Kapitel 50 - Stimmungsschwankungen

Eobard hatte nicht vorgehabt zu schlafen. Dennoch war er irgendwann, ohne es zu wollen, neben der Brünetten eingenickt, deren Anwesenheit ihn stetig mehr beruhigt hatte. Dementsprechend überrascht war der Speedster, als er am nächsten Morgen die Augen aufschlug. Kurz benötigte er, um zu realisieren und die Erinnerungen des gestrigen Tages vollständig abzurufen. Er wollte seinen linken Arm heben, als ihm just in diesem Moment auffiel, dass Sam darauf lag. Er sah auf seine Hand, die an ihrer Taille ruhte, ehe er seinen freien, rechten Arm hob und sich durchs dunkle Haar fuhr. Anschließend nahm der Wissenschaftler seine Brille ab, da ihm der Nasenrücken schmerzte und legte sie neben sich auf die Matratze. Sein Blick glitt zu Sam, die neben ihm lag und friedlich schlief. Unweigerlich musste Eobard schmunzeln. Dass es die junge Frau tatsächlich geschafft hatte ihn zu überreden sich zu ihr ins Bett zu legen verdiente Anerkennung.
Eingehend musterte er ihr Gesicht und bemerkte das Lächeln, das auf ihren vollen Lippen lag. Daraufhin wanderte sein Blick zu ihrer Hand, die sich in seinen Pullover gekrallt und ihn die ganze Nacht über nicht freigegeben hatte. Je wacher der Dunkelhaarige wurde und je mehr sich seine Sinne schärften, umso deutlicher nahm er den süßlichen Duft wahr, der ihm in die Nase stieg. Er beugte seinen Kopf hinunter zu Sams, langsam und mit Bedacht, um die junge Frau nicht zu wecken, und roch an ihrem Haar, um den Geruch zu identifizieren.
Vanille, eindeutig.
Er lehnte sich wieder zurück und beobachtete die Wissenschaftlerin einen Moment lang beim Schlafen. Dabei fragte er sich, ob sie wohl noch immer unter Hypnose stand, oder ob die Wirkung über Nacht nachgelassen hatte. Die Passanten, die das Meta-Wesen auf seinem Weg hypnotisiert hatte, waren schließlich ebenfalls zur Normalität zurückgekehrt, nach geraumer Zeit.
Der Dunkelhaarige spürte eine leichte Bewegung neben sich. Sam bewegte ihre Hand, verzog ihr Gesicht und streckte ihr Bein, das über seinem lag. Langsam erwachte sie aus ihrem tiefen Schlaf, derweil Eobard seinen Blick nicht eine Sekunde lang von ihr löste. Er war neugierig. Als die junge Frau schließlich ihre Augen aufschlug, nachdem sie sich nochmals enger an ihn gekuschelt hatte, stahl sich ein kaum merkliches Lächeln auf die Lippen des Wissenschaftlers. Sam, die allmählich realisierte, wo sie sich befand und auf wem sie zur Hälfte lag, legte ihren Kopf in den Nacken und sah zu ihm auf.
„Guten Morgen", grüßte er die Brünette mit vom Schlafen belegter Stimme, erpicht darauf ihre folgende Reaktion zu beobachten, die ihm verraten würde, ob sie nach wie vor unter dem Einfluss Rainbow Raiders stand. Ein roter Schleier legte sich über Sams Wangen und ließ sie aussehen wie zwei herrlich reife Äpfel, sodass der Dunkelhaarige glaubte seine Antwort zu haben. Doch als sie ihm breit entgegen grinste, anstatt ihren Blick abzuwenden, wurde er eines Besseren belehrt. Rainbow Raiders Einfluss schien nach wie vor zu bestehen. Scheinbar wirkten seine Fähigkeiten auf jeden Menschen anders.
„Guten Morgen", grüßte Sam ihn zurück und führte ihre Hand an seine Stirn, um ein paar Haarsträhnen, die ihm ins Gesicht hingen, zur Seite zu schieben. Ihre Fingerspitzen kitzelten seine Haut, doch ließ er sie gewähren. Seltsamerweise machte es ihm nichts aus, dass Sam ihn ständig berührte, hatte es nicht eine Sekunde lang. „Und, hast du gut geschlafen? Bestimmt wesentlich besser, als du es auf dem Rollstuhl getan hättest", sagte die junge Frau und entlockte ihm ein raues Lachen.
„Habe ich, in der Tat", erwiderte er.
„Siehst du, sagte ich doch", verkündete die junge Frau frech und ließ ihren Blick zu seiner Brille wandern, die nach wie vor neben ihm auf der Matratze lag. Sie beugte sich über ihn, um nach der Sehhilfe zu angeln. Anschließend krabbelte sie auf seinen Schoß, die Bügel der Brille mit beiden Händen umschlossen haltend, und setzte sie ihm vorsichtig auf. Eobard beobachtete sie schweigend dabei, während er ihr Gewicht auf seinen Beinen spürte, die - anders, als er vorgab - nicht gelähmt waren. „So. Wie neu", verkündete sie grinsend und wedelte kurz durch sein Haar, wobei der Wissenschaftler provokant eine Augenbraue nach oben zog. „Was?", hakte sie lachend nach.
„Nichts", kam es zurück, doch gab sich Sam mit dieser Antwort nicht zufrieden. Sie stützte sich mit den Händen auf seiner Brust ab und sah ihn an, abwartend. „Ich finde es nur verblüffend, welch erheblichen Einfluss das Meta-Wesen auf dich ausübt, dass du so auf Tuchfühlung gehst", erklärte er und kam nicht umhin als herausfordernd zu lächeln. „Oder gibt das Meta-Wesen lediglich den Anstoß und der Rest kommt von dir?", fragte er.
„Wer weiß", erwiderte Sam keck. Sie schob seine Brille vorsichtig zurecht. „Ich kann auch aufhören, auf Tuchfühlung zu gehen, wenn es dich stört."
„Das sagte ich nicht", konterte Eobard. Sam grinste.
„Also gefällt es dir?"
„Davon war ebenfalls nie die Rede", erwiderte er mit einem eigentümlichen Lächeln. Die Brünette lachte leise und beugte sich zu ihrem Angebeteten vor, sodass sich ihre Gesichter nahe waren.
„Was auch immer es ist, das du willst, du bekommst es. Ich gehöre ganz dir", wisperte sie ihm zu und streichelte sanft über seinen Kiefer, während sie ihm tief in die Augen schaute. Eobard erwiderte den Blick, sodass sie einander innig ansahen. Sam grinste frech und löste sich wieder von ihm, indem sie von seinem Schoß kletterte und sich auf die Bettkante setzte. Sie sah über ihre Schulter zum Wissenschaftler. „Ich gehe mich jetzt frisch machen", verkündete sie selbstbewusst und erhob sich, woraufhin sie leichtfüßig durchs Zimmer tapste. Bevor sie den Raum verließ, drehte sie sich jedoch noch einmal zu ihm herum. „Wir sehen uns im Cortex, Harrison", sagte sie, zwinkerte und verschwand schließlich durch die Tür.
Eobard sah der jungen Frau hinterher, während sich ein eigentümliches Lächeln auf seine Lippen stahl. Ihre Worte, sie gehöre ganz ihm - sie hatten durchaus ihren Reiz. Er hörte sie gern.

