Kapitel 25 - Dinge, die zu Bruch gehen

Es war Abend.
Angespannt wartete das Team auf eine Antwort Barrys.
Cisco hatte Eilings Überwachungsnetzwerk gehackt und so hatte die Gruppe fast zeitgleich mit dem General herausgefunden, wer Bettes nächste Anlaufstelle war.
Dr. Harold Hadley, ein Militärchirurg in Anglewood.
Der Speedster hatte keine Zeit verloren und war losgerannt, nun wartete Team Flash auf seine Rückkehr, hoffentlich mit Bette Sans Souci an seiner Seite. Sam wollte sich nicht ausmalen, was General Eiling mit ihr tun würde, sollte er sie in die Finger bekommen.
Unruhig wippte sie mit ihrem Fuß auf und ab. Cisco neben ihr presste entnervt seine Hand auf ihr Knie und brachte sie somit dazu, aufzuhören. Entschuldigend grinste sie den Langhaarigen an, als im nächsten Augenblick auch schon Barry vor ihnen auftauchte, gemeinsam mit einer rothaarigen Frau.
„Barry", sagten Sam und Cisco im Chor und erhoben sich. Der Braunhaarige zog sich die Maske ab.
Der Blick der Studentin wanderte zu Bette Sans Souci.
Sie war eine schöne Frau, das fiel ihr schon beim ersten Hinsehen auf. Ihre roten Haare wirkten wie Feuer, das ihr ebenmäßiges Gesicht umrahmte. Ihre Haltung war stramm, doch zeitgleich graziös. In ihren Augen funkelte eine Stärke, um die Sam sie nur beneiden konnte.
Stärke, doch auch tiefe Skepsis.
Bette sah sich im Cortex um und musterte anschließend das Team. Jeden einzelnen von ihnen.
„Das ist Bette", stellte Barry die Soldatin schließlich vor. „Und das sind Caitlin, Cisco, Sam und Dr. Wells", erklärte er und deutete dabei nacheinander auf jeden einzelnen von ihnen. Die Brünette schenkte Bette ein zaghaftes Lächeln, doch lächelte sie nicht zurück. Ihre Gesichtszüge blieben weiterhin hart.
„Und ihr seid die Wissenschaftler, die mir helfen können?", fragte sie geradeheraus und trat einen Schritt vor.
Sam sah zu Harrison, der seine Hände auf seinem Schoß faltete und seine Augen leicht verengte. Caitlin näherte sich derweil der Soldatin und reichte ihr ein Paar Handschuhe. Bette musterte sie zuerst verwirrt, verstand jedoch schließlich, welchen Zweck sie erfüllen sollten. Sie zog sie über.
„Ja. Mein Team und ich arbeiten daran, Meta-Wesen zu erforschen und auch daran einen Weg zu finden, ihnen ihre Kräfte zu entziehen", erklärte der Wissenschaftler ruhig.
„Meta-Wesen?", hakte Bette misstrauisch nach.
Sam durchlebte soeben ein Deja Vú. Auch sie hatte dieses Gespräch hinter sich, als sie das erste Mal hier im Cortex gewesen war. Sie war genauso verwirrt wie Bette gewesen, nur mit dem entscheidenden Unterschied, dass sie keine Kräfte besaß.
„So nennen wir jene Menschen, die Fähigkeiten besitzen, so wie Sie, Miss Sans Souci", sagte Harrison galant und fuhr mit seinem Rollstuhl in die Mitte des Raumes. Er hielt eine kleine, schwarze Fernbedienung in der Hand, die er auf den Bildschirm an der Wand richtete. Dieselbe Grafik öffnete sich, die Sam einst gesehen hatte. Die Karte Central Citys, auf ihr diverse gelbe und rote Punkte eingezeichnet, die die Konzentration der Dunklen Materie visualisieren sollten.
„Bei der Explosion des Teilchenbeschleunigers von Star Labs vor über zehn Monaten wurde Dunkle Materie freigesetzt, noch unerforschte Energie, die einige Menschen, so wie Sie auch, auf genetischer Ebene verändert hat."
Bette trat an den Bildschirm heran, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie beäugte die Grafik einen Moment lang und drehte sich anschließend zu Harrison herum.
„Vor zehn Monaten?", hakte sie nach.
Der Wissenschaftler nickte.
„Da wurde ich hierher gebracht, nach Central City", murmelte sie und starrte gedankenverloren auf die Fliesen vor sich. „Eine Bombe ging hoch, als ich sie zu entschärfen versuchte. Ich wurde vom Militär eingeflogen, um operiert zu werden."
„Und die Welle Dunkler Materie hat dich getroffen", schloss Sam.
Bette sah zu ihr.
„Müsste ich raten, würde ich sagen, dass deine damaligen Verletzungen nach der Bombenexplosion etwas mit deiner Gabe zu tun haben. Aber natürlich müssen wir das erst überprüfen und einige Tests durchführen", erläuterte sie. Ihre Augen funkelten voll wissenschaftlicher Neugier.
„Gabe?", fragte sie Sam kühl und schnaubte.
Sam verzog leicht das Gesicht. Offenbar hatte sie einen wunden Punkt getroffen, unbeabsichtigt. Sie stolperte aber auch von einem Fettnäpfchen ins nächste heute.
„Das ist keine Gabe. Das ist ein Fluch."
Die Rothaarige sah wieder zu Harrison.
„Und ich dachte, Eiling hätte mir das angetan", sagte sie, Zorn schwang in ihrer Stimme mit.
„Nein, da muss ich widersprechen. General Eiling hatte nichts mit Ihrer Transformation zu tun. Er hätte auch sicherlich nicht die Mittel dafür", antwortete der Wissenschaftler.
Bettes grüne Augen fixierten ihn und glitten anschließend wieder zum Bildschirm.
„Das macht das, was er getan hat, auch nicht wieder wett", murmelte sie.
Langsam schritt Sam um das Computerpult herum und ließ ihre Hand über das Geländer gleiten.
