Kapitel 83 - Schleim drüber
„Tachyonen?", wiederholte Cisco, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
„Als eine Art Geschwindigkeits-Boost für Barry, um es mit dem Reverse Flash aufzunehmen. Er spielt mit unfairen Mitteln, wieso wir also nicht? Wenn wir herausfinden, wie wir Barrys Speed mithilfe der Tachyonen erhöhen können, dann könnte er mit R.F. gleichziehen und dann müsste niemand mehr Sorge haben", erklärte Sam gestikulierend und sah dabei instinktiv zu Harrison, der seinen Zeigefinger nachdenklich über sein Kinn fahren ließ.
„Wie eine Art Nitroknopf, wie bei Fast And The Furious", überlegte Cisco laut und nickte, da ihm die Idee offensichtlich gefiel.
„Wenn du es so ausdrücken willst", lachte sie, während Harrison mit seinem Rollstuhl vorfuhr, sie nachdenklich betrachtend.
„Das ist eine sehr gute Idee, Samantha, definitiv. Und ein Projekt, dem du dich unbedingt widmen solltest, nur", er faltete seine Hände, sie musterte ihn fragend.
„Nur was?"
„Nur frage ich mich, wieso du nicht in der Uni bist und stattdessen hierher gekommen bist. Hatte die Idee solche Dringlichkeit?"
„N-Naja, so gesehen nicht, umsetzen können wir es sowieso nicht sofort, aber ich bin Barry auf dem Weg begegnet und", sie sah zum Speedster, hilfesuchend. Und er verstand.
„Und ich habe Sam diese Probe gezeigt, die ich vom letzten Tatort entnommen habe", fuhr er fort und zeigte die kleine Ampulle mit dem grünen Schleim. „Dieselbe Flüssigkeit wie bei den letzten Tatorten." Cisco kam zu ihm gelaufen, nahm ihm das Fläschchen aus der Hand und beäugte es eingehend. „Und eine Leiche, bis auf die Knochen zersetzt, da die Flüssigkeit scheinbar hoch ätzend ist."
„Ich wusste es!", platzte es aus dem Langhaarigen heraus. „Das Schleim-Monster, es existiert und es attackiert Menschen! Der grüne Schleim, der deine Schuhe zersetzt, das Grölen, bevor es dich angreift." Er schnippte laut. „Wetten, es wohnt in der Kanalisation?"
„Cisco, komm mal runter", mahnte Caitlin mit einem Augenrollen, während Sam leise kicherte.
„Caity hat recht, Cisco. Vermutlich haben wir es mit einem Schleim-Meta zutun, aber sicher nicht mit einem gigantischen Schleim-Monster, das in der Kanalisation wohnt. Vermutlich kann das Meta den Schleim lediglich produzieren, so kam er in die Chemie-Firma, wieso wissen wir nur nicht, aber das finden wir heraus", lächelte sie.
„Und danach kümmern wir uns darum, wie ich schneller werden kann", fügte Barry hinzu.
„Ganz genau", nickte Sam.
„Was, wenn das Meta seine Schleim-Produktion nicht kontrollieren kann und deshalb ein riesiger Schleimhaufen geworden ist, der sich in der Kanalisation versteckt, um nicht gesehen zu werden?", spekulierte der Langhaarige weiter.
„Cisco, du hast definitiv zu viele Filme gesehen", seufzte die Ärztin.
„Caitlin, hör doch mal!"
Und während eine hitzige Debatte darüber, ob Schleim-Monster oder lediglich Mensch, im Raum losbrach, lehnte sich Sam lächelnd gegen das Pult und lauschte der Konversation. Solange, bis sie Harrisons Anwesenheit neben sich spürte, sodass sie fragend zu ihm herunter sah. Er hatte diesen Ausdruck in den Augen. Den Ich-Weiß-Bescheid-Ausdruck.
„Was ist?", hakte sie leise nach, die Lippen unschuldig verzogen.
„Ein Schleim-Meta hat solche Dringlichkeit, dass du die Uni schwänzen musstest?"
„Ich - ich schwänze nicht. Ich beschütze die Stadt", nuschelte sie und wich seinem Blick aus.
„Und du tust das nicht, um dem Gespräch mit Miss Anderson zu entgehen?"