An diesem Morgen saß Owen Madock an seinem Schreibtisch in dem Büro, das er provisorisch bezogen hatte. Das Kinn auf seine Hand gestützt sah er auf den Bildschirm seines Laptops, der in seinen stahlblauen Augen reflektiert wurde. Seine Finger fuhr über das Touchpad, während er das Internet nach einem bestimmten Suchbegriff absuchte. ‚Dr. Harrison Wells.'
Es gab einiges, was das Netz über ihn zu berichten hatte, doch eine Sache überwog: die Explosion des Teilchenbeschleunigers vor über einem Jahr. Im Kopf rechnete Owen zurück. Er wusste nicht genau, wann die Meta-Wesen erstmals aufgetaucht waren, dafür wäre weitere Recherche notwendig, doch seine Intuition sagte ihm, dass es kein Zufall war, dass sie erst seit rund einem Jahr - wenn er mit seiner Schätzung richtiglag - in Central City ihr Unwesen trieben. Ein kläglicher Laut zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Amber, seine temporäre Partnerin, betrat mit einem müden Stöhnen und zwei Kaffee, der größer nicht sein könnten, sein Büro.
„Nichts, absolut nichts außer ein paar betrunkene Idioten, die sich geprügelt haben und eine Barschlägerei. Und selbst wenn einer dieser Vorfälle auf die Kappe des Meta-Wesens gegangen wäre, dann wären wir erst eingetroffen, wenn es sich längst aus dem Staub gemacht hätte", maulte die Blondine, die völlig übermüdet schien, und trat an seinen Schreibtisch heran. Owen schloss das Fenster zu seiner Recherche über Harrison Wells und nahm den Kaffee, den sie ihm reichte, entgegen. „Ich sagte ja, es ist, als würde man die Nadel im Heuhaufen suchen und in seiner Wohnung lässt er sich auch nicht blicken, sonst hätte sich die Patrouille längst gemeldet. Oh und die Gesichtserkennung ist auch für'n Arsch", fuhr Amber fort. Owen drehte sich mit seinem Stuhl zu ihr herum und musterte sie eingehend, während er einen Schluck von seinem Kaffee trank. Einen kurzen Moment hörte er ihr noch zu, wie sie ihrem Unmut kundtat. Als sie endete, hob er eine Augenbraue an und stellte seinen Kaffeebecher ab.
„Sind Sie dann fertig damit, sich auszuheulen?" Die Jüngere verzog ihre Lippen.
„Ja...", kam es gedehnt zurück.
„Sehr schön, dann können wir ja wieder an die Arbeit gehen", sagte der Blonde resolut und öffnete ein zweites Browserfenster. „Wenn Bivolo zu schnell ist, müssen wir lediglich vor ihm vor Ort sein, um ihn abfangen zu können", erklärte Owen selbstsicher und tippte etwas in seinen Laptop ein.
„Ach und woher wollen Sie wissen, wo Bivolo als nächstes hin will?", fragte sie trotzig nach. „Können Sie hellsehen, oder was?"
Owen ignorierte diese patzige Aussage gekonnt, stattdessen durchforstete er das Internet nach größeren Veranstaltungen in Central City, wo viele Menschen zu erwarten wären.
„Denken Sie nach, Mason. Unser Meta-Wesen hat bisher nicht nennenswertes getan, bis auf Chaos anzurichten und Wertsachen oder Geld mitgehen zu lassen. Jeder Verbrecher lässt sich durchschauen. Kennt man das Muster, nach dem sie handeln, dann lassen sich ihre nächsten Ziele manchmal vorhersehen." Er scrollte sich durch den Suchverlauf. „Also Mason, sagen Sie mir, wo kann unser Mann das größte Chaos anrichten?" Das Duo sah auf den Bildschirm und als sie die Überschrift lasen, ereilte sie zeitgleich die Erkenntnis.
„Die Demo in der Innenstadt heute", sagten sie synchron. Ein Grinsen stahl sich auf Ambers Lippen, während sie zu Owen sah, der sich von seinem Stuhl erhob und lässig sein Jackett vom Stuhl nahm, um es sich überzuziehen.
„Kommen Sie Mason, wir gehen auf Meta-Jagd", verkündete der Agent selbstbewusst und lief los. „Und sollten Sie noch einmal herumheulen, wie anstrengend Ihr Job doch ist, dann laufen Sie", fügte er hinzu, woraufhin Amber kurz in der Bewegung verharrte und ihn trotzig ansah.
„Nachts sind Sie netter", konterte sie.
„Habe ich schon oft gehört", kam es monoton zurück. Perplex zog die junge Polizistin eine Augenbraue nach oben, ehe ihre Mundwinkel leicht zuckten. Anschließend setzte auch sie sich wieder in Bewegung und holte zum Agenten auf.

„Einige Hauptstraßen in der Innenstadt, darunter die Granville und die Seymour Street, werden für die heutige Demo, die vor wenigen Minuten begonnen hat, bis zum frühen Abend hin gesperrt sein", ertönte die Stimme Linda Parks aus den Lautsprechern des Cortex. Cisco hatte es sich am Computerpult gemütlich gemacht und schaute fern, so auch Barry und Caitlin, die gemeinsam mit ihrem Mentor auf Sam warteten, da sie von der Ärztin nochmals untersucht werden sollte. Heute wollte Caitlin den zweiten Versuch wagen, sie von der Hypnose zu befreien, doch mussten die Scheinwerfer hinsichtlich der Farbabfolge und Geschwindigkeit nochmals mit Ciscos Hilfe überarbeitet werden.
„Es wird vermutlich noch ein paar Stunden dauern, bis wir erfolgreich sind", erläuterte die Braunhaarige soeben ihrem Vorgesetzten, der stumm nickte und sich nachdenklich mit dem Zeigefinger übers Kinn fuhr. „Und Sam wirkte heute morgen so wie gestern auch? Keinerlei Veränderungen?", fragte sie ihn, woraufhin Harrison nicht umhin kam als zu schmunzeln. Wenn er ehrlich antworten müsste, würde er sogar sagen, Sam war noch mutiger gewesen, wenn es darum ging sich ihm anzunähern.
„Keine Veränderung", erwiderte er ruhig. Caitlin seufzte und rieb sich mit einem schiefen Lächeln über die Stirn.
„Oh weh. Sie wissen schon, dass das Sam ungeheuer peinlich sein wird, wenn sie wieder sie selbst ist?" Harrisons Lächeln wurde nun so breit, dass seine Finger nicht länger imstande waren es zu verbergen.
„Das ist mir bewusst. Aber darum kümmern wir uns, wenn es soweit ist", erklärte er ruhig und sah auf, als Schritte ertönten. Caitlin drehte sich herum, Cisco und Barry taten es ihr gleich, allesamt neugierig auf Sam, die federleicht in den Cortex geschlendert kam und allen einen ‚wunderschönen guten Morgen' wünschte. Sie trug ihre schwarze Jeans sowie ein graues T-Shirt mit blauem Star-Labs-Schriftzug darauf. Sie kam auf Harrison zugeschritten, der bereits damit rechnete, dass sie wieder auf seinem Schoß Platz nahm, denn schenkte sie ihm dieses vereinnahmende, sehnsüchtige Lächeln, doch wurde sie von Caitlin aufgehalten, noch ehe es dazu kam.
„Sam, warte", sagte sie und umfasste sanft das Handgelenk der Brünetten. „Bevor du dich zu Dr. Wells begibst, könnte ich dich bitte untersuchen? Es dauert nicht lang. Nur für den Vergleich zu gestern", bat sie sie. Die junge Frau sah zögerlich zu ihrem Mentor, der ihr zunickte. Kurz darauf nickte auch Sam und strahlte dabei übers ganze Gesicht.
„Natürlich!", erwiderte sie schwungvoll und lief los. Als sie Harrison passierte, ließ sie ihre Hand genüsslich durch sein Haar fahren. Schließlich erreichte sie die Liege und ließ sich galant darauf nieder. Der Wissenschaftler beobachtete sie dabei.
„Noch mal Schwein gehabt, was, Dr. Wells?", ertönte Ciscos Stimme unweit von ihm entfernt. Fragend sah der Ältere zu seinem Schützling, der sich mit seinem Stuhl hin und her drehte, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er glaubte einen gewissen Trotz in seinen Gesichtszügen erkennen zu können. Ob er es wohl lieber wäre, dessen Nähe und Körperkontakt Sam suchte?

„Wie fühlst du dich?", fragte Caitlin derweil die Brünette. Sie war froh darüber, dass die Männer den nötigen Abstand wahrten, um Sams Privatsphäre nicht zu verletzen, denn war es längst kein Geheimnis mehr, dass sie mehr von sich preisgab, als ihr eigentlich lieb war.
„Grandios", schwärmte Sam und sah zum dunkelhaarigen Wissenschaftler, der am Pult neben Cisco saß. Caitlin schmunzelte und folgte dem Blick ihrer Freundin, der auf dem Brillenträger haftete.
„Das freut mich", erwiderte sie, ein wissendes Funkeln in den bernsteinfarbenen Augen, während sie ihre kleine Taschenlampe zückte und mit der Untersuchung begann.
„Weißt du, Caity", begann die Studentin, die ihren Blick nicht von Harrison löste, der mittlerweile ebenfalls zu ihr sah und sie beobachtete, „du musst nicht sofort eine Lösung finden." Sam sah zur Ärztin auf. „Ich fühle mich gut, so gut, wie schon lange nicht mehr. Plötzlich ist alles klar und einfach und mein Herz ist leicht", schilderte sie unbekümmert. Caitlin, die soeben Sams Puls und Herzfrequenz maß, lächelte.
„Das verstehe ich, Sam. Du hattest ein paar sehr schwere und schlimme Wochen und ich kann mir vorstellen, dass dir diese kleine Pause guttut", erwiderte sie sanft und berührte den Unterarm ihrer Freundin. Die beiden Frauen sahen einander an. „Aber auf Dauer ist das hier keine Lösung. Du musst selbst zu dir und deinem Glück zurückfinden, ohne Meta-Wesen." Sams Mundwinkel zogen sich nach oben.
„Ja, das weiß ich. Und das werde ich", sagte sie leise und sah wieder zu Harrison. Zu dem Mann, der ihr den Weg wies, immer und immer wieder. Auch, wenn sie bisher nicht wusste, welch dunklen Pfad sie dabei war zu beschreiten.
„Okay", sagte Caitlin leise und tätschelte Sams Arm, als plötzlich ein Alarm im Cortex ertönte und alle Köpfe zum Bildschirm schnellen ließ. Cisco, der mit seinem Stuhl vorgerollt war, machte sich bereits daran den Grund für den Alarm zu identifizieren.
„Ein Polizeinotruf", offenbarte er dem Team. „Die Demo. Scheinbar soll es da spontane Angriffe zwischen den Demonstranten geben. In einigen Teilen der Innenstadt artet es aus."
Mehr musste Barry nicht hören. Er und die Gruppe dachten exakt dasselbe: das Meta-Wesen, es schlägt wieder zu. Binnen eines Wimpernschlags stand der Forensiker in seinem roten Flash-Anzug vor dem Team und zog sich die Maske über.
„Barry", mahnte ihn sein Mentor ruhig. „Denk dran, vermeide Augenkontakt. Wir wissen nicht, ob Mr. Bivolo auch imstande ist dich zu kontrollieren." Der Speedster nickte entschlossen. Er würde an seinen Rat denken, wenn er Rainbow Raider gegenüberstand.
„Los, Barry, schnapp ihn dir!", jubelte Sam und streckte ihre Arme in die Luft. Der Angesprochene schnaubte belustigt.
„Passt gut auf sie auf", bat er sein Team und war im nächsten Moment auch schon verschwunden.

