Kapitel 72 - Karma

Wie gebannt starrte das Team auf den Bildschirm, auf dem der rote Punkt zu sehen war, der Barrys Laufweg zeigte. Rasend schnell bewegte er sich durch die Stadt, die Hauptstraße entlang zu jenem Stadtviertel, in dem Sam und Cisco Karma begegnet waren. Schließlich hielt der Punkt. Sam hielt die Luft an, war plötzlich seltsam angespannt. Ihre Finger gruben sich in die Rückenlehne von Ciscos Stuhl.
„Sie ist nicht hier", ertönte Barrys Stimme. Verwirrt verzog sie ihr Gesicht.
„Bist du dir sicher? Ein kleiner Wahrsagerei-Stand, gegenüber vom Schuhladen."
„Niemand hier", wiederholte der Speedster nach kurzer Stille. Das Team sah einander an.
„Vielleicht wechselt sie ihre Standorte gelegentlich", riet Harrison. Eine plausible Erklärung. Sie schickten Barry weiter, ließen ihn die gesamte Innenstadt nach der Frau mit dem bunten Kopftuch absuchen, die einzigartige Fähigkeiten besaß. Doch Fehlanzeige. Karma war verschwunden. Nachdenklich verschränkte Cisco die Arme hinter dem Kopf.
„Dann hat sie heute eben frei", murmelte er schulterzuckend. „Ich mein, kann doch sein." Sam war weniger überzeugt. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihrer Magengrube breit, schließlich hatten Karmas Fähigkeiten bereits einige Menschenleben gefordert und zwar die einer Gangsterbande. Sicherlich hatten sie ebenfalls ermittelt, was es damit auf sich hatte. Was, wenn sie Karma in die Finger bekommen hatten? Was, wenn sie ihr etwas antaten? Die arme Frau.
„Wir wissen nicht, wo sie ist, aber wir können sie finden", sagte Harrison neben ihr ruhig, so als wisse er ganz genau, dass sie ihre Gedanken soeben im Kopf zerfraßen. So als fühle er, was in ihr vorging. Sam blickte zu ihm, er wiederum zu ihr. „Wenn Cisco und du von ihren Fähigkeiten beeinflusst wurdet, dann ist es möglich dass ihr beide eine geringe Dunkle-Materie-Signatur aufweist, die wir zurückverfolgen können. Eine Art Fingerabdruck." Ihre Augen weiteten sich. Eine wahrlich geniale Idee, die sie wild nicken ließ.
„Und ich werde mal in der Innenstadt die Zeugen befragen, vielleicht kennt jemand ihren Namen und dann kann ich die Datenbanken durchforsten. Sie muss ja nicht obdachlos sein, gut möglich, dass sie eine Wohnung oder ein Haus hat", fügte Amber den Worten des Wissenschaftlers hinzu und schnappte sich ihre Tasche.
„Agatha", sagte Sam, woraufhin die Blonde zu ihr sah. „Sie sagte, ihr Vorname sei Agatha." Ihre Freundin nickte.
„Alles klar, Agatha. Schon mal ein Anfang." Sie hob ihre Hand lässig an ihre Stirn. „Ich melde mich, sollte ich was herausfinden. Wir werden euer Meta-Wesen schon finden und wenn ich Glück habe, dann den Aspin-Clan direkt mit. Hinter dem ist das CCPD schon ewig her, das wäre ein ganz großer Fisch", erklärte sie mit einem Grinsen. Sam lächelte leicht. Gut möglich, dass Amber so viel Glück hatte, sollte sie nur von Agatha berührt werden, denn so entrüstet sie nach wie vor über die Affäre ihrer Freundin war, so war sie nach allem ein guter Mensch. Einer der besten Menschen, die sie kannte. Unauffällig lugte sie zu Harrison. Und er. Agatha würde es bestimmt haargenau so sehen. Würde genauso erkennen, dass er gut war, ja der beste.

Am nächsten Tag erzielte auch Owen in seinem Projekt einen Durchbruch. Eine Erkenntnis, die alles bisher Gewusste auf den Kopf stellen sollte. Er klickte sich durch eine der Aufnahmen, die er von den Ladenbesitzern einkassiert hatte, das Kinn auf die Hand gestützt, als es ihm ins Auge stach. Ein Moment, so flüchtig, dass ihn jeder andere wohl übersehen hätte. Doch nicht er. Owen Madock hatte Adleraugen und einen Verstand so scharf wie tausende Messer. Seine Arbeit bedeutete ihm alles, er ließ sich nicht durch Emotionen leiten, sondern durch Effizienz. Zumindest früher einmal. Seitdem eine gewisse Blondine in seinen Gedanken herumspukte hatten diese Prinzipien zunehmend gelitten. Zumindest trübte sie nicht seinen Blick für die kleinen Details, so wie jenes vor ihm.
Mit verengte Augen beugte er sich vor, der Bildschirm so dicht vor ihm, dass er die Pixel von etwas erkennen konnte. Er zoomte heran, versuchte das Bild schärfer zu stellen. Seine Augen weiteten sich, als er es erkannte. Blitze. Dunkle, rote Blitze, die sich wie Spinnenweben durch die Straße zogen. Mehr war nicht zu erkennen, kein Eiling, kein Gesicht, nur die Blitze. Der Agent sprang von seinem Stuhl auf, betätigte die Drucken-Taste auf seiner Tastatur und schritt zu seinem Drucker, der den Screenshot wenige Augenblicke später ausspuckte. Eifrig überflogen seine Augen den Ausdruck, ehe er zu seinem Whiteboard lief, auf dem er die Ermittlungen zu Eiling dokumentierte. Seine Hand fuhr über die Stadtkarte Central Citys, er ließ seinen Finger über den Standort des Krankenhauses gleiten, jene Straße entlang, von der die Aufnahme stammte. Es kam von dort. Das Etwas mit den roten Blitzen hatte das Krankenhaus verlassen, ganz sicher. Das konnte kein Zufall sein. Sein Finger fuhr die Straße weiter entlang, immer weiter und traf schließlich nach einigen Kurven und Abbiegungen auf Star Labs. Owens Blick verfinsterte sich, während das Lächeln auf seinen Lippen einen starken Kontrast zu seinen Augen darstellte.

