Kapitel 37 - Vertrauenspersonen
Sam und Harrison begaben sich zu den Sitzreihen. Sie nahm Platz, er fuhr mit seinem Rollstuhl neben sie. Die Brünette versuchte wirklich, sich auf die Einführungsrede der blonden Frau im hellblauen Blazer vorne auf dem Podium zu konzentrieren, doch keine Chance.
Die Worte des Wissenschaftlers. Seine indirekte Aussage an sie, sie sei hübsch. Hatte er das nur so gesagt, weil man es eben so tat? Oder hatte er es ernst gemeint? Empfand er sie als gutaussehend? Attraktiv? Unauffällig lugte Sam zu Harrison und musterte sein Seitenprofil. Er war es. In ihren Augen war der Dunkelhaarige über alle Maßen attraktiv, es war ihr schon vorher aufgefallen, seit ihrer ersten, persönlichen Begegnung sogar noch mehr. So fragte sie sich, was er sich dachte, wenn er sie ansah. Sie konnte ihn einfach nicht durchschauen.
Stumm biss sich Sam auf die Unterlippe und zwang sich wieder nach vorn zu sehen. Sie nippte an ihrem Wasserglas und versuchte seine letzten Worte an sie aus ihren Gedanken zu vertreiben.
Zwecklos.
Als die Einführungsrede durch war, ging es weiter zu den ersten Vorträgen renommierter Wissenschaftler. Sam wünschte sich, dass Harrison eines Tages wieder dort vorn stehen würde. Da gehörte er schließlich hin. Und er war seinen Kollegen um einiges voraus, Sam bemerkte es immer wieder aufs Neue, denn kam sie nicht umhin als jeden Vortrag mit den Vorträgen, die sie von Dr. Wells online verfolgt hatte, zu vergleichen. Die Wissenschaftler auf der Bühne waren brillant, keine Frage, doch besaßen sie nicht das, was der Brillenträger besaß. Sam konnte es nicht einmal genau benennen. Es war die Art und Weise wie er dachte, die in ihren Augen einzigartig war.
Dem Dunkelhaarigen neben ihr entwich ein leiser, frustrierter Laut, während er sich mit seiner Hand übers Kinn fuhr.
Sogleich drehte Sam ihren Kopf zu ihm und musterte ihn fragend.
„Stimmt etwas nicht, Dr. Wells?", hakte sie leise nach, woraufhin der Wissenschaftler zu ihr blickte. Er deutete mit der Hand Richtung Bühne, die soeben von einem Wissenschaftler im schwarzen Smoking betreten wurde. Er hatte seine gelockten Haare nach hinten gegelt, sah nicht unbedingt schlecht aus, doch für ihren Geschmack viel zu schmierig und geleckt.
„Dr. Jeff Bloom", sagte der Dunkelhaarige mit gesenkter Stimme. Er stützte sich auf der Lehne seines Rollstuhls ab und lehnte sich zur Studentin rüber. Überdeutlich wurde ihr bewusst, wie nahe sie sich plötzlich waren. Sie konnte seinen Atem spüren, wie er ihre Haut streifte. „Er ist intelligent, keine Frage, doch neigt er dazu vor sich her zu schwadronieren und ist für meinen Geschmack viel zu aufgeblasen. Er ist ein Schauspieler", raunte er ihr zu.
Sam musterte Harrisons eisblaue Augen, die so nahe waren wie in ihrem Traum vor Silvester. Sie betrachtete das wunderschöne Farbspiel in seinen Iriden, die im gedimmten Licht dunkler als sonst wirkten. Wie die Tiefen des Meeres.
„Ich habe einst mit ihm an einem Projekt gearbeitet, es jedoch wieder verworfen", schloss er wispernd.
Sam Herz vibrierte förmlich. Das starke Bedürfnis, ihn zu berühren, sei es nur seine Hand, seinen Arm oder seine Schulter, überkam sie, doch kämpfte die junge Frau dagegen an.
„Naja, unter einem Namen wie ‚Jeff Bloom' kann ich mir um ehrlich zu sein auch keinen anderen Menschen vorstellen", kommentierte sie schließlich leise zurück.
Harrison hob eine Augenbraue, ehe er amüsiert zu schmunzeln begann.
„Du denkst also, ich hätte es vorher bereits ahnen müssen?"
Sam grinste frech, ihre Augen musterten die seine wie in Trance.
„Irgendwie schon, ja."
Der Wissenschaftler lachte leise und die Brünette mit ihm.
„Die Wissenschaft, meine Freunde", begann Dr. Bloom seinen Vortrag und streckte seine Hände vor, „ist eine Leinwand. Und wir? Wir sind die Künstler. Es obliegt an uns, diese Leinwand zu füllen." Er bewegte seine Hände durch die Luft, so als würde er zeichnen.
Sam verzog ihr Gesicht, so als hätte sie auf eine saure Zitrone gebissen.
„Oh wow", kommentierte sie leise an Harrison gewandt. Sie sah wieder zu ihm. „Jetzt weiß ich, was Sie meinen."
„Nicht wahr?", erwiderte der Dunkelhaarige.
Sam musste gestehen, die Forschungstheorie, die Dr. Jeff Bloom dem Publikum vorstellte, war durchaus brillant. Ganz anders als sein sonstiges Auftreten. Er erinnerte die Brünette eher an einen Partyclown, der auf Kindergeburtstagen auftrat, den kleinen Menschen jedoch eher Angst machte, anstatt sie zu beglücken.
Sie hatte ein ähnliches Erlebnis zu ihrem fünften Geburtstag gehabt, so kam der Vortrag einem Déjà-vu nahe.
Als Dr. Blooms Vortrag endete, der dritte an diesem Abend, ging es in eine zehnminütige Pause. Für Toilettengänge, das Verarbeiten der genannten Theorien, einem kurzen Austausch sowie für das Aufstocken der Getränke.
Mit einem sanften Lächeln drehte sich Sam auf ihrem Stuhl zu Harrison herum, derweil sich die Besucher um sie herum bereits erhoben.
„Wollen Sie noch etwas zu trinken, Dr. Wells?", fragte sie, wurde jedoch durch ein leises Getuschel von der Seite abgelenkt. Ihre Augen wanderten zu einer kleinen Gruppe von Männern, die zum Wissenschaftler sahen und offensichtlich über ihn sprachen.
Anders als ihr gelang es Harrison, die Männer auszublenden.
„Tatsächlich ist mir nach dieser ... sagen wir interessanten Präsentation nach einem Whisky zumute", erklärte er mit einem charmanten Lächeln.
Sam sah zu ihm und lachte herzhaft. Hin und wieder jedoch lugte sie zu der Gruppe Wissenschaftler, die trotz der mahnenden Blicke, die sie ihnen zuwarf, nicht aufhörten, auf Harrison zu deuten. Er war doch kein Tier. War er etwa nicht einmal hier, unter seinesgleichen, vor dem Gespött und Geläster Anderer sicher?
„Ich begleite dich zur Bar, Samantha", drang die Stimme des Dunkelhaarigen zu ihr durch und zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. „Du musst mich gewiss nicht bedienen, schließlich sind wir heute nicht als Boss und Mitarbeiterin, sondern als Gleichgestellte, als Freunde hier. Das weißt du, oder?", fragte er sie und schenkte ihr ein sanftes Lächeln.
Sam lächelte zaghaft zurück.
