Kapitel 54 - Der Ton macht die Musik


Es ähnelte einem Szenario aus einem Horrorfilm. Owen stand in einem Gang, die Lichter über ihm flackerten unheilvoll. Die Wände waren weiß - nun, sollten sie eigentlich sein. An einigen Stellen befanden sich rote Tupfer. Auf dem Boden klebte getrocknetes Blut, um ihn herum lagen drei Leichen. Eine in dem Zimmer, dessen Tür offenstand und zwei in dem Flur, in dem sich der Agent befand. Es glich dem Werk eines irren Künstlers, Rot seine liebste Farbe und seine Art zu zeichnen inbrünstig.
„Entschuldigung, darf ich mal?", hörte er eine kleinlaute Stimme sagen und drehte sich herum.
„Sie sind zu spät, Allen!", blaffte er den Forensiker an, der mit seinem silbernen Koffer an ihm vorbei in das Zimmer nebenan stolperte.
„Tut mir Leid!", rief er ihm noch zu, sodass sich Owen entnervt den Nasenrücken massierte. Solange dieser Fall keinerlei Hinweise zeigte, dass es sich bei den Morden um ein Meta-Wesen als Täter handelte, duldete er den Braunhaarigen. Seinen Verdacht hatte er wieder auf ihn gelenkt, nachdem er gestern Nacht in sich gegangen war und entschieden hatte, dass seine Anschuldigungen gegenüber seiner blonden Partnerin ungerechtfertigt gewesen waren. Zudem niemand, der tatsächlich spionierte, so reagieren würde, wie sie es getan hatte. Gekränkt, enttäuscht, zutiefst wütend. Apropos.
„Wo ist Mason?", rief Owen seinen Kollegen zu, die dabei waren den Tatort abzusperren. Sie alle zuckten mit den Schultern. Im nächsten Moment kam Dunkin zu ihm gerannt, voller Elan wie ein Hund, der auf seinen morgendlichen Spaziergang wartete.
„Ich stehe Ihnen zur Verfügung, Agent! Amber meinte, und ich zitiere ‚der kann sich seinen neuen Fall in den' und dann folgten viele Kraftausdrücke, die ich lieber nicht aussprechen werde, ‚stecken'", erklärte der Welpe. Owen hob eine Augenbraue, während er den Jüngeren kritisch betrachtete. Er hatte keine Lust Gassi zu gehen, doch was nützte es, wenn sich seine Assistentin weigerte?
„Ich will, dass Mason verständigt wird. Sie soll ihren Arsch hierher bewegen. Danach kommen Sie zu mir zur Zeugenbefragung dazu", befahl er Dunkin mit strenger Stimme und lief schließlich los, um seine Zeugen zu verhören. Zwei von ihnen hatten lediglich gehört, was passiert war. Als sie aus den Zimmern geeilt waren, war es schon zu spät gewesen. Eine jedoch, eine knochige Frau, um die fünfunddreißig, behauptete, da gewesen zu sein und überlebt zu haben. Sie knöpfte sich Owen als erstes vor.
„Hallo, Miss", sagte er zu der blassen Frau, die am ganzen Leib zitterte. Man hatte ihr eine Decke umgelegt. Angstvoll sah sie zu ihm auf, Owen nahm neben ihr Platz. „Agent Owen Madock, aber sagen Sie ruhig Owen", stellte er sich vor. Er wusste, wie man mit verängstigten Zeugen umzugehen hatte. Wenigstens einen zwischenmenschlichen Bereich, den er einigermaßen beherrschte. Die Pflegerin nickte ihm kurz zu. Owen steckte seine Marke, die er ihr kurz präsentiert hatte, wieder in die Innentasche seines Jacketts und widmete nun all seine Konzentration ihr. „Können Sie mir schildern, was passiert ist?", fragte er und stützte seine Hand auf seinen Oberschenkel.
„Da war dieser Ton", sagte sie verängstigt.
„Ein Ton?", hakte Owen nach. Die Zeugin nickte.
„Ein schriller, seltsamer Ton. Ich sah den Angreifer nicht, ich stand einige Meter abseits, da vorne, am Computer", schilderte sie und deutete auf den hohen Rolltisch mit dem Computer darauf. „Aber ich hörte diesen Ton. Ich hatte das Gefühl, mein Kopf würde jeden Moment explodieren. Ich drehte mich herum, sah, wie meine Kollegen zu Boden gingen, doch noch ehe ich mehr entdecken konnte, wurde auch ich ohnmächtig", rekapitulierte die Aschblonde und sah panisch zu ihm. „Und als ich wieder aufwachte, da waren Sie alle", sie ließ ihren Blick über den Tatort schweifen, wo die Leichen soeben von den Forensikern untersucht wurden, „tot..."
Owen grübelte. Seine Intuition meldete sich zu Wort und er wusste, er konnte ihr vertrauen. Nun, hatte es zumindest einmal gekonnt, schließlich hatte er mit seiner Behauptung gestern Abend wohl mehr als falsch gelegen.
„Ich danke Ihnen, für Ihre Offenheit, Miss. Ein Ärzteteam wird Sie jetzt ins Krankenhaus fahren und untersuchen", sagte er, tätschelte ihr kurz die Schulter und erhob sich. Strammen Schrittes lief der Bartträger zu einem seiner FBI-Teamkollegen. Mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen kam er vor ihm zum Stehen.
„Gibt es Überwachungsaufnahmen?", fragte er. Sein Kollege, die meisten nannten ihn einfach nur Bill, schüttelte seinen Kopf, woraufhin Owen fragend die Augenbrauen verengte.
„Wurden zerstört, wie es aussieht. In den Minuten, in denen sich die Tat laut dem forensischen Team abgespielt hat. So, als hätte man ein Störsignal in die Kameras geschickt, es ist seltsam", erklärte er. Seltsam reichte Owen als Klassifizierung dieses Falls. Er drehte sich herum und klatschte mehrfach laut in die Hände, um die Aufmerksamkeit aller, die gerade am Tatort ihre Arbeit verrichteten, auf sich zu ziehen.
„Hört mal alle her! Ich will, dass alle gehen, bis auf mein Spezial-Team. Das bedeutet, dass Wane, Bill, Dakota und Miller bleiben. Der Rest zieht ab." Verwirrtes Gemurmel ertönte. „Das ist ein Befehl, na los!", fügte Owen lauter hinzu. Der kleine Anstoß, den es benötigt hatte, dass die CCPDler ihre Sachen zusammenpackten. Alle, bis auf einer. Barry Allen kam auf ihn zugeschritten, er konnte das große Fragezeichen über seinem Kopf förmlich sehen.
„Agent Madock, wieso sollen wir einpacken?", fragte ihn der Braunhaarige verwirrt.
„Weil mein Team und ich jetzt übernehmen, Allen", sagte der Agent monoton.
„Aber mit mehreren Forensikern arbeitet es sich doch wesentlich schneller."
„Ich arbeite mit meinem von mir ausgewählten Team. Mit Menschen, denen ich vertrauen kann."
Barry verstand den Wink, er war nicht zu übersehen. Auch gab es keine Argumente mehr, die er dagegen anbringen konnte, weshalb er zögerlich nickte und schließlich umdrehte, um seine Sachen zu packen und sich auf den Weg zu machen.