„Ach verdammt!", drang Sams Fluchen durch den Korridor der Wissenschaftsfakultät, während sich zu ihren Füßen die karamellbraune Flüssigkeit ihres teils verschütteten Kaffees ausbreitete. Hastig ließ sie ihre Zunge über ihr Handgelenk fahren, um die Spuren wenigstens dort zu beseitigen, während sie den Kaffeedeckel wieder festdrückte, der sich kurzzeitig gelöst hatte.
„Nanu?", ertönte die Stimme Calebs hinter ihr, der einen Schritt um die kleine Pfütze herumtätigte und neben ihr zum Stehen kam. „Was ist hier los? Ist deine Glückssträhne etwa einer Pechsträhne gewichen?" Verstimmt sah Sam in das grinsende Gesicht des Braunhaarigen, dem sie am liebsten eine verpasst hätte. Heute war kein guter Tag. Kein Tag, an dem sie zu Scherzen aufgelegt war. Sie hatte verschlafen, den Bus verpasst, ihren Pullover versehentlich falsch herum angezogen und es erst hier bemerkt und nun das Malheur mit dem Kaffee. Sie war in Gedanken bezüglich Harrison, konnte sich kaum auf etwas Anderes konzentrieren und Karmas Fähigkeiten hatten nun offensichtlich wieder nachgelassen. Sie fragte sich, ob die Worte des Wissenschaftlers zu ihr in Ciscos Labor auch Karmas Fähigkeiten entsprungen waren. Wie niederschmetternd wäre es, sollte es so sein.
„Keine Pechsträhne, nur mein normaler Alltag", seufzte Sam tief und nahm dankend das Taschentuch entgegen, das ihr ihr Kommilitone zuvorkommend reichte, ehe er sich hinunter beugte und begann die Pfütze aufzuwischen. „Caleb, das musst du echt nicht tun", sagte sie rasch, fühlte sich unwohl wenn er ihre Drecksarbeit erledigte. Grinsend sah er zu ihr auf.
„Passt schon, mir macht das nichts aus. Am Ende verschüttest du noch den Rest deines Kaffees und dann hat niemand gewonnen", lachte er und winkte lässig ab. Dankbar schmunzelte Sam, hockte sich nun jedoch ebenfalls hin, um ihm beim Aufwischen zu helfen. Und so beseitigten die beiden das Malheur, von dem bald darauf nichts mehr zu sehen war. „Sag mal", begann Caleb, während er die vollgesogenen Taschentücher in ein sauberes packte und sah zu ihr. „Hast du Lust, nach der Uni abzuhängen?" Überrascht blickte Sam zu ihm, wobei sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl.
„Das würde ich wirklich gern, nur muss ich leider arbeiten", erwiderte sie ehrlich. Die Suche nach Karma stand auf dem Plan. Caleb und sie erhoben sich und schmissen die Taschentücher in den Mülleimer nahe der Wand.
„Wo arbeitest du denn?", fragte er weiter, ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken. Sam grinste frech.
„Das ist geheim", erwiderte sie resolut, woraufhin der Braunhaarige beide Augenbrauen anhob.
„Geheim? Jetzt bin ich neugierig. Zuerst dachte ich du kellnerst vielleicht um dir etwas dazu zu verdienen."
„Nö, kein Kellner-Job. Wäre ja langweilig", summte Sam und setzte sich in Bewegung in Richtung Ausgang. Caleb lief neben ihr her.
„Etwa auch ein Labor-Job, so wie Riley? Bei Mercury Labs? Aber dann würdest du es mir ja sagen können, weil geheim ist es nicht", stocherte er weiter.
„Wie gesagt, meine Lippen bleiben versiegelt."
„Weiß Riley davon? Weil sie kann nichts für sich behalten", grinste er. Sam lachte.
„Sei nicht so neugierig! Es ist geheim, sagte ich doch." Mit einem neckischen Lächeln drehte sie sich herum, lief rückwärts, während sie Caleb musterte. „Vielleicht, wenn du zu meinen besten Freunden zählst. Dann weihe ich dich eventuell ein", verriet sie ihm mit einem Zwinkern. Das Grinsen ihres Gegenübers wurde breiter.
„Gut, dann werde ich daran arbeiten, Jones", rief er ihr zu und zeigte mit dem Finger auf sie, woraufhin sich Sam herzhaft lachend herumdrehte und die Universität verließ, um sich auf den Weg zu machen.

Nach der gewohnten zwanzigminütigen Busfahrt erreichte sie schließlich ihren Lieblingsort auf der Welt. Doch blieb heute zum Schlendern und sich den Tagträumen über all jene Dinge, die noch innerhalb dieser Wände passieren könnten und bereits passiert waren keine Zeit. Sie mussten Karma ausfindig machen, noch ehe mehr Leute von ihren Fähigkeiten erwischt wurden. Die Sache mit der Dunkle-Materie-Signatur war leider eine Sackgasse gewesen. Keine Spuren auf Cisco und ihr, so mussten sie andere Wege gehen. Auch hatte Sam nach wie vor ein ungutes Gefühl, was den Verbleib der Älteren anbelangte. Und es sollte sich bestätigen, kaum erreichte sie den Cortex.