Es war laut auf den Straßen Central Citys. Laut und chaotisch. Die Menschen rangelten, prügelten und schubsten. Jene, die Roy Bivolo in die Augen gesehen hatten, lösten eine Kettenreaktion aus, denn wann immer sie jemanden anstießen oder angriffen, obgleich der- oder diejenige ebenfalls unter der Hypnose des Meta-Mannes stand, sie schlugen zurück. Es war ein Verteidigungsmechanismus. Die Innenstadt Central Citys glitt einem Spielfeld voller Dominosteine - jede Sekunde kippte ein weiterer Stein.
„Ich will, dass in der Seymour-Street weitere Einheiten anrücken, um dem Chaos ein Ende zu machen!", blaffte Owen in sein Funkgerät. Er hatte es vorhergesehen, dennoch nicht verhindern können.
„Was tun wir jetzt, Sir?", fragte Amber, die neben ihm stand und dabei zusehen musste, wie gut zehn Menschen miteinander rangelten und dabei fast die Polizeibarrikade aus Streifenwagen durchbrachen.
„Den Mann finden, der dafür verantwortlich ist. Vielleicht kann er diesem Theater ein Ende setzen", knurrte Owen und steckte seine Waffe zurück, da er keinerlei Intention hatte auf Unschuldige zu schießen. Amber tat es ihm gleich.
„Und wo wollen wir ihn finden?", fragte sie?
„Ganz einfach, wir folgen den Spuren, die er uns hinterlässt. Dort entlang, Mason!", befahl er autoritär und deutete die Straße voll wütender Menschen mit rötlichen Augen entlang. „Und bleiben Sie dicht hinter mir", fügte er hinzu und sprintete los.

Auch der schnellste Mann der Welt hatte es nicht leicht, sich durch das Gerangel zu kämpfen und den Menschen zu finden, der für all das Chaos verantwortlich war. Immer wieder stieß er auf eine Menschenmenge, die ihm den Weg versperrte. Sie schubsten und prügelten sich, wirkten wie wild gewordene Tiere.
„Hey!", rief er der Gruppe vor sich zu, als er Halt machte. „Aufhören, Stopp!" Er rannte auf die Leute zu und versuchte sie voneinander zu lösten, doch holte jemand mit dem Ellbogen aus und traf ihn unvorhergesehen am Kinn. Schmerzvoll stöhnend stolperte Barry zurück.
„Barry", ertönte die Stimme seines Mentors. Er hob seine Hand und führte sie an sein blitzförmiges Headset.
„Die Menschen sind außer sich, Dr. Wells. Was sollen wir tun? Es nimmt kein Ende", ließ er ihn wissen.
„Du musst Mr. Bivolo finden, Barry. Haben wir ihn, finden wir vielleicht einen Weg, das Chaos zu beenden. Folge den Spuren, die er dir hinterlässt und versuch die größeren Ansammlungen an wildgewordenen Menschen zu umgehen", befahl er ihm.
„Genau, Barry. Tu, was Harrison dir sagt, seine Pläne sind schließlich die allerbesten!", folgte Sams Stimme, die sich wohl wieder auf dem Schoß des Dunkelhaarigen niedergelassen hatte. Der Forensiker grinste kurz, rieb sich nochmals das Kinn und flitzte dann los.
Den Spuren zu folgen war jedoch leichter gesagt als getan. Überall kam er an rangelnden, wütenden Menschen vorbei, sodass die anfangs friedliche Demonstration wohl offiziell vorbei war. Doch irgendwann stieß er auf eine Teilmenge, die zwar verängstigt und verwirrt, jedoch nicht wütend zu sein schien. Sie reagierten lediglich so, wie es Menschen auf ein Chaos wie dieses tun würden. Er hielt an, sah sich um und erblickte ihn - einen Mann im schwarzen Trenchcoat, der sich gerade durch die Menge stehlen wollte.
„Ich habe ihn!", ließ er sein Team wissen und wollte soeben vor sprinten, als hinter ihm eine feste Stimme ertönte.
„Stopp!" Der Speedster drehte sich herum und erblickte Owen Madock, der seine Pistole auf ihn gerichtet hatte. „Keine Bewegung, Flash. Bivolo gehört uns, ihn kannst du nicht haben", rief der Agent. Im Zwiespalt gefangen blickte Barry zu ihm, danach über seine Schulter, denn war Rainbow Raider gerade dabei, wieder in der Menge zu verschwinden. Danach wandte er sich wieder Owen zu und knirschte mit den Zähnen.
„Wenn wir nichts tun wird er uns beiden entwischen!", erwiderte er mit erhobener Stimme und wandte sich um.
„Keine Bewegung!", wetterte Owen. Es wurde chaotisch.
„Bivolo!", rief Barry dem Meta-Mann zu, ehe er ihm in der Menschenmenge verschwinden konnte. Er drehte sich zu ihm herum - ihre Blicke trafen sich. Abgelenkt durch Owen Madock, der auf Rainbow Raider und ihn mit erhobener Waffe zu gerannt kam und ihm Warnungen entgegen schrie, sah er nicht weg, sondern sah seinem Gegenüber direkt in die Augen, den Rat, den ihm sein Mentor zuvor erteilt hatte, völlig vergessend. Roys Augen verfärbten sich dunkelblau, Barrys taten es ihm gleich. Kurz verharrte der Speedster vor Schreck, sprintete jedoch vor, als sich sein Gegenspieler durch die Menge drängte.
„Halt!", rief er ihm hinterher und versuchte ihm zu folgen, doch keine Chance. Die Menschen begannen bereits wütend zu schreien und zu rangeln, zu schubsen und zu drängeln, sodass es selbst für den schnellsten Mann der Welt keine Möglichkeit gab, Rainbow Raider zu folgen, der innerhalb der Masse verschwunden war wie ein Schatten.