Nicht auf den Weg zurück ins CCPD, so, wie es seine Kollegen vor hatten, die sich inmitten kleiner Gespräche darüber beschwerten, umsonst zu diesem Tatort gefahren zu sein. Auf den Weg zu Star Labs, denn wusste Barry, wieso er und die Anderen von Owen weggeschickt worden waren. Ein neues Meta-Wesen, oder zumindest eine erste Vermutung auf ein neues Meta-Wesen, anders ließe sich die plötzliche Geheimniskrämerei nicht erklären. Und ganz offensichtlich traute ihm Agent Madock nicht mehr, seitdem er ihn in seinem Büro erwischt hatte.
Wie stets war es der Windstoß, der Barrys Erscheinen im Cortex ankündigte und Caitlins Haare leicht aufwirbelte, zusammen mit einigen losen Blättern, die Cisco jedoch noch rechtzeitig zu fassen bekam, ehe sie zu Boden segeln konnten.
„Alter", sagte der Langhaarige, der die Blätter wieder zurück auf den Tisch legte. Harrison, der direkt neben ihm saß, half ihm dabei. „Was machst du hier?" Die Blicke aller waren nun auf den Speedster gerichtet, der für gewöhnlich um diese Zeit auf der Arbeit war, doch wollte er es nicht nochmal dazu kommen lassen, dass Owen Madock ein Meta-Wesen vor ihnen erwischte. Letztes Mal war es viel zu knapp gewesen.
„Ein neuer Tatort", erklärte Barry atemlos. Er war so schnell gerannt wie er konnte.
„Und?", fragten Cisco und Caitlin im Chor. Die Wissenschaftler vermuteten bereits, dass es wieder um ein Meta-Wesen ging.
„Und Madock hat mich rausgeschmissen." Verdutzte Gesichter blickten ihm entgegen. „Scheinbar handelt es sich wieder um einen Meta-Angriff. Er sagte, er wolle nur sein Spezial-Team vor Ort haben, die anderen hat er alle weggeschickt." Harrison richtete seine Brille.
„Vermutlich hat ihn das Aufeinandertreffen mit dir in seinem Büro stutzig gemacht", erklärte der Dunkelhaarige. „Was konntest du bereits vor Ort herausfinden, Barry? Konntest du bereits irgendwelche Hinweise sammeln, bevor du weggeschickt wurdest?", fragte er ruhig und sah aufmerksam zu seinem Schützling.
„Ich war kaum ein paar Minuten anwesend. Da war Blut, gewaltig viel Blut. Drei Opfer insgesamt. Dem einen Opfer wurden die Achillessehnen durchtrennt, die anderen beiden Leichen konnte ich noch nicht untersuchen."
„Krass. Da hat aber jemand ein ordentliches Massaker veranstaltet", kommentierte Cisco.
„Es gab eine Zeugin, eine Pflegerin, aber ich konnte nicht hören, worüber gesprochen wurde", fasste der Jüngere zusammen und kratzte sich am Hinterkopf. Nicht sonderlich viele Informationen, dieser Gedanke schwirrte einem jeden aus dem Team gerade durch den Kopf.
„Wie gut, dass ich mir habt. Einen Profi-Hacker", meldete sich wieder Cisco zu Wort. Das Team sah zu ihm, er ließ seine Finger knacken, vollführte ein paar gespielte Verrenkungen und ließ seine Finger anschließend über die Tastatur schnellen. „Ich hacke mich einfach in Madocks Datenbank, so wie sonst auch, und ziehe uns die Informationen direkt vom Server runter, sobald er sie fleißig eingetragen hat", erklärte der IT-Spezialist unbekümmert, verzog jedoch nach wenigen Augenblicken sein Gesicht. Seine Finger stoppten, er schien zu überlegen. Anschließend ließ er sie von Neuem über die Tastatur schnellen, doch folgte dieselbe Reaktion wie beim ersten Versuch.
„Ist ja seltsam", murmelte er gedehnt.
„Was ist seltsam?", fragte Barry nach, den bereits eine dunkle Vorahnung beschlich. Cisco sah auf, Unmut schimmerte in seinen treu-braunen Augen.
„Ich komme nicht mehr in Madocks Profil. Die Firewall wurde erneuert und man, die hat es echt in sich", erklärte er sich durchs Haar fahrend. „Sie ist gefühlt zehnfach gesichert, außerdem liegt da ein Code drauf. Ich befürchte, das ist eine Art Alarm, der ausgelöst wird, wenn es jemand zu hacken versucht. Leute, das ist waschechte FBI-Technik."
„Kannst du es dennoch knacken?", fragte Harrison seinen Schützling.
„Ich kann es versuchen, aber das wird Ewigkeiten dauern und ich weiß nicht, ob ich Erfolg habe", erwiderte der Langhaarige ehrlich, woraufhin ihn der Brillenträger bat, es dennoch zu versuchen. Anschließend drehte er sich wieder zu Barry, der, so wie jeder andere aus dem Team feststellen musste, dass Agent Owen Madock die Karten neu gemischt zu haben schien. Sie waren diesmal wohl auf sich allein gestellt.

Es war ein herrlicher Tag. Das Klima mild, die Sonne schien und es war deutlich spürbar, dass der kalte Winter allmählich dem Frühling wich. Cole könnte sich wohl keinen besseren ersten Tag in Freiheit vorstellen. So lange nun schon hatte man ihn in dem Loch festgehalten. In dem Zimmer mit dem viel zu kleinen Fenster, durch das nie die Sonne geschienen hatte. Umso mehr genoss er die wärmenden Sonnenstrahlen, die seine blasse Haut kitzelten und ihm das Gefühl zurückgaben, am Leben zu sein.
Federnden Schrittes lief der Schwarzhaarige durch die Stadt. Er hatte bereits Abstand zwischen sich und seinem persönlichen Gefängnis gebracht, doch war er noch nicht in der Innenstadt angelangt. Im äußeren Teil Central Citys waren die Gebäude wesentlich kleiner, es gab weniger Grün und deutlich mehr Asphalt. Viele Lagerhallen und sonstige leerstehende Gebäude waren hier vorzufinden.
Cole ignorierte die teils neugierigen, teils skeptischen Blicke vorbeilaufender Passanten, die zuerst seinen, mittlerweile an einigen Stellen beschmutzten, Kittel und anschließend seine nackten Füße betrachteten. Dem Jüngeren jedoch war es egal. Er war auf der Suche nach Abenteuern. Auf der Suche nach Spaß. Mit einem breiten Lächeln hob Cole seine Hände und betrachtete sie, indessen er sie immer wieder wendete. Zu was er wohl noch alles in der Lage war? Er hielt inne, als er plötzlich etwas wahrnahm. Einen Ton. Schwingend bewegte er sich fort, Cole hatte das Gefühl ihn durch die Luft schweben zu sehen. Wie ein durchsichtiger Schleier, der hinüberzog. Er war neugierig. Und er wollte wissen, wo dieser Ton herkam. So schloss er seine Augen, führte seine Hände an seine Ohren und bildete zwei Muscheln, die ihm das Hören erleichtern sollten. Er hörte ihn! Wusste nun, wo er herkam. Mit einem leisen Lachen rannte der Schwarzhaarige los, dem durchsichtigen Schleier in der Luft folgend, der ihn in eine Art Lagerhalle führte. Musik drang durch das Tor, Bässe, Gitarrenklänge, Schlagzeuggetrommel. Der Schwarzhaarige öffnete die kleine Tür neben dem Tor und trat ein.