„Alle Ladenbesitzer, die ich befragt habe, sagten, dass Agatha jeden Tag dorthin kam um Wahrsagen zu treffen, sieben Tage die Woche und das seit Jahren. Man kennt sie und dass sie ausgerechnet jetzt den ersten Tag gefehlt hat kann kein Zufall sein", sagte Amber ernst. Die Blondine stand am Computerpult, neben Harrison, Barry, Cisco und Caitlin. Der Langhaarige hatte das Gesicht missmutig verzogen, sein Kinn auf die Rückenlehne seines Stuhls gestützt, auf dem er breitbeinig saß. Offensichtlich hatte auch ihn sein Glück verlassen, umso härter fühlte sich die Realität an. Sam konnte es nachvollziehen, fühlte sich ähnlich.
„Also gehen wir von einer Entführung aus", sagte sie, woraufhin alle Köpfe zu ihr schnellten. Sanft lächelte sie ihr Team an, Sorge über die Meta-Frau in den braunen Augen. Sie betrat den Cortex und gesellte sich zu ihrem Team. Direkt neben Harrison kam sie zum Stehen, den sie gerne richtig begrüßt hätte, doch weder vor dem Team noch in dieser Situation.
„Richtig. Keine Ahnung wer und wann, aber jemand muss uns zuvor gekommen sein und Agathas Fähigkeiten entdeckt haben. Vielleicht jemand, der seine Glückssträhne ausbauen will oder so", überlegte Amber laut.
„Das halte ich für unwahrscheinlich", mischte sich Sam erneut ein und stellte ihre Tasche ab. „Überleg mal, Am. Karma verleiht nur guten Menschen eine Glückssträhne, soweit wir wissen. Jemand, der in der Lage ist sie zu entführen, kann kein guter Mensch sein. Er würde vom Pech verfolgt."
„Das ist ein sehr guter Punkt, Samantha", lobte Harrison sie, sodass sie schmunzelnd den Blick senkte. „Vielleicht jedoch jemand, der seinem Feind eine Pechsträhne wünscht und Karmas Fähigkeiten auf diese Weise benutzt."
„Wenn dann der Aspin oder Rosso-Clan. Einer von beiden. Die könnten davon profitieren", nahm Amber ihren Gedanken vom Vortag auf und runzelte die Stirn. „Ich sollte auf jeden Fall Joe kontaktieren, der hat die Nummer unseres Informanten. Irgendwas muss er doch wissen, schließlich hängen die beiden Fälle zusammen. Karma und die Tode der Aspin-Leute."
„Klingt gut", nickte Barry, die Arme vor der Brust verschränkt und lässig am Computerpult lehnend. „Und sobald der Informant etwas weiß, schicken wir Flash los", fügte er hinzu, wobei er unauffällig zur Gruppe lugte. Amber zog gerade ihr Handy aus ihrer Tasche, als plötzlich stramme Schritte aus dem Flur zu ihnen hallten. Fragend wandte sich das Team herum. Es war Owen, der am Türrahmen auftauchte und Sam sowohl skeptisch als auch mahnend die Gesichtszüge entgleiten ließ. Der schon wieder. Was wollte er wieder? Etwa Harrison belagern? Unbewusst trat sie einen Schritt zur Seite und stellte sich schützend vor den Wissenschaftler, der amüsiert zu ihr aufsah.
„Owen?", fragte Amber ebenso verwirrt.
„Was wollen Sie hier, Madock?", fragte Sam geradeheraus. Sie hatte ihn nicht gern hier, denn überkam sie sogleich das Gefühl er wollte schnüffeln. Der Anzugträger hatte nur einen abschätzigen Blick für sie übrig, ehe er auf sie zugelaufen kam. Etwas in der Hand haltend, ein Ausdruck. Unbewusst verkrampften sich ihre Gliedmaßen.
„Ich habe da was, was ich mit euch besprechen muss", sagte er ernst. Wütend schnalzte Sam mit der Zunge. Er fragte nicht einmal nach, ob es ungünstig war, ja schien es ihm total egal. Dabei sah er doch, dass sie arbeiteten. „Hier. Darauf bin ich in meinen Ermittlungen bezüglich Eiling gestoßen." Mit diesen Worten legte er den Ausdruck auf das Computerpult, woraufhin sich das Team darum versammelte und den Screenshot der Überwachungskamera beäugte. Darauf zu sehen waren eine Ladenstraße sowie Blitze. Mit vor Überraschung geweiteten Augen beugte sich Sam vor, um den Ausdruck besser betrachten zu können.
„Ein Speedster", sagte Barry und sah zu Madock, der die Arme vor der Brust verschränkte und das Team streng ansah.
„Aufnahmebilder von der Nacht, in der Eiling verschwand. Ein paar Kilometer vom Krankenhaus entfernt, also verratet mir, was Flash dort zu suchen hatte."
„Das ist nicht Flash", unterbrach Sam ihn sogleich. Diese Blitze - sie würde sie wiedererkennen. Diese Blitze hatte sie gesehen, als sie geglaubt hatte in den Tod zu stürzen. Sie hatten sie bis in ihre Träume verfolgt. Langsam nahm sie das Blatt an sich, die Augen vor Überraschung geweitet. „Das sind rote Blitze. Die des Reverse Flash." Owen verengte seine Augenbrauen.
„Der Reverse Flash?", hakte er nach, hörte davon zum ersten Mal.
„Ein anderer Speedster", begann Harrison ihn aufzuklären und faltete seine Hände auf seinem Schoß. „Wir suchen nach ihm und versuchen ihn zu schnappen. Er tauchte bereits ein paar Mal auf und ist Flashs Feind. Seit einigen Monaten ist er zurück in der Stadt, doch gelang es uns bisher noch nicht ihn aufzuspüren", erzählte er und schwenkte dabei seine Hand galant hin und her.
„Verstehe", raunte Owen und fuhr sich über seinen Bart. „Aber welchen Nutzen hätte er davon Eiling auszuschalten?"