„Was ... hat er denn getan?", fragte sie die Soldatin vorsichtig.
Bettes Kopf schnellte zu ihr. Ihre roten Haare wehten ihr dabei leicht ins Gesicht. Eingehend wurde Sam von ihr gemustert.
„Das geht dich nichts an", sagte sie schließlich entschieden und drehte ihren Kopf zu Harrison.
„Ihr Beschleuniger ist also Schuld daran, das ich so bin?"
Harrison ließ die schwarze Fernbedienung in seiner Hand durch seine Finger gleiten.
„Das ist korrekt, ja. Aber wir können Sie untersuchen, Miss Sans Souci und herausfinden, wie Sie die Explosion zellular beeinträchtigt hat. Dann können wir an einem Weg forschen, Ihnen zu helfen."
„Nein", kam es forsch zurück. „Keine weiteren Untersuchungen."
„Aber Bette, anders können wir dir nicht helfen", mischte sich Sam zaghaft ein.
„Nein", wiederholte sie erneut. Sie verengte wütend ihre Augen. „Ich vertraue euch Wissenschaftlern nicht."
Ihr Blick wanderte zu Barry.
„Ich dachte, du und dein Team wüsstet bereits, wie ihr mich wieder normal machen könnt. Es war ein Fehler, hierher zu kommen", sagte sie reuevoll.
Der Speedster schüttelte jedoch seinen Kopf.
„Lieber hier, als bei Eiling, oder nicht?", fragte er sie und trat einen Schritt an sie heran. „Hör zu, Bette, solange er dir auf den Fersen ist, ist es besser, dass du erstmal hier bleibst, in Star Labs."
„Barry hat recht, Miss Sans Souci", stimmte Harrison ruhig zu. „Wir können Ihnen ein Zimmer zur Verfügung stellen, in dem Sie bleiben können. Wir werden keine Tests und Untersuchungen an Ihnen durchführen, solange Sie es nicht wollen, das verspreche ich Ihnen."
Die grünen Augen der Soldatin musterten Harrison eindringlich, so als wolle sie versuchen eine Lüge in seinem Gesicht zu erkennen, doch fand sie nichts dergleichen. Vorsichtig sah Sam zu Bette, ihre Antwort abwartend.
„Na schön, ich bleibe. Aber wenn sich die Sache mit Eiling beruhigt hat, bin ich wieder weg", stellte sie klar.
„Natürlich", antwortete der Wissenschaftler besonnen und sah zu Caitlin. „Wärst du so freundlich, Miss Sans Souci ein Zimmer herzurichten, in dem sie vorrübergehend bleiben kann?", bat er seine Kollegin.
Caitlin nickte und sah lächelnd zu Bette.
„Komm, folge mir. Wir finden sicherlich ein geeignetes Zimmer für dich", schlug sie vor und deutete in Richtung Ausgang.
Die Rothaarige verharrte noch einen Augenblick an Ort und Stelle. Es war offensichtlich, dass sie dem Team nicht traute und Sam fragte sich, was diese Frau wohl in den letzten Monaten erlebt hatte. Auch schien sie insbesondere eine Abneigung gegen Wissenschaftler zu haben, denn kaum hatte sie die Neugier in ihren Augen erkannt, hatte sie komplett dicht gemacht.
Schief lächelte Sam, als Bette schließlich wortlos an ihr vorbeischritt, zu Caitlin. Die beiden Frauen verließen den Cortex.

Schwer seufzend lehnte sich die Wissenschaftlerin an das Pult und fuhr sich übers Gesicht.
„Irgendwie habe ich das Gefühl, ich hab's vermasselt", murmelte sie.
Harrison drehte sich mit seinem Rollstuhl zu ihr herum.
„Hast du nicht", widersprach er ihr und schüttelte seinen Kopf. „Eiling hat Schuld an ihrem Misstrauen. Ich kann mir gut vorstellen, wie er mit ihr umgegangen ist, als er von ihren Fähigkeiten erfahren hat. Dieser Mann kennt keine Grenzen und keine Skrupel."
Mitleidig verzog die Brünette ihr Gesicht. Daran hatte sie auch schon gedacht. Es würde zumindest Bettes Abneigung gegen Wissenschaftler und Labore erklären sowie ihre Ablehnung gegenüber weiteren Versuchen und das, obwohl sie ihre Fähigkeiten unbedingt loswerden wollte. 
„Geben wir Miss Sans Souci erst einmal Zeit, sich einzugewöhnen. Hier wird Eiling vorerst nicht nach ihr suchen, Sie ist erstmal sicher", erklärte Harrison zuversichtlich.
Sam lächelte leicht.
„Und das ist die Hauptsache", sagte sie, woraufhin das Team zustimmend nickte.

Der Ablauf des darauffolgenden Tages war für Sam anders als sonst. Anstatt zuerst zur Uni zu fahren und danach zu Star Labs, fuhr sie bereits am Morgen ins Labor. Nicht etwa, weil sie ihre Kurse wieder sausen ließ, sondern weil die Bewerbungsrunde in Mercury Labs am heutigen Tag stattfinden sollte. Riley und sie waren somit von der Uni freigestellt und da die Führung erst am Mittag stattfinden würde, wollte die Brünette die Zeit sinnvoll nutzen und nach den Zellkulturen sehen.
Zugegeben, sie hatte Mercury Labs bei all dem Trubel in den letzten Tagen glatt vergessen. Hätte Riley ihr gestern Abend nicht geschrieben, so wäre sie vermutlich wie gewohnt zur Uni gefahren. Was Josh wohl gesagt hätte, wenn sie plötzlich in der Physikvorlesung aufgetaucht wäre?
Müde, da sie wieder Probleme beim Einschlafen gehabt hatte, schlurfte Sam durch den Flur, einen großen Kaffeebecher in den Händen haltend. Leider wollte das Koffein noch nicht so recht wirken.