„Waaas?" Ihre Stimme klang heller. „Das würde ich nie, es geht mir hier nur um die Stadt und die Meta-Wesen." Harrison hob eine Augenbraue. Sie konnte ihm nichts vormachen. „Ja okay, du hast ja recht", murmelte sie und fuhr sich seufzend übers Gesicht. „Ich kann pro Tag einfach nur eine Freundin leiden sehen, okay?"
„Miss Mason?", hakte er nach. Sie lächelte traurig.
„Ja. Es geht ihr nicht so gut."
„Das tut mir leid", raunte er. Sie sah, wie er seine Hand hob, um sie auf ihre zu legen, rief sich jedoch im letzten Moment zur Ordnung, schließlich waren sie nicht allein. Und dennoch, der bloße Reflex ließ Sam bereits glücklich lächeln, denn waren sie so vertraut miteinander wie nie zuvor. Wenigstens eine Sache, die gut lief.
Ein gleichmäßiges Piepen im Hintergrund.
Nachdenklich fuhr Rileys Daumen über das Display ihres Smartphones, auf der die SMS von Sam prangte. Es gab einen Notfall, musste zu Star Labs, hatte die Nachricht an sie gelautet. Sie wusste, wie wichtig Sams Arbeit in Star Labs war, dass sie die Stadt vor Meta-Wesen rettete. Dennoch kam sie nicht umhin als zu grübeln. Es war bereits eine Weile her, dass sie Sam gesehen hatte und wenn dann waren sie sich lediglich in der Uni begegnet, in der sie jedoch die meiste Zeit mit Caleb verbrachte. Das Gefühl, sie gehe ihr aus dem Weg, beschlich sie, doch wieso sollte sie? Welchen Grund hätte Sam dazu? Es war seltsam. Zuerst ihre tiefe Trauer, deren Grund Riley bis heute nicht wusste und nun die Distanz zwischen ihnen.
Tief seufzend steckte sie ihr Handy zurück in ihre Tasche, während das Piepen der Monitore wieder in ihr Bewusstsein drang. Sie sah auf zu Arthur, der im Bett lag und ein Buch las. Seine Haut wirkte noch immer grau, doch ging es ihm bereits besser als gestern. In wenigen Tagen würde man ihn wieder entlassen.
„Arthur, ist alles in Ordnung? Brauchen Sie noch etwas?", fragte sie ihn und schenkte ihm ein sanftes Lächeln. Er sah zu ihr.
„Nein, Riley, vielen Dank. Dass Sie hier waren und mir Gesellschaft geleistet haben, war mehr, als Sie hätten tun müssen."
Die Blondine erhob sich von ihrem Stuhl und schritt auf den Wissenschaftler zu. Ihre Hand platzierte sie auf seiner.
„Nicht doch, das habe ich doch gerne gemacht, Arthur." Ihr Handy vibrierte in ihrer Hand. Eine SMS von Josh, er fragte, wann sie Zuhause wäre. Kurz überflog sie den Text.
„Gehen Sie ruhig." Unsicher sah sie zu ihm. „Ich komme klar, fahren Sie nach Hause. Sie sind schon seit einer Stunde hier, so wollen Sie Ihren Nachmittag sicher nicht verbringen. Mit einem kranken, dem Tode geweihten Mann."
„Arthur", widersprach sie ihm sanft. „Wir arbeiten tagein tagaus an den Speedster-Stammzellen, um das Serum zu perfektionieren, das für meine Mom entworfen wurde. Sind wir erfolgreich und bekommen wir die Zulassung, dann können wir Sie heilen, Arthur. Dann brauchen Sie kein neues Herz, dann kann Ihr altes einfach heilen. Wir werden es schaffen, ganz sicher", erklärte sie zuversichtlich. „Dafür kämpfe ich jeden Tag, also geben Sie nicht auf." Der Braunhaarige nickte langsam. „Sehr gut", lächelte Riley. Danach beugte sie sich zu ihm und zog ihn in eine kurze Umarmung. „Wenn Sie etwas brauchen, dann rufen Sie mich an, okay?"
„Das werde ich, Riley, danke."
Die Blondine nahm ihre Jacke und klemmte sie unter ihren Arm. Anschließend winkte sie ihm, wünschte ihm einen schönen Abend und verließ den Raum. Arthur blieb allein zurück.