Es war eine Band bestehend aus fünf tätowierten Männern, allesamt viel größer als er und muskelbepackt. Sie ließen ihrem Frust über diese ungerechte Welt mittels der schrägen Klänge ihrer Instrumente freien Lauf. Cole blieb bisher unentdeckt. Er setzte sich auf einen Bierkasten unweit der provisorischen Bühne und lauschte ihrem Musikspiel. Er nahm die Töne intensiver wahr als früher, sehr viel intensiver. Ja er fühlte sie regelrecht. Sie kitzelten seine Haut, kitzelten all seine seine Sinne. Es war, als würden sie zu ihm sprechen.
Als das Lied schließlich endete, begann der Jüngere euphorisch laut zu klatschen. Die Köpfe der Männer schnellten zu ihm herum.
„Das war super! Nochmal!", jubelte er. Die Hobby-Band sah einander verdutzt an, ehe der Mann mit dem langen, grauen Bart und dem roten Kopftuch seine E-Gitarre abnahm und sie in die Halterung neben sich stellte.
„Wer bist du denn?", fragte er mit leichtem Slang und beäugte Cole skeptisch. Ungebetene Gäste waren nicht gern gesehen, doch ließ sich der junge Mann nicht davon beirren.
„Ein begeisterter Zuhörer!", antwortete Cole unbekümmert. „Spielt weiter, bitte! Ich will mehr hören!" Der Grauhaarige hielt inne, musterte den verrückten Jungen fragend und drehte sich anschließend zu seinen Bandmitgliedern, die nur mit den Schultern zuckten.
„Wenn der Kleine mehr hören will, sollten wir ihm mehr geben, oder was meint ihr, Jungs?", sagte ein anderer, den die Bitte Coles geschmeichelt hatte. Die Männer lachten, stießen ihre Bierflaschen gegeneinander, tranken einen kräftigen Schluck und setzten ihre Show schließlich fort. Dabei klatschte Cole immer wieder begeistert, wenn ihm eine Stelle besonders gut gefiel oder die E-Gitarre laut brummte und schallte. So verstrichen einige Minuten, bis die Männer des Spielens müde waren und beschlossen eine kurze Pause einzulegen.
„Klasse!", jubelte Cole, der nichts von seiner anfängliche Euphorie eingebüßt hatte und strahlte übers ganze Gesicht. Der Gitarrist setzte sein Bier, von dem er einen kräftigen Schluck getrunken hatte, ab und beäugte ihn amüsiert. Mittlerweile schien er sich an seine Anwesenheit gewöhnt zu haben, sodass seine Skepsis gewichen war.
„Magst wohl Musik, was, Junge?", fragte er ihn.
„Ich mag das Gefühl", erwiderte Cole grinsend. Der Bärtige glaubte zu verstehen, tat es jedoch nicht wirklich, denn war die Aussage vielerlei interpretierbar.
„Kannst du auch was spielen?", fragte ihn der Drummer und deutete auf die unbenutzte Gitarre neben sich.
„Ich kann es versuchen", antwortete der Schwarzhaarige, erhob sich schwungvoll und lief schnellen Schrittes auf die Bühne zu. Der Grauhaarige hängte ihm die Gitarre um, wobei ihm sein schmutziger Kittel sowie seine nackten Füße auffielen.
„Bist wohl obdachlos, was?", fragte er und schnippte mit den Fingern. „Ed, reich' mir mal n' Shirt!", wies er seinen Bandkumpel an. Er schmiss es ihm zu, der Bärtige fing es auf. „Hier", sagte er und reichte Cole das T-Shirt. Dankend nahm er es entgegen und zog es sich sogleich über. Es war ihm einige Nummern zu groß. „Und, ist doch jetzt viel besser, oder?", fragte der Grauhaarige und hielt ihm seine Hand hin. „Ich bin übrigens Dave."
„Cole!", kam es enthusiastisch zurück. Er ergriff die Hand des Älteren und schüttelte sie.
„Bist n' richtiger Sonnenschein, was, Cole? Dann lass mal hören, was du so drauf hast. Wenn du gut bist, gibt's vielleicht noch ne Hose dazu", sagte Dave. Seine Freunde begannen brüllend zu lachen.
„Deal!", erwiderte Cole und beäugte die schwarze E-Gitarre, die um seinen Hals hing. Mit einer Hand umfasste er das Griffbrett, die andere ließ er über die Seiten fahren. Ein schnarrender Ton drang aus den Lautsprecherboxen. Er schloss seine Augen, fühlte den Schall, der sich in der Halle auszubreiten begann. Erneut ließ er die Seiten ertönen, konzentrierte sich auf die Schwingungen in der Luft und begann sie aus reinem Instinkt nach seinen Wünschen zu formen und zu verzerren.
„Scheiße, wie machst'n du das?!", sagte der Bassist neben ihm, da er Cole lediglich die Grundtonleiter spielen sah und doch drangen allerlei verschiedene Töne aus den Boxen.
„Na einfach spielen", erwiderte der Schwarzhaarige schulterzuckend. Er ließ seinen Blick umherschweifen und bemerkte die neugierigen und faszinierten Gesichter um sich herum. Anerkennung. Er mochte das Gefühl. Ihnen gefiel, was er konnte. „Wollt ihr sehen, was ich noch alles kann?", fragte er übermütig, ließ von der Gitarre ab und streckte seine Hand vor, richtete sie auf das Mikrophon vor sich und setzte seine Kräfte frei. Mit einem lauten Knall wurde es von der Bühne gefegt. Die Männer hinter ihm zuckten erschrocken zusammen.
„Scheiße, der ist einer von diesen Freaks!", wetterte Ed und deutete mit dem Finger auf ihn.
Cole drehte sich zu ihm herum.
„Freak?", fragte er nach, nicht verstehend, wieso die anfängliche Bewunderung für seine Fähigkeiten plötzlich verschwunden war. Das, was er gerade gezeigt hatte, das war doch noch viel faszinierender als das Kontrollieren bloßer Töne.
„Die Presse berichtet dauernd über sie. Wie werden die genannt? Meta-Wesen?", erwiderte Dave und wich einen Schritt zurück, als sich Cole zu ihm drehte. „Verflucht, bleib bloß weg von uns! Krank ist das, absolut krank!" Coles Gesichtszüge verfinsterten sich. Von der jungenhaften, sonnigen Ausstrahlung war nun nichts mehr zu sehen, seine Augen wirkten dunkler, ja fast schwarz.
„Ich bin kein Freak", murmelte er und setzte zwei Schritte auf Dave zu. Dieser jedoch stieß ihn um, aus purem Selbstverteidigungsmechanismus. Cole ging zu Boden. Kurz herrschte Stille - die Ruhe vor dem Sturm. Cole starrte vor sich, spürte das Gefühl der Misshandlung und Diskriminierung. Das hatte er nicht verdient. Er war besonders! Feiern sollte man ihn!
„Verpiss dich, Junge! Los!", wetterte Ed und erhob sich nun ebenfalls. Cole sah auf, sein Blick wirkte wie tot. Er streckte seine Hände aus, spreizte seine Finger. Die Boxen im Raum reagierten. Sie gaben einen lauten, schrillen Ton von sich, sodass die fünf muskulösen Männer allesamt schreiend zusammenzuckten und sich die Hände auf die Ohren legten.