Das Team bekam nur stückweise mit, was sich in der Innenstadt ereignete. Sie hörten Owen Madocks wütende Stimme sowie Barry, der dem Meta-Mann hinterherrief. Eine angespannte Stimmung herrschte im Raum, lag über dem Team wie ein unsichtbarer Schleier. Nur Sam erreichte er nicht, dafür war die Brünette mit ihrem Kopf viel zu hoch in den Wolken. Sie saß - wie Barry richtig spekuliert hatte - auf Harrisons Schoß und kraulte genüsslich durch sein Haar, während ihre Beine in der Luft baumelten.
„Barry?", fragte Cisco ins Mikro, Sorge schwang in seiner Stimme mit.
„Macht euch keinen Kopf, dem geht's gut. Gleich taucht er wieder auf, mit oder ohne Meta", sagte sie und kuschelte sich gemächlich an ihren Angebeteten. Der Brillenträger sah zu ihr hinunter und warf ihr einen eigentümlichen Blick zu, ehe ihm ein Windstoß entgegenwehte und Barry wie prophezeit im Cortex erschien. Jedoch ohne Roy Bivolo.
„Was ist passiert?", wollte Caitlin sogleich wissen, während sich der Jüngere die Maske vom Kopf zog und wütend in die Luft trat.
„Ich hatte ihn fast!", sagte er erzürnt. „Aber dann kam mir dieser Owen Madock in die Quere. Er hat mich total abgelenkt!", berichtete er mit erhobener Stimme. Das Team musterte ihn eingehend, alle bis auf Sam, die ohnehin nur Augen für einen Mann in diesem Raum hatte.
„Barry, hast du ihm in die Augen gesehen?", fragte Harrison. Caitlin erhob sich und schritt auf den Braunhaarigen zu, der sich jetzt verwirrt durchs Haar fuhr.
„Ich - ja, habe ich, glaube ich, aber es hat nichts bewirkt. Ich bin nur so wütend, von mir aus. Das hat nichts mit Rainbow Raider zutun", schilderte er, wurde aber dennoch von der Ärztin angewiesen, sich auf die Liege zu setzen, um sich untersuchen zu lassen.
„Vielleicht haben Rainbow Raiders Fähigkeiten keine Auswirkungen auf Speedster", mutmaßte Cisco, der mit nachdenklich verzogenen Lippen beobachtete, wie sich Caitlin Barry annahm. Sie leuchtete ihm in die Augen, um seine Pupillenreaktion zu testen.
„Das ist gut möglich, dennoch sollten wir auf Nummer sicher gehen", entgegnete Harrison und setzte sich mit seinem Rollstuhl in Bewegung, Sam saß nach wie vor auf ihm. Mittlerweile hatte sich der Brillenträger bereits daran gewöhnt, dass die junge Frau an ihm klebte.
„Soweit sieht alles normal aus. Für gewöhnlich setzt die Wirkung seiner Kräfte ja sofort ein", erklärte Caitlin und ließ die kleine Taschenlampe wieder sinken.
„Seht ihr, sag ich doch. Es ist alles gut", erwiderte der Speedster.
„Naja", ertönte der Seitenkommentar von Cisco, der nach wie vor am Computer saß und die Berichterstattungen verfolgte. „Dass ‚alles gut' ist, würde ich nicht sagen. In der Innenstadt haben wir Massenaufstände und wir wissen nicht, wann die Wirkung Rainbow Raiders nachlässt." Nachdenklich verzog Caitlin ihre Lippen und sah zu Sam, die ihren Kopf auf Harrisons Schulter ablegte.
„Wenn ich herausfinde, wie ich Sam wieder in Ordnung bekomme, dann können wir auch den Bewohnern Central Citys helfen. Am besten messe ich ihre Hirnwellen, während wir sie mit den Farben bestrahlen, um herauszufinden, wie sie auf die einzelnen Abfolgen reagiert. So sollten wir den Code knacken", erläuterte sie und blickte zu Cisco, um stumm seine Mithilfe anzufordern. Der Langhaarige verstand, nickte und erhob sich von seinem Stuhl.
Da diesmal nicht einmal die Überredungskünste des Wissenschaftlers dazu beitragen konnten, Sam von seinem Schoß herunterzubekommen, ließ sie das Team dort sitzen, während Caitlin mehrere Elektroden an Stirn und Schläfen klebte und die dazugehörigen Monitore, die ihre Gehirnwellen empfangen würden, einschaltete. Derweil rollte Cisco die Scheinwerfer an sie heran und kalibrierte die Farben so, dass das kleine Experiment starten konnte. Sam, die ihren Rücken genüsslich gegen die Brust ihres Mentors lehnte, wurde gebeten, direkt in die Scheinwerfer zu schauen. Sie nahm Harrisons Arme, legte sie um ihren Bauch und nickte. Barry saß hingegen weiterhin auf der Liege und beobachtete sein Team schweigend, während seine Gesichtszüge zunehmend erschlafften und ein trauriger Schimmer in seine Augen zog.
„In Ordnung, Sam, das könnte ein paar Momente dauern, bis ich alle nötigen Daten habe. Schön in die Farben sehen", bat Caitlin. Die Brünette nickte, das Farbspiel vor ihr begann.
„Wir müssten nicht experimentieren und raten, hätte ich Rainbow Raider erwischt", sagte der Speedster plötzlich. Cisco, Caitlin und Sam sahen zu ihm, wobei Harrison anschließend sacht ihr Kinn mit seinen Fingern umschloss und ihren Kopf wieder in Richtung Farben drehte.
„Das macht doch nix, Barry. Wir sind Wissenschaftler, wir lieben Rätsel", beschwichtige Cisco und vollführte eine lässige Handgeste.
„Ja, aber all diese Menschen in der Innenstadt, die jetzt gegeneinander kämpfen. Was, wenn jemand verletzt wird? Ich hätte Rainbow Raider schnappen müssen."
„Agent Madock hat dich abgehalten, Barry. Diese Niederlage geht auf seine Kappe", erwiderte diesmal Harrison, der nebenbei darauf achtete, dass Sam weiterhin auf die Scheinwerfer sah.
„Und wäre ich überzeugender gewesen, als ich mit ihm gesprochen habe, dann hätte er es nicht getan. Ich hätte ihn zu einer Kooperation überreden können, habe es aber nicht geschafft."
„Weil er dazu nicht bereit war", sagte Cisco und verengte fragend seine Augenbrauen. Er war die Schwarzmalerei Barrys gewöhnt, doch in diesem Ausmaß sicher nicht. Auch fragte er sich, woher die plötzliche Stimmungsschwankung kam. Kurz wechselte er einen Blick mit Harrison und Caitlin.
„Nein, es ist meine Schuld. Überhaupt alles ist meine Schuld", widersprach Barry und verzog sein Gesicht. Er deutete auf Sam, anschließend auf die Monitore, auf denen die Berichterstattungen über das Geschehen in der Innenstadt im Hintergrund liefen. „All diese Menschen und Sam, ich konnte sie nicht beschützen, weil ich zu langsam war. Und dann auch noch der Mann in Gelb. Wo ist er? Wann kommt er wieder? Interessiere ich ihn denn nicht? Weiß er, dass ich keine Herausforderung wäre, weil ich ihm zu langsam bin? Weil ich versage? Und Iris, Gott, wieso ausgerechnet Eddie", murmelte er und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
„Was geht denn jetzt ab?", kommentierte Cisco perplex.
„Alles geht schief und ich kann nichts tun. Und dann ist mir auch noch Bivolo entwischt, obwohl er direkt vor mir war", schluchzte Barry. Der Langhaarige, der zutiefst verwirrt neben seinem Freund stand, hob seine Hand und tätschelte zögerlich seine Schulter.
„Alter... heulst du jetzt?"
„Nein", wimmerte Barry und schluchzte erneut, während er seinen Kopf schüttelte, das Gesicht weiterhin in seinen Händen vergraben. Das Team sah einander an. Selbst Sam, die in diesem Moment nicht von Harrison abgehalten wurde ihren Blick von den Scheinwerfern zu lösen. Mehrere Münder standen offen.
„Barry?", fragte Caitlin besorgt. Sie schritt nun ebenfalls auf ihn zu und streichelte fürsorglich über seinen Rücken.
„Und damals ist meine Schildkröte weggelaufen und ich weiß bis heute nicht, wo sie ist", fügte er kontextlos hinzu. Spätestens jetzt wusste jeder aus dem Team, dass der Braunhaarige genauso von der Rolle war wie Sam - wenn auch auf ganz andere Art und Weise.
„Dr. Wells", begann Caitlin zögerlich und sah zu ihrem Mentor. „Wie es scheint-"
„Ich befürchte auch", erwiderte er. Niemand musste den Satz zu Ende führen, das Team verstand auch so.

Während die Gruppe beriet, wie sie Sam und Barry wohl am ehesten helfen konnten, stattete Caitlin auch den Speedster mit Elektroden aus, um seine Gehirnströme gleichermaßen messen zu können, wobei er dem Farbspiel der Scheinwerfer folgte.
„Tut mir echt leid, das mit deiner Schildkröte", sagte Sam und tätschelte dem Braunhaarigen die Schulter. „Wenn du willst, kaufe ich dir eine neue."
„Sam, konzentrier dich bitte auf die Farben", raunte Harrison ihr ins Ohr, auf dessen Schoß sie nach wie vor saß. „Schließlich brauchen wir die Messwerte, um dir helfen zu können." Die junge Frau drehte ihren Kopf entgegen des Befehls ihres Mentors über ihre Schulter und sah ihm in die Augen, ein neckisches Grinsen auf den Lippen.
„Willst du mir wirklich helfen, Harrison? Dann hast du keine Frau mehr auf deinem Schoß sitzen, die dich anschmachtet", sagte sie und schmiegte sich verführerisch an ihn. Provokant hob der Wissenschaftler eine Augenbraue. „Das kann doch wohl kaum in deinem Interesse liegen", fuhr sie ungeniert fort.
„Ich hatte noch nie eine Frau auf meinem Schoß sitzen, die mich anschmachtet", jammerte Barry neben ihnen. Seine Lippen bebten. „Und selbst wenn, es ist egal, denn will ich nur die Eine", sagte er inmitten eines lauten Schluchzens und rieb sich übers aufgequollene Gesicht.
„Was für'n Scheiß", murmelte Cisco, der etwas abseits der Gruppe neben Caitlin stand, die die Monitore überprüfte.
„Wobei, ich schmachte dich ja auch so an", fuhr Sam fort, die nebenbei Barrys Schulter tätschelte, da der Braunhaarige soeben wieder in einen Heulkrampf geriet und von Caitlin mit vor Mitleid getränkter Stimme ermahnt werden musste, geradeaus in die Scheinwerfer zu sehen. „Wenn auch nicht so offensichtlich", sagte Sam, derweil Harrison ihr Kinn umfasste und ihren Kopf sanft aber bestimmt in Richtung Scheinwerfer zurückdrehte. „Aber ich tue es, die ganze Zeit. Ich denke kaum an etwas Anderes als daran, wie perfekt du bist", wisperte sie, denn waren sich ihre Gesichter nahe, da Harrison sich ein Stück vor gebeugt hatte und die Brünette noch immer an ihm lehnte.
„Tatsächlich?", raunte der Wissenschaftler neugierig.
„Ja. Ich bin dir ganz und gar verfallen", hauchte Sam mit einem verklärten Grinsen auf den Lippen. „Aber das weißt du längst."
„Möglich", sagte Harrison mit gesenkter Stimme. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Er musterte ihr Seitenprofil, während sie gehorsam in die Scheinwerfer blickte und nebenbei mit seinen Fingern spielte.