„Das weiß ich doch, Dr. Wells."
„So? Und dennoch behandelst du mich wie deinen Vorgesetzten, nein wohl eher wie deinen König", schilderte er seine Beobachtungen vergnügt.
Nervös lachte Sam und strich sich eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr, während sie ihr leeres Wasserglas in ihrer Hand drehte.
„Wie meinen Helden, um ganz präzise zu sein", korrigierte sie ihn verlegen.
„Und das schmeichelt mir, Sam, wirklich", erwiderte er amüsiert und fuhr ein Stück auf sie zu. „Aber ich bin auch nur ein Mensch und so kannst du mich ruhig behandeln", bot er ihr mit einem Schmunzeln an.
„Auch, wenn Sie für mich alles Andere als nur ein Mensch sind, aber ich kann es versuchen", nuschelte sie grinsend und wich jeglichem Blickkontakt mit ihm aus.
Wieder sah sie zu den Männern, warf ihnen einen diesmal eindeutigen, bösen Blick zu. Sie zogen von Dannen, redeten jedoch weiter. Es brachte die Brünette innerlich zum Kochen.
Derweil musterte sie der Brillenträger aufmerksam, was ihr erst auffiel, als sie es doch wagte wieder zu ihm zu sehen. Der Blick, den er ihr zuwarf, ließ eine wohlige Wärme in ihrem Innern entstehen.
„Dr. Wells?", fragte sie den Wissenschaftler zaghaft, während sie sich langsam in Bewegung setzten, in Richtung Bar.
„Ja, Samantha?", kam es wie gewohnt zurück.
Sam sah auf den Boden unter sich und presste ihre Lippen nachdenklich zu einem schmalen Strich zusammen, nicht wissend, wie sie jenes, das ihr im Kopf herumging, als Frage an ihn formulieren sollte.
„Setzt es Ihnen sehr zu?", fragte sie ihn schließlich und sah zu ihm.
Das Duo blieb einen Moment stehen. Harrisons eisblaue Augen glitten zu ihr.
„Was konkret meinst du?"
„Alles. Die Explosion, Ihre geschädigte Reputation, der Verlust Ihrer Beine, das Labor. Alles, was vor Monaten passiert ist."
Der Dunkelhaarige sagte nichts, er sah sie einfach nur an. Offensichtlich hatte er mit einer direkten Frage wie dieser nicht gerechnet, wo sich Sam doch sonst immer ihm gegenüber zurückhielt. Seit sie jedoch die Erkenntnis gehabt hatte, was sie für Harrison empfand, hatte sich etwas verändert. Sie wollte ihn aus tiefstem Herzen kennenlernen, wollte ergründen, wer er war. Wollte ihn unterstützen. Den Mann, der er war, nicht nur den Wissenschaftler.
„Sie müssen nicht antworten, wenn Sie nicht wollen, Dr. Wells", fügte Sam zaghaft hinzu, Unsicherheit spiegelte sich in ihren braunen Augen wider, die ihn vorsichtig musterten.
„Harrison?", unterbrach eine weibliche, Sam sehr gut bekannte Stimme das Gespräch.
Ihr Kopf schnellte herum.
Es war Christina McGee, die sich mit einem erfreuten Lächeln zu ihnen gesellte.
Oh verdammt, dachte sich Sam.
Sie trat einen Schritt zur Seite, sodass sich die beiden Wissenschaftler begrüßen konnten und betete zu Gott, dass McGee sie nicht wiedererkannte.
„Christina", grüßte Harrison seine frühere Studienpartnerin zurück und schüttelte ihre Hand. Sam besah die Geste, analysierte die Dauer des Händeschüttelns, die Vertrautheit der Berührung und spürte ein seltsames Gefühl in sich aufkeimen.
„Und Samantha ist auch hier", fuhr McGee fort und sah zur Brünetten.
Soviel dazu.
„Dr. McGee", grüßte sie respektvoll zurück und schüttelte ebenfalls ihre Hand, wesentlich kürzer, als es der Dunkelhaarige zuvor getan hatte. Vielleicht, so hoffte Sam, kam ihr Besuch in Mercury Labs zur Vorstellungsrunde ja gar nicht zur Sprache. Vielleicht unterhielten sich die beiden früheren Kommilitonen (Sam hatte es aus der Autobiographie des Dunkelhaarigen entnommen) über etwas Anderes als sie.
„Sie kennen Samantha?", fragte der Brillenträger im nächsten Moment und ließ somit all ihre Hoffnung zerplatzen wie eine Seifenblase. Sie hatte aber auch gar kein Glück.
„Ja, natürlich", erwiderte die Kurzhaarige lächelnd und sah zu ihr. „Eine vielversprechende, junge Frau, wie ich finde. Und definitiv mehr als qualifiziert, um für mich zu arbeiten, nur schien sie leider bereits anderweitig interessiert."
Sam erstarrte.
Harrison musterte McGee und sah anschließend fragend zu ihr, indem er seinen Oberkörper drehte.
Die Katze war aus dem Sack.
„Wie ist das gemeint?", wollte er wissen. McGee sah neugierig zu Sam.
„Ich muss Ihnen was gestehen, Dr. Wells", platzte es aus ihr heraus.
Der Brillenträger stützte sich auf der Lehne seines Rollstuhls ab und musterte sie eingehend, ebenso wie es Dr. McGee tat.
Sam begann lebhaft zu gestikulieren, als sie zu erklären begann.
„Ich war bei den Bewerbungsgesprächen in Mercury Labs für die Werkstudentenstellen, die Dr. McGee angeboten hat, jedoch nur, um Riley zu unterstützen, weil Sie zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass ich für Star Labs tätig bin und ich konnte ihr unmöglich bei dem, was sie zu der Zeit hatte durchmachen müssen, absagen. Wir hatten schon bevor ich in Star Labs angefangen habe vereinbart, gemeinsam dorthin zu gehen", erzählte sie in einem Atemzug.
Sam sah zu Christina.
„Tut mir Leid, Dr. McGee. Ich weiß, ich hätte Ihre Zeit nicht verschwenden dürfen", entschuldigte sie sich in einem raschen Nebensatz. Danach sah sie wieder zu Harrison.
„Das mit Mercury Labs, das war nur ein harmloser Flirt, ich schwöre. Das mit Star Labs jedoch, das ist mir todernst, meine Loyalität steht außer Frage, das Labor und ich führen sozusagen eine Ehe und würde mich nie, niemals scheiden lassen", plapperte sie nervös.
„Samantha", versuchte Harrison sie zum bereits wiederholten Male zu unterbrechen. Er schloss amüsiert schnaubend seine Augen, ehe er sie mit einem besänftigenden Blick besah. „Es ist in Ordnung, wirklich."
Sam hatte das Gefühl weiterreden zu müssen.
„Ich würde niemals" -
„Das weiß ich", sagte er zuversichtlich.
„Und aus diesem Grund habe ich gezögert, Ihnen die Stelle, die ich für Sie vorgesehen hatte, zu geben. Ich spürte, dass sie nicht wirklich für mich arbeiten wollen, zumindest nicht so sehr, wie für Harrison." Christina besah ihren früheren Studienpartner mit einem Lächeln. Danach blickte sie wieder zu Sam. „Und ich sehe, Sie haben Ihr Ziel tatsächlich erreicht, wenn ich mich nicht irre."