Er senkte den Blick und betrachtete das Wissenschaftsmagazin in seiner Hand. Anschließend blickte er zu der Blutkonserve neben seinem Bett, die ihm im Notfall das Leben retten sollte, obgleich die Chance verschwindend gering wäre. Denn würde ihn seine Hämophilie im Falle einer Verletzung töten. Eine Krankheit, die die Blutgerinnung störte, selbst ein einfacher Schnitt am Finger wäre lebensbedrohlich, geschweige denn die Herztransplantation, die er seit seinem zwanzigsten Lebensjahr benötigte. Somit kam sie nicht infrage und er musste mit seinem Herz leben. Zu schwach, um ihm viel länger zu dienen, lediglich das Serum, an dem Mercury Labs arbeitete, wäre eine Chance. Doch würde es zu lange dauern, viel zu lange. So viel Zeit hatte er nicht mehr. Der Infarkt vor wenigen Tagen hatte es ihm gezeigt.
Doch war Arthur Weber vor allem eines - ein Mann der auf Nummer sicher ging. Er wusste schon, wie er sich helfen konnte, ohne warten zu müssen. Wessen Blut in dieser Konserve hängen musste, um ihn zu retten.
Nachdenklich blätterte sich Sam durch ihr Notizbuch, in dem sie die Ansätze bezüglich Blackouts Zellen notiert hatte. Die Möglichkeit, den Metas mithilfe seiner Kräfte die Fähigkeiten zu entziehen und sie zu heilen, doch schien die Forschung, die sie gegenwärtig einschlug, in eine gänzlich gegenteilige Richtung zu gehen. Denn anstatt ein Meta-Wesen zu kurieren, sollte sie die Kräfte eines ganz bestimmten erhöhen. Des liebsten Metas in der Stadt - Barrys. Sie musste herausfinden, wie sich die Tachyonen verwenden ließen, um seinen Speed zu verstärken, doch war die Sache knifflig. Auch war Sam aufgrund diverser Gründe abgelenkt, sodass sie nicht ihre volle Gedankenkraft zum Lösen dieses Rätsels zur Verfügung hatte.
Ein leises Klopfen ließ sie innehalten und sich herumdrehen und was sie dann erblickte, das sorgte dafür, dass sich ihre Mundwinkel wütend zusammenzogen. Da stand doch tatsächlich Owen - das Riesenarschloch - Madock an ihrer Türschwelle und sah sie an, als sei nie etwas gewesen. Als hätte er nicht das Herz ihrer besten Freundin gebrochen.
„Jones", grüßte er sie monoton und trat ein. Ruckartig erhob sich Sam von ihrem Stuhl und streckte ihren Arm vor.
„Keinen Schritt näher!", fauchte sie. Der Blonde hob eine Augenbraue. „Verschwinden Sie, Madock, das hier ist feindliches Gebiet!"
„Was reden Sie da?"
„Na was wohl! Sie riesen Arschloch!"
Er rollte mit den Augen, richtete seine Krawatte und lehnte sich gegen die Wand neben der Tür.
„Sind Sie dann fertig?"
„Nein, bin ich nicht!" Wütend stapfte sie auf den Agenten zu, umfasste seinen Schlips und zog ihn zu sich heran. Den Todesblick, den er ihr zuwarf, ignorierte sie gekonnt. „Was haben Sie sich nur dabei gedacht, Sie Mistkerl! Wissen Sie, was Sie Amber angetan haben? Wie sehr Sie ihr das Herz gebrochen haben?! Sie ist außer sich, ich erkenne sie gar nicht mehr wieder und daran sind einzig und allein Sie Schuld!"
„Jones."
„Nein! Wie können Sie nur?! Ausgerechnet Amber! Sie ist ein treuer und herzensguter Mensch und das wissen Sie genau! Wenn Sie also nur jemanden zum Vögeln wollten, dann nehmen Sie sich irgendeine x-beliebige Bimbo von der Straße, aber nicht sie! Denn Amber", sie lachte freudlos, „Amber ist so viel besser als all diese Frauen dort draußen! Sie ist die beste Freundin, die man haben kann, sie ist intelligent, witzig und selbstbewusst, diese Frau ist ein verdammter Jackpot!"
„JONES", sagte Owen laut, sodass sie innehielt. Fragend sah sie zu ihm auf und ließ von seinem Schlips ab, die stahlblauen Augen des Agenten schimmerten erzürnt. „Denken Sie, das weiß ich nicht?", fauchte er und lief an ihr vorbei. Unruhig tigerte er in ihrem Labor auf und ab, Sam beobachtete ihn dabei. Er fuhr sich übers Gesicht, seufzte tief.