„Was soll das, hör auf damit!", befahl der Schlagzeuger und krümmte sich. Cole dachte jedoch nicht daran, aufzuhören. Er fing doch gerade erst an. Langsam erhob sich der Schwarzhaarige, der nach all den Jahren wieder die Kontrolle besaß und sie sichtlich genoss. Er schloss seine Augen, kreuzte seine Arme und ließ sie wieder auseinander schnellen. Die süßen Schreie seiner Opfer begleiteten ihn wie eine Hintergrundmelodie. Dann plötzlich wurde es totenstill. Als Cole seine Augen wieder öffnete, lagen die fünf Männer vor ihm; Blut floss ihnen aus Nase, Augen und Ohren. Ihre Gesichter waren verzerrt. Federnden Schrittes lief Cole zu Dave und zog ihm seine Hose vom Körper.
„Du sagtest, ich bekomme auch eine Hose, wenn ich meine Sache gut mache, Dave!", sprach er zu dem Toten. Es war in Ordnung, das Kleidungsstück zu nehmen, schließlich würde er sie nun nicht mehr benötigen.

Obwohl Sam nur wenige Stunden Schlaf gefunden hatte, überstand sie die Klausur ohne Probleme. Das Lernen mit dem Wissenschaftler war aufschlussreich und effektiv gewesen, auch, wenn sie nicht aufhören konnte an den Moment zu denken. An den Moment, kurz bevor sie gegangen war. Was hatte sich da zwischen ihnen abgespielt? Hatte er es auch gespürt? Fragen würde sie ihn sicher nicht, viel zu peinlich wäre es ihr, sollte dieses Gefühl tatsächlich nur ihrer bloßen Fantasie entsprungen sein.
Seufzend fuhr sich Sam durchs Haar und sah wieder auf die gedruckte Klausur vor sich. Die letzte Aufgabe. Das Bestimmen des molaren dekadischen Extinktionskoeffizienten. Unweigerlich musste die junge Frau prusten, sodass eine Kommilitonin, die einen Tisch neben ihr saß, fragend zu ihr blickte.
Nach der Klausur machte sich Sam auf den Weg zum Jitters, wo sie sich wie wenige Tage zuvor mit Riley treffen wollte. Sie hatte über Ambers und Harrisons Worte nachgedacht, hatte ihre Ratschläge beherzigt und eine Entscheidung getroffen.
Mit einem Lächeln auf den Lippen öffnete Sam die Tür des Cafés und erblickte auch sogleich Riley, die soeben mit zwei Heißgetränken beladen zu einem Tisch schritt. Offenbar war sie auch gerade erst angekommen. Federnden Schrittes schlenderte Sam auf ihre Freundin zu und grüßte sie mit einem schwungvollen ‚Hey!'
„Sammy!", sagte Riley fröhlich, nachdem sie sich zu ihr herumgedreht hatte und legte ihre Arme um ihre Schultern, um sie in eine sanfte Umarmung zu ziehen, die Sam erwiderte. Riley wusste, wieso sie sich hier trafen. Wusste, dass Sam zu einem Entschluss gekommen war. „Hier, ich habe dir schon deinen Latte Macchiato bestellt", sagte die Kleingewachsene und deutete auf das Getränk.
„Ein wahrer Engel", schwärmte Sam grinsend und rutschte auf den Hocker. Sie zog sich ihre Jacke aus und legte sie über ihre Umhängetasche, die sie auf dem Boden neben dem Tisch abgestellt hatte. Riley tat es ihr gleich. Anschließend umfasste sie die vor ihr stehende Tasse mit beiden Händen und wärmte ihre kühlen Finger daran.
„Ich habe nachgedacht, über deinen Vorschlag", leitete Sam ihr Anliegen ohne großes Drumherumgerede ein. Riley nickte bedächtig und beugte sich vor, wobei sie sich mit den Ellbogen auf der Tischplatte abstützte.
„Wie auch immer du entschieden hast, ich werde es akzeptieren, Sammy", sagte die Blonde mit einem sanften Lächeln.
„Ich habe noch nicht entschieden", offenbarte Sam, sodass Riley fragend ihr Gesicht verzog. Doch unterbrach sie ihre Freundin nicht, sondern lauschte ihr aufmerksam, schließlich hatte Sam die Studentin nicht ohne Grund hergebeten. „Bevor ich das entscheiden kann, musst du zuerst wissen, was es mit dem Serum wirklich auf sich hat. Du musst die Hintergründe kennen, musst begreifen, was mit der Arbeit daran zusammenhängt und wenn du dann immer noch daran arbeiten möchtest, dann werde ich eine Entscheidung treffen", schilderte die Brünette gestikulierend. Noch wurde Riley nicht aus ihren Worten schlau.
„Welche Hintergründe, Sammy?", hakte sie zaghaft nach und neigte fragend den Kopf. Tief atmete die junge Frau ein, sammelte sich einen Moment lang und begann schließlich mit gesenkter Stimme zu erzählen. Von Beginn an. Von den wahren Umständen hinter Ambers Gasvergiftung, wie sie zu Star Labs gelangt war und schließlich von Harrison erklärt bekommen hatte, dass sein Teilchenbeschleuniger Schuld an den sogenannten Meta-Wesen trug. Meta-Wesen an sich waren für Riley kein Neuland, schließlich lebte auch sie in Central City, der Heimat der Metas. Jeder Bewohner hatte bereits von ihnen und von Flash gehört. Schließlich offenbarte Sam, dass Star Labs mit Flash zusammenarbeitete. Riley klappte die Kinnlade herunter, mit jeder weiteren Enthüllung mehr, sodass die Brünette nicht umhin kam als zu grinsen, während sie fortfuhr. Sie berichtete über ihre Forschung an den Meta-Wesen, die sie an einem sicheren Ort versteckten (dass sich der sichere Ort direkt in Star Labs befand enthüllte sie nicht) und ließ sich schließlich, nachdem ihre Erzählung geendet war, in die Lehne des Stehhockers zurücksinken.
Zwei aufgerissene, blaue Augen starrten sie an. Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille. Sekunden, die Sam ihrer Freundin gab, um das Gehörte zu verarbeiten.
„Sammy", setzte sie zu Wort an, als die Informationen fürs erste gesackt waren. „Das ist... das ist der absolute Wahnsinn." Die Wissenschaftlerin nippte breit grinsend an ihrem Kaffee.
„Ich weiß", sagte sie selbstsicher.
„Und Flash, er-"
„Ich weiß."
„Wow." Auch Riley ließ sich zurücksinken und trank einen Schluck von ihrem Milchkaffee. Ihr Blick schnellte zu Sam. „Also das Serum, das ist kein gewöhnliches Serum, habe ich Recht? Ich hatte mich nämlich schon gefragt, wie du das hinbekommen haben willst, es erschien mir nicht möglich."
„Speedster-Stammzellen", erklärte die Brünette mit gesenkter Stimme und sah sich wiederholt um, um sicherzugehen, dass sie niemand belauschte.
„Speedster?", wisperte Riley zurück.
„So nennen wir Flashs Sorte. Er ist ein Speedster." Verstehend nickte Riley, der Mund stand ihr nach wie vor offen.
„Oh wow. Also konntest du das Serum mithilfe seiner Zellen fertigstellen. Das ist - das ist so unglaublich faszinierend, Sammy, wirklich."
„Ja, das ist es", schwärmte Sam glücklich und grinste über beide Ohren.