„Ich möchte, dass sich so viele Einheiten wie möglich in die Innenstadt begeben und dort Barrikaden errichten. Wir müssen versuchen, die Randale einzudämmen. Und sobald jemand Bivolo sichtet, will ich umgehend informiert werden ", sprach Owen streng in sein Funkgerät und pfefferte es anschließend zurück in die Halterung des Polizeiwagens, in dem er saß.
„Wow, was geht mit Ihnen. Hat Bivolo Sie etwa auch erwischt?", fragte Amber, die neben dem Polizisten saß, mit hochgezogener Augenbraue. Der Anzugträger war nicht zu Scherzen aufgelegt, weshalb er seiner jüngeren Kollegin einen bösen Blick zuwarf, woraufhin diese kapitulierend ihre Hände hob.
„Ich hätte ihn erwischt, wäre Flash nicht dort gewesen", knurrte er.
„Naja, genau genommen ist es andersherum. Flash hätte ihn erwischt, wären Sie nicht dort gewesen." Wieder erntete sie einen finsteren Blick.
„Flash darf ihn nicht bekommen. Wenn er es tut, dann bringt er ihn nur wieder weiß der Teufel wohin. Am Ende errichtet er noch seine eigene Meta-Armee und niemand hat damit gerechnet." Amber schnaubte.
„Das ist nun wirklich sehr weit hergeholt", murmelte sie und drehte sich auf ihrem Sitz herum zu Owen. „Vielleicht sollten wir einfach versuchen, die wütende Menge irgendwie in Zaum zu halten und Flash das Ganze überlassen. Es gibt jetzt Wichtigeres zutun, als ein Meta zu schnappen und Flash ist sicher nicht unser Feind. Wieso überlassen wir ihm nicht einfach die Meta-Jagd und beschützen derweil die Stadt?" Owen schlug auf das Armaturenbrett. Amber zuckte erschrocken zusammen.
„Es gibt Regeln, Mason!", blaffte er. „Regeln und Gesetze, an die man sich zu halten hat. Diese Menschen müssen hinter Gitter, damit sie niemanden mehr gefährden können und Flash?", Owen vollführte eine wegwerfende Handgeste, „er tanzt aus der Reihe, hält sich nicht an die festgelegten Regeln. Sie sind jung und dumm, Sie haben keine Ahnung, wie schief sowas gehen kann, also sagen Sie mir nicht, was das Beste für die Stadt und seine Bewohner ist." Überrascht musterte die junge Polizistin ihr Gegenüber. „Nicht umsonst haben wir unser Justizsystem. Diese Menschen müssen sich dem Gesetz behaupten und weggesperrt werden, sollten sie zu gefährlich sein. So sind die Regeln", erklärte der Bartträger ruhiger werdend. Stumm sah Amber ihn an und nickte, während sie sich fragte, wieso der Agent wohl so erpicht darauf war sich an die Regeln zu halten. Ja es glich beinahe einem Zwang.

Gelangweilt lehnte sich Cisco in seinen Stuhl zurück, die Arme wie gewohnt hinter dem Kopf verschränkt, während er auf den Bildschirm starrte. Nebenbei drang der Polizeifunk durch die Lautsprecher des Cortex, denn überwachten sie alle Frequenzen, für den Fall, dass das CCPD Rainbow Raider sichtete.
„So haben wir weniger Arbeit. Sollen die das doch mal erledigen, wir haben ja schon genug Probleme", hatte der Langhaarige seinen Entschluss gerechtfertigt.
Stumm hockte Barry auf dem Boden neben dem Computerpult, seine Beine an seinen Körper gezogen und seine Arme lose über seinen Knien baumelnd. Sam saß, was wenig überraschend war, auf Harrisons Schoß und starrte wie in Trance auf den Bildschirm, auf dem die Liveberichterstattung zu den Eskalationen auf der Demo lief, derweil sie durch das Haar des Wissenschaftlers kraulte, der seinen eigenen Gedanken nachhing.
„Oh man, in der Innenstadt herrscht das reinste Chaos", kommentierte Cisco und zog einen Schokoriegel aus seiner Jackentasche. Ein leises Schluchzen ertönte rechts neben ihm. Barry vergrub seinen Kopf in seinen Knien.
„Und das ist allein meine Schuld. Wäre ich nur schneller gewesen", jammerte er.
„Alter, ist doch mal gut jetzt", kommentierte der Langhaarige und zog entnervt seine Augenbrauen zusammen. Zugegeben, zuerst war es seltsam gewesen, die weinerliche Stimmung seines Freundes. Dann, für ein paar Minuten, tatsächlich witzig, jetzt jedoch nur noch nervig.
„Mach dir nichts draus, Barrylein, es gibt auch eine schöne Form von Chaos", summte Sam. Harrison, der just aus seinen Gedanken geholt wurde, hob seinen Kopf und sah zu ihr, eine Augenbraue fragend erhoben.
„Die da wäre?" Die Angesprochene setzte ein neckisches Grinsen auf und beugte sich zum Wissenschaftler vor, während Cisco aus dem Augenwinkel zu ihnen sah, weshalb sich der Brillenträger still ermahnte keine Miene zu verziehen.
„Das Chaos, das du in mir hinterlässt, zum Beispiel", wisperte sie ihm ins Ohr. Harrisons Mundwinkel zuckte kaum merklich. Auch er konnte nicht leugnen, dass das Chaos, das er, wie ihm die Brünette soeben mitteilte, in ihr anrichtete, durchaus reizvoll war. Zwar war der Dunkelhaarige ein Stratege und somit ein Mann der Ordnung, doch übte auch auf ihn das Chaos einen gewissen Reiz aus. Ähnlich wie die junge Frau auf seinem Schoß.
„Wir haben Hinweise darauf, dass Bivolo in der Beach Avenue gesichtet wurde", ertönte plötzlich ein Funkspruch aus den Lautsprechern, der das gesamte Team hellhörig werden ließ. Cisco, der sich kurzzeitig in seinen Stuhl zurückgelehnt hatte, um seinen Schokoriegel zu essen, setzte sich auf und rollte vor.
„Mason und ich sind in der Nähe, wir hängen uns ran", drang eine tiefe, männliche Stimme aus den Boxen, die Cisco bislang unbekannt war. Er sah zu Sam, die verträumt eine schwarze Locke Harrisons um ihren Finger zwirbelte.
„Das ist Agent Owen Madock", ließ sie den Langhaarigen nebenbei wissen.
„Was?! Na toll!", erwiderte er, denn besaß der Agent somit einen kleinen Vorsprung. Doch was war schon Vorsprung, wenn man den schnellsten Mann der Welt im Team hatte? Alle Blicke wanderten zu Barry, der nach wie vor auf dem Boden saß und schmollte. „Barry!", weckte Cisco seinen Freund aus der Trance. Dieser sah über seine Schulter zu ihm, seine Augen schimmerten mitleidserregend. „Was sitzt du denn da rum? Los, los, du musst Rainbow Raider schnappen, bevor Madock es tut!", befahl der Ingenieur laut.
„Schrei mich doch nicht so an", wimmerte der Braunhaarige und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Perplex und mit erhobenem Finger verharrte Cisco inmitten jedweder Bewegung.
„Das war wirklich nicht sehr nett, Cisco", mahnte Sam ihn, die jenseits von Gut und Böse schwebte. Der Langhaarige fuhr herum, seine Gesichtszüge waren ihm entglitten. Sein Blick wanderte zu Harrison.
„Dr. Wells, helfen Sie mir doch mal!", bat er seinen Vorgesetzten. Dieser fuhr sich mit einem tiefen Seufzen übers Gesicht, ehe er sich nun selbst an den Speedster wandte.
„Barry", sagte er ruhig. „Wir brauchen deine Hilfe. Cisco hat Recht, wir müssen Rainbow Raider vor Agent Madock erwischen. Du musst jetzt versuchen dich zusammenzureißen und als Flash in Aktion treten."
„Nein!", quengelte der Braunhaarige und legte sich auf den Boden. „Ich will kein Flash sein."
„Und wieso nicht?", hakte Sam interessiert nach und lehnte sich genüsslich gegen den Wissenschaftler.
„Weil ich mich in dem roten Lederanzug fett fühle." Cisco entglitten seine Gesichtszüge. Er öffnete seine Lippen, wollte etwas erwidern, doch tatsächlich fiel ihm nichts ein. Absolut gar nichts. Sam hingegen schon. Die Brünette war so guter Laune, schwebte auf Wolke neun, sodass sie gar nicht anders konnte als munter vor sich her zu plappern.
„Ach was, du siehst in deinem Anzug nicht fett aus", winkte sie ab und vollführte eine übertriebene Handgeste, der Harrison kurzerhand ausweichen musste. Kichernd streichelte Sam über seine Wange, um sich zu entschuldigen, ehe sie fortfuhr: „Du hast sogar einen ziemlichen Knackarsch in dem Anzug und das kann sicher nicht jeder behaupten." Der dunkelhaarige Wissenschaftler, auf dessen Schoß sie saß, blickte mit angehobener Augenbraue zu ihr. Sam grinste neckisch, als sie sich zu ihm beugte. „Aber sicher nicht so wie du, Harrison." Der Angesprochene räusperte sich.
„Ich werde diese unangemessene Aussage deinerseits einfach mal unkommentiert lassen und dich stattdessen fragen: woher willst du das wissen? Ich sitze die ganze Zeit", erwiderte er. Ein verspieltes Schimmern lag in seinen blauen Augen, verborgen vor Cisco und Barry, die soeben mit sich beschäftigt waren, denn versuchte der Langhaarige weiterhin vergeblich seinen Freund zu überzeugen, loszurennen.
„Na ganz einfach", schnurrte Sam und führte ihre Lippen an Harrisons Ohr. „Vorstellungskraft", hauchte sie, wobei ihr Atem sein Ohr streifte. „Du sagtest doch immer, ich hätte so viel davon." Die Mundwinkel des Brillenträgers zuckten, ehe ein erneuter Funkspruch ertönte.