„Wenn Sie das wissen, wieso haben sie dann...?", fragte sie. Sie verstand diesen Mann nicht. Owen ließ seine Hand sinken, vergrub sie in seiner Hosentasche und wandte sich von ihr ab.
„Wollen Sie nicht die Menschen, die Sie lieben, beschützen?", fragte er sie leise. „Vor Dingen, gegen die Sie nichts ausrichten können?"
Sam öffnete ihre Lippen, verzog fragend das Gesicht. Und plötzlich, da ging ihr ein Licht auf.
„Der Reverse Flash", hauchte sie, denn wusste sie genau, wie Owen sich fühlte. Das, was er für Amber empfand? Diese tiefe, zerfressende Sorge? Die empfand sie für Harrison und er wusste davon. Schließlich hatte er gesehen, wie sie vor seinem malträtierten Körper zusammengebrochen war.
„Er hat mir gedroht", raunte Owen und massierte sich den Nasenrücken. „Erneut. Und diesmal, da meinte er es ernst." Er drehte sich zu ihr herum und zog etwas aus seiner Hosentasche. Ein Foto, das Sam entgegennahm. Darauf Amber, die lachte. Sam entging nicht der Schnitt des Fotos auf Höhe von Ambers Stirn.
„Er hat das getan?", fragte sie leise.
„Es hing in meinem Hotelbadezimmer, nach seinem Angriff auf Wells", raunte er. Sie sah in Owens Gesicht, in dem nun die blanke Sorge zu erkennen war. Der Schmerz. „Ich kann mich von diesem Fall nicht ewig fernhalten, Jones, daher musste ich das tun."
„Sie haben sie nicht abserviert, weil Sie sie nicht lieben", wisperte sie, als die Erkenntnis durch sie hindurch sickerte. „Sie haben Sie abserviert, weil Sie sie lieben." Langsam ließ Sam das Foto sinken.
„Sehen Sie mich nicht so an, Jones", raunte er.
„Amber muss das erfahren, Madock."
„Und dann?!" Er schlug auf ihre Tischplatte. „Dann wird Sie einen Teufel tun und sich von mir fernhalten, Sie kennen Amber, Sie wissen, wie sie ist! Und dann wird der Reverse Flash seiner Drohung nachkommen und sie krankenhausreif prügeln, so wie Wells, oder schlimmer noch." Betreten senkte sie ihren Blick. Owen hatte recht. Amber war stur, sturer als jeder andere Mensch, den sie kannte. Sie würde sich nicht von Owen fernhalten, wenn sie die Wahrheit wusste, wenn sie erfuhr, dass der Agent Gefühle für sie hegte. Sie durfte es nicht erfahren.
„Es tut mir leid, Owen", sagte sie leise. „Dafür, dass ich Sie ein Arschloch genannt habe. Und einen Mistkerl. Und einen Wichser."
„Sie haben mich nie Wichser genannt."
„In Ihrer Gegenwart nicht", erklärte Sam lapidar. Tief seufzend lehnte sie sich gegen ihren Schreibtisch, verschränkte die Arme vor der Brust und senkte den Blick. „Glauben Sie, dass das der richtige Weg ist? Sich von Amber fernzuhalten?", fragte sie ihn ehrlich.
„Fürs erste ja. Solange, bis ich weiß, wie ich sonst vorgehen kann", raunte er und lehnte sich neben sie an die Tischplatte. Das ungleiche Duo seufzte tief.
„Wir werden den Reverse Flash schnappen, Madock. Gerade arbeiten wir an einem Weg, Flash schneller zu machen, damit er es mit ihm aufnehmen kann", weihte sie ihn ein. Der Lichtstrahl am Horizont. „Dann muss niemand mehr Angst haben."
„Ja", murmelte der Agent seltsam wenig überzeugt. In diesem Moment empfand Sam gar so etwas wie Mitleid für ihn. „Jedenfalls, der Grund wieso ich hier bin", seufzte er und drehte sich zu ihr herum. „Das Recherchematerial, das Sie zusammengetragen hatten. Ich würde es gerne mitnehmen, nur für den Fall."