Auch hatte die Brünette ein schlechtes Gewissen. Ein wenig kam es ihr so vor wie Verrat, wenn sie heute einfach zu Mercury Labs spazierte, um sich zu bewerben. Zwar tat sie es nur für Riley, um sie zu unterstützen, denn hatte Sam selbst kein Interesse daran, für Christina McGee zu arbeiten, erst recht nicht, seitdem sie ihren Traumjob ergattert hatte, aber dennoch, die Schuldgefühle waren da. Vielleicht, weil Dr. Wells nichts davon wusste. Und sie hatte auch nicht vor, ihm davon zu erzählen. Es war keine große Sache, Mercury Labs war nicht Star Labs und hatte somit keine Chance. Sie wusste bereits, wo sie hingehörte und das war hierher.
Als Sam die Tür zum Labor öffnete, sah Caitlin auf und schenkte ihr ein Lächeln. Sie hatte ihre Kollegin bereits gestern Abend wissen lassen, dass sie heute Morgen, dafür aber nicht zum Mittag anwesend sein würde.
„Guten Morgen, Sam", grüßte die Braunhaarige sie.
„Morgen, Caity", erwiderte sie die Begrüßung sogleich.
An ihrem Kaffee nippend trat Sam an den Tisch heran und betrachtete die dutzenden Petrischalen, in denen Barrys Zellkulturen zu iPS-Zellen heranreiften.
„Du siehst müde aus", stellte die Ärztin fest, die stets ein besonderes Auge auf ihre Mitmenschen hatte. So entgingen ihr auch nicht die Augenringe, die das Gesicht der jungen Wissenschaftlerin zierten.
Schief lächelnd stellte Sam ihren Kaffee ab. Er half ohnehin nicht.
„Ja, ich schlafe in letzter Zeit nicht so gut", gestand sie. „Ich kriege meinen Kopf einfach nicht dazu, still zu sein", fügte sie mit einem tiefen Seufzen hinzu und hob ihre Hand schief grinsend an ihre Stirn.
Caitlin lächelte mitleidig, jedoch lag auch dieses gewisse Funkeln in ihren bernsteinfarbenen Augen, das Sam innehalten ließ.
„Ich habe da etwas, das dich aufheitern wird. Vielleicht kannst du heute Abend dann besser einschlafen", verkündete sie geheimnisvoll.
Sam hob eine Augenbraue. Ihr Herz begann vor Neugier zu flattern.
„Und das wäre?", fragte sie und trat ein paar Schritte an Caitlin heran.
Die junge Ärztin deutete auf das Mikroskop vor sich.
„Sieh selbst nach", schlug sie vor.
Dies ließ sich Sam nicht zwei Mal sagen. Sie setzte sich auf einen Stuhl und beugte sich vor, um einen Blick durch das Mikroskop werfen zu können, unter dem eine der Petrischalen zur Beobachtung lag. Sie drehte an dem kleinen Rädchen, das das Bild schärfer stellte und erstarrte.
„Sind das", begann sie und Caitlin nickte nun breit lächelnd.
„IPS-Zellen, ja. Das Retrovirus hat Barrys Zellen in einen pluripotenten Zustand transformiert. Du siehst da gerade waschechte Speedster-Stammzellen vor dir."
Sams Augen weiteten sich. Sie ließ vom Mikroskop ab und sah zur Ärztin.
„Wir haben die erste Hürde also gemeistert?", fragte sie.
Caitlin nickte.
„Haben wir. Jetzt können wir versuchen, aus ihnen ein Serum zu entwickeln."
Sam hob jubelnd ihre Arme in die Luft.
„Das ist fantastisch!"
Sie erhob sich von ihrem Stuhl.
„Das muss ich Riley sofort - nein, noch nicht. Erst, wenn wir das Serum entwickelt haben, dann weihe ich sie ein", plapperte sie gut gelaunt und grinste nun über beide Ohren. „Aber es dauert nicht mehr lang, wir schaffen das."
Caitlin rollte mit ihrem Stuhl zum Mikroskop.
„Jetzt, wo Stammzellen aus Barrys Genen nicht mehr hypothetisch sind und wir sie untersuchen können, können wir viel effizienter arbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden werden", erklärte sie selbstsicher. „Ich werde mich direkt dransetzen."
Jetzt wollte Sam Mercury Labs am liebsten sausen lassen. Sie wollte helfen, auch wenn Caitlin ihre Hilfe vermutlich gar nicht benötigte, denn war sie ein brillanter Kopf auf dem Gebiet der Biochemie und sie selbst steckte so gesehen noch in den Kinderschuhen.
„Schau doch nicht so, Sam", lachte Caitlin.
Fragend sah die Brünette zu ihr und rieb sich kurz lachend übers Gesicht. Offenbar hatte man ihr ihre Gedanken angesehen.
„Du musst doch für deine Freundin da sein. Die Sache, bei der du sie unterstützen willst, ist wichtig, meintest du."
„Ja, schon, aber das hier", die Brünette deutete auf die Petrischalen, „das ist viel wichtiger."
Sanftmütig lächelte Caitlin.
„Mach dir keine Sorgen, ich halte dich auf dem Laufenden", versprach die Ärztin. „Und du bist ja gegen späten Nachmittag wieder zurück, oder?"
Eifrig nickte die Studentin. Sie würde hierher zurückkommen, so schnell sie konnte.
„Dann steigst du einfach mit ein", schlug Caitlin vor und erhob sich nun, wobei sie sich kurz elegant streckte.
„Ich denke", murmelte die Ärztin und blickte schief lächelnd zu Sam, „ich hole mir jetzt auch einen Kaffee."
„Mach das, Caity. Du bist ja schon viel früher hier gewesen als ich", ermutigte sie ihre Freundin und drehte sich schwungvoll mit ihrem Stuhl zum Tisch. „Ich beobachte solange noch unsere kleinen Babys."
Caitlin lachte leise.
„Nun, jetzt sind sie keine Babys mehr, oder?", erinnerte sie Sam grinsend, woraufhin die Brünette nun ebenfalls grinsen musste.
„Auch wieder wahr."