„Wir sind gleich da", sprach Owen Madock mit fester Stimme ins Headset und reichte es Amber.
„Over and Out", sprach sie hinein und legte es beiseite. Der Agent warf ihr einen zynischen Seitenblick zu, den die junge Polizistin nur mit einem Schulterzucken abwehrte. „Ab und zu Spaß haben ist doch nicht verboten", erklärte sie.
„Spaß haben können Sie, wenn die Arbeit getan ist, Mason. Vorher reißen Sie sich gefälligst zusammen." Trotzig verzog Amber ihr Gesicht. Man, welche Laus ist dem denn über die Leber gelaufen, dachte sich die Jüngere, ehe der Wagen hielt. Sie schaute nach vorn und erblickte eine große Masse feiernder, lauthals lachender Demonstranten. Sie hüpften, tanzten, sangen und schienen völlig außer sich vor Freude. Angewidert presste die Blondine ihre Lippen zusammen.
„Das ist echt gruselig", kommentierte sie.
„Offenbar kontrolliert unser Mann mehrere Gefühle, nicht nur Zorn", schlussfolgerte Owen. Amber hielt sich mit ihrem Kommentar zurück, schließlich wusste sie bereits, dass Bivolo zu mehr imstande war, sie hatte es bei Sam am eigenen Leib erlebt. Wenigstens hatte er ihr ein schönes Gefühl beschert, so hatte Amber ein weniger schlechtes Gewissen, sie einfach bei Star Labs zu lassen. Dr. Wells würde sich schon um sie kümmern und Sam hätte, wenn all das vorbei war, sicherlich eine Handvoll witziger Dinge zu erzählen. „Kommen Sie, Mason. Hier kommen wir nicht mit dem Auto weiter", verkündete Owen, während sie beobachteten, wie die Menschen das Auto umzingelten und weiter tanzten und feierten, so als gäbe es kein Morgen.
„Okay", murmelte Amber. Die beiden Partner öffneten die Autotüren und stiegen aus. Versuchten, sich durch die Menge zu quetschen, doch war dies leichter gesagt als getan. „Sorry, darf ich mal kurz? Danke. Sorry", murmelte Amber immer wieder, da sie auf gefühlt dutzende Füße trat, während die Menge in ihre entgegengesetzte Laufrichtung schwärmte. Irgendwann jedoch hatte sie es geschafft, sich hindurch zu quetschen, so wie Owen, der unweit neben ihr sein Jackett richtete.
„Na, sitzt der Anzug?", zog Amber ihn auf, erntete einen finsteren Blick und lief schließlich gemeinsam mit ihren Partner los, auf der Suche nach Roy Bivolo.

Der bediente sich gerade in mehreren Geschäften. Räumte die Kassen leer, steckte alles was funkelte und glänzte ein, denn wer würde ihn schon aufhalten, wenn die ganze Stadt im Chaos versank? Die Polizei hätte Wichtigeres zutun und er könnte sich gemächlich aus dem Staub machen. Der Großgewachsene wollte soeben einen Juwelier betreten, als die feste Stimme des Agenten hinter ihm ertönte.
„Keine Bewegung!" Bivolo sah auf und musterte Owens Gesicht. Der Blonde war nicht dumm, denn anstatt ihm in die Augen zu sehen, haftete sein Blick auf dem Betonboden vor ihm, ähnlich der seiner jüngeren Kollegin. Roy musste gestehen, er empfand es als äußerst schade, denn hätte er einen steifen Mann wie den Agenten gern in die Gefühlswelt gezogen, in der sich viele der Stadtbewohner befanden. Es wäre amüsant gewesen zu beobachten, wie der Mann vor ihm plötzlich seine Fassung verlor. „Nehmen Sie die Hände hoch, Bivolo!", blaffte Owen gereizt. „Wird's bald!"
Roy Bivolo hatte keinerlei Interesse daran, sich festnehmen zu lassen. Sein Leben war gut, ja nahezu fantastisch, seitdem er diese Fähigkeiten hatte. Dennoch spielte er das Spiel für einen kurzen Augenblick mit, während sein Blick nach links und rechts wanderte, um sich den Fluchtweg im Kopf zurechtzulegen. Owen und Amber, die jeglichen Blickkontakt vermieden, bekamen nichts davon mit.
„Wollen Sie mir nicht in die Augen sehen, wenn Sie mich schon festnehmen, Detective? Das ist doch ziemlich unhöflich, muss ich sagen", sagte Rainbow Raider theatralisch.
„Für Sie immer noch Agent Madock und ich scheiß drauf, ob ich unhöflich bin oder nicht."
„Tut er wirklich", sagte die blonde junge Frau neben ihm, die ihre Waffe ebenfalls auf ihn gerichtet hatte.
„Wissen Sie, was interessant ist?", fragte Roy. „Ich kann Emotionen nicht nur manipulieren, ich kann sie auch fühlen, wenn ich mein Gegenüber nur ansehe." Er trat einen Schritt vor, Owen hob seine Waffe, führte seinen Finger an den Abzug. „In Ihrem Gesicht, Agent, da sehe ich dutzende unverarbeitete Emotionen, die Ihre Gesichtszüge steif und ihre Körperhaltung verkrampft werden lassen. Ein Gewicht auf ihren Schultern, dass sie nach unten drückt."
„Keinen Schritt näher!", wetterte der Blonde.
„Aber wissen Sie, was ich am deutlichsten sehe?", fuhr Roy ungeniert fort und grinste. „Ich sehe, dass Sie nicht schießen werden, weil Sie das nicht dürfen. So will es das Gesetz, dann habe ich keinen Menschen in dem Sinne angegriffen, sondern ihnen nur in die Augen geschaut. Sie werden nicht schießen, weil es eine Regel ist und die sind Ihnen äußerst wichtig."
Stille kehrte ein. Weder Owen noch Bivolo sagten einen Ton. Amber lugte zu ihrem Vorgesetzten. Dann plötzlich rannte der Meta-Mann los. Owen reagierte, setzte sich ebenfalls in Bewegung, seine Waffe auf den Mann gerichtet, auf dessen Rücken er nun sah.
„Stopp!", rief er ihm hinterher und ließ seine Pistole anschließend fluchend sinken. Der Exzentriker hatte richtig gelegen, er durfte nicht schießen. Also die gute, alte Verfolgungsjagd, dachte er sich. „Mason, folgen Sie ihm!", befahl er seiner jüngeren Kollegin und bog in einer Seitengasse ab. Die Blonde tat wie ihr geheißen und sprintete derweil Bivolo hinterher, der einen Vorsprung hatte.