„Recherche?", überlegte sie laut, drehte sich zu ihrem Computer herum und klickte sich durch die Ordner. Und tatsächlich, da war einer. Es war ihr total entfallen. „Ah ja, richtig", lachte sie, während Owen eine Augenbraue nach oben zog. „Hier, ich ziehe es Ihnen auf einen Stick", sagte sie, derweil sich der Agent zum Computer beugte und sich durch die Dateien klickte.
„Sind es weniger als beim letzten Mal?", fragte er.
„Nein, nicht, das ich wüsste", murmelte sie. „Sorry, wenn Sie mehr wollten, aber wir haben hier viel zutun."
„Ich dachte nur beim letzten Mal wäre es mehr gewesen."
„Da war das Glas ja auch noch halbvoll", lächelte sie schief, zog den Stick aus dem Port und reichte ihm dem Agenten.
„Okay", raunte Owen, ein seltsamer Unterton lag in seiner Stimme. Er wollte sich zum Gehen herumdrehen, verharrte jedoch nochmals. „Ah ja, Jones, wegen dem Bluttest."
„Bluttest?"
Owen drehte sich zu ihr herum.
„Ja, der Bluttest, zum Bestimmen eines Speedsters. Sie sprachen doch über die Besonderheit von Speedsterblut."
„Die Besonderheit von Speedsterblut? Öhm, nicht, dass ich wüsste. Aber wenn Sie wollen, kann ich Riley mal fragen, ob es da eine Besonderheit gibt."
„Nein das - Sie sprachen davon, ganz sicher. Es war irgendetwas mit einem Wert."
„Madock", lächelte sie schief. „Wenn ich darüber erzählt hätte, würde ich mich doch daran erinnern." Owen sah sie an, das Gesicht verzogen. Misstrauen in seinem Blick, den er über sie tasten ließ, so als versuche er ein Puzzle zusammenzusetzen. „Da müssen Sie sich falsch erinnert haben", fügte sie hinzu.
„Ja, das habe ich wohl", murmelte er gedehnt, ließ den Stick in seiner Tasche verschwinden und ging seines Weges. Verwirrt blickte Sam ihm nach. Von welcher Besonderheit er wohl gesprochen hatte?
Sam wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als es erneut an ihrer Tür klopfte. In ihren Notizen versunken, Willens, Amber ihre Liebe zurückzugeben. Sie drehte ihren Kopf und erblickte Harrison, der mit einem Lächeln in ihr Labor gefahren kam. Augenblicklich machte ihr Herz einen Hüpfer.
„Ich muss mich noch daran gewöhnen", gestand sie leise.
„Woran?", fragte der Dunkelhaarige.
„Daran, dass du so oft in mein Labor kommst um mich zu besuchen. Ich weiß noch genau, wie es sich angefühlt hat immer nach Vorwänden zu suchen in dein Büro zu kommen", sie schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
„Also mir fällt sofort ein Vorwand ein."
„Ach, der da wäre?", fragte sie mit hochgezogener Augenbraue, während Harrison direkt vor ihr zum Stehen kam.
„Dass ich mich nach dir sehne", raunte er, beugte sich vor und ließ seine Nase über ihre Wange fahren, sodass Sam mit einem leisen Seufzen die Augen schloss und ihre Hand auf seinen Oberschenkel legte.
„Das ist ein guter Vorwand, aber den hätte ich früher niemals bringen können."
„Wieso nicht?", erwiderte er und entlockte ihr ein Lachen.
„Na frag mal noch." Sam lehnte sich wieder zurück und nahm seine Hand in ihre, wobei sie ihre Finger zwischen seine gleiten ließ. Dabei fiel ihr das Tablet in seiner anderen Hand auf, das sie neugierig beäugte. „Was ist das?"
„Meine Presseerklärung", offenbarte er. Überrascht sah sie zu ihm, ein schiefes Lächeln zierte seine Lippen. „Morgen soll ich vor die Öffentlichkeit treten und meinen Standpunkt erklären."
„Morgen? Das ist doch wunderbar! Dann kannst du endlich reinen Tisch machen und diese Gerüchtestreuungen, du hättest die Meta-Wesen bewusst erschaffen, hören auf."
„Ich wollte, dass du einen Blick darauf wirfst", fuhr Harrison fort und reichte ihr das Tablet, das Sam zutiefst geschmeichelt entgegennahm.