„Also dann, bis gleich, Sam", verabschiedete sie sich für den Moment.
Die junge Wissenschaftlerin war bereits wieder damit beschäftigt, die Zellen durch das Mikroskop zu beobachten und winkte daher abwesend.
„Bis gleich", sagte sie glücklich.

Als Schritte ertönten, sah Sam zur Tür. War Caitlin etwa schon zurück? Oder hatte sie vielleicht ihr Portemonnaie vergessen? Ein roter Haarschopf erschien in ihrem Blickfeld. Es war Bette. Scheinbar erkundete sie Star Labs und war nun auf dieses Labor gestoßen.
„Hey", grüßte Sam die Soldatin überrascht und lächelte.
Wie auch gestern kam kein Lächeln zurück, doch war sie niemand, der sich davon einschüchtern ließ. Amber war zu Beginn auch nicht gerade zugänglich gewesen und jetzt, jetzt war sie eine ihrer besten Freunde.
„Willst du sehen, woran wir hier arbeiten?", fragte Sam und deutete auf die Petrischalen. Der Blick der Rothaarigen folgte ihrer Handbewegung. Vielleicht konnte sie so ihr Vertrauen gewinnen, indem sie ihr zeigte, dass sie hier, in Star Labs, nur Gutes taten. Um Menschen zu helfen.
Skeptisch trat die Soldatin an den Tisch heran. Sie trug ihre Handschuhe, doch hielt sie ihre Hände nach wie vor so, dass sie nicht versehentlich sie oder den Tisch berührten. Sam konnte sich nur schwer vorstellen, wie es sich anfühlen musste, wenn man ständig Angst hatte, etwas in die Luft zu jagen, bei bloßer Berührung.
„Wir arbeiten gerade an einem Mittel, das den Organen einer schwerkranken Frau auf die Beine helfen soll. Solange, bis sie endlich neue bekommt. Barry, der Typ im roten Anzug, er heilt sehr schnell und wir wollen versuchen seine Regeneration auch auf andere zu übertragen, siehst du?", erklärte Sam und schob das Mikroskop vorsichtig in Bettes Richtung.
„Klingt kompliziert", kommentierte sie, beugte sich jedoch vor, um einen Blick durchs Mikroskop zu werfen.
„Oh ja, das ist es", stimmte Sam zu. „Wir arbeiten auch schon eine ganze Weile daran und heute hatten wir endlich den ersten Erfolg", berichtete sie.
Bette richtete sich wieder auf. Ihre grünen Augen wanderten nun zu Sam und musterten sie misstrauisch.
„Solltet ihr nicht lieber an einem Weg forschen, wie ihr eurem Freund helfen könnt, seine Fähigkeiten loszuwerden?", fragte sie und drehte sich wieder gänzlich zu Sam herum.
Diese verzog nachdenklich ihre Lippen.
„Das stand nie zur Debatte", gestand sie. „Barry wollte seine Fähigkeiten, soweit ich weiß, nie loswerden. Er verwendet sie, um Gutes zu tun."
Die Soldatin ließ ihren Blick nun über die Petrischalen schweifen.
„Und vielleicht kannst du das ja auch, Bette. Solange wir nicht wissen, wie wir dir deine Kräfte entziehen können, könntest du sie für Gutes verwenden", schlug Sam vor.
Die Rothaarige schnaubte leise und sah wieder zur Wissenschaftlerin.
„Wie könnten diese Hände etwas Gutes bewirken, wenn sie alles zum Explodieren bringen?", fragte sie und hob ihre Hände, die nach wie vor von den Lederhandschuhen, die die Soldatin seit ihrer Ankunft hier trug, geschützt wurden.
Sam rollte mit ihrem Stuhl ein Stück zu ihr.
„Indem wir herausfinden, wie genau deine Fähigkeiten funktionieren", schlug sie enthusiastisch vor und umfasste Bettes Hände. „Das, was dir passiert ist, das ist beängstigend, aber auch unglaublich faszinierend. Wir können das Geheimnis, das dein Körper birgt, entschlüsseln und verstehen, was genau die Dunkle Materie mit deinen Zellen angestellt hat", fuhr sie fort und schob ihren Handschuh ein Stück vor. Und da bemerkte Sam die roten Abdrücke an ihren Handgelenken. Schürfwunden. Etwa von Handschellen?
Bette, im ersten Moment zu perplex, um etwas zu erwidern, zog nun hastig ihre Hände zurück.
„Was fällt dir ein?", blaffte sie und lief einige Schritte rückwärts, brachte Abstand zwischen Sam und sich. „Ich bin nicht dein Versuchskaninchen. Meine Zellen bekommst du sicher nicht, um hier irgendwelche Experimente damit zu machen."
Verwirrt verzog Sam ihr Gesicht. Offenbar hatte Bette ihre Worte völlig falsch aufgefasst.
„Was? Nein, so meinte ich das nicht. Du bist kein Experiment, ich will doch nur"
„Vergiss es", wurde sie unterbrochen. Bette zog ihren Handschuh wieder zurecht. „Ich habe euch Wissenschaftler satt. Ihr seht immer nur in allem Vorteile für eure Forschung, völlig egal, wie gefährlich das sein kann. Anstatt in eurem Labor mit den Zellen des Roten herum zu experimentieren, um irgendwelche Gentherapien zu entwickeln, solltet ihr euch lieber einen Weg einfallen lassen, wie ihr das, was dieser Beschleuniger angestellt hat, wieder in Ordnung bringen könnt."
Sam verzog ihre Lippen, während sie beobachtete, wie Bette strammen Schrittes das Labor verließ. Tief seufzend fuhr sie sich durchs Haar. Es war nicht leicht, die Rothaarige davon zu überzeugen, dass ihre Absichten rein waren. Dass sie wirklich nur helfen und nicht etwa große, wissenschaftliche Fortschritte erzielen wollte, um gefeiert oder berühmt zu werden. Es ging ihr um die, die Hilfe benötigten, nicht um sich. Davon musste sie sowohl Bette als auch Josh überzeugen.