Die Brünette senkte mit einem verlegenen Grinsen den Blick. Ihr Herz hämmerte nach wie vor vor lauter Nervosität in ihrer Brust, gleichsam tat es jedoch gut, dass dieses Geheimnis endlich gelüftet worden war.
„Ja, Samantha war sehr", Harrison suchte nach einer geeigneten Wortwahl, „hartnäckig."
Sie sah zum Wissenschaftler, dieser zwinkerte ihr wiederum charmant zu. Es ließ sie leise lachen.
„Es freut mich, dass du nach wie vor an der Wissenschaft dran bleibst, Harrison. Ich sehe dem Tag entgegen, an dem Star Labs wieder in altem Glanz erstrahlt."
Ich auch, dachte sich Sam und lächelte in sich hinein.
„Ruhe dich lieber nicht allzu sehr aus, Christina. Ich bin schneller, als du denkst", entgegnete der Dunkelhaarige schließlich und faltete mit einem eigentümlichen Lächeln seine Hände auf seinem Schoß.
„Liebe Besucher", ertönte die Stimme der Ansagerin. „Die Vorträge werden in wenigen Minuten weitergehen."
Sam drehte ihren Kopf und deutete anschließend in Richtung Bar.
„Ich hole uns schnell was zu trinken, Dr. Wells. Sie können sich solange noch weiter unterhalten", schlug Sam zuvorkommend vor, auch, wenn da eine Seite in ihr war, die sich vehement dagegen sträubte, die beiden Gleichgesinnten allein zu lassen. Christina McGee war für ihr Alter sehr attraktiv, dazu eine brillante, erfolgreiche Wissenschaftlerin. Wenn jemand für Harrison als Partnerin infrage käme, dann wohl sie, zumal die beiden viele Jahre lang zusammen studiert hatten.
„Das ist sehr freundlich, Samantha, danke", entgegnete der Dunkelhaarige. Sie ignorierte das leichte Zwicken in ihrer Brust, nickte lächelnd und wandte sich anschließend zum Gehen herum.
„Samantha", hielt McGee sie noch einen Augenblick zurück. Sie sah zur Kurzhaarigen, fragend.
„Es dürfte Sie freuen, dass die Freundin, wegen der Sie mitgekommen sind, Riley Anderson, eine Stelle bekommen hat."
Sams Augen weiteten sich überrascht, ein glückliches Funkeln wohnte ihnen inne.
„Wirklich?", hakte sie nach, derweil sich ihre Mundwinkel nach oben zogen.
„Sie wird es morgen per Post erfahren. Tun Sie überrascht", wies Christina sie mit einem kurzen Zwinkern an.
Sam nickte vehement, strahlte mittlerweile übers ganze Gesicht. Riley hatte es so verdient, diesen Erfolg. Sie konnte es kaum erwarten, ihre Reaktion zu sehen, sobald sie Josh und ihr davon berichtete.
„Das freut mich unendlich. Dr. McGee, ich danke Ihnen. Riley wird Sie nicht enttäuschen, sicher nicht", sagte sie glücklich.
Die Laborleiterin nickte besonnen, auch auf ihren Lippen lag ein Lächeln, wenn auch nicht so strahlend wie Sams.
Danach entschuldigte sich die Brünette höflich, denn wurde die Zeit zum Getränke Holen allmählich knapp.
Die beiden Wissenschaftler sahen der jungen Frau hinterher, wie sie schnellen Schrittes zur Bar lief, um die Erfrischungen für sich und den Dunkelhaarigen aufzufüllen.
Christina drehte sich herum zu Harrison, der hingegen zu ihr aufsah.
„Eine wirklich bemerkenswerte, junge Frau", kommentierte sie und lächelte. Ihr Gegenüber erwiderte diese Geste, während seinen blauen Augen ein stolzer Schimmer innewohnte. Er faltete seine Hände auf seinem Schoß und reckte sein Kinn.
„Das ist sie, in der Tat."
Er sah an der Kurzhaarigen vorbei zu Sam, die sich soeben mit dem Barkeeper unterhielt und dabei lebhaft gestikulierte. Es ließ ihn unweigerlich schmunzeln.
„Ich bin wirklich an ihrem künftigen Werdegang interessiert. Ich habe ihre Universitätspublikation gelesen und die Art, wie sie denkt, ist"
„Einzigartig", schloss er den Satz seiner früheren Kommilitonin.
„In der Tat", stimmte sie ihm lächelnd zu. „Und wer weiß, Harrison, wenn du dir zu viel Zeit mit dem Wiederaufbau deines Labors lässt, wechselt sie vielleicht zu mir, um sich zu verwirklichen. Ich werde sie definitiv mit offenen Armen empfangen."
Mit hochgezogener Augenbraue blickte der Brillenträger zu McGee, die ihm unterschwellig soeben den Kampf angesagt hatte.
„Das bezweifle ich, Christina", erwiderte er ruhig. Seine Augen funkelten ehrgeizig. „Ich werde Samantha gewiss nicht einfach so abgeben, ganz gleich, wie sehr du sie zu locken versuchst."
Harrisons Blick wanderte wieder zu Sam.
„Samantha gehört mir", sprach er.
Während Sam darauf wartete, dass der Whisky auf Eis für Dr. Wells zubereitet wurde, gesellten sich zwei Männer zu ihr an die Bar.
„Es war meine Theorie, Jeff. Meine Idee", sagte einer von ihnen mit gesenkter Stimme. Die Brünette lugte zur Seite und erkannte den verschrobenen, rothaarigen Physiker, dem sie eingangs fast vor die Füße gelaufen wäre. Sein Kopf war so rot wie eine Tomate angelaufen und auch sonst wirkte er alles andere als entspannt.
Sam sah wieder nach vorn, beobachtete den Barkeeper dabei, wie er den Whisky in das mit Eiswürfeln befüllte Glas goss, kam jedoch nicht umhin als mit einem Ohr zu lauschen.
„Ich bitte dich, Spencer. Hast du sie patentiert? Nein."
„Dennoch, es war meine Idee und das weißt du, ich habe sie dir anvertraut", knurrte der Rothaarige verzweifelt.
„Ja, aber anstatt etwas draus zu machen, hast du weiter mit deinen Steinen gespielt. Entschuldige, dass ich meinen wertvollen Beitrag zur Wissenschaft leiste."
„Deinen Beitrag?! Es war meine Forschung!", wetterte er mit erhobener Stimme.
Ein paar Besucher sahen zu den beiden Männern, so auch Sam. Mitleidig verzog sie ihre Lippen, woraufhin ihr die beiden Getränke gereicht wurden. Dankend nahm sie sie entgegen, beäugte die beiden Wissenschaftler, die offensichtlich einen Disput hatten, ein letztes Mal und lief schließlich an ihnen vorbei, zurück zu Dr. Wells und Dr. McGee.
Die Kurzhaarige verabschiedete sich bereits, kurz bevor sie sie erreicht hatte, schenkte Sam noch ein Lächeln und lief anschließend zurück zu ihrem Platz.
Mit einem liebevollen Schmunzeln sah die Brünette zu ihrem Mentor und reichte ihm seinen Drink.
„Hier, Dr. Wells", sagte sie sanft.
„Ich danke dir, Samantha", erwiderte er und nahm den Whisky entgegen. Dabei streiften seine Finger ihre, sodass Sam spürte, wie jegliche Kraft aus ihnen schwand. Glücklicherweise jedoch hatte Harrison das Glas bereits umschlossen, sodass sie ihre Hand problemlos zurückziehen konnte. Sie fühlte sich wie taub an, so sehr kribbelte sie.
