mir drehte sich der Magen. Hektisch suchten meine Augen nach ihnen. Ein Anblick, der mir Tränen in die Augen trieb. Ich jauelte auf, während ich Daria's geschändeten Körper entgegen kroch. Meine Hand packte ihren Arm. Er war eiskalt. "Nein" wisperte ich und schlurzte auf. Es war überall Blut. Ein Anblick, der sich in mein Gedächtnis einbrannte. Klaffende, tiefe Wunden zierten ihren Körper. Zu tief. Ihre Augen vor Entsetzen weit aufgerissen und ihr Gesicht, durch tiefe Schnitte geprägt. Sie war tod. Die einst so schöne Brünette war komplett entstellt. Tränen liefen haltlos meine Wangen hinab, während meine Nägel sich immer fester in ihrem kalten Arm gruben.
Alles drehte sich, erst als ein anderer Gedanke in mir aufflammte, konnte ich dieses grausige Bild in den hintersten Teil meines Seins verbannen, für diesen Moment. Ethan. Er lag weiter entfernt in seiner menschlichen Gestalt. Widerwillig ließ ich von Daria ab und stolperte auf ihn zu, sank zu Boden und schnappte nach Luft. Meine Kehle schnürrte sich immer enger. Auch er war voller Blut. Meine Hand suchte die Seine. Auch er war kalt, aber Hoffnung flimmerte in meinem Herzen. Seine Wunden waren schlimm, aber sie begannen zu heilen. Er musste lebte. Meine Finger fassten seinen Puls. Er war schwach, aber er war da. Erleichterung überkam mich und linderte den Schmerz in meinem Inneren. "Ethan?" hauchte ich gebrochen. Keine Reaktion. Ich schüttelte ihn. "Ethan!" Meine Stimme klang nun bestimmter, aber er blieb stumm. Ich versuchte das Chaos in meinem Kopf zu ordnen, atmete tief ein.
Wir mussten hier weg. Ich suchte in der dunklen Nacht nach Gefahr, aber nichts, außer dem heulenden Wind, war zu hören. Es war still. Unsere Angreifer waren fort. Ich fragte mich warum sie uns am leben ließen, warum sie nicht nicht das zuende brachten, was sie in Dearwill begannen. Aber diese Gedanken hatten grade keinen Platz. Ethan würde sterben, wenn ich nicht schnell etwas tat. Er war ein Beta, aber nicht unerschöpflich. Er heilte schneller als wir anderen, aber die Wunden und die Kälte waren selbst für ihn unüberwindbar.
Sein Atem war flach, als ich Fetzen meines Sweaters um die tiefen Schnitte an seinem Hals wand. Weitere folgten, ich hörte auf zu zählen. Adreanalin pulsierte durch meine Adern, als ich seinen Arm über meine Schultern legte und ihn hoch hievte. Er war wirklich schwer und erstmals spürte ich den Schmerz meines eigenen Körpers. Der Schmerz, der zuvor nicht wichtig erschien. Ich biss mir auf meine blutige Lippe. Es schmerzte, egal wie sehr ich versuchte es zu vergessen, stark zu sein. Ich schaffte es nicht. Immer wieder knickten meine Beine weg.
Ich röchelte, als wir den Rand der Lichtung erreichte. Ich drehte mich ein letztes mal um. Daria. Ich schloss meine Augen. "Es tut mir leid"wisperte ich abermals. Ich hatte ihr nicht helfen können. Wieder benetzten Tränen meine Haut.
*
Ich setzte einen Schritt vor den anderen und mit jedem fiel es mir schwerer wach zu bleiben. Immer wieder wollte die Schwärze nach mir greifen, mein Bewusstsein rauben. Aber ich schaffte es ihr immer wieder zu entkommen. Ich wusste nicht wie, aber ich schaffte es. Das war das einzigste, was von Bedeutung war. Vielleicht, weil der Wille Ethan retten zu wollen, stärker war, aber wenn ich ehrlich war, wusste ich es nicht.
Meine Schritte verloren an Kraft und ich wusste, erneut würde ich die Dunkelheit nicht bezwingen können. Ethan wurde immer schwerer, es wurde immer schwieriger mich auf den Beinen zu halten.
Alles begann nur noch wie in einem Tunnel zu wirken. Ein Tunnel der nicht endete. Das nächste, was ich mitbekam, war mein Körper, der dumpf in die Blätter schlug, welche leise knisterten. Ein letztes mal öffnete ich meine Augen. Nicht weit entfernt, meine ich Asphalt zu sehen. Noch nie war ich glücklicher, als jetzt , diese trostlose Farbe zu finden. Ich sprach ein letztes Gebet und hoffte Selene würde es erhören. Ich betete, dass uns jemand fand, denn ich wollte Leben.
Mein Geist schweifte ab. Meine letzten Gedanken galten ihm. Aber egal, wie oft ich versuchte mir seine Stimme in Erinnerung zu rufen, ich schaffte es nicht. Es war, als ob sie mir immer wieder entgleiten würde, wenn ich sie gefunden hatte.
Die Stimme, an dessen Klang ich mich nicht erinnerte. Aber doch der Grund war, warum ich ich zu atmen schien.
Ich hoffe es gefällt euch😄
LG Malilara
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