Sam wusste es nicht. Was die Intentionen des Reverse Flash waren, denn hätte sie nicht geglaubt dass er sich je für Eiling interessiert hätte. Seine Worte an sie kamen ihr in den Sinn. Dass sie eine Rolle spielte. Vielleicht für die Meta-Wesen? Hatte er Wind davon bekommen, dass der General Jagd auf sie machte? Schließlich gehörten sie zu Seinesgleichen, vielleicht wollte der Reverse Flash die Metas beschützen. Sie konnte nur spekulieren, doch schoss ihr just in diesem Moment noch ein anderer Gedanke durch den Kopf.
„Es würde auch erklären, wie er so spurlos verschwinden konnte, ohne, dass es Zeugen gab oder sonst irgendjemand etwas mitbekommen hat. Zudem Eiling ein großer Mann war, es wäre kein Leichtes ihn einfach zu tragen", murmelte Owen in seinen Bart, woraufhin Sam trotzig zu ihm sah.
„Also geben Sie es endlich zu", sagte sie. Der Agent blickte zu ihr, eine Augenbraue erhoben. „Sie sehen endlich ein, dass es bescheuert war Dr. Wells dessen zu beschuldigen. Mal außen vor gelassen, dass er gar nicht der Mensch für sowas wäre, sondern auch Anbetracht der Tatsache, dass es logistisch unmöglich wäre." Owen rollte mit den Augen.
„Wir werden sehen, wie weit sich die Spur zum Reverse Flash verfolgen lässt und was dann noch alles ans Licht kommt", murmelte er. Er war kein guter Verlierer und Sam? Sie wollte Harrison beschützen, weshalb sie entrüstet Luft durch die Nase stieß und einen Schritt auf den Agenten zutrat.
„Owen", meldete sich Amber hinter ihm zu Wort und seufzte tief. „Gib dir einen Ruck. Du hast jetzt deinen perfekten Verdächtigen, sieh es einfach ein", riet sie ihm. Der Agent blickte zu ihr, anschließend zu Sam, die ihn wütend anstierte.
„Möglich, dass ich mich da in etwas verbissen habe", raunte er monoton. Zufrieden nickte Sam und deutete auf ihren Mentor.
„Dann können Sie sich ja jetzt entschuldigen."
„Samantha, das ist gar nicht nötig", winkte Harrison mit einem charmanten Lächeln ab, doch fand Sam, dass es sehr wohl nötig war. Bei all der Belagerung und den bösen Worten, von den Verhören und Beschattungen ganz zu schweigen.
„Ich erledige nur meine Arbeit, Jones. Und dabei bin ich eben sehr gründlich", sagte Owen, hatte wohl nicht vor sich zu entschuldigen, weshalb Sam leise mit den Zähnen knirschte, jedoch auf ihren Angebeteten hörte und es dabei beließ. Sie trat wieder einen Schritt zurück, während Owen ihr den Ausdruck aus der Hand nahm.
„Also sucht ihr auch nach ihm", sagte er. Cisco verschränkte seine Arme hinter dem Kopf.
„Was denn, Agent Madock, wollen Sie etwa wieder eine astreine Starlabs-CCPD-Kooperation?", fragte er mit einem breiten Grinsen. Cisco hatte es schon immer ganz besonders genossen mit der Polizei zu arbeiten. Irgendwann würde er wohl seine eigene Polizeimarke verlangen, mit der er sich aufspielen konnte. Es brachte Sam zum Schmunzeln.
„Wenn wir dasselbe Ziel verfolgen wäre es sinnfrei, wenn wir unsere Ressourcen nicht verknüpfen", brummte er.
„Wohl wahr", stimmte Harrison ihm zu und fuhr ein Stück mit seinem Rollstuhl vor, ehe er seine Hand ausstreckte. „Dann werden wir in diesem Fall zusammenarbeiten, CCPD und Star Labs, um den Reverse Flash dingfest zu machen. So haben Sie ihren Fall gelöst, sollte er tatsächlich an Eilings Verschwinden beteiligt sein und wir haben unseren Gegenspieler ausgeschaltet." Owen beäugte Harrisons Hand, Sam wiederum beäugte Owen. Sie sah das Zögern in seinen Augen, sah den letzten Funken an Verdacht darin aufblitzen, denn schien er dem Dunkelhaarigen nach wie vor nicht zu trauen. Doch als er die Geste erwiderte und seine Hand nahm, da stahl sich ein erleichtertes Lächeln auf ihre Lippen. Dieser Handschlag war mehr als nur der Beginn einer erneuten Zusammenarbeit. Er war das Symbol dafür, dass Owen endlich aufhörte Harrison zu belagern und Sam stimmte es mehr als froh. Sie hatte sich schon länger darum gesorgt.
„Bevor wir uns Reverse Flash widmen, müssen wir aber erstmal Karma finden", intervenierte Caitlin, die die Szene mit einem zufriedenen Lächeln beobachtet hatte. Die Gruppe nickte einvernehmlich.
„Karma?", wollte Owen wissen. Amber trat einen Schritt vor.
„Der Fall, an dem ich dran bin. Mit den Aspin-Leuten. Wie es aussieht ist ein Meta-Wesen für diese Unfälle verantwortlich und dieses Meta-Wesen wurde nun höchstwahrscheinlich von diesen Mistkerlen entführt, zumindest spekulieren wir das. Ich wollte gerade einen Informanten kontaktieren, damit der sich umhört", erklärte Amber mit erhobener Stimme. Sam spürte, dass sie sich gegen den Agenten behaupten wollte, dass sie ihr Revier markierte. Ihr Blick wanderte zu Owen, in dessen Augen sich etwas widerspiegelte, dass sie nicht so recht zu deuten wusste.
„Klingt nach einem großen Ding", sagte er.
„Oh ja, das ist es. Mein großes Ding", stellte Amber klar.
„Dann werde ich dir dabei helfen, wenn du den Aspin-Clan hochgehen lässt."
„Owen", murrte die Blondine warnend und presste die Lippen aufeinander. „Das ist mein Fall, kapiert? Den lasse ich mir nicht wegnehmen. Du hast dein Eiling-Ding."