„Wollen wir dann?", fragte der Dunkelhaarige und deutete auf die Sitzreihen. Sogleich nickte Sam und so begaben sich die beiden zurück zu ihren Plätzen. Je mehr spannende Vorträge vorn auf der Bühne gehalten wurden, umso mehr vergaß Sam das unterschwellige, erdrückende Gefühl in ihrer Brust, das sie kurz aufgrund von Christina McGees Anwesenheit sowie der Frage, worüber sich die beiden Wissenschaftler wohl unterhalten hatten, während sie Getränke holen gegangen war, verspürt hatte. Sie genoss den Abend, genoss die Präsentation der klügsten Köpfe des Landes und genoss es allem voran ihren Abend mit dem Mann zu verbringen, in den sie verliebt war.
Nach den Vorträgen und Podiumsdiskussionen löste sich die stramme Sitzordnung langsam auf. Es ging in den privaten Austausch, wie es die Veranstalter nannten. Sam, die nach wie vor neben dem Wissenschaftler saß, lugte kurz zu ihm herüber und beobachtete, wie er sein Whiskyglas elegant in seiner Hand schwenkte, ehe er es an seine Lippen setzte. Ihre Augen glitten zu seinem Adamsapfel, der auf und ab hüpfte, anschließend wieder zu seinem Gesicht, das er für einen kurzen Moment genussvoll verzog.
Ihr wurde heiß, so schrecklich heiß, weshalb sie rasch wieder nach vorne sah. Ihre Augen erfassten eine Gruppe Wissenschaftler, die sich vor der Bühne versammelt hatten und sich angeregt über etwas unterhielten. Vermutlich über die Präsentationen. Sam drehte sich herum und ließ ihren Blick durch die Halle schweifen. Sie sah zu Dr. McGee, die ebenfalls in ein Gespräch verwickelt worden war. Auch sie hatte einen Vortrag gehalten, einen wahrlich brillanten, wenn sie ehrlich war.
„Du wirst sie alle übertreffen", ertönte plötzlich Harrisons Stimme neben ihr. Fragend drehte sich Sam zu ihm herum, eine Hand verharrte noch immer auf der Rückenlehne ihres Stuhls, und musterte ihn.
„Was?", hakte sie zaghaft nach, nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte.
Harrison schwenkte lächelnd sein Glas hin und her. Seine blauen Augen wanderten zu ihr.
„Jeden Wissenschaftler hier im Raum wirst du eines Tages übertreffen, Samantha", konkretisierte er seinen Satz zuvorkommend. Sein Blick war so eindringlich, dass sie das Gefühl hatte, er würde geradewegs in ihre Seele schauen.
Sam wurde rot. Teils wegen seines Blickes, teils wegen seiner Worte. Nicht einmal ihre Ohren blieben verschont.
„Wieso sind Sie sich so sicher, Dr. Wells? Wieso sagen Sie das immer wieder?", fragte sie ihn zaghaft. Es musste mehr als reine Intuition sein, denn war dies die Antwort, die er ihr einst auf genau diese Frage gegeben hatte. Irgendwie konnte sich Sam damit jedoch nicht zufrieden geben.
Harrison schenkte ihr ein erhabenes Lächeln, trank den letzten Schluck seines Whiskys und setzte das Glas anschließend ab.
„Ich weiß es einfach, Samantha", antwortete er. Sie wollte, konnte ihren Blick jedoch nicht von ihm lösen. So sah sie ihn einfach an, wie hypnotisiert. Ihr Gesicht glühte.
Die Brünette öffnete ihre Lippen, um etwas zu erwidern, doch kam kein Ton heraus.
Harrison lachte leise. Sie liebte diesen Laut.
Anschließend setzte sich das Duo in Bewegung. Sam fragte ihren Angebeteten, ob er Interesse hatte an den privaten Diskussionen teilzunehmen, doch lehnte der Wissenschaftler freundlich ab.
„Genug Öffentlichkeit für heute", erklärte er und Sam verstand, sodass sie ihn nicht zu überreden versuchte. Beim Hinausgehen spürte sie wieder die Blicke der Anderen, dabei galten sie nicht einmal ihr. Hörte das Getuschel. Vom Neuen begann es in ihr zu brodeln, dabei war die Brünette ein friedfertiger Mensch, suchte in der Regel keinen Streit, doch dieses Mal, da fiel es ihr über alle Maßen schwer sich in Zaum zu halten. Harrison schien ihre Unruhe zu bemerken, denn sah er zu ihr auf und schenkte ihr ein wohltuendes Lächeln, das ihr feuriges Gemüt beruhigte.
Kaum saßen sie im Wagen, abgeschottet von den Blicken der Anderen, konnte sich Sam wieder entspannen und so erzählte sie leidenschaftlich über die Vorträge, die ihr am besten gefallen hatten, von unten nach oben aufsteigend.
„Aber der beste Vortrag, nein sagen wir die interessanteste Idee, die hatte, und es verstört mich selbst zutiefst, dass ich so denke, Dr. Jeff Bloom", schloss sie ihre lebhafte Erzählung und drehte sich auf ihrem Sitz zu Harrison. Sie standen an einer roten Ampel, weshalb der Wissenschaftler getrost zu ihr sehen konnte. Theatralisch fasste er sich an die Brust und entlockte Sam ein herzhaftes Lachen, das das Innere des Wagens füllte.
„Ich muss dir aber in der Tat zustimmen", erwiderte Harrison schließlich. Die Ampel schaltete auf Grün, er betätigte den Hebel an seinem Lenkrad und setzte das Auto in Bewegung. „Dr. Blooms Idee zur Quantenverschiebung war wirklich sehr originell. Höchstwahrscheinlich wird diese Forschung, sollte sie Erfolg haben, viele Preise gewinnen."
Sam lehnte sich wieder in ihrem Sitz zurück und vollführte eine wegwerfende Handbewegung.
„Aber wen interessieren schon Preise. Wissen Sie, was wir hätten vorstellen sollen? Unsere Meta-Wesen", witzelte die Brünette und brachte nun hingegen Harrison dazu zu lachen. „Ich meins ernst, wie hätten die da wohl bitte geguckt? Im Anschluss hätten alle mit uns reden wollen, wir wären das Highlight des Abends gewesen", fuhr Sam kichernd fort.
„Es ist definitiv eine Überlegung wert, für das nächste Mal", stieg er in ihren Scherz mit ein und zwinkerte. Über beide Ohren grinsend sah die junge Wissenschaftlerin zu ihrem Mentor und ließ sich anschließend mit wildem Herzschlag und einem allumfassenden Kribbeln im Bauch in ihren Sitz sinken.
Einem Kribbeln, jedoch auch einem Magenknurren, das laut und deutlich durch das Wageninnere hallte und Harrison aus dem Augenwinkel zu ihr sehen ließ. Sam zwang sich, nach vorn zu starren, doch vernahm sie das amüsierte Schnauben, das ihrem Angebeteten entwich.
„Du hast Hunger", übersetzte er das Geräusch.
Verlegen grinsend drehte die Studentin ihren Kopf doch wieder zu ihm und legte ihre Hand auf ihren Bauch.