Während Sam, Riley und eine Gruppe anderer Studenten durch die nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Bereiche von Mercury Labs geführt wurden, schweiften ihre Gedanken hin und wieder zu Bette. Sie musste einen Weg finden, zu der Rothaarigen durchzudringen. Nachdenklich ließ sie ihren Blick schweifen.
Der Flur, durch den sie soeben liefen, ähnelte dem in Star Labs. Betonwände und Fliesen, nur, dass die Fliesen in Mercury Labs wesentlich heller waren, ebenso wie die Wände. Auch schienen die Lampen heller, sodass Sam das Gefühl hatte, dass der Boden, auf dem sie lief, glitzerte.
Das, was die beiden Labore jedoch am meisten unterschied, war das Innenleben. Diverse Mitarbeiter tummelten sich auf den Gängen herum. Einige trugen dicke Ordner bei sich, blätterten in ihren Notizheften oder hielten dünne Tablets in den Händen, auf deren Rückseiten Mercury-Labs-Sticker klebten. Manche Labortüren waren verschlossen, viele davon standen jedoch weit genug offen, sodass man einen Blick hineinwerfen konnte.
Sam versuchte es, versuchte wirklich, ihre Begeisterung zurückzuhalten, doch kam sie nicht umhin als neugierig in eines der Labore zu lugen und die technischen Konstruktionen auf den Tischen zu begutachten.
Alles glänzte, alles roch neu.
Nein, sie durfte keine Begeisterung empfinden, es wäre Verrat an Star Labs.
„Ist das nicht aufregend?", wisperte Riley neben ihr, die nun ebenfalls einen Blick ins Labor warf. Sie lächelte. Sam glaubte, ihre Freundin ewig nicht mehr so lächeln gesehen zu haben.
„Ja, das ist es", sagte sie daher und tätschelte das platinblonde Haar der Kleingewachsenen.
„Sammy", beschwerte sich Riley lachend und drückte sie spielerisch weg. Danach schlossen die beiden Freundinnen wieder zur Gruppe auf.
Christina McGee höchstpersönlich führte sie durch das Labor. Die Auswahl ihrer Studenten war ein Anliegen, dem sie sich am liebsten persönlich zuwandte, hatte sie zu Beginn der Führung gesagt. Immer wieder kam sie ins Gespräch mit einigen Studenten. Sture Bewerbungsgespräche in einem stickigen Raum erachtete die renommierte Wissenschaftlerin als unsinnig. Sie lernte ihre vielleicht zukünftigen Mitarbeiter viel lieber in natürlicher Umgebung kennen.
Sam mochte die Art, wie Dr. McGee dachte. Nur war sie nach wie vor nicht Harrison Wells.
„Und hier haben wir das Labor, in dem Sie, sollten Sie eine der heiß begehrten Werkstudentenstellen ergattern, künftig arbeiten werden", präsentierte die Wissenschaftlerin, während sich zwei große Schiebetüren aus Glas automatisch öffneten.
Sei nicht beeindruckt, sei nicht beeindruckt, ermahnte sich Sam, wiederholte die Worte in ihrem Kopf wie ein Mantra.
Als die Gruppe das Labor betrat, klappte ihr die Kinnlade herunter. Es war riesig! Diverse Arbeitsplätze reihten sich aneinander. Ein jeder Arbeitsplatz war mit einem großen Schrank ausgestattet, durch dessen Glastüren man bereits einen Blick auf die Mikroskope und allerlei andere wissenschaftliche Utensilien werfen konnte. Weiterhin standen auf jedem Tisch hochmoderne Rechner, die höchstwahrscheinlich mit den besten Programmen zum Analysieren und Auswerten von Proben ausgestattet waren.
Wie sagte man so schön? Die Konkurrenz schlief nicht. Sicherlich war Mercury Labs, nachdem Star Labs als Konkurrent ausgeschieden war, nochmals aufgerüstet worden, um sich die Spitze auf der Rangliste der Top-Labore zu sichern.
Sam musste zugeben, sie war beeindruckt.
„Verdammt", murmelte die Brünette. Jetzt fühlte sie sich wirklich schlecht.
„Das kannst du laut sagen, Sammy", sagte Riley neben ihr und strahlte nun übers ganze Gesicht.
„Nur zu, sehen Sie sich ruhig um, keine Scheu", animierte Christina McGee die Studenten. Sofort löste sich die Gruppe auf, wie Ameisen huschten die jungen Erwachsenen durch das Labor, außer Sam. Sie verharrte im ersten Moment an Ort und Stelle und setzte sich schließlich nur langsam in Bewegung, um zu einem der Schreibtische zu laufen. Ihre Hand strich über die glatte Oberfläche der Tischplatte.
„Beeindruckend, nicht wahr?", ertönte eine weibliche Stimme neben ihr.
Sam sah in Christina McGees Gesicht, das ein freundliches Lächeln zierte. Sie strahlte Ehrgeiz aus, wie Sam fand, jedoch keine Verbissenheit. Neugier, Tatendrang.
„Wirklich sehr beeindruckend", gestand sie lächelnd und musterte den Arbeitsplatz. In einer anderen Welt, in einer Welt, in der es Harrison Wells nicht gab, da würde sie vielleicht sogar hier arbeiten, in Mercury Labs. Doch in dieser Welt, da war sie dazu bestimmt an der Seite des Dunkelhaarigen zu stehen. Ihre Loyalität zu ihm stand außer Frage, da konnte man ihr mit zehn todschicken, nagelneuen Laboren aufwarten, sie würde sich immer für ihres in Star Labs entscheiden. Es war so etwas wie ihr Zuhause geworden und der Wissenschaftler, nun, er war längst mehr als nur ihr Boss. Er war ihr Mentor, ihr Freund.
„Samantha Jones, habe ich recht?", fragte McGee, woraufhin die Angesprochene lächelnd nickte.
„Ja, die bin ich."