„Komm runter, Sonnenschein. Es kann dein Fall bleiben, mir egal. Ich biete lediglich meine Unterstützung an, schließlich kannst du schlecht allein ins Kartell marschieren, sollten die Aspins wirklich da mit drinstecken", murmelte er. Mit hochgezogener Augenbraue musterte Amber ihn, während sie Joes Nummer wählte.
„Wehe du mischst dich ein."
„Nur wenn du dumme Dinge tust", stellte er die Bedingung. Schnaubend hielt sie sich das Handy ans Ohr, als auch schon Joes tiefes ‚Hallo' ertönte und drehte sich weg. Sam hatte die Szene kurz stillschweigend gemustert und wusste jetzt, was der Ausdruck in Owens Augen zu bedeuten hatte. Ein fieses Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, während sie sich unauffällig neben den Agenten stellte, die Hände hinter dem Rücken ineinander gefaltet.
„Ich weiß, was das hier soll", schnurrte sie. Owen sah zu ihr, musterte sie abschätzig.
„Was?"
„Sie sorgen sich um Amber und zwar sehr. Sie haben Angst um sie, deswegen quetschen Sie sich gerade hier so rein. Sie bedeutet Ihnen was, habe ich recht?" Abfällig schnaubte der Agent.
„Ich tue nur meinen Job."
„Und der besteht darin Eilings Mörder zu finden und nicht einem Meta-Wesen hinterher zu jagen. Nicht mehr, zumindest", erklärte Sam breit grinsend.
„Ich kurble die Sache hier lediglich an, damit wir uns danach dem Speedster widmen können", knurrte er.
„Wie Sie meinen, Agent", summte sie nur und spürte, wie Owen sie mit Todesblicken traktierte. Sam jedoch genoss den kleinen Triumpf über ihn und sie wusste, dass sie recht hatte. Denn wenn man etwas für jemanden empfand, wollte man diesen jemand beschützen. Ihr Blick wanderte zu Harrison, er sah auf, erwiderte ihn. Denn erging es ihr genauso. Auch sie wollte den, den sie liebte, schützen.

Da das Team gezwungen war auf Ambers Kontakt zu warten löste sich die Gruppe vorerst auf. Owen fuhr zurück zum CCPD, um seine neuen Erkenntnisse bezüglich Eiling zu dokumentieren, bestand jedoch umgehend darauf kontaktiert zu werden, wenn es bezüglich Karma etwas Neues gab. Worte, die er nicht nur an Amber, sondern auch Harrison, Cisco und Barry gerichtet hatte, um sicherzugehen, dass die Blondine ihn nicht wieder überging.
Sam hatte sich zwischenzeitlich in ihr Labor zurückgezogen, um an Farooqs Zellen weiterzuarbeiten, doch gelang es ihr trotz größter Bemühungen einfach nicht sich zu konzentrieren. Immer wieder schwirrten die Zweifel in ihrem Kopf herum, ob es nicht letztlich Karmas Fähigkeiten gewesen waren, die jene Worte aus Harrison herausgelockt hatten. Ob er jetzt, wo die Wirkung ihrer Glückssträhne nachgelassen hatte, noch immer so dachte. Mit ihrem Fuß auf und ab wippend starrte sie auf die angelehnte Tür ihres Labors und haderte. Darüber, ob sie einfach zu ihm gehen und ihn fragen sollte. Auch vermisste sie ihn schrecklich, sie hatten heute noch gar keine Zeit zu Zweit gehabt. Mit einem tiefen Seufzen schlug Sam ihr Buch zu, presste ihre Lippen zusammen und gab sich den Ruck. Sie musste ihn fragen, sonst würde sie heute Nacht nicht schlafen können, gequält durch die Gedanken an ihn. So erhob sie sich, lief aus ihrem Labor und machte sich auf den Weg zu seinem Büro.
Ein goldener Lichtbalken beschien den Fliesenboden davor, die Tür war angelehnt. Am Türrahmen verharrte Sam, unsicher, ob sie ihn vielleicht nerven könnte.
Du könntest mich nie nerven, Sam, drangen seine Worte in ihr Gedächtnis. Der Satz, der ihr den nötigen Mut gab um verhalten an der halb geöffneten Tür zu klopfen.
„Ja?", ertönte die wohlklingende Stimme des Wissenschaftlers, die Sams Herz freudig höherschlagen ließ. Sie öffnete die Tür und gab Sicht auf sich frei. Kaum erblickte Harrison sie, zogen sich seine Mundwinkel zu einem sanften Lächeln nach oben, das Sam kurzzeitig all ihre Zweifel vergessen ließ. Ganz gleich, wie ihr Tag lief, sobald sie dieses Lächeln sah fühlte sie sich binnen weniger Sekunden besser. War es da so verwerflich, es jede Sekunde sehen zu wollen? Wenn es ihr Glückselixier war?
„Hey", grüßte sie ihn wie gewohnt und trat ein.
„Hallo", grüßte er zurück und legte das Buch, in dem er bis eben gelesen hatte, beiseite. „Was kann ich für dich tun, Sam?" Kurz verharrte sie an Ort und Stelle, sah über ihre Schulter und überprüfte, ob jemand von dem Team vorbeikam, ehe sie die Tür hinter sich schloss. Harrison musterte sie mit hochgezogener Augenbraue, ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen. „Nanu? Hast du etwas vor, das dieses Zimmer nicht verlassen darf?" Sam errötete stark, musste jedoch zeitgleich lachen und fuhr sich übers Gesicht.
„So in etwa, aber nicht das, was du vielleicht denkst", nuschelte sie in ihre Handfläche.
„Nicht? Zugegeben enttäuscht es mich etwas", führte er sein kleines Spiel fort und lehnte sich mit gefalteten Händen in seinen Rollstuhl zurück.