„Erzähl mir mehr davon. Soviel du kannst. Alles über deine bisherige Forschung", schlug Riley vor. Dies ließ sich die Studentin nicht zweimal sagen. So lange schon hatte sie die Blondine einweihen wollen, hatte ihr erzählen wollen, was sie in Star Labs tat, worin der wahre Bestandteil ihrer Forschung lag. Und endlich konnte sie es.
„Okay, also", begann Sam, sich vorbeugend, damit niemand hören konnte worüber sie sprach. Doch brauchte sie sich keine Sorgen machen, das Jitters war vergleichsweise leer. Niemand würde zuhören. Glaubte sie zumindest.

Cole verstand nicht, wieso er nicht für das, was er konnte, gefeiert wurde. Wieso die Bandmitglieder ihn als ‚Freak' bezeichnet hatten. Er war kein Freak, er war etwas Besonderes! Und er konnte tun und lassen was er wollte und das würde er - in seiner neu gewonnenen Freiheit.
Barfuß trottete der Jüngere durch die mittlerweile erreichte Innenstadt Central Citys. Seine Füße froren, denn waren es kaum mehr als zehn Grad, doch würde er sicherlich noch jemanden finden, der ihm etwas zum Anziehen lieh. Unbekümmert starrte der Schwarzhaarige in den wolkenlosen Himmel, der so grenzenlos schien, dass es ihm danach dürstete einfach empor zu steigen und zu verschwinden. Nicht auf sein Umfeld achtend stieß der junge Mann versehentlich gegen einen Passanten und stolperte zur Seite.
„Pass doch auf, Idiot!", bellte der blonde Mann im Anzug, warf ihm einen abschätzigen Blick zu und lief weiter. Cole starrte ihm hinterher. Da war er wieder - der gefährlich leblose Ausdruck in seinen Augen. Niemand sollte so mit ihm reden. Nie wieder. Er hatte die Macht, er war zu Großem bestimmt, da durfte man ihn nicht so behandeln. Er streckte seine Hand vor, als plötzlich ein Ton zu ihm drang. Sanft und klar. Eine Stimme, eine weibliche Stimme. Cole, deren Ohren mittlerweile so geschärft waren, dass er die Gespräche aller Menschen in einem Umfeld von bis zu mehreren hundert Metern hören konnte, konzentrierte sich auf jenen Klang, der seine Aufmerksamkeit vom vollbärtigen Anzugträger weglenkte. Er hob seine Hände an seine Ohren, formte zwei Muscheln und schloss seine Augen, um sich zu konzentrieren.
„Meta-Wesen sind so unglaublich faszinierend, Riley, wirklich!"
Meta-Wesen? Cole drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam und starrte durch die Glasscheibe. Da bemerkte er die junge Frau mit dem haselnussbraunen Haar, die lebhaft gestikulierend erzählte.
„Sie sind der wandelnde Beweis dafür, dass Dunkle Materie existiert. Ich meine, stell es dir einfach mal vor, Menschen mit besonderen Fähigkeiten, weil sie auf genetischer Basis verändert wurden! Es gibt nichts Faszinierenderes auf dieser Welt, wirklich nicht, daher bin ich so unendlich froh, mit ihnen arbeiten zu dürfen!"
Cole trat an die Scheibe heran und beäugte die Brünette genauer. Sie redete von ihm, oder nicht? Von Menschen mit besonderen Kräften. Er hatte welche. Gab es noch mehr wie ihn? Und diese Frau dort, sie schien nicht verängstigt, schien nicht verärgert. Er hörte die Leidenschaft in ihrer Stimme schwingen, die Faszination.
„Es gibt noch so viel, was erforscht werden muss und allein der Gedanke daran macht mich total hibbelig. Es ist ein wahres Privileg, mit ihnen arbeiten zu dürfen, das größte Privileg von allen."
Cole hob seine Hand und legte sie an die Scheibe. Diese junge Frau dort; sie klassifizierte ihn als faszinierend. Sagte, es sei ein Privileg, wenn sie mit ihm zusammenarbeiten dürfte. Coles Mundwinkel zogen sich zufrieden nach oben. Endlich jemand, der verstand, wie besonders er war. Er wollte mehr über diese Frau erfahren, die so leidenschaftlich über Meta-Wesen sprach. Sie war anders als der Pfleger und die bärtigen Musiker. Sie verstand die Schönheit hinter seiner Kraft.
„Und ich werde den Meta-Wesen helfen, Riley. Jedem einzelnen. Aber dafür müssen wir sie erstmal alle ausfindig machen."
Ihn musste sie nicht finden, dachte sich der Schwarzhaarige, der um das Jitters herumlief und sich an einer Ecke nahe des Eingangs niederließ, wo er auf die junge Frau warten würde. Ihn musste sie nicht finden, denn hatte er sie gefunden.

Alles, was Sam hatte erzählen dürfen, hatte sie ihrer Freundin erzählt, sodass sie sich erschöpft vom lebhaften Erzählen zurücksinken ließ und ihre Kaffeetasse an ihre Lippen führte, um sie zu leeren, bevor der Kaffee kalt wurde. Riley benötigte wohl noch etwas Zeit, um die Sache wirklich zu verdauen, doch schien sie den wichtigsten Part bereits realisiert zu haben. Wenigstens stand ihr der Mund nicht mehr offen, ein Gedanke, der Sam zum Schmunzeln brachte.
„Das war es, was ich dir vorher erzählen musste, Riles. All das, was hinter dem Serum steckt, schließlich solltest du zu einhundert Prozent wissen, worauf du dich da anlässt, wenn du beginnst das Serum weiterzuentwickeln", erklärte Sam schließlich ihre Intention hinter dem aufklärenden Gespräch und sah zu ihrer Freundin. Ihre himmelblauen Augen leuchteten, hatten nichts von der Entschlossenheit, die auch vor der großen Enthüllung in ihnen geglommen hatte, eingebüßt. Die Brünette kannte die Antwort der Jüngeren bereits.
„Ich will daran arbeiten, Sammy. Jetzt mehr denn je. Das Potential, das die Speedster-Zellen in sich bergen, es könnte grenzenlos sein. Nicht nur Menschen wie meiner Mom, sondern allen kranken Menschen auf der Welt könnte geholfen werden und das will ich tun, ich will helfen. Ich will dafür sorgen, dass es niemanden mehr gibt, der das durchmachen muss, was ich durchmachen musste", erklärte die Blondine und ergriff ihre Hände, nachdem sie ihre Kaffeetasse abgestellt hatte. Die Wissenschaftlerin verstand.
„In Ordnung", erklärte Sam nickend. „Jetzt, wo du den Hintergrund und auch das Risiko kennst, werde ich nochmals darüber nachdenken. Dr. Wells meinte, dass er Willens ist dieses Projekt abzutreten, sofern es einer hohen Geheimhaltungsstufe unterzogen wird. Er vertraut Dr. McGee, sie solle das Projekt leiten, gemeinsam mit dir als ihre Assistentin und einem ausgewählten Team." Rileys Augen begannen zu strahlen. Leicht verzog Sam ihre Lippen. „Nur, gib mir noch etwas Bedenkzeit, ja? Lass mich nochmal ne Nacht drüber schlafen, weil es auch viele Gefahren mit sich bringt", fügte die Brünette vorsichtig hinzu. Sanft drückte Riley ihre Finger.