„Barry, du musst jetzt losrennen und Bivolo schnappen! Madock ist hinter ihm her, wer weiß, ob er ihn nicht sogar schon geschnappt hat?", sagte Cisco verzweifelt, der sich mittlerweile von seinem Stuhl erhoben hatte und am Arm seines am Boden liegenden Freundes zerrte, um ihn auf die Beine zu ziehen. Doch ohne Erfolg. Er wischte höchstens den Boden mit ihm. „Barry! Komm schon!", jammerte der Langhaarige.
„Nein!", heulte der Braunhaarige trotzig.
„Du musst aber die Stadt retten, du bist Flash!"
„Nein!", kam es von Neuem zurück. „Ich will nicht Flash sein, es ist anstrengend und frustrierend!"
„Du bist anstrengend und frustrierend!", wetterte Cisco zurück. Sam kam nicht umhin zu prusten. Lachend vergrub sie ihr Gesicht in Harrisons Schulter, der seinen Blick vom traurigen Duo vor sich abwandte und zu ihr sah. Der Wissenschaftler wusste, er konnte weder auf Barry, Cisco noch auf die turtelnde Brünette auf seinem Schoß setzen. Seine Hoffnung lag auf Caitlin, die vor geraumer Zeit den Cortex verlassen hatte, um anhand der von Sam und Barry gemessenen Hirnströme eine funktionierende Farbtherapie zu entwickeln. Doch allmählich lief ihr die Zeit davon, denn sollte der Agent tatsächlich Bivolo vor ihnen erwischen, dann wäre die Sache kompliziert.
„Barry, los!", maulte Cisco und schleifte den lustlosen Speedster über den Boden. Wieder kicherte Sam in Harrisons Schulter.
Aber gerade dann, als die Lage am aussichtslosesten erschien, tauchte plötzlich Caitlin im Cortex auf, die Cisco mit fester Stimme anwies ihr zu den Scheinwerfern zu folgen, um sie in der von ihr notierten Farbfolge einzustellen. Harrison sah auf und setzte sich mit seinem Rollstuhl in Bewegung, wobei er seinen Arm um Sams Taille legte, damit sie nicht von seinem Schoß fiel.
„Hast du die Lösung finden können, Caitlin?", fragte er die begabte junge Ärztin, die zu seiner vollen Zufriedenheit nickte.
„Ich bin mir sicher, dass es funktionieren wird. Also, wen wollen wir zuerst therapieren?", fragte sie und blickte zwischen der auf Harrisons Schoß sitzenden Sam und dem am Boden liegenden und schluchzenden Barry hin und her.
„Barry", sagten die Wissenschaftler im Chor.
„Außerdem muss er mal aus den Federn kommen, weil Madock dabei ist unser Meta-Wesen dingfest zu machen, sollte er nur ein bisschen Grips haben", fügte Cisco hinzu. Caitlin nickte entschlossen und lief zum deprimierten Speedster, um ihm sanft aufzuhelfen und ihn zu animieren ihr zur Liege zu folgen, derweil Cisco die Scheinwerfer anhand von den Notizen der Ärztin kalibrierte. Sam, die ihm abwesend dabei zusah, lehnte ihren Kopf gegen den ihres Mentors und kraulte, wie schon so oft innerhalb dieser zwei Tage, durch sein Haar.
„Bald endet das kleine Abenteuer. Dann kannst du mir kaum mehr in die Augen sehen", raunte Harrison plötzlich. Überrascht sah die Brünette zu ihm, ehe sich ein verliebtes Grinsen auf ihre Lippen stahl.
„Stimmt dich das traurig?" Der Wissenschaftler schien einen Moment zu überlegen.
„Es ist in der Tat bedauerlich. Es war interessant, diese Seite an dir zu erleben." Sam kicherte leise und sah ihrem Angebeteten tief in die Augen. Harrison erwiderte den intensiven Blickkontakt. Ihr Finger fuhr über seinen Kiefer.
„Du wirst sie wieder erleben", versprach sie ihm. „Du musst sie nur hervorlocken", wisperte sie, zwinkerte verführerisch und kuschelte sich anschließend wieder an den Wissenschaftler, der amüsiert schnaubte.

„Stopp, Bivolo!", rief Amber atemlos. Sie jagte ihn durch eine Seitengasse, lief nun schon eine geraume Zeit hinter ihm her, denn war der Meta-Mann schneller, als er aussah. Doch hatte sie eine Polizeiausbildung hinter sich, war sportlich fit, da wäre es doch gelacht, wenn ihr der Exzentriker entwischen würde. So legte die Blondine nochmals einen Zahn zu, indem sie ihre Zähne zusammenbiss und ihre Schritte beschleunigte. Sie sah nach vorn und beobachtete, wie Bivolo gerade in eine Kurve biegen wollte, als er plötzlich von Links umgestoßen wurde. Ambers Augen weiteten sich, als sie sah wie zwei Männer zu Boden gingen, darunter Owen, der schnurstracks reagierte und seinen Angreifer auf den Rücken drehte. Stolpernd und mit rasselnden Lungen kam die junge Frau neben ihrem Partner zum Stehen und stemmte ihre Hände gegen ihre Knie.
„Agent Madock", sagte sie schwer atmend, während der Polizist seinem Gefangenen mit einem selbstgefälligem Grinsen Handschellen anlegte und ihm seine Rechte vorlas. Als Ambers Blick über Owens Körper glitt fiel ihr auf, dass er kein Jackett mehr trug, sondern nur noch sein blaues Hemd, das seinem muskulösen Körper schmeichelte.
„Nanu, wo ist ihr Jackett?"
Owen lockerte seine Krawatte und kniete sich atemlos neben den Meta-Mann, der leise vor sich her fluchte und versuchte seinen Kopf so zu drehen, dass er ihnen in die Augen sehen konnte.
„Das hat beim Rennen gestört", schilderte er, woraufhin Ambers Mundwinkel zu zucken begannen. Mit hochgezogener Augenbraue sah der Agent zu ihr. „Verkneifen Sie sich Ihren Kommentar, Mason", brummte er. Die junge Frau prustete in ihre Hand und nickte schließlich mit vor Belustigung verzogenem Gesicht. Anschließend glitten die Blicke beider zu Bivolo, dessen Kopf Owen festhielt, sodass er ihn nicht drehen und ihnen in die Augen sehen konnte. „Unser erstes Meta-Wesen", verkündete er mit einem stolzen Grinsen und streckte ihr seine Hand vor. Fragend beäugte Amber diese. „Los, schlagen Sie ein. Das macht man unter Partnern so, wenn man Erfolg hatte." Grinsend streckte die Polizistin ihre Hand vor und tat wie befohlen.
„Ohne Jackett sind Sie ja fast schon richtig cool, wissen Sie das?", zog sie ihn auf.
„Ruhe jetzt", kam es grimmig zurück.

Wie hypnotisiert starrte Barry in die Lichter. Die Farben beschienen sein Gesicht in Rot, Blau, Gelb und Violett. Der Mund stand ihm leicht offen, während Cisco und Caitlin neben ihm standen und akribisch jede Reaktion beobachteten. Sam und Harrison ebenso. Dann plötzlich kehrte Bewegung in den Speedster ein. Er blinzelte mehrere Male, verzog verwirrt sein Gesicht. Verwirrt wischte er sich übers vom Weinen durchnässte Gesicht, ehe sein Blick durch die Runde glitt.
„Barry?", fragte Caitlin ihn vorsichtig. Der Speedster erhob sich rasch, so als wäre er aus einer Trance erwacht und drehte sich zu seinem Team.
„Rainbow Raider", platzte es aus ihm heraus. „Ich muss ihn vor Madock erwischen!"
„Na dann auf, auf!", animierte Cisco seinen Kumpel, während Caitlin sich - froh darüber, dass es dieses Mal funktioniert hatte - durchs hellbraune Haar fuhr. Sam klatschte freudig, während sich Harrison tief seufzend über den Nasenrücken fuhr und über jene Information schmunzeln musste, dass sich Barry scheinbar an alles, was während seiner Trance passiert war, erinnern konnte. Sein Blick wanderte zu Sam. Das versprach amüsant zu werden.

Owen klopfte sich den Staub von seiner Anzughose und richtete sich gemeinsam mit Roy Bivolo auf. Anschließend zog er sich die Krawatte über den Kopf, löste den Knoten und begann die Augen des Meta-Mannes zu verbinden, während sich Amber nun ebenfalls erhob und ihm dabei zusah. Noch immer konnte sie nicht glauben, dass sie tatsächlich ein Meta-Wesen geschnappt hatten und das vor Flash. Was würde jetzt mit diesem Mann passieren und vor allem, was würde das Team in Star Labs wohl dazu sagen? Amber spürte das schlechte Gewissen in sich aufkeimen. So gesehen hatte sie Sam gerade hintergangen. Die Polizistin öffnete ihre Lippen, um ihren Vorgesetzten zu fragen, was mit Roy geschehen würde, als ihr plötzlich ein heftiger Windhauch ins Gesicht wehte. Sie blinzelte perplex und blickte zu Owen, der plötzlich nicht mehr Bivolo in seiner Gewalt hatte und ebenso perplex wie sie ins Leere starrte, seine Hand erhoben.
„Was zum", murmelte er und fuhr herum, als eine verzerrte Stimme ertönte. Flash stand einige Meter abseits von ihnen und hielt den Meta-Mann in Gewahrsam. Amber hörte förmlich, wie der Agent neben ihr zu kochen begann.
„Hände weg von ihm, Flash! Dieser Mann wurde soeben von mir gefangen genommen, er unterliegt jetzt dem Gesetz und dem CCPD!", rief der Bartträger streng.
„Es tut mir Leid, Agent Madock", sagte Flash bedauerlich. „Ich weiß, Sie haben sich die größte Mühe gegeben diesen Mann einzufangen und dafür dankt ihnen sowohl die Stadt, als auch ich. Aber Ihre Aufgabe ist somit getan, ich werde mich nun diesem Mann annehmen und versuchen einen Weg zu finden, ihm seine Kräfte zu entziehen. Danach kann er sich, wie von mir angekündigt, ihren Gesetzen behaupten."
Owen schnellte vor.
„Flash, wage es nicht!", schrie er, doch war der Speedster im nächsten Moment auch schon verschwunden und mit ihm Roy Bivolo.
Owens lautes, wütendes Fluchen hallte durch die Nebenstraße.