Offensichtlich war die Ältere gut vorbereitet. Die Gruppe aus Interessenten war groß, dennoch schien sie die Namen aller zu kennen. Nicht anders zu erwarten von einer Frau wie ihr, wie Sam fand.
„Ich habe Ihre Publikation zur Einstein-Rosen-Brücke gelesen und sie wirklich genossen", erklärte sie.
Geschmeichelt schmunzelte die Brünette.
„Das freut mich."
So ähnlich waren auch Harrisons erste Worte an sie gewesen. Sie erinnerte sich noch genau an das Gefühl, das sie verspürt hatte, als sie erfahren hatte, dass der Wissenschaftler wusste, wer sie war. Dass er ihre Entwicklung verfolgt hatte.
„Ihre Sichtweise auf die Dinge ist sehr interessant, Samantha", fuhr McGee fort und lief ein Stück. Sam wusste, sie sollte ihr folgen und so setzte auch sie sich in Bewegung.
„Die Art und Weise, wie Sie das Universum und seinen Inhalt betrachten, fasziniert mich. Normalerweise gehen Wissenschaftler sturen Fakten und Regeln nach, doch Sie, Sie bringen da diese gewisse Kreativität mit rein, die mich so fasziniert."
„Es ehrt mich, dass Sie das sagen, Dr. McGee."
„Auch erinnern Sie mich stark an mich selbst, als ich in Ihrem Alter war. Es ist nun schon ein paar Jahre her", lachte die Kurzhaarige und winkte ab.
Die beiden Frauen waren kurz stehengeblieben, setzten sich nun jedoch wieder in Bewegung.
Sams Blick wanderte zu Riley, die am anderen Ende des Labors stand und soeben fasziniert eine der hochmodernen Zentrifugen begutachtete.
„Wissen Sie", begann die junge Wissenschaftlerin und deutete auf ihre Freundin. „Riley Anderson ist auch sehr brillant."
Überrascht hob Christina eine Augenbraue.
„Sie wirkt auf den ersten Blick schüchtern, aber sie ist unheimlich klug und sehr zuverlässig. Und wenn sie sich erstmal irgendwo eingelebt hat, dann blüht sie auf", versuchte Sam nun die Aufmerksamkeit der Doktorandin auf ihre Freundin zu lenken. Für Riley war sie hier, sie sollte die Stelle bekommen.
McGee sah zur Blondine.
„Ich werde gewiss auch noch mit Miss Anderson sprechen. Ihr Lebenslauf hat mich auch sehr beeindruckt", erklärte sie.
Innerlich grinste Sam, hielt jedoch inne, als sie den skeptischen Blick der Laborleiterin auf sich spürte.
„Wissen Sie, es ist unüblich, dass meine Bewerber ihre Konkurrenten unterstützen", kommentierte sie amüsiert.
Die Brünette lachte leise.
„Ich sage nur die Wahrheit", begründete sie.
McGee verschränkte ihre Arme hinter ihrem Rücken und schnaubte belustigt.
„Sie sollten auch für sich selbst einstehen, Samantha. Die Anzahl der Bewerber dieses Jahr ist hoch, was sich selbstverständlich damit begründen lässt, dass Star Labs nun vorerst als Konkurrent ausgeschieden ist", erklärte die Ältere besonnen.
Sam hielt an.
„Vorerst?", fragte sie die Kurzhaarige und verzog fragend ihr Gesicht. „Wie genau meinen Sie das?"
Christina lächelte.
„Nun, ich gehöre zu den Menschen, die an den ständigen Wandel glauben. Meiner Meinung nach verharrt nichts in seinem temporären Zustand. Teilchen bewegen sich, Zellen entwickeln sich, Menschen schreiten voran."
Gebannt lauschte sie den Worten der Wissenschaftlerin.
„Momentan befindet sich Star Labs in einem Ruhezustand. Die Menschen verbinden die Explosion mit Harrison Wells, doch ist er ein brillanter Mann und ich für meinen Teil glaube nicht, dass dies das Letzte war, was wir von ihm hören werden. Es ist entscheidend, was er als nächstes tut, was die Öffentlichkeit als nächstes von Star Labs hören wird."
McGee war die erste, die so wie sie daran glaubte, dass Star Labs seinen Ruf wiederherstellen konnte.
„Wenn er es schafft, gute Publicity zu ernten, dann kann sich Star Labs wieder erholen, davon bin ich überzeugt", schloss die Ergraute und schenkte Sam ein freundliches Lächeln.
Glücklich schimmerten ihre Augen, was McGee nicht entging.
„Ja, daran glaube ich auch, Dr. McGee", stimmte sie der Wissenschaftlerin freudig zu. „Daran glaube ich ganz fest."

Als Sam am Nachmittag zu Star Labs zurückkehrte, war sie erschöpft. Die Führung durch Mercury Labs hatte länger gedauert als gedacht und ihre Nerven strapaziert. Auch hatte sie anschließend Riley noch ein Stück begleitet, um das Lächeln, das nach wie vor auf ihren Lippen gelegen hatte, zu genießen. Und sie hatte es tatsächlich genießen können, denn hatte die Brünette stets den Erfolg mit Barrys Stammzellen im Hinterkopf gehabt und somit auch die Tatsache, dass sie nun so nahe wie nie an der Erstellung des Heilmittels dran waren. Am liebsten hätte sie Riley auf dem Nachhauseweg alles gestanden, doch hatte sie sich nach wie vor zurückgehalten, auch, wenn es schwer gewesen war.
Tief seufzend lehnte sich Sam gegen die Wand im Flur und streichelte mit den Händen über den Beton. Star Labs war im Vergleich zu Mercury Labs unendlich ruhig, doch diese Ruhe genoss die Brünette. Sie tat gut.
„Home, Sweet Home", murmelte sie glücklich. Sie brauchte keinen Trubel und auch keine glänzenden, neuen Geräte. Hier gehörte sie her, zu Harrison Wells, an seine Seite. Schwärmerisch schmunzelte Sam vor sich her.