„Na wer weiß was noch kommt, bei dir weiß ich das nie", kicherte sie und setzte sich mit weichen Knien in Bewegung. Harrisons Blick folgte ihr, sie spürte ihn deutlich auf sich haften. Anstatt sich ihm wie sonst gegenüber zu setzen, lief Sam jedoch um den Schreibtisch herum und nahm auf der Kante Platz, direkt neben dem Dunkelhaarigen, der sie neugierig beäugte. Es fühlte sich schön an, ihm so nahe zu sein. Sogleich waberte eine allumfassende Wärme durch ihren Körper und ließ ihn leichter werden.
„Was hast du auf dem Herzen, Sam?", fragte er sie geradeheraus, ohne, dass sie irgendetwas sagen musste. Er wusste es, wusste immer, wenn ihr etwas auf der Seele brannte. Er kannte sie so gut und sie wünschte bei ihr wäre es genauso. Sie wusste so wenig über ihn, konnte ihn nach wie vor schlecht einschätzen. Wieso sonst saß sie nun hier, unsicher ob seine Worte Realität waren oder lediglich der Macht eines Metas entsprungen? Nachdenklich ließ Sam ihren Zeigefinger über die Schreibtischkante fahren, Harrisons Blick verfolgte seine Bahn.
„Als wir in Ciscos Labor eingeschlossen waren", begann sie und spürte, wie sich ihre Wangen erhitzten. Wie gut erinnerte sie sich an die heißen Küsse und verboten guten Berührungen, die sie am liebsten fortgeführt hätte?
„Ja?", fragte er leise, sodass seine Stimme rauer klang. Tief atmete Sam ein, da sich die Luft plötzlich wärmer anfühlte als zuvor. Stickiger.
„D-Das war hundert Prozent Karmas Einwirken. Schließlich konnten wir uns nicht erklären, wieso die Tür plötzlich verschlossen und der Strom verrückt gespielt hat", erklärte sie gestikulierend.
„Also wertest du es als Glücksfall, mit mir stundenlang in einem Raum eingesperrt zu sein?", fragte er nach, die Mundwinkel erhoben. „Das ist wirklich äußerst süß", sagte er, sich ihr nähernd. Er legte seine Hand auf ihr Knie, doch noch ehe sie beginnen konnte darüber zu streicheln umfasste Sam sein Handgelenk und stoppte ihn.
„D-Darum geht's gerade nicht", verdeutlichte sie.
„Nicht?", hakte er nach, das eigentümliche Funkeln in den Augen, das ihr zeigte dass er Lust zu spielen hatte.
„Nein, es geht darum, was du zu mir gesagt hast", konkretisierte sie leiser werdend. Ihr Herz schlug so schnell in ihrer Brust, dass es all den Platz darin auszufüllen schien. Immer schwerer fiel es ihr zu atmen. Sie war nicht gut in sowas. So lange hatte sie diesen Mann verehrt, hatte es als das größte Privileg des Universums angesehen überhaupt in seiner Nähe sein zu dürfen und nun saß sie hier auf seinem Schreibtisch und führte diese Gespräche mit ihm.
„Und du willst wissen, ob meine Worte auch Karmas Magie entsprangen?", wollte er wissen und traf somit voll ins Schwarze. Nicht, dass es überraschend wäre. Stumm nickte Sam, sein Handgelenk nach wie vor umschlossen haltend. So war es seine andere Hand, die zu ihrem Kinn wanderte und es sanft umschloss, wobei er sich ihr näherte. Ihre Beine berührten seine, Sam müsste sie nur ein Stück anheben und könnte sie darüber legen. „Vielleicht war es Karma, die dafür sorgte dass wir in Ciscos Labor eingeschlossen worden sind, aber das, was danach passiert ist, das hat nichts mit ihr zutun", raunte er, nachdem kurzzeitig Stille eingekehrt war. Sam spürte, wie sich ihr Herz vor Erleichterung überschlug.
„Bist du dir sicher?" Harrison schmunzelte verzückt.
„Ja, das bin ich. Du bist etwas Besonderes für mich, Sam und du wirst eines Tages Großes vollbringen", raunte er. Wie in Trance sah sie ihn an, traute sich kaum zu blinzeln, während sie über den Tisch rutschte, näher an ihn heran. Harrison näherte sich ihr ebenfalls, ehe er ihr Kinn fester mit seinen Fingern umschloss und sie langsam zu sich heranzog. Sam ließ es geschehen, die Augen schließend und sich ihren Gefühlen für ihm hingebend. Ihrer Sehnsucht. Kein Ich liebe dich in seinen Worten, kein Ich empfinde etwas für dich, oder ein ich will mit dir zusammen sein. Lediglich etwas Besonderes war sie für ihn, die Ausrede für jemanden, der sich nicht öffnen konnte oder wollte, doch spürte Sam nichts davon. Diese Worte reichten ihr - für den Moment. Ja dachte sie nicht einmal über den genauen Wortlaut nach. Genau genommen dachte sie überhaupt nicht.
Langsam hob sie ihre Hand und stützte sich an seiner Schulter ab, um nicht nach vorn zu fallen, während sich ihre Lippen näherten. Sanft trafen sie aufeinander, doch steckte so viel Gefühl in diesem Kuss, dass Sam sich nun auch mit ihrer anderen Hand an ihm festhalten musste. Seine Hand, nun wieder freigegeben, wanderte ihr Knie hinauf zu ihrem Oberschenkel, streichelte sinnlich darüber, sodass sie nicht umhin kam als zu seufzen. Sie krallte sich in seinen Pullover und neigte ihren Kopf, um den Kuss zu intensivieren, als es plötzlich klopfte.
Sam hatte sich kaum geschafft von Harrison zu lösen, da wurde die Tür auch schon geöffnet. Teils peinlich berührt teils entrüstet blickte sie zu Amber, die sich nicht mal die Mühe gemacht hatte auf das Signal zu warten. Und nun stand sie da am Türrahmen, ein breites, wissendes Grinsen auf den Lippen.