Flash aus der Trance befreit machte sich das Team nun daran, zuerst die Bewohner aus ihrer irrationalen Gefühlswelt zu holen, um das Chaos in der Innenstadt zu beseitigen. Abwarten, bis die erhitzten Gemüter vielleicht von selbst abkühlten, wollten sie nicht.
Zu diesem Zweck hackte sich Cisco in jegliche Bildschirme, Anzeigen und Displays, um dort das von Caitlin codierte Farbspiel laufen zu lassen, sodass ein jeder Bewohner irgendwann vom farbigen Morsecode erfasst und in die Realität zurückbefördert wurde.
In der Zwischenzeit nahm sich Caitlin der Brünetten an, die sich, ehe sie sich vom Schoß ihres Mentors erhob und zur Liege schritt, jedoch noch einmal von ihm verabschieden wollte.
„Wir sehen uns auf der anderen Seite, Dr. Wells", schnurrte Sam und schenkte ihm ein breites, verliebtes Grinsen. Harrison hob eine Augenbraue und schnaubte amüsiert.
„Es war mir ein Vergnügen, Sam. Und das wird es auch noch in Zukunft sein, wenn ich dich an dieses kleine Abenteuer erinnere", stichelte er, woraufhin die Brünette kichernd durch sein Haar fuhr und sich zu ihm beugte, um ihn innig zu umarmen.
„Gib's zu, du wirst es vermissen. Es hat dir nämlich gefallen", hauchte sie in sein Ohr, hauchte ihm einen heimlichen Kuss auf die Ohrmuschel und löste sich schließlich von ihm, um zu Caitlin zu schreiten, die sie mit einem vielsagenden Lächeln ansah. Unbekümmert ließ sich Sam auf die Liege plumpsen und sah in die Scheinwerfer, als die Ärztin den Befehl dazu erteilte. Kaum begannen ihr die Farben entgegen zu leuchten, fiel Sam wie in eine Art Trance, derweil sie spürte, wie der Filter über ihrem Verstand, der alles rosa und weich hatte aussehen lassen, etwas wich, das wesentlich weniger flauschig war: der Realität.
Anders als Barry verkraftete Sam die plötzliche Rückkehr in ihre Psyche weniger glimpflich. Auch, nachdem sie aus der Manipulation des gestohlenen Meta-Wesens, das Flash mittlerweile in die Pipeline gesperrt hatte, erwacht war, fühlte sich die junge Frau schwindelig und wie betäubt. Nach einer kurzen Untersuchung rief Caitlin schließlich Amber an, um sie zu beten Sam nach Hause zu fahren.
„Nach einer Mütze voll Schlaf wird es dir bessergehen. Das Meta-Wesen hat ganz schön mit deiner Psyche gespielt, kein Wunder also, dass dir der Kopf brummt", hatte sie gesagt.
Auf dem Weg hinaus in den Cortex sah Sam noch einmal zu Harrison, der ihr besorgt hinterher sah und spürte bereits jetzt, obwohl sie längst noch nicht imstande war zu erfassen, was eigentlich geschehen war, wie ihr jegliches Blut in die Wangen schoss. Der Moment der Erkenntnis sollte erst später folgen.

Und das tat er, als Sam am Abend aus ihrem Schlaf schreckte und sich aufsetzte. Ihr Herz donnerte in ihrer Brust, während sie sich umsah und feststellte, dass sie sich in ihrem Zimmer befand. In ihrem Bett. Sie fasste sich an die Stirn, die regelrecht glühte, doch war es gewiss kein Fieber. Mit tellergroßen Augen stolperte Sam aus ihrem Bett, verhakte sich in ihrer Decke und fiel nach vorn.
„Amber!", ertönte es laut. Die Angesprochene saß auf dem Sofa, eine Schüssel Cornflakes in der Hand haltend, während sie sich genüsslich durchs Fernsehprogramm zappte.
„Ja-ha?", summte sie zurück und kam nicht umhin als breit zu grinsen. Ja, es ärgerte sie, dass Flash ihnen das Meta-Wesen vor der Nase weggeschnappt hatte, doch wieso sich dadurch die kleine Show, die nun folgen würde und auf die sie den ganzen Abend gewartet hatte, entgehen lassen? Es war doch so viel spannender als das eintönige Fernsehprogramm.
„Amber!", rief Sam erneut und kam teils mit ihrer Bettdecke umwickelt ins Wohnzimmer gehetzt, ihre Augen so weit aufgerissen, dass die Polizistin glaubte sie würden ihr jeden Moment aus den Kopf fallen.
„Was ist denn, Sammy?", spielte sie ihr Spiel und beobachtete, wie ihre Freundin zu erröten begann. Und dies war noch eine Untertreibung, denn lief sie so rot an, dass Amber glaubte, sie würde ihr jeden Moment aus den Latschen kippen. Grinsend stellte sie ihre Cornflakes Schüssel beiseite und begab sich in den Schneidersitz.
„Oh Gott, ich - i-i-ich", begann Sam zu stottern.
„Ja?", fragte Amber gespielt unwissend nach (Cisco und Caitlin hatten ihr bereits kurz geschildert, was vorgefallen war).
„I-ich - oh Gott. Oh mein Gott, Amber ich", Sam fuhr sich übers Gesicht, „ich war wegen Rainbow Raider komplett von der Rolle!", platzte es aus ihr heraus. „Ich erinnere mich an alles, an jedes Detail, aber weiß nicht, was da in mich gefahren ist! Du meine Güte, ich habe mich auf Dr. Wells' Schoß gesetzt! Einfach so!", begann es aus Sam heraus zu sprudeln, während sie lebhaft gestikulierend durchs Zimmer lief. „Und ihn angebaggert, die ganze Zeit! Und ihn angefasst und - oh Gott ich habe ihn Harrison genannt!"
„Das mit dem Vornamen finde ich jetzt weniger schockierend", kommentierte Amber amüsiert und nahm sich wieder ihre Schüssel Cornflakes, während sie ihren Blick nicht vom Abendprogramm löste.
„Wir haben in einem Bett geschlafen, weil ich ihn dazu genötigt habe bei mir zu bleiben und sich zu mir zu legen!", japste Sam und schlug sich die Hände vors Gesicht.
„Ja, aber er hat sich überreden lassen. Das ist doch mal was", grinste Amber. Sie hatte ihren Spaß.
„Ich habe seinen Mundwinkel geküsst!"
„Oho."
„Und, und - oh nein."
„Was?"
„Ich habe ihm durch die Blume gesagt, dass er einen Knackarsch hätte." Amber prustete, sodass ihr etwas von der Milch aus der Nase lief und sie zu husten begann.
„Woher willst du denn wissen, dass er nen Knackarsch hat?"
„Das hat mich Dr. Wells auch gefragt und ich habe geantwortet, dass ich viel Vorstellungskraft hätte", wimmerte Sam peinlich berührt und zog sich die Decke über den Kopf, während Amber lauthals zu lachen begann.
„Meine Güte, ist das dirty. Du kannst ja richtig sexy sein, Sammy", ließ die Polizistin verlauten. Empört zog sich Sam die Decke vom Kopf, die sie nun um ihre Schultern gewickelt trug und aussah wie ein lebender Burrito.
„Das ist nicht witzig, Amber! Das ist schlimm, ganz, ganz schlimm! Ich habe mich an Dr. Wells geschmiegt und alle haben es mitbekommen! Ich muss da jetzt kündigen, so kann ich ihm doch nie wieder unter die Augen treten!", wetterte Sam verzweifelt, während sich Amber noch immer lachend erhob und auf ihre Mitbewohnerin zuschritt, die Arme versöhnlich nach ihr ausgestreckt. „Ne, bleib weg! DU! Du hast mich überhaupt erst dort gelassen, du hättest mich mitnehmen müssen! Gott, das ist so peinlich", jammerte Sam, während die Blondine ihre Arme um sie legte und sie prustend knuddelte. „Das wird schon, Sammy", lachte sie und lehnte ihren Kopf grinsend an ihren. „Bestimmt wird es eure Beziehung nicht beeinträchtigen", prustete Amber und wiegte die Jüngere in ihren Armen.
Würde es. Doch nicht im negativen Sinne, wie Sam in diesem Moment vielleicht fest überzeugt glaubte. Im Positiven. Diese zwei Tage, in denen sie ihre Gefühle für den Wissenschaftler ungefiltert preisgegeben hatten, sie hatten etwas ins Rollen gebracht. Etwas, das weder Sam noch Eobard aufhalten konnten. Ein kleiner Schneeball, der zu einer gigantischen Lawine heranreifen und am Ende ein schreckliches Chaos hinterlassen würde. Die Frage war jedoch: würde sie Sam unter sich begraben?

50 Kapitel sind es nun schon, ein weiterer Meilenstein! ❤️ Jetzt geht es so richtig los zwischen Sam und Eobard und ich kann es kaum erwarten, euch mehr von ihrer Geschichte zu erzählen. Ich habe noch einiges geplant! :3

Was Amber und Owen angeht - ich habe versucht, einen passenden Shipper-Namen zu finden, aber man, das ist echt schwer. Irgendwie klingen die alle total dumm... xD Hier sind die Top-Ideen, die sich am dümmsten anhören: Mamber, Madam, Owsen, Oma, Mama, Ambock. Seht ihr? Sagte ich ja xD... Ich denke, ich werde erstmal mit Ambow gehen, das klingt noch am besten. Wobei sich Ambock schon geil anhört, weil es klingt wie Rammbock und das passt ja schon i.wie :D

Anyways, ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

Wärmste Grüße, -mapleleaf-

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