„Eigentlich habe ich geglaubt, dass es auf dem Symposium etwas zu essen gäbe, daher habe ich vorhin nichts gegessen", gestand sie verlegen. „Ich werde mir Zuhause einfach noch rasch etwas machen", fügte sie eilig hinzu, denn wollte sie sicherlich keine Umstände machen. Zudem, so fiel es ihr in diesem Augenblick wieder ein, musste sie ohnehin noch für die morgige Klausur lernen, da konnte sie nebenbei ruhig vor lauter Frustration den Kühlschrank leeren.
„Nicht doch, Samantha. Als ob ich dich mit leerem Magen Zuhause absetze", widersprach ihr der Wissenschaftler und lenkte den Wagen von der Hauptstraße ab.
Schüchtern doch zeitgleich neugierig sah Sam zu ihm.
„Wo fahren wir hin?", fragte sie.
„Wirst du schon sehen ", kam es geheimnisvoll zurück.
Gut fünfzehn Minuten später stand der schwarze Sportwagen des Wissenschaftlers vor Sams Wohnung. Ein Rascheln drang aus dem Inneren.
„Das", begann die junge Frau und befreite soeben ihren Big Belly Burger aus seiner Verpackung, „war eine hervorragende, nein, wenn nicht sogar brillante Idee, Dr. Wells", ließ sie ihren Vorgesetzten mit einem glücklichen Grinsen wissen. Sie hatte es bisher gar nicht gemerkt, da sie sich in der Nähe ihres Helden stets wie benommen fühlte, doch war sie kurz davor gewesen zu verhungern.
So biss Sam herzhaft in ihren Cheeseburger und verzog anschließend, als die Geschmacksexplosion ihren Gaumen erreichte, genießerisch ihr Gesicht. Diesmal war es Harrison, der sie dabei beobachtete, ähnlich wie sie ihn zuvor auf dem Symposium, als er seinen Drink genossen hatte.
„Es ist bemerkenswert, wie einfach es ist, dich glücklich zu machen", kommentierte er trocken.
Ihren Burger in den Händen haltend wie den heiligen Gral sah Sam zu ihm.
„Es sind die kleinen Dinge, Dr. Wells", ließ sie ihn wissen und lächelte breit. Der Dunkelhaarige kaschierte sein Prusten hinter einem Hüsteln, ehe sein Blick zum Ketchupfleck auf der Wange seiner Schülerin wanderte, die ihren Burger zufrieden weiter mampfte.
„Warte einen Moment", wies er sie ruhig an und streckte seinen Arm behutsam aus. Sam hielt inne, war regelrecht wie erstarrt, als sein Daumen über ihren Mundwinkel fuhr und dabei ihre Unterlippe streichelte. Harrison wischte den Rest Ketchup an einer Serviette ab, faltete diese und legte sie in eine der Tüten zurück.
„So", sagte er und blickte in zwei braune Augen, die schüchtern zurück sahen.
Wie in ihrem Traum. Dort hatte er ebenfalls über ihre Unterlippe gestreichelt, ehe er sie -
„Samantha?"
„Alles bestens", wehrte sie seine Frage hastig ab, noch ehe sich ein Gespräch daraus entwickeln konnte denn wusste sie, sie würde den Kürzeren ziehen.
Harrison hob eine Augenbraue.
„In Ordnung", beließ er es dennoch dabei und widmete sich seinem Essen.
Mit donnerndem Herzen und einem gigantischen Knäuel Glücksgefühle in ihrer Brust aß Sam weiter, heimlich vor sich her schmunzelnd. So verstrichen ein paar Minuten, in denen die beiden Wissenschaftler in friedlicher Stille nebeneinander aßen.
Solange, bis Harrison diese überraschend brach.
„Gelegentlich", sagte er.
Sam, die den Kontext hinter seiner Aussage nicht begriff, drehte ihren Kopf zu ihm, hatte dabei einen fragenden Gesichtsausdruck aufgesetzt.
Der Wissenschaftler sah zu ihr.
„Es setzt mir gelegentlich zu."
Sam verstand. Er beantwortete ihre Frage, die sie ihm zuvor auf dem Symposium gestellt hatte . Er vertraute sich ihr an, das erste Mal legte er seine Maske in ihrer Gegenwart ab - so glaubte Sam zumindest. Dass sich eine Maske unter der Maske befand wusste sie nicht, konnte es gar nicht. Nicht zu dieser Zeit.
Sam knüllte ihre leere Big Belly Burger Tüte zusammen und drehte sich auf dem Sitz zum Dunkelhaarigen herum, um ihm ihre volle Aufmerksamkeit zu signalisieren sowie ihre Anteilnahme.
Harrison sah auf seine Hand, rieb Zeigefinger und Daumen übereinander. Sein Blick war abwesend, so als sei er nicht länger in diesem Auto, sondern ganz woanders. Weit in der Vergangenheit, wie Sam mutmaßte.
„Es ist wie es ist, ich habe gelernt, damit zu leben, musste es, doch manchmal ist es schwer zu akzeptieren, was ich verloren habe und würde sich die Chance, es zurückzubekommen, vor meinen Augen auftun, dann würde ich danach greifen, ohne zu zögern", gestand er und vollführte passend zu seinen Worten eine Handbewegung. Anschließend blickte Harrison wieder zu Sam. Zwei treue, braune Augen sahen ihm entgegen. Mitleidig verzog die Jüngere ihr Gesicht.
„Das ist nur verständlich, Dr. Wells", sagte sie leise. Zögerlich biss sich die Brünette auf die Unterlippe, überlegte, haderte. Doch war das Bedürfnis stärker als ihre Zurückhaltung, weshalb sie sich herum drehte und abschnallte. Der Wissenschaftler musterte sie eingehend, versuchte herauszufinden, was sie vor hatte. Sam wandte sich ihrem Idol wieder zu und beugte sich zu ihm vor, ein schüchternes Lächeln auf ihren Lippen. Sie legte ihre Arme um seinen Nacken und zog ihn - das erste Mal von sich aus - in eine Umarmung.
Harrison war überrascht, für einen kurzen Moment zumindest, denn wusste sich der Dunkelhaarige zu beherrschen. Er hob seine Hand und legte sie auf Sams Rücken, derweil die Brünette noch etwas näher an ihn heran rutschte.
Sams Herz raste. Wild schlug es gegen ihren Brustkorb und sie war sich sicher, der Wissenschaftler spürte es ebenfalls, da sich ihre Oberkörper berührten. Doch spielte es in diesem Moment keine erhebliche Rolle, sie wollte ihn trösten, auch, wenn ein starker Mann wie er keinen Trost benötigte, dennoch wollte sie ihn spenden. Wollte für ihn da sein. So verhielt es sich bei Sam, wenn sie liebte. Sie konnte gar nicht anders.
Ihre Hand, die sie zaghaft hob, zitterte leicht vor Nervosität. Sie legte sie auf seinen Nacken und streichelte verhalten darüber, derweil sie ihren Kopf behutsam gegen seinen lehnte. Ihr Gesicht glühte. Plötzlich war die Temperatur im Auto um ein Zehnfaches gestiegen.
„Ich werde Ihnen helfen, Dr. Wells", wisperte Sam mit belegter Stimme und schloss ihre Augen. Ihre Sicht war ohnehin so verschwommen, dass sie lediglich die Konturen der Autotür hinter ihm erkennen konnte. „Ich werde Ihnen helfen, das zurückzubekommen, was Sie verloren haben."