„Ich?"
„Ja, natürlich. Du bist doch meine PR-Beraterin, oder hat sich das geändert?", fragte er mit einem Zwinkern und ließ sie leise kichern.
„Nein, natürlich nicht. Es überrascht mich nur, dass ausgerechnet meine Meinung zählt."
„Was soll das denn heißen?", lächelte er und ließ seine freie Hand über ihren Oberschenkel fahren. „Es ist vor allem deine Meinung, die zählt, Samantha. So war es schon immer." Mit geröteten Wangen senkte die Brünette ihren Blick und umfasste das Tablet fester.
„Das bedeutet mir viel", wisperte sie. „Ich werde drüber lesen und dir meine ehrliche Meinung sagen", versprach sie. „Und wenn du vor die Presse trittst, dann wäre ich gerne bei dir, wenn du das möchtest."
„Das möchte ich, Samantha", kam es leise zurück. „Direkt, nachdem du mit Miss Anderson gesprochen hast."
„D-Das habe ich fest vor!", verteidigte sie sich.
„Die Erklärung ist morgen um achtzehn Uhr, bis dahin hast du noch Zeit."
„Das schaffe ich", grinste sie und rollte mit ihrem Stuhl zu ihm heran, wobei sie sich zu ihm vorbeugte, sich auf seinen Oberschenkeln abstützend. „Sofern du mich nicht wieder ablenkst, Harrison", hauchte sie, ihre Lippen näherten sich seinen.
„Wie sollte ich dich denn je ablenken, Samantha?", raunte er mit einem wölfischen Lächeln, das ihr ein Lachen entlockte.
„Das weißt du ganz genau."
„Ach, tue ich das?"
„Ja, das tust du."
Ihre Lippen streichelten über seine, sodass sie genussvoll die Augen schloss und den Drang bekämpfte hier und jetzt über ihn herzufallen. Doch war die Versuchung groß, denn eine Frage manifestierte sich in ihren Gedanken. Wieso eigentlich nicht? So legte Sam ihre Lippen auf Harrisons, hob ihre Hand und streichelte sie über seinen Nacken. Sinnlich, begehrend. Etwas, das auch Harrison nicht entging, der ihr mahnend in den Oberschenkel zwickte.
„Samantha", raunte er.
„Soll ich aufhören?", wisperte sie und rutschte näher an ihn heran.
„Als ob diese Frage so einfach zu beantworten wäre", kam es zurück. Harrison legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie zu sich. Sam wollte gerade auf seinem Schoß Platz nehmen, als ihr just die Antwort auf die Frage wieso eigentlich nicht? entgegensprang. In Form von Barrys Stimme, die plötzlich ertönte.
„Hey Sam, ich wollte mit dir reden, wegen-"
Sie riss ihre Augen auf, fiel in ihren Stuhl zurück, stieß sich von Harrison ab und prallte gegen ihren Schreibtisch, während Barry an ihrem Türrahmen zum Stehen kam. Verwirrt musterte er zuerst sie, anschließend Harrison, der sich leise räusperte. Sie hoffte, dass ihm sein leicht zerzaustes Haar nicht auffiel. Ihre knallroten Wangen, denn spürte sie, wie sie glühten. Ihren glasigen, ertappten Blick.
„Ist alles in Ordnung?", fragte er nach.
„Ja", antwortete sie, viel zu schnell. „Ja, alles gut, wir haben nur gerade... geredet, wegen der Pressekonferenz und seiner Rede", erklärte sie und deutete auf das Tablet auf ihrem Schreibtisch.
„Okay?"
„W-Worüber wolltest du denn sprechen?", fragte sie und räusperte sich ebenfalls.
„Über die Tachyonen, aber wenn ihr gerade beschäftigt seid"
„Nein, quatsch!" Sie erhob sich rasch. „Wir können jetzt sofort drüber reden, kein Problem! Das ist doch in Ordnung, oder, Dr. Wells?"
„Natürlich, Samantha", spielte er das Spiel mit, nur hatte sie das Gefühl, Barry nicht wirklich davon überzeugt zu haben. Sie sah es in seinem Blick, den er ihr zuwarf.