„Natürlich, Sammy. Lass dir alle Zeit der Welt", erwiderte die Kleingewachsene. Erleichtert zogen sich Sams Mundwinkel nach oben. Sie war froh, dass Riley so verständnisvoll war, überhaupt bei allem. Dr. Wells, Star Labs, ihre Bedenkzeit bezüglich des Serums. Die Blondine stand immer zu einhundert Prozent hinter ihr und Sam wusste, sollte alles zusammenbrechen, Riley wäre immer da, um sie aufzufangen.

Nachdem sie noch kurz über Belangloses geplaudert hatten, verließen die beiden Freundinnen schließlich das Jitters. Vor der Tür des Cafés trennten sich ihre Wege, da Riley in die entgegengesetzte Richtung musste. Sie tauschten eine liebevolle Umarmung aus. Danach winkte Sam der Blonden, die sich auf den Weg zur Bahn machte. Sie wiederum würde den Bus nach zu Star Labs nehmen, da die Anbindung deutlich kürzer war. Lächelnd sah die Brünette ihrer Freundin noch hinterher und machte sich schließlich auf den Weg. Sie wollte Harrison erzählen, dass sie die Klausur gut überstanden hatte - dank ihm, da er sie wie immer aus ihrem Schlamassel gerettet hatte - und sie wollte weiterforschen. Mit Riley über ihre Arbeit in Star Labs zu reden hatte die Flamme der Leidenschaft in Sams Inneren entzündet, ihr Herz verlangte regelrecht danach, endlich weiterzuarbeiten, ebenso wie es danach verlangte, in Gegenwart des Wissenschaftlers zu sein.
Verliebt lächelte Sam in sich hinein und lief los. Ihre braune Umhängetasche wippte bei jedem ihrer Schritte. Sie knöpfte sich ihren Parka zu und legte den fünfminütigen Fußweg zur nächsten Bushaltestelle zurück. Fast zeitgleich mit ihrem Eintreffen an der Haltestelle fuhr auch schon der Bus ein, sodass Sam in einem fließenden Übergang einsteigen und sich zu ihrem liebsten Ort chauffieren lassen konnte. Dabei sah die junge Frau gedankenverloren aus dem Fenster, glücklich darüber, wie gut sich ihr Leben in den letzten Wochen entwickelt hatte. Unweigerlich glitten ihre Gedanken zu Bette, sodass ein trauriger Schimmer, völlig gegensätzlich zu dem Lächeln auf ihren Lippen, durch ihre Augen zog. Bette. Sie wünschte, die Soldatin könnte sehen, wie weit sie schon gekommen war. Wünschte, sie könnte ihr davon berichten. Mit ihr über Harrison sprechen, denn gab es so viel zu erzählen. Fester umfasste sie den Haltegurt über sich. Wenn sie einen Weg fand, den Meta-Wesen ihre Kräfte zu entziehen, dann nur dank Bette. Die Soldatin hatte ihr gezeigt, was es bedeutete zu kämpfen.
Als die Brünette schließlich die Haltestelle vor Star Labs erreichte, stieg sie aus. Tief in Gedanken versunken bemerkte sie dabei nicht, dass sie dieses Mal nicht die Einzige war. Auch war ihr entfallen, dass man sie die ganze Zeit über beobachtet hatte. Sam übersah es schlichtweg. Vielleicht war es besser so, vielleicht jedoch auch nicht. Es würde sich früh genug zeigen.

„Die Männer sind allesamt innerlich verblutet. Ihre Trommelfälle, die Blutgefäße in ihren Gehirnen, sie sind rupturiert", erklärte William Dakota, der Forensiker in Owens speziellem Meta-Jagd-Team. Mithilfe eines länglichen Gegenstands, der einem Stift ähnelte, bewegte er den Kopf des Opfers zur Seite. Die Augen des Bärtigen waren aufgerissen, er zog eine schmerzverzerrte Fratze, die erahnen ließ, wie qualvoll er gestorben war. „Die Boxen dort", fuhr er fort und deutete auf besagte Lautsprecher unweit von ihnen, „sie sind durchgeschmort. Es scheint, als seien sie dafür verantwortlich, aber das kann ich mir nur schwer vorstellen."
„Ein Meta-Wesen, ganz sicher", war Owens resolute Antwort. Der Agent stand mit vor der Brust verschränkten Armen vor William, der sich gerade wieder aufrichtete, doch noch immer gut einen halben Kopf kleiner als der großgewachsene Agent war. „Nur weiß ich noch nicht ganz, welche Fähigkeiten es besitzt. Und wieso diese Männer?", sprach er seine Gedanken laut aus und deutete mit dem Finger auf die Leichen.
„Ich weiß es nicht, Sir. Dafür fehlen uns wohl noch einige Indizien", antwortete der in Weiß gekleidete Forensiker und zog sich seine Handschuhe ab. „Was ist mit dem Jungen, der vermisst wird? Cole Thompson. Der Verrückte. Er ist unser Hauptverdächtiger, oder?" Owen nickte nachdenklich, schien mit dieser Aussage jedoch nicht ganz konform zu gehen.
„Er ist es, der den Pfleger tötete. Seine Achillessehnen waren durchtrennt."
„Aber?", fragte sein Kollege, der spürte, dass dem Agenten etwas nicht zu behagen schien.
„Aber wieso die Kameras außerhalb und hier die Boxen? Wieso ist die Technik durchgeschmort? Und woher kam der helle Ton? Es passt nicht zusammen, die Fähigkeiten", offenbarte er seinen Gedanken.
„Also denken Sie, er hatte vielleicht einen Komplizen?"
„Möglich. Ein zweites Meta-Wesen, das ihm geholfen hat vielleicht, ich weiß es nicht. Finden wir zuerst einmal den Jungen, dann wird sich das Rätsel lösen", schlug der Blonde vor und drehte sich um, als er Schritte vernahm. Die Schritte seiner jungen Kollegin, die ihn am Tatort heute morgen versetzt hatte. Diesmal jedoch hatte er sie geködert hier zu erscheinen, das Stichwort ‚Meta-Wesen' war ein äußerst effektives Argument. „Da sind Sie ja, Mason", sagte der Bartträger, der nicht so recht wusste, wie er sich bei der Jüngeren entschuldigen sollte, der er offensichtlich Unrecht getan hatte. Die Tatsache, sie nicht wegen ihrer Abwesenheit am Tatort heute morgen anzukeifen, war wohl die verschrobene Art des Agenten, sich zu entschuldigen. Doch ganz offensichtlich war es nicht genug, denn ignorierte die junge Frau seine Begrüßung gekonnt und sah stattdessen zu Dunkin, der alles, was Owen Madock in den letzten Minuten von sich gegeben hatte, fleißig mitgeschrieben hatte.
„Setzt du mich kurz ins Bild?", fragte sie den Jüngeren, ihren Vorgesetzten nicht eines Blickes würdigend. Dunkin sah zu ihm, holte seine Erlaubnis ein, die er mittels eines kurzen, murrenden Kopfnickens erteilte und begann schließlich die bisherigen Informationen zum Fall vorzutragen.
„Vielleich sucht er eine Bleibe", war Ambers erste Vermutung darüber, wieso er in dieser Lagerhalle gemordet hatte. Owen hob eine Augenbraue. „Ich mein, der Kleine ist ausgebüchst, richtig? Und irre. Er wird wohl einen Ort suchen, wo er vorrübergehend leben kann. Ungestört. Vielleicht ist er da auf diese Typen hier getroffen, es gab Streit, weil sie nicht abhauen wollten und Kaboom."