Harrison sagte nichts. Das erste Mal seit langer, langer Zeit war er verstummt und das nicht, weil er sich raushalten wollte, sondern weil es ihm schlichtweg die Sprache verschlagen hatte. Sams Loyalität, ihre Selbstlosigkeit hatte ihn schon seit ihrer ersten Begegnung fasziniert, in diesem Augenblick jedoch, da regnete sie in vollem Ausmaß auf ihn herein. Er spürte die Hingabe in ihrer Umarmung, spürte die Treue, die Liebe. Seine Hand, die auf dem Rücken der Brünetten ruhte, streichelte langsam abwärts. Ein süßlicher Duft stieg ihm in die Nase.
Vanille. Eindeutig.
„Ich werde immer hinter Ihnen stehen, Dr. Wells", wisperte sie.
„Das weiß ich, Samantha", raunte er zurück.
Harrison spürte Sams Herzschlag gegen seinen Brustkorb donnern. Es schien ihr förmlich aus der Brust zu springen, weshalb er gar nicht anders konnte, als zu schmunzeln. Was ihn zu seinen vorangegangenen Worten bewegt hatte, wusste er nicht. Vielleicht die Tatsache, dass er sich wohl in Gegenwart der Brünetten fühlte. Dass er ihr vertraute, weil sie ihm so loyal war wie niemand zuvor. Vielleicht war er es jedoch auch leid, Tag ein Tag aus, Stunde um Stunde, Minute um Minute seine Maske zu tragen. Manchmal wollten auch die begabtesten Schauspieler einmal ihrer Rolle entfliehen, sei es nur für den Bruchteil einer Sekunde.
„Okay", hauchte die junge Frau.
Als er spürte, wie sich Sam wieder von ihm lösen wollte, nahm er zuvorkommend seine Hand von ihrem Rücken. Er war an ihrer folgenden Reaktion interessiert, wo die junge Frau doch stets überfordert und zutiefst verlegen auf Annäherungen wie diese reagierte. Meist wich sie anschließend seinem Blick aus, fuhr sich durchs Haar, flüchtete.
Interessiert musterte er Sam, die sich wieder zurückgelehnt hatte. Ihre Wangen waren so rot wie zwei reife Äpfel. Sie fuhr sich durchs Haar, sodass er in sich hinein lächelte. Er kannte ihre Reaktionen mittlerweile. Des Öfteren jedoch, da überraschte ihn die junge Frau, denn anstatt wegzusehen, sah sie ihn direkt an, ihre braunen Augen auf seine gerichtet.
„Es war ein sehr schöner Abend Dr. Wells und ich fühle mich zutiefst geehrt, dass ich den brillantesten Wissenschaftler von allen begleiten durfte", sagte Sam. Ihre Stimme zitterte leicht. Die Art und Weise, wie sie ihre Worte formulierte - sie tat es für ihn. Um sein Ego zu füttern.
Er lächelte.
„Es war mir eine Freude, dass du mich begleitet hast, Samantha", erwiderte er charmant.
Und eine Ehre. Anbetracht der Tatsache, wer sie eines Tages sein würde.
Sam lächelte, senkte nun doch wie erwartet den Blick und schob sich eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr.
„Gute Nacht, Dr. Wells", verabschiedete sie sich.
„Gute Nacht, Samantha und viel Erfolg bei deiner morgigen Klausur", erwiderte er. Sie hatte ihm davon erzählt, während einer kurzen Redepause auf dem Symposium. Eine weitere Klausur in Richtung Uniabschluss und Promotion. Ein Schritt in Richtung Dr. Samantha Jones, Revolutionärin auf dem Gebiet der Dunklen Materie.
Die junge Frau schenkte ihm einen schüchternen Blick, ein liebevolles Lächeln. Er lächelte zurück. Danach stieg sie aus, winkte ihm noch einmal, nachdem sie vor ihrer Wohnungstür zum Stehen gekommen war und diese aufgeschlossen hatte und verschwand schließlich im Wohngebäude.
Seine Raupe, die er zu einem Schmetterling heranzüchten musste.
Sie wollte ihm helfen, hatte sie gesagt. Wollte ihm helfen jenes zurückzubekommen, das er verloren hatte, dabei war Sam jene, die es ihm zu Beginn überhaupt erst gegeben hatte. Seinen Speed, seine Macht. Sein Dasein als Reverse Flash.
Die Sonne stand bereits am Himmel, als die Tür des Wohngebäudes schwungvoll aufflog. Sam stolperte hinaus ins Freie und rannte los - so schnell sie konnte. Ihre Tasche wippte bei jedem ihrer eiligen Schritte, schlug gegen ihre Hüfte, sodass sie Schwierigkeiten hatte sich aufs Laufen zu konzentrieren. Ihre braunen Haare wehten ihr ins Gesicht.
„Scheiße", murmelte Sam panisch und legte noch einen Zahn zu.
Sie hatte verschlafen. Und das am Tag ihrer Klausur.
Schlechter konnte ein Tag gar nicht beginnen.
Gestern, nachdem sie ihre Wohnung betreten hatte, hatte es gut eine Stunde benötigt, bis sie sich seelisch soweit beruhigt hatte, um mit dem Lernen zu beginnen und selbst dann noch war sie abgelenkt gewesen, sodass sich ihre Klausurvorbereitung bis zu den frühen Morgenstunden hingezogen hatte. Der dunkelhaarige Wissenschaftler war Schuld daran. An nichts Anderes hatte die junge Frau denken können als an ihn. Er machte sie wahnsinnig, ließ ein schrecklich schönes Chaos in ihrem Innern entstehen, das dafür sorgte, dass sie alles andere ausblendete. Immer wieder hatte sich Sam dabei erwischt, wie sie beim Lesen ihrer Lehrbücher mit ihren Gedanken abgedriftet war.
„Aus dem Weg!", rief Sam, als sie endlich, nach endlos erscheinenden Minuten des Sprints - das Joggen mit Bette hatte tatsächlich ihre Ausdauer verbessert - das Fakultätsgebäude für Naturwissenschaften erreichte. Sie wich entgegenkommenden Kommilitonen aus, rannte beinahe einen ihrer Professoren um und stieß sich am Türrahmen, sodass ihr ein leiser Schmerzlaut entwich.
Dennoch, Sam hatte keine Ahnung wie, erreichte sie den Klausurraum noch pünktlich.
„Sammy!", wurde sie sogleich von Riley begrüßt, die in den letzten Minuten andauernd in Richtung Tür gesehen hatte, um zu überprüfen, ob ihre Freundin eintraf. Sie eilte zu ihr, derweil sich die Brünette schwer atmend vorbeugte und ihre Hände gegen ihre Knie stemmte. „Du bist total spät dran", ermahnte sie die Kleingewachsene mit sanfter Strenge. Josh tauchte neben ihr auf.
„Ich weiß", presste sie atemlos hervor, richtete sich wieder auf und rieb sich die Seite. Es zwickte und zwiebelte. Ihre Lungen rasselten.
„Was machst du nur für Sachen", fuhr Riley fort, nahm ihr zuvorkommend ihre Tasche ab und stellte sie auf einen der freien Plätze. Sam folgte ihr. Für mehr blieb den beiden Freundinnen keine Zeit, denn betrat soeben Professor Hopson den Raum und befahl den Studierenden Platz zu nehmen.
Riley nahm ihre und Joshs Hand und drückte sie fest.