Als Sam an diesem Abend Star Labs verließ, hatte sie fest vor Riley einen spontanen Besuch abzustatten. Ihr alles zu erklären. Schluss mit dem Aufschieben, so gern sie ihrer Freundin das Gespräch auch ersparen wollte. Darüber grübelnd, wie sie das sensible Thema am besten ansprechen konnte, lief die Brünette an der Bushaltestelle vorbei, den Bürgersteig entlang. Sie würde ein paar Meter zu Fuß gehen, die kühle Nachtluft tat ihren Gedanken gut. Als jedoch etwas an ihr vorbeirauschte, da zuckte sie erschrocken zusammen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen, aus purem Reflex hatte sie sich geduckt.
Der Reverse Flash. Nur an ihn konnte sie denken. War sie zu weit gegangen, indem sie Owen die Akte ausgehändigt hatte? Hatte er es gesehen?
„Sam", ertönte eine vertraute Stimme. Nicht die des gelben Speedsters.
„Barry?", fragte sie und ließ ihre Hände sinken, um in das Gesicht ihres Freundes zu sehen, der sie besorgt musterte. Er kam auf sie zu und streckte seinen Arm vor, um seine Hand auf ihrer Schulter zu platzieren.
„Ist alles in Ordnung?"
„Ja ich - es ist alles gut." Tief seufzend richtete sie sich wieder auf und kam sich in diesem Moment ungeheuer blöd vor. „Kurz dachte ich, du wärst er", gestand sie.
„Verdammt, das tut mir leid. Ich wollte dich sicher nicht verängstigen", erwiderte Barry mit einem schiefen Lächeln, drückte ihre Schulter und ließ anschließend von ihr ab. „Das nächste Mal werde ich nicht so unangekündigt vor dir auftauchen."
„Nicht doch, Barry, mach dir keinen Kopf." Sam rückte ihre Tasche zurecht, schüttelte ihren Kopf und setzte sich langsam wieder in Bewegung. Barry trottete neben ihr her. „Aber was willst du hier? Wolltest du noch etwas über die Tachyonen-Strategie besprechen? Weil ich arbeite noch daran, mehr, als ich dir vorgestellt habe, habe ich leider noch nicht."
„Nein, darum geht es nicht", murmelte der Speedster mit einem schüchternen Lächeln, sodass sie fragend die Augenbrauen hob.
„Worum denn dann?"
„Dr. Wells und du..." Sam spürte, wie ihr jegliches Blut in die Wangen schoss. Fester umfasste sie den Gurt ihrer Umhängetasche. „Läuft da was?"
Sie hielt an, in jedweder Bewegung verharrt. Die Augen aufgerissen und auf den Speedster gerichtet, der sich perplex zu ihr herumdrehte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich auf ein Zehnfaches.
„W-Was?"
„Entschuldige meine Direktheit und vermutlich habe ich mir das nur eingebildet, nur", Barry kratzte sich am Hinterkopf, „wirkt ihr beide in letzter Zeit so vertraut miteinander."
„Tun wir?"
„Und das vorhin in deinem Labor, da war diese Spannung im Raum. Tut mir leid, vielleicht interpretiere ich da auch was völlig Falsches rein, nur weiß ich, was du für Dr. Wells empfindest und ich habe irgendwie das Gefühl, dass er dasselbe für dich fühlt. Das solltest du wissen, finde ich, schließlich würde ich bei Iris dasselbe wissen wollen und wäre dankbar, wenn man mir sowas sagt und-"
„Barry." Sie umfasste seinen Unterarm und hielt ihn auf. Die beiden Freunde sahen einander an. Sie wollte ihn einweihen, schließlich brachte es nichts die Dinge zu verbergen. Er wusste es. Und irgendwie wollte sie es ihm sagen, schließlich war er damals auch der erste aus dem Team gewesen, dem sie von ihren Gefühlen für Harrison erzählt hatte. Doch so weit kam sie gar nicht, denn rannten ihnen plötzlich Passanten entgegen. Panisch schreiend. Sie hielten inne, sahen den Leuten hinterher und tauschten einen schnellen Blick aus. Sie beide dachten dasselbe.
„Los", befahl sie ihm.
Sie spürte, wie er sie packte. Einen Augenblick später standen sie vier Querstraßen weiter vor einem großen Gebäude. Einem Chemie-Hersteller, dem zweitgrößten in der Stadt. Sam zuckte zusammen, als wortwörtlich ein Auto neben ihnen landete, direkt zwischen den schreienden Menschen, die aus dem Gebäude gerannt kamen. Instinktiv hatte sich Barry vor sie gestellt, um sie zu schützen. Er trug seinen roten Anzug.