„Kaboom?", hakte Owen nach und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Nicht die Beschreibung, die ich verwenden würde, aber definitiv ein guter Ansatz, Mason. Wane!", rief er seinem Kollegen zu, der soeben gemeinsam mit dem Forensiker weitere Hinweise in die Akte aufnahm. Beide sahen zu ihm. „Ich will, dass die Lagerhallen im Umkreis überprüft werden. Jede einzelne! Vorwiegend leerstehende, vermietbare", befahl er. Sogleich nickte der Braunhaarige und zückte sein Handy. Zufrieden drehte sich Owen zu seiner scharfsinnigen Partnerin herum. „Guter Einfall, Mason", lobte er sie, doch auch dieser Versuch die Sache wieder geradezubiegen prallte an der sturen Blondine ab, denn zuckte sie nur mit den Schultern.
„Ich schreibe dann den Bericht, sobald die Akte vorliegt", sagte sie und wollte sich herumdrehen. Owen jedoch legte seine Hand auf ihre Schulter und hielt sie auf. Kurz warf er Dunkin, der ähnlich wie ein Schoßhund nicht von seiner Seite weichen wollte, einen unmissverständlichen, strengen Blick zu und beobachtete anschließend, wie er sich von ihnen entfernte und zum Rest des Teams trottete. Danach sah Owen wieder zu Amber, die ihn fragend ansah.
„Ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen, Mason", begann der Bartträger leise. Zugegeben, Dinge wie diese lagen ihm nicht, doch was gesagt werden musste, musste gesagt werden. Auch Owen Madock kam nicht drum rum, einmal Reue zu zeigen, wenn er einen Fehler begangen hatte.
„Und?", kam es trotzig zurück. Sie schlug seine Hand von ihrer Schulter.
„Ich wollte nicht, dass die Dinge so ausarten. Und ich hätte Sie sicher nicht beschuldigen dürfen, denn Sie haben recht. Sie leisten sehr gute, gewissenhafte Arbeit und ich glaube Ihnen, wenn Sie mir versichern Ihre Loyalität stünde außer Frage."
„Kommt ja reichlich spät, diese Erkenntnis. Dachte, Sie sind so klug", antwortete Amber beleidigt. Owen spürte, dass es wohl mehr benötigte als eine bloße Entschuldigung, denn konnte er nach wie vor die Enttäuschung in Ambers grünen Augen schimmern sehen, auch, wenn sie sie zu verbergen versuchte. Sie war wohl sensibler, als es den Anschein machte.
„Was kann ich tun, damit Sie erkennen, dass ich es ernst meine?", fragte er die Blondine geradeheraus. Kurz sah sie überrascht zu ihm, wandte ihren Blick jedoch wieder ab. Scheinbar entschied sie sich, ihr Spiel fortzuführen, denn antwortete sie mit einem lapidaren ‚Nichts', mit dem sich Owen wiederum nicht zufrieden geben wollte. „Ich breche meine oberste Regel für diesen einen Abend und lade Sie zu einem Drink ein, wie klingt das?" Perplex drehte sich Amber gänzlich zu ihm herum und musterte ihn. Er wusste, jetzt hatte er sie an der Angel.
„So viele Drinks wie ich will?", hakte sie nach und hob herausfordernd eine Augenbraue.
„Ja", kam es knapp zurück. Schon jetzt bereute der Agent seinen Vorschlag.
„Und ein Essen dürfte auch drin sein."
„Übertreiben Sie es nicht, Mason."
„Dann können Sie sich Ihre Wiedergutmachung in den Arsch stecken", konterte die Blondine sogleich, sodass Owen tief seufzte, sich über den Bart fuhr und schließlich einlenkte.
„Na schön, meinetwegen. Bringen wir das hier zu Ende, dann machen wir uns auf den Weg. Und ab morgen zollen Sie mir wieder Respekt, verstanden?", stellte er die Gegenbedingung und warf der Polizistin einen strengen Blick zu.
„Ich versuch's", sagte sie und kam nicht umhin als zu grinsen.

Eigentlich hatte Amber vorgehabt, dem Agenten noch eine ganze Weile die kalte Schulter zu zeigen, doch war sein Angebot, für sie seine oberste Regel zu brechen, zu verlockend gewesen. Sie wusste, wie sehr es Owen innerlich schmerzen würde gegen ein eigenes Gesetz zu verstoßen, umso genugtuender war es, diejenige zu sein, die diesen Entschluss aus ihm herausgekitzelt hatte.
So saßen die beiden Kollegen - entgegen Owens goldener Regel, wie Amber nochmals festhalten wollte - in einem Pub und tranken ein Bier. Nebenbei futterte die Jüngere genüsslich ihre Pommes, die Pommes der Gerechtigkeit, wie sie sie still nannte.
„Dass Sie mich verdächtigt haben finde ich immer noch unter aller Sau", kam sie wiederholt auf ihr mittlerweile liebstes Thema zu sprechen. Entnervt fuhr sich Owen übers Gesicht.
„Das sagten Sie bereits wie oft?"
„Kann man halt nicht oft genug sagen", konterte sie und schob ihm ihr Körbchen voll Pommes entgegen. „Auch was?"
„Nein", lehnte der Blonde monoton ab. Seufzend zog Amber ihr Essen wieder zu sich zurück und trank einen Schluck von ihrem Bier. „Sie sind eher der verschwiegene Typ, oder?"
„Kommt das so überraschend?", kam es wiederholt eintönig zurück.
„Nö, aber ich dachte, vielleicht sind Sie privat anders. Kann ja sein", erklärte Amber ihren Gedankengang und leckte sich über die Finger, an denen etwas Salz vom Fastfood haftete. „Also, erzählen Sie mal", wechselte die Jüngere das Thema und zog ihren Bierkrug zu sich heran, „wieso diesen Tick mit den Gesetzen?" Aus dem Augenwinkel konnte Amber sehen, wie der Bartträger mit den Augen rollte, ja sie konnte es förmlich hören. „Kommen Sie schon, raus mit der Sprache. Wir sind doch PRIVAT unterwegs", fügte sie hinzu, das entscheidende Wort absichtlich betonend, um nochmal Salz in die Wunde zu streuen. Owen verzog kaum merklich sein Gesicht und trank einen weiteren, kräftigen Schluck.
„Das geht Sie nichts an, Mason."
„Naja, ich muss unter Ihrem Regel-Tick leiden, also geht es mich schon was an", argumentierte sie.
„Ich rede aber nicht darüber."
„Niemals?", hakte sie nach, sich an Roy Bivolos Worte erinnernd.
„Ich kann Emotionen nicht nur manipulieren, ich kann sie auch fühlen, wenn ich mein Gegenüber nur ansehe. In Ihrem Gesicht, Agent, da sehe ich dutzende unverarbeitete Emotionen, die Ihre Gesichtszüge steif und ihre Körperhaltung verkrampft werden lassen. Ein Gewicht auf ihren Schultern, das sie nach unten drückt."