„Ich wünsche euch beiden viel Glück", sagte sie mit einem sanften Lächeln.
Sam erwiderte die Geste, ebenso wie Josh. Danach lösten sich die drei Freunde voneinander und nahmen ihre Plätze ein. Professor Hopson lief umher und teilte die Klausuren aus.
Er trug ein braunes Sacko, eine dunkle Hornbrille und hatte seine grauen Haare streng nach hinten gekämmt. Sein Anblick straffte jedoch Lügen, denn war der Grauhaarige einer ihrer liebsten Dozenten und sofern er merkte, dass man sich in seinen Kursen bemühte und mitdachte, war er ein angenehmer Zeitgenosse.
Mit einem müden Lächeln nahm Sam ihre Klausur entgegen und legte sie umgedreht vor sich auf den Holztisch. Nachdem Professor Hopson alle Klausuren verteilt hatte, warf er einen kurzen Blick auf die Uhr, schrieb die Endzeit der Prüfung an die Tafel und gab schließlich den Startschuss.
Sam drehte den zusammengehefteten Blätterstapel herum und schrieb ihren Namen darauf. Danach blätterte sie eine Seite weiter und atmete tief ein.
Sie hob ihre Hand und rieb sich über die Stirn.
„Und jetzt raus aus meinem Kopf, wenigstens für die nächsten anderthalb Stunden", befahl sie dem Gedankenkonstrukt Harrisons in ihrem Kopf wispernd und schloss die Augen. Selbst bei ihrem Sprint zur Uni hatte sie an ihn denken müssen. Es hörte nicht auf, es war wie ein Virus, das sie infiziert hatte. Ein letztes Mal atmete Sam durch und begann schließlich damit, die einzelnen Aufgaben durchzulesen. Ein erleichtertes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen.
Es war einfach. Gut, dass sie sich für Quantenphysik interessierte und viel darüber in ihrer Freizeit las, oder zumindest gelesen hatte, denn seitdem sie in Star Labs arbeitete, kam sie kaum mehr dazu irgendetwas Anderes zu tun.
Mit einem selbstsicheren Grinsen setzte Sam ihren Kugelschreiber an.
„Hä?", hörte sie Josh neben sich sagen. Sie sah zu ihm und schmunzelte vergnügt, während sie beobachtete, wie er fragend das Gesicht verzogen hatte und sich mit seinem Füller an der Schläfe kratzte.
Dr. Spencer White betrat Meritech, das Labor, in dem sein ehemals engster Freund arbeitete. Jeff Bloom, der am gestrigen Abend in Augen aller einen brillanten Vortrag gehalten hatte, seine gestelzte Art zu reden außen vor gelassen. Lediglich der rothaarige, unscheinbare Wissenschaftler wusste, was es mit der Idee, die von allen als höchst originell bezeichnet worden war, wirklich auf sich hatte.
Es war seine.
Seine Idee, seine Forschung. Der einsiedlerische Spencer hatte sie bisher niemandem anvertraut bis auf Dr. Jeff Bloom, von dem er tatsächlich geglaubt hatte, er könne ihm vertrauen. Es war sein Lebenswerk gewesen, sein Lebensinhalt. Er war abgelenkt gewesen in den letzten Monaten, hatte sich deshalb nicht seiner Idee widmen können, doch war dies lange kein Grund sie ihm einfach wegzunehmen und als sein eigen zu präsentieren, so, wie es der Schwarzhaarige getan hatte.
Spencer lief zum Empfangstresen des Labors. Seine Schritte waren unsicher und langsam. Er sah stur auf den Boden unter sich, denn behagten ihm Menschenmengen nicht. Ohnehin hatte er es schwer, mit Menschen auszukommen, einer der Gründe, wieso er es bevorzugte allein zu arbeiten, in seinem eigenen Labor fernab vom Trubel größerer Forschungseinrichtungen.
Jemand rempelte ihn an, entschuldigte sich halbherziges in Form eines Murmelns und lief dann weiter. Es passierte ihm des Öfteren, das er nicht bemerkt wurde, einfach übersehen. Der Rothaarige verharrte, rückte seine Brille wieder zurecht, faltete seine Hände und lief dann weiter.
„Entschuldigung", nuschelte er, als er den Tresen erreicht hatte. Die Frau bemerkte ihn im ersten Moment nicht, ähnlich wie der Mann zuvor, der ihn angerempelt hatte. So wiederholte Spencer White seine Worte, diesmal etwas lauter.
Die Frau sah auf. Ihre Haare hatte sie zu einem eleganten Dutt zusammengesteckt. Sie trug roten Lippenstift. Schrille Farben schüchterten den Physiker und Geologen ein, sodass er seinen Blick auf den Tisch richtete.
„Ich möchte mit Dr. Jeff Bloom sprechen", sagte er kleinlaut.
Die Frau musterte ihn abschätzig. Beäugte seine ungekämmten Haare, sein Sakko, das an einigen Stellen alte Flecken aufwies, die er nicht mehr herausbekommen hatte. Seine Brille, die leicht schief saß. Er kannte diesen Blick, sie bildete sich ein Urteil, ohne ihn überhaupt zu kennen.
„Ich befürchte, Dr. Bloom ist heute beschäftigt", sagte sie.
Spencer schüttelte seinen Kopf. Obgleich es ihn belastete, er würde sich nicht abwimmeln lassen. Nicht in dieser Angelegenheit. Er war beraubt worden und er hatte ein Recht sich jenes, das man ihm genommen hatte, zurückzuholen. Sein Gedankengut.
„Es ist wirklich dringend", plädierte er daher.
Die Frau schüttelte ihren Kopf.
„All seine Termine sind heute dringend. Dr. Bloom ist ein vielbeschäftigter, gefragter Mann", erklärte die Frau mit dem roten Lippenstift.
Der Wissenschaftler presste seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
„Ich muss wirklich mit ihm sprechen", wiederholte er, diesmal lauter. Er ballte seine Hand, die neben seinem Körper baumelte, zur Faust. Sie zitterte vor jahrelang unterdrückter Wut. Plötzlich begann sich seine Hand zu verändern. Gestein begann diese zu überziehen, wie ein Mosaik setzten sie sich auf seiner Haut zusammen.
„Spencer!", ertönte die Stimme jenes Wissenschaftlers, den er suchte, neben ihm.
Die Steine schwanden.
Der Angesprochene drehte sich herum und erblickte den selbstbewussten Wissenschaftler. Er stand da in seinem Labor und lächelte, so als gehöre ihm die Welt, dabei war er nichts weiter als ein Dieb, der sein Gedankengut gestohlen hatte. Der sich an der Kreativität und Genialität anderer labte wie ein Parasit.
Spencer schritt auf seinen ehemaligen Freund zu. Dieser lächelte. So beschränkt, dass er nicht wusste, wieso er hier war, konnte er gar nicht sein.
„Wir müssen reden", sagte der Rothaarige mit leiser Stimme.
„Aber natürlich, folge mir", erwiderte der Schwarzhaarige zuvorkommend, was den Geologen überraschte.
Die beiden Männer begaben sich in einen Besprechungsraum abseits der Empfangshalle. Spencer White war kein Mensch, der umgehend auf den Punkt kam, doch auch Typen wie er waren für Überraschungen gut. Denn kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, drehte er sich zu seinem Kollegen herum und öffnete seine Lippen.