„Nanu?", ertönte eine männliche Stimme. „Ist was passiert? Du siehst so glücklich aus."
Erschrocken richtete Sam sich auf und sah in Harrisons Gesicht.
„Dr. Wells", entwich es ihr überrascht.
Der Dunkelhaarige näherte sich ihr mit einem Lächeln. Sofort machte ihr Herz einen freudigen Hüpfer. Sie hatte ihn heute noch gar nicht gesehen.
„Ja, es ist nur, ich bin froh, hier zu sein", gestand sie und musste unweigerlich grinsen.
„Nun, das freut mich. Ich bin auch froh, dich hier zu haben", erklärte er charmant.
Verlegen fuhr sich Sam über die Wange, so als wolle sie die rote Farbe, die sich nun darauf abzeichnete, wegwischen. Dass er immer sowas sagen musste. Hatte er keine Ahnung, wie sehr solche Worte sie aus dem Konzept brachten?
Sam hob ihren Blick und sah das leichte Grinsen auf seinen Lippen.
Er hatte sehr Wohl Ahnung.
„Dr. Wells", ermahnte sie ihn daher.
„Ja, Samantha?", kam es unschuldig zurück.
„Sie machen das mit Absicht."
„Ich weiß wirklich nicht, was du meinst", erwiderte der Wissenschaftler und faltete seine Hände auf seinem Schoß.
Lachend rieb sich Sam erneut übers Gesicht und ließ ihre Hand anschließend sinken.
„Wissen Sie sehr wohl, ich habe Sie durchschaut", ließ sie ihn wissen und reckte ihr Kinn.
Interessiert musterte Harrison sie.
„So? Dann klär mich auf", animierte er sie.
„Geht nicht, dafür habe ich nämlich keine Zeit, ich muss weiter zum Labor", erklärte sie ausweichend. Gelogen war es nicht.
Theatralisch fasste er sich an die Brust und entlockte Sam ein herzhaftes Lachen. Danach setzte sich die junge Frau in Bewegung, Harrison begleitete sie ein Stück.
„Ich habe von Caitlin gehört, dass es euch beiden gelungen ist, die Stammzellen zu züchten?", wechselte er nun das Thema und sah lächelnd zu seiner Schülerin auf.
Sam nickte eifrig.
„Ja, ist es! Wir können jetzt an dem Serum arbeiten", erklärte sie erleichtert.
„Das freut mich zu hören. Ich bin fest davon überzeugt, dass ihr beide erfolgreich sein werdet."
„Ja, das bin ich auch", kam es selbstbewusst von Sam zurück.
Zufrieden lächelte der Dunkelhaarige.
„Eine Sache geht mir jedoch nicht aus dem Kopf", murmelte sie ehrlich.
Aufmerksam sah Harrison zu ihr auf.
Sie wusste, er hatte immer ein offenes Ohr für sie und allmählich hatte sich die junge Frau fast schon daran gewöhnt, ihm alles mitzuteilen. Er war ein guter Zuhörer.
„Bette. Sie ist so misstrauisch uns gegenüber und irgendwie habe ich das Gefühl, dass es vor allem mein Elan ist, der sie verschreckt hat. Und meine Neugier. Ich habe heute Morgen mit ihr geredet und bin die Sache wieder völlig falsch angegangen", gestand sie mit einem schiefen Lächeln.
„Nicht doch", winkte er ab. „Ihre Ablehnung hat nichts konkret mit dir zu tun. Eiling wird in den letzten Monaten Wissenschaftler darauf angesetzt haben, an Miss Sans Souci zu forschen. Ich habe einst mit ihm gearbeitet und weiß, dass er Fortschritt erstrebt, nein ihn regelrecht erzwingt. Sie wird deinen Elan missverstanden haben", erklärte er besonnen.
Sam nickte zögerlich.
„Ich kann sie verstehen, nur wünschte ich, sie würde mir etwas mehr vertrauen", murmelte sie mit einem schiefen Lächeln. „Ich möchte ihr nämlich helfen."
Harrison nickte.
„Gib ihr Zeit, Samantha. Sie wird erkennen, dass wir in Star Labs anders arbeiten und andere Intentionen verfolgen als Eiling und sein Militär", riet er ihr.
Er hatte recht. Erzwingen konnte sie Bettes Vertrauen gewiss nicht. So nickte Sam und schenkte dem Dunkelhaarigen ein sanftes Lächeln. Im nächsten Moment wehte sein Duft zu ihr herüber, sodass sie sich leicht benommen fühlte, als sie schließlich das Forschungslabor betrat.

„Eiling hat bisher keine Ahnung, dass Bette hier ist. Der Typ tappt im Dunkeln", verkündete Cisco mit einem kindlichen Grinsen und lehnte sich lässig in seinen Stuhl zurück.
Der Langhaarige hatte das Überwachungsnetzwerk vom General wiederholt geprüft. So wären sie vorbereitet, wenn er Bettes Fährte zu Star Labs zurückverfolgte.
„Sie sind nach wie vor sicher, Miss Sans Souci", verkündete Harrison und sah zur Rothaarigen auf.
„Gut", kam es zurück. Die Soldatin fuhr sich durchs Haar. „Trotzdem muss ich mir was überlegen, ich kann mich nicht ewig hier verstecken", murmelte sie und lief durch den Raum. Harrisons eisblaue Augen folgten ihr.
„Momentan ist es das Beste und ich habe Ihnen ja bereits vorgeschlagen, dass mein Team Ihnen helfen kann", sagte er. Der Wissenschaftler setzte sich mit seinem Rollstuhl in Bewegung und näherte sich der Soldatin langsam. Mit vor der Brust verschränkten Armen stand sie in der Mitte des Cortex, den Blick abwesend in die Ferne gerichtet.
„Ich bin nicht daran interessiert, als weiteres Experiment in Ihrem Labor zu enden, Dr. Wells", sagte sie leise. „Im Gegensatz zu ihren Mitarbeitern fasziniert mich das, zu dem ich gemacht wurde, ganz und gar nicht." Sie drehte sich nun zu ihm. „Es ist gefährlich und belastend."