„Nein, niemals", antwortete Owen und sah anschließend stillschweigend in sein Glas. Leicht verzog Amber ihre Lippen und tat es ihm gleich, indem auch sie in ihr Glas blickte, in dem sich ihr Gesicht leicht spiegelte. Ein wenig Mitleid hatte sie schon. Der Agent war sicherlich nicht grundlos so, schließlich hatte Roy Bivolo behauptet etwas in seinem Gesicht erkennen zu können, unverarbeitete Emotionen, die ihn belasteten und obgleich der Meta-Mann ein Räuber und Schwätzer gewesen war, so glaubte sie dennoch, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Amber wusste nicht wieso - schließlich war es so gar nicht ihre Art, zumindest nicht ‚Agent Stock-im-Arsch' gegenüber - doch hatte sie das Bedürfnis ihn ein wenig abzulenken und vielleicht sogar aufzumuntern. Auch der Verlust Roy Bivolos an Flash nagte nach wie vor an ihm, schließlich hatten sie ihn bereits gehabt, hatten ihn aus eigener Kraft geschnappt und Flash hatte ihn einfach vor ihrer Nase gestohlen.
„Schon verrückt, diese Stadt, oder? Wette damit haben Sie nicht gerechnet, als Sie hierher kamen", wechselte sie daher das Thema.
„Ich bin schon so einiges Verrücktes gewohnt", sagte der Blonde ruhig. Amber zog eine Augenbraue nach oben, da sie diese Antwort nicht zufriedenstellte.
„Was ist bitte verrückter als ein Mann, der Gefühle kontrollieren kann? Oder ein Typ, der Strom frisst und ihn abfeuert?"
Owen schnaubte, trank von seinem Bier und begann schließlich schleppend von einem alten Fall zu erzählen, in dem ein Mann in einem geschlossenen Raum angeschossen worden war. Fest hatte er behauptet, es wäre sein Bruder gewesen. Der Fall schien unerklärlich, denn gab es keine Indizien dafür, wie jemand unbemerkt in den Raum hinein und wieder heraus gekommen sein könnte. Am Ende war herausgekommen, dass der Client schizophren war und sich selbst zu töten versucht hatte - oder vielmehr seine andere Persönlichkeit. Als Owen die Pointe brachte begann Amber, die ihren Bierkrug inmitten der Erzählung geleert hatte, zu lachen.
„Oh man, wer kommt auf sowas?", fragte sie mit vor Belustigung zitternder Stimme.
„Ich sagte ja, verrückt. Ich kam mir am Ende ziemlich verarscht vor, wo ich doch brillante Theorien zum geschlossenen Raum aufgestellt hatte", schilderte der Agent und leerte ebenfalls sein Glas. Gut gelaunt und lustvoll auf mehr Geschichten bestellte Amber Getränke nach und drehte sich anschließend zum Agenten herum. So ging es weiter. Owen schilderte ihr Geschichten aus seiner FBI-Zeit, ehe schließlich Amber - bereits leicht angetrunken vom starken Bier - an der Reihe war ihre verrücktesten Fälle zu schildern. Angefangen mit dem Nebel, der sie attackiert hatte, zu Mia Yamamoto, die Gedanken manipuliert hatte und schließlich zu Larry Jordan, der elektrische Geräte kontrolliert hatte. Den Elektriker hatte sie zu Beginn bewusst Außen vor gelassen, ihn absichtlich übersprungen, doch inmitten ihrer inbrünstigen Schilderungen, die Owen sogar dann und wann so etwas wie ein kleines Schmunzeln auf die Lippen zauberten, baute sie den Elektriker unbewusst in ihre Erzählung mit ein. Beschwipst vom Alkohol merkte Amber nicht, wie die Augen des Agenten aufleuchteten, als sie schilderte, dass Larry Jordan schließlich wieder freigelassen wurde, der Anschuldigungen gänzlich entzogen.
„Und er konnte alle technischen Geräte kontrollieren?", hakte der Blonde interessiert nach.
„Oh ja! Was denken Sie, wie ratlos wir zu Beginn waren, als die Kameras immer Futsch waren. Und dann tauchte er im Mercury Labs auf, direkt aus den Lautsprechern heraus, wie Magie! Der Kerl wäre in der Lage, einen perfekten geschlossenen Raum zu erschaffen, glauben Sie mir. Dafür benötigt es keine Schizophrenen!", lachte sie. Owen lächelte, spielte das Spiel mit.
Als schließlich einige Zeit vergangen war und Amber spürte, wie die Müdigkeit in ihre Knochen zog, zahlte der Anzugträger wie versprochen und begleitete sie nach draußen, wo er ihr ungewohnt zuvorkommend ein Taxi bestellte.
„Herzlichen Dank, Mad-Dog!", sagte Amber und schlug schwungvoll gegen seine Schulter, woraufhin der Agent mit hochgezogener Augenbraue zu ihr blickte.
„Mad-Dog?", wiederholte er.
„Ja! Ist doch n' irre geiler Name, oder nicht?"
„Nein, nicht im geringsten...", seufzte Owen, woraufhin Amber ihren Arm um seine Schulter legte und grinsend zu ihm aufsah.
„Seien Sie mal nicht so verklemmt. War doch lustig! Und so lernt man sich als Partner mal besser kennen, oder nicht?"
„Ich hätte da auch getrost drauf verzichten können." Die junge Polizistin grinste breit und rubbelte über seinen Oberarm.
„Oh, das glaube ich nicht. Sie hatten Spaß, ganz sicher. Und jetzt wissen Sie, Sie können mir vertrauen, oder? Weil wäre ich der Spitzel, hätte ich es spätestens jetzt ausgeplaudert", lallte sie und ließ von ihm ab. Owen schnaubte.
„Das ist mir bewusst." Er sah auf, als das Taxi, das er zuvor bestellt hatte, neben ihnen hielt. „Diesmal bezahlen Sie selbst", ließ er die Blondine wissen, die sich sogleich brüskierte. Owen jedoch interessierte sich nicht länger dafür, seine Schuld war beglichen, wie er fand. „Kommen Sie gut Heim, Mason. Und seien Sie morgen pünktlich", befahl er ihr und drehte sich herum. Er hatte noch etwas Wichtiges zu erledigen, es konnte nicht warten. Denn witterte Owen Madock eine Chance.

Am nächsten Morgen wurde die verkaterte Amber weniger sanft geweckt, als sie es sich gewünscht hätte. Ihre Zimmertür flog auf, eine aufgebrachte Brünette kam hineingestürmt und begann wie wild an ihr zu rütteln.
„Amber, Amber wach auf!", sagte sie immer wieder. Die Blondine, deren Kopf brummte, gab einen murrenden Laut von sich, schlug Sams Hände weg und wollte sich auf die andere Seite herumdrehen, doch ließ die Wissenschaftlerin nicht locker. Sie krabbelte zu ihr aufs Bett und versuchte es von Neuem.
„Sam, Herrgott nochmal, wie spät ist es?", maulte Amber in ihr Kissen. Wenn die Jüngere weiter so an ihr rüttelte, würde sie sich gleich in ihr Bett übergeben, weshalb sie beschloss es nicht darauf ankommen zu lassen und sich unter größter Mühe aufsetzte, um ihrer Mitbewohnerin ihre Aufmerksamkeit zu schenken. „Was, was ist los?", fragte sie entnervt und rieb sich die müden Augen.
„Es geht um Larry Jordan!", sagte die Brünette, teils panisch, teils wütend. Das zornige Funkeln in den braunen Augen, die ihr entgegenblickten, war Amber tatsächlich neu. Sam hatte sie noch nie so angesehen.
„Was ist denn mit ihm?", hakte Amber mit träger Stimme nach.
„Er wurde vorhin verhaftet, vom FBI!", platzte es aus Sam heraus. Die Augen der Polizistin weiteten sich. Langsam ließ sie ihre Hand sinken.
„Dieser Mistkerl", murmelte sie, als sie die Erkenntnis traf.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top