„Ich möchte, dass du es richtig stellst", befahl er ihm mit ungewohnter Strenge in der Stimme.
Jeff beäugte ihn einen Augenblick, zuckte anschließend jedoch mit den Schultern.
„Ich weiß nicht, wovon du redest, alter Freund."
Verwirrt verzog Spencer sein knolliges Gesicht. Wollte er wirklich diese Karte spielen?
„Deine Forschung, wie du sie nennst, deine Theorie, ist eigentlich meine. Ich habe dir davon erzählt, als du in meinem Labor warst, ich habe dir meine Aufzeichnungen und Ergebnisse gezeigt", sagte er, unter der Oberfläche brodelte es. Seine Stimme zitterte.
„Daran erinnere ich mich nicht", kam es zurück. Lässig lehnte sich der Schwarzhaarige an den Konferenztisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Doch, das tust du. Und ich möchte, dass du die Dinge richtigstellst und mir meine Forschung zurückgibst, Jeff. Sie ist mein Leben! Es war meine Idee, allein meine!"
Allmählich begann der Vulkan zu rauchen. Die Erdkruste brach auf und ließ jenes nach Außen dringen, das Jahrzehnte lang unter der Oberfläche geschlummert hatte.
„Hast du Beweise dafür?", fragte der Wissenschaftler plötzlich.
Entgeistert starrte Spencer den Schauspieler vor sich an.
„Beweise?", fragte er.
„Ja, Beweise. Schließlich kann das, was du gerade sagst, jeder behaupten."
Der Geologe begann zu stottern.
„Ich habe meine Aufzeichnung, m-meine Bücher, meine Tafelbilder."
„Und woher weiß man, dass du sie nicht gestern, nach meinem Vortrag angefertigt hast?"
Der Rothaarige verstummte. Wie versteinert stand er vor seinem ehemaligen Freund.
„Hör zu, Spence. Auf dieser Welt gibt es zwei Arten von Menschen", begann Jeff zu schwadronieren. „Jene, die reden und jene, die machen. Die Redner, die werfen mit leeren Worten um sich, erzählen, was sie vor haben, tun es jedoch nicht. Und dann gibt es da noch die Macher. Die nehmen die Dinge in die Hand und vollbringen Großes."
Der Schwarzhaarige bewegte sich auf ihn zu.
„Du? Du bist ein Redner. Du versinkst in deinen Notizen und redest davon, die Welt zu verändern, doch letztlich hast du doch nur wieder mit deinen Steinchen gespielt. Ich meine, im Ernst, Geologie? Das ist doch nicht mal eine richtige Wissenschaft. Wie lange hätte es wohl gedauert, bis es die Theorie, von der du behauptest, es sei deine, an die Öffentlichkeit schafft?"
Spencer White sagte nichts. Leblos stand er neben dem Wissenschaftler, der versuchte ihn zu manipulieren, der ihm das Einzige nahm, das ihm etwas bedeutete.
„Ich habe dir so gesehen einen Gefallen getan, habe dich von deiner Bürde erlöst."
Wie zuvor am Tresen ballte der Rothaarige seine Hände zu Fäusten. Das Mosaik darauf setzte sich zusammen, stoppte diesmal nicht.
Der Vulkan brach aus.
„Seht ihr, wie anmutig sie fliegt? Wie graziös?", fragte Cisco mit vor Stolz triefender Stimme.
Eine weiße Drohne stand in der Luft wie eine Libelle.
Das Team im Cortex beäugte diese, wenn auch mit weitaus weniger Begeisterung, als Cisco es tat. Dieser hielt jene weiße Fernbedienung in den Händen, die Sam Tage zuvor ebenfalls benutzt hatte. Ihr Jungfernflug mit der Drohne war jedoch weitaus weniger glimpflich verlaufen, doch hatte es ihr der Langhaarige verziehen, jetzt, wo sein neustes Spielzeug von ihm repariert worden war.
„Und was soll daran jetzt so besonders sein?", fragte Bette gelangweilt und beäugte das weiße Flugobjekt, das vor ihrer Nase herumschwirrte wie der goldene Schnatz, da sich Cisco soeben einen kleinen Scherz mit ihr erlaubte.
Der Blick der Soldatin wanderte zur Uhr, so, wie er es in den vergangenen Minuten bereits mehrere Male getan hatte.
„Alles!", erwiderte derweil Cisco. „Sie ist leichter, als andere Drohnen, schneller, kleiner, wendiger und", begann er aufzuzählen und deutete auf die kleine Kamera unterhalb der vorderen Spitze der Drohne, „die angebaute Kamera kann auf ein Vielfaches heranzoomen. Das macht sie zum idealen Beobachtungs- und Spionagewerkzeug."
Bette zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. Es ließ den Langhaarigen beleidigt schnauben. Er sah zu Barry, Caitlin und Harrison, um sich dort die gewünschte Anerkennung zu holen.
In der Zwischenzeit sah Bette erneut auf die Uhr. Sobald Sam im Labor eintraf, würde sie sie in ihr Geheimnis einweihen, sie hatte es so weit hinausgezögert, wie es ging. Allmählich war es jedoch nicht mehr möglich, die Sorge sowie Angst über die seltsamen Zeichnungen auf ihren Händen, die dann und wann auftauchten, sobald sie ihre Fähigkeiten freisetzte, zu unterdrücken. Es war die Fähigkeit des menschlichen Körpers, zu spüren, wenn etwas nicht in Ordnung war, wenn ihn etwas von Innen heraus angriff. Wie ein sechster Sinn. Und Bette verspürte dieses Gefühl, seit Tagen schon.
„Ich glaube, ich nenne sie Isabelle."
Bette sah zum Langhaarigen, zog eine Augenbraue nach oben.
„Wen?"
„Na die Drohne", antwortete Cisco, so als sei es das selbstverständlichste auf der Welt.
Tatsächlich entlockte es der Soldatin ein leises Prusten, das jedoch durch den Alarm, der keine Sekunde später im Cortex widerhallte, übertönt wurde.
Die Gruppe sah auf, Cisco landete seine Drohne, legte seine Fernbedienung zu Seite. Caitlin rollte vor, Harrison schaltete die Bildschirme an und verfolgte das Signal zurück. Ein eingespieltes Team, ein jedes Zahnrad griff perfekt ineinander.
„Was ist los?", fragte Barry, der sich reflexartig von seinem Stuhl erhoben hatte. Cisco klickte sich durch sein Programm und fing den Polizeifunkspruch, der den Alarm ausgelöst hatte, ab. Er spielte ihn über die Lautsprecher ab.
„An alle Einheiten. Angriff auf das Meritech Labor, ich wiederhole, an alle Einheiten."
„Ich - ich kann nicht glauben, was ich da sehe. Hier fliegen Steine durch die Luft", ertönte ein weiterer Funkspruch.
„Die Kugeln prallen einfach an ihm ab! Er sieht aus wie ein Mann aus Stein!", folgte ein weiterer.
Das Team sah einander an.
„Ein Meta-Wesen", sprach Cisco den Gedanken aller aus. Der Langhaarige drehte sich zu Bette. „Jetzt kannst du mal so richtig zeigen, was du drauf hast", fügte er mit einem kindlichen Grinsen hinzu.
Bette schluckte schwer. Ihre Hände, die sie hinter ihren Rücken gehoben hatte, ballte sie zu Fäusten. Ihr Herz raste.
Von Neuem wanderte ihr Blick zur Uhr.
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