„Verdammt, was ist hier los?!", wetterte der Speedster. Sam sah sich um, auf der Suche nach dem Grund für das Chaos und erschrak, als sie ihn erblickte.
„Da vorn!", rief sie und deutete mit dem Finger auf etwas. Ein riesiger Klumpen grüner, klebriger Schleim, der aussah wie ein Monster aus einem schlechten Teenagerfilm, schwappte aus dem Gebäude. Mit Armen, so groß wie zwei Bäume.
„Heilige...", murmelte Barry, während sie beobachteten wie das monströse Etwas auf sie zukam. Und es war schnell. Schneller, als man diesem Klumpen zutraute.
„Barry!"
Mehr benötigte es nicht. Der Speedster rannte los, direkt auf das Monster zu. Sam fragte sich, ob er eine Idee hatte, einen Plan. Sie sah seine gelben Blitze durch die Umgebung zucken. Sah, wie er das Monster umkreiste und auf es einschlug, doch verschluckte es seine Schläge wortwörtlich. Ein ekliges Geräusch füllte die Umgebung, sodass Sam angewidert die Lippen verzog. Ein Windzug schoss an ihr vorbei und wirbelte ihre Haare auf. Sie drehte sich herum und sah den gelben Streifen am Horizont. Anschließend zischte erneut etwas an ihr vorbei. Sein Überschallschlag. Sie drehte sich herum, mit großen Augen, und sah dabei zu, wie er durch das Schleim-Monster hindurch sauste und es entzwei teilte wie alten Pudding.
„Urgh", kommentierte sie, Barry kam hinter den zwei Klumpen zum Stehen, außer Atem. Doch damit hatte sich die Sache nicht erledigt. Gerade, als Sam feiern wollte, bewegten sich die beiden Klumpen aufeinander zu und verschmolzen von Neuem zu einer Gestalt, die wütend schrie.
„Oh oh", kommentierte Barry und wich aus, als ihn das Monstrum mit Schleim zu bewerfen begann, in Form von Bällen so groß wie die Autos neben ihr. Einer verfehlte ihn. Der zweite. Der dritte. Doch der vierte verfehlte sein Ziel nicht, im Gegenteil. Er traf ins Schwarze und schleuderte Barry zu Boden. Sam sah, wie sein Anzug zu dampfen begann. Hörte sein Schreien.
„Säure", hauchte sie schockiert und rannte auf den Speedster zu, um ihm zu helfen, auch, wenn sie keine Ahnung hatte wie. In der Zwischenzeit hatte das Schleim-Monster jegliches Interesse verloren. Es glitt an ihr vorbei, zum nächsten Gullideckel, in dessen kleinen Löchern es verschwand, indem es sich zersetzte. Sam kniete neben Barry, überfordert, während sie sah, wie sich die klebrige Masse durch seinen Anzug in seine Haut fraß. „Barry!", keuchte sie angstvoll. Seine Schreie stoppten ihre Gedanken. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Wie sie ihm helfen konnte. Sie fühlte sich wie beim Reverse Flash, so hilflos, so schwach. Und plötzlich, da traf sie ein Gedankenblitz.
„Der Reverse Flash", hauchte sie. „Barry! Barry, lass deinen Körper vibrieren, so wirst du den Schleim los! Schnell, tue es, jetzt sofort!", wies sie ihn laut an. Stöhnend kam er ihrer Aufforderung nach, seine Gestalt verschwamm zu einer vibrierenden Silhouette. Der Schleim löste sich von seiner Haut und glitt zu Boden, sie krabbelte zurück, um nicht davon berührt zu werden. Der Boden dampfte, während sich der Speedster von der ätzenden Masse befreite.
„Großer Gott", keuchte Barry.
„Barry, ist alles gut?", fragte sie, ihre Finger tasteten über seinen löchrigen Anzug.
„Ja... ja es geht schon", murmelte er. Doch die roten Stellen auf seiner Haut sagten etwas anderes.
„Heiliges Ahornblatt ", wisperte sie, während ihr Blick zu dem Gulli glitt, durch den das Meta wenige Momente zuvor verschwunden war. „Cisco hatte mit seiner abstrusen Geistergeschichte recht."
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