„Amber, man wartet nach dem Klopfen!", beschwerte sich Sam mit tiefroten Wangen und rutschte hastig vom Tisch.
„Das wollte ich mir nicht entgehen lassen", schnurrte sie, woraufhin Harrison fragend eine Augenbraue hob und anschließend zu ihr sah. Peinlich berührt winkte Sam ab und richtete sich den Pullover. „Außerdem sind wir hier im Labor, also schön die Hände bei Ihnen lassen, Doktor", sprach sie nun direkt Harrison an. Am liebsten wäre die Brünette hier und jetzt im Erdboden versunken, stattdessen patschte sie ihre flache Hand auf ihre Stirn und versteckte ihr Gesicht in ihrer Handfläche.
„Mir würde nie in den Sinn kommen, Samantha in eine prekäre Lage zu bringen", antwortete er Amber besonnen. Sie fragte sich, wie er immer so ruhig bleiben konnte. So cool. Und sie? Sie zerfloss jedes Mal regelrecht vor Scham.
„Na dann ist ja gut", lachte Amber und deutete lässig hinter sich. „Sammy, ich fahre für heute. Der Informant hört sich um, aber so schnell geht das nicht ohne Aufsehen zu erregen. Kommst du mit? Bin mit dem Auto da", sagte sie und klimperte demonstrativ mit den Autoschlüsseln in ihrer Hand. Sam biss sich auf die Unterlippe und sah zu Harrison, der wiederum zu ihr sah. „Oder willst du noch ein bisschen bei Dr. Wells bleiben?", flötete Amber mit einem dreckigen Grinsen, sodass Sam wütend zu ihr stierte.
„Fahr ruhig mit ihr, Sam", sagte der Wissenschaftler sanft. Die Enttäuschung versteckend blickte sie zu ihm. „Sollten wir Karma morgen ausfindig machen wird es anstrengend. Du wirst jede graue Zelle benötigen." Einsichtig verzog sie ihr Gesicht und nickte.
„Ja, da hast du recht." Kurz sah sie zu Amber, die eine Augenbraue erhoben hatte. So als warte sie auf etwas. Eine Geste, mit der sie sie aufziehen könnte. „Dann sehen wir uns morgen", nuschelte sie, verharrte jedoch an Ort und Stelle, da sie sich vor Amber nicht die Blöße geben wollte. Sie hatte schon genug Chaos angerichtet.
„Bis morgen, Sam", raunte er und drückte unauffällig ihre Finger. Sie schenkte ihm ein verliebtes, sehnsüchtiges Lächeln und drehte sich anschließend herum, um sich Amber anzuschließen. Und noch während sie sein Büro verließ wusste sie, dass sie den nächsten Schritt gehen wollte. Dass sie aus der Arbeitsbeziehung endlich eine private machen wollte.

In Ambers Auto lehnte sich Sam an sie Scheibe und sah abwesend dabei zu, wie Gebäude und Bäume an ihr vorbeirauschten. Es war schließlich Ambers Räuspern, das sie dazu verleitete sich fragend zur Blondine herumzudrehen, die die ganze Zeit über nicht zu grinsen aufgehört hatte. Sam rollte mit den Augen, konnte sich denken, was sie sagen wollte.
„Verkneif dir deine Kommentare, ja?", murmelte sie.
„Darum geht's mir nicht, nein, ich freue mich wirklich unheimlich für dich, dass dir der Mann offensichtlich so verfallen ist", sagte Amber gut gelaunt.
„Er ist mir nicht verfallen", nuschelte Sam mit roten Wangen, wünschte sich tief im Innern jedoch genau das.
„Hallo? Er kann ja kaum seine Hände bei sich behalten, das hätte ich bei einem verklemmten Typen wie ihm echt nie gedacht", flötete Amber. Entrüstet öffnete Sam ihre Lippen.
„Er ist nicht verklemmt!", verteidigte sie ihren Angebeteten und entlockte Amber ein leises Lachen.
„Sorry, so meinte ich das nicht. Nein Sammy, im ernst jetzt, ich freue mich echt riesig für dich. Die Spannung zwischen euch war ja echt greifbar und tut mir Leid, dass ich so reingeplatzt bin." Skeptisch beäugte sie das Gesicht ihrer Freundin, wusste zuerst nicht ob sie es nun wirklich ernst meinte oder gleich ein weiterer Stichel-Versuch folgen würde. Dementsprechend misstrauisch behaftet klang Sams anschließendes ‚Danke'. Doch Amber wäre nicht Amber, wenn sie es dabei belassen würde, so drehte sie sich zu ihr, als sie an einer roten Ampel hielten. Ihre grünen Augen leuchteten verhängnisvoll. „Und um mich richtig zu entschuldigen habe ich eine Kleinigkeit für dich, Sammylein." Sams Augenbraue wanderte fast bis in ihren Haaransatz.
„Okay? Und die wäre...?"
„Eine Information."
„Eine Information worüber?" Ambers Grinsen wurde breiter, sofern es überhaupt noch möglich wäre.
„Über deinen Loverboy." Sam verstand nicht, was sich auch in ihrem Gesicht widerspiegelte, während Amber den Wagen über die Kreuzung fuhr. „Ich habe mal recherchiert und darf dir hiermit mit Freude verkünden, dass dein scharfer Doktor durchaus zum Sex in der Lage ist und zu was für welchem. Du musst nur dafür sorgen, dass er richtig spitz wird, dann steht einem Techtelmechtel nichts mehr im Wege." Sam verschluckte sich an ihrem eignen Speichel, so unerwartet traf sie Ambers Aussage. Mit aufgerissenen Augen klopfte sie sich an den Brustkorb, während die verschiedensten Emotionen durch sie hindurchschossen wie Pfeile.
„Amber!", presste sie hervor, wusste gar nicht, was sie sagen sollte. Jegliches weitere Wort blieb ihr vorerst in der Kehle stecken.
„Gern geschehen, Sammy! Damit ist deine Frage beantwortet", lachte sie gut gelaunt.
„Ich - mir fehlen die Worte, du bist unmöglich, echt! Gibt's für dich nur das Eine? Ich meine - das ist privat!", entrüstete sie sich. Amber, die Reaktionen wie diese mittlerweile gewohnt war, rollte nur mit den Augen und hörte ihrer Mitbewohnerin noch ein wenig dabei zu, wie sie sich brüskierte und beschwerte. „Einfach nur unmöglich!"
„Bist du dann fertig?", fragte sie neckisch, derweil sie den Wagen in eine freie Parklücke vor ihrem Apartment lenkte. Als der Wagen stand drehte sie sich zu ihr, das Gesicht wissend verzogen. „Ich meine, jetzt mal im ernst, hast du dich das nicht öfter gefragt, ob ihr weitergehen könnt?" Verstummt sah Sam in die Augen ihrer Mitbewohnerin, presste ihre Lippen zusammen und wandte den Blick ab. Antwort genug. „Siehst du und ich habe es für dich herausgefunden. Ist doch super, oder nicht? Ich meine, du fährst so krass auf ihn ab, da willst du doch sicherlich mehr als nur küssen. Du bist schließlich erwachsen und nicht unerfahren. Oder willst du mir sagen du hast nicht längst daran gedacht?", fragte sie nach.
„Doch, natürlich habe ich", murmelte sie, aus der Windschutzscheibe sehend statt in Ambers Gesicht. „Und ich will weitergehen, weil ich ihn liebe und ihm ganz nahe sein will", fügte sie leicht unverständlich hinzu, doch deutlich genug für Amber, die verzückt seufzte.
„Ach Sammy, du warst schon immer Romantikerin." Sie streckte ihre Hand vor, klopfte ihr versöhnlich auf die Schulter. „Ich hoffe für ihn, dass er dich gut behandelt und dir alles gibt, was du dir wünschst. Sonst kann er was erleben." Gerührt durch ihre Fürsorge blickte Sam wieder in das Gesicht der Blondine, hatte sich allmählich beruhigt, sodass die Worte endlich vollständig in ihren Verstand sickerten und sie begriff, dass Harrison und sie tatsächlich weitergehen könnten. Sie hatte es gehofft und nun war es wahr.
„Danke, Am", sagte Sam, streckte ihre Arme vor und schloss die Polizistin in eine sanfte Umarmung. „Das weiß ich zu schätzen. Und wenn du wegen Owen reden willst, dann höre ich dir auch immer zu."
„Wegen Owen?", sie schnaubte, „Sammy, glaub mir, anders als bei Wells und dir geht's bei uns nur um Sex", winkte sie umgehend ab. Etwas zu schnell für Sams Geschmack, denn wusste sie, dass es um sehr viel mehr ging als das. Sowohl ihr, als auch dem Agenten selbst. Sie hatte gesehen, wie sie einander ansahen. Wie er auf sie Acht gab und wie Amber sich in seiner Nähe verhielt. Doch war es in Ordnung. Heute Abend musste nicht alles ausgesprochen werden, manche Dinge benötigten seine Zeit.

Clyphe Aspin tigerte um den Stuhl, auf dem jene Frau saß, nach der sowohl Team Flash als auch das CCPD suchten. Agatha Perkins, das Meta-Wesen mit dem Namen Karma. Gut für jene, die aufrichtig und ehrlich waren und schlecht für jene, die es nicht waren. Leute wie Clyphe. Wie der gesamte Aspin Clan, das wusste er nun, doch ebenso tödlich für all seine Feinde. Und diesen Punkt wollte er für sich verwenden. Karma - seine neue Geheimwaffe, die sich im Augenblick noch stur gab.
„Du wirst jeden von diesen Männern bei unserem Treffen berühren. Unauffällig, während du ihnen Drinks servierst, hast du mich verstanden?", wiederholte er, jedes Wort so schneidend scharf betonend wie die Messer die auf dem Tisch unweit von ihm entfernt lagen. Ein perfekter Plan, von dem der Rosso-Clan nichts wissen würde. Sie würden sich fragen, wieso ihre Mitglieder plötzlich allesamt wegstarben, wie durch Geisterhand. Die Polizisten würden ihnen nichts anhängen können und ihre Feinde wären ausgelöscht. Es war brillant.
„Ich werde niemanden mehr berühren", sagte Agatha resolut, das Kinn erhoben. Clyphe trat in die Luft, schnappt sich eines der Messer und hielt es ihr an die Kehle. Die Klinge schnitt in ihr Fleisch, ein Blutstropfen floss über ihren Hals.
„Du wirst", knurrte er.
„Ihr könnt mir keine Angst machen. Ihr mit euren Messern. Wenn ich heute hier mein Ende finden sollte, in diesem Keller, dann ist das so. Ich bin bereit dafür, ich fürchte den Tod nicht." Clyphe sah sie an, sah ihr direkt in die Augen, in denen er keinerlei Lügen finden konnte. Doch hatte er mittlerweile etwas über diese Frau gelernt, die sich zwar nicht um sich, dafür jedoch um andere zu scheren schien.
„Du kannst es dir aussuchen", stellte er ihr das Ultimatum. „Entweder du wirst tun was ich dir sage und meine Feinde berühren - allesamt Schwerverbrecher, Menschen, denen die Welt keine Träne nachweinen wird - oder ich werde meine Jungs durch die Einkaufsstraße ziehen lassen, in der du so gern gesessen hast und um sich ballern lassen. Wie fändest du das? Dutzende Unschuldige, abgeknallt, weil du dich stur gestellt hast. Was würde das wohl mit deinem Karma anstellen?", raunte er ihr ins Ohr, war ihr mittlerweile so nahe gekommen, dass sein Atem ihr Ohr streifte. Kaum merklich ballte Agatha ihre Hände zu Fäusten und schloss ihre Augen.

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