Harrison verstand, worauf Bette hinauswollte. Nachdenklich rieb er Daumen über Zeigefinger und musterte ihr ebenmäßiges Gesicht.
„Neugierde und Ehrgeiz sind Eigenschaften, die jeden Wissenschaftler charakterisieren, obgleich seine Absichten ehrenvoll sind oder nicht. Neugier liegt in unserer Natur, sie treibt uns voran, zeichnet uns aus."
Harrison fuhr ein Stück mit seinem Rollstuhl vor.
„Das, was Samantha Jones wiederum von vielen Wissenschaftlern, mit denen ich bisher zusammengearbeitet habe, unterscheidet, ist ihre Selbstlosigkeit, ihr großes Herz. Alles, was sie tut, tut sie für Andere. Sie forscht nicht ausschließlich des wissenschaftlichen Fortschritts Willen, auch nicht für sich selbst, um Ruhm und Anerkennung zu ernten. Sie forscht, um Menschen zu helfen und um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, Miss Sans Souci. Das ist das, was sie sehen sollten. Das ist der Mensch, der Samantha Jones ist", erklärte er ihr mit einem erhabenen Lächeln und ließ seine Hand wieder sinken.
Plötzlich hallten laute Schritte wider. Harrison und Bette drehten sich in Richtung Tür, ebenso wie Cisco.
„Dr. Wells!", ertönte Sams Stimme. Der Wissenschaftler fuhr mit seinem Rollstuhl in Richtung der Brünetten, die soeben in den Cortex geeilt kam. Sie strahlte, über beide Ohren.
„Dr. Wells", wiederholte sie und stemmte schwer atmend ihre Hände gegen ihre Knie. „Caitlin und ich haben die Lösung! Wir wissen jetzt, wie wir das Mittel entwickeln können, es wird funktionieren, ganz sicher!", verkündete sie.
„Tatsächlich?", fragte er verblüfft und näherte sich der Studentin.
„Ja! Barrys Zellen, sie, sie sind faszinierend! Sie sind so intelligent, als besäßen sie die Fähigkeit zu denken! Wir können Mrs. Anderson helfen, ganz sicher. Dann hält sie durch, bis sie das Herz und die Leber bekommt."

Bette beobachtete die Szene vor sich schweigend. Sie betrachtete Sam, die voller Begeisterung darüber sprach, einen Weg gefunden zu haben, jemandem zu helfen. Die Soldatin dachte an die Worte des Wissenschaftlers zurück.
„Ich muss Riley anrufen, jetzt sofort. Das kann ich nicht länger für mich behalten, ich werde sie jetzt einweihen. Auch, wenn ich bis zur Fertigstellung des Serums warten wollte, aber das kann ich nun nicht mehr. Sie muss es jetzt schon erfahren", fuhr Sam aufgeregt fort und zog unbeholfen ihr Handy aus der Tasche. Beinahe ließ sie es fallen.
„Vorsicht", lachte Harrison, der sich reflexartig vorgebeugt hatte, um es im Notfall zu fangen.
„Ich sage Riley schnell Bescheid und dann zeige ich Ihnen, was wir herausfinden konnten, in Ordnung?", fragte Sam und entsperrte ihr Handy.
„In Ordnung", stimmte ihr der Dunkelhaarige sanft zu.
Danach sah er über seine Schulter zur Rothaarigen und warf ihr einen vielsagenden Blick zu.
„Sam, immer langsam", ermahnte sie nun auch Cisco, der amüsiert dabei zusah, wie die junge Frau durchs Labor tapste und Rileys Kontakt in ihrem Handy öffnete.
Bette trat an den Wissenschaftler heran.
„Wer ist Mrs. Anderson? Die schwerkranke Frau?", fragte die Soldatin, ihre Augen noch immer auf Sam gerichtet. Sie war in der Tat anders als Eilings Wissenschaftler.
„Das ist korrekt", antwortete der Dunkelhaarige, ein gewisser Stolz schwang in seiner Stimme mit. 

Sam hielt sich ihr Handy ans Ohr. Sie war so aufgeregt. Caitlins Zuversicht, die sie ausgestrahlt hatte, als sie ihr erklärt hatte nun zu wissen, wie sie das Mittel synthetisieren konnten, war das gewesen, worauf die Brünette die letzten Wochen über so sehnlichst gewartet hatte. Diese Zuversicht hatte sie benötigt, um Riley schließlich guten Gewissens mitteilen zu können, woran sie die ganze Zeit über gearbeitet hatte. Nichts stand dem mehr im Wege. Sie hatte die vorangeschrittene Forschung, erste Ergebnisse und Dr. Wells' Erlaubnis. Nun war es an der Zeit, Riley ihre Hoffnung zurückzugeben.
„Komm schon, nimm ab", murmelte sie vor sich her, während das Rufzeichen an ihrem Ohr läutete. Schließlich ertönte ein leises Geräusch. Jemand nahm ab.
„Riley! Riley, ich muss dir was erzählen!", verkündete Sam laut.
„Sam", sagte eine Stimme. Es war Josh. Die Brünette fragte sich, wieso er an das Telefon der Blondine ging, doch spielte es in diesem Augenblick keine Rolle.
„Josh, jetzt nicht, du musst mir Riley geben, es ist dringend", befahl sie aufgeregt.
„Sam", sagte er erneut mit gesenkter Stimme.

Harrison war zufrieden. Seit ihrem kleinen Einbruch vor wenigen Tagen hatte sich die junge Wissenschaftlerin wieder aufgerappelt und besaß nun wieder mehr Selbstvertrauen. Sie strahlte, so hell, dass ihr Licht den Cortex zu füllen schien. Zugegeben faszinierte ihn dieses Strahlen. In den Büchern war nie ersichtlich gewesen, welche Art Mensch Samantha Jones eigentlich war. Er hatte sie stets als Wissenschaftlerin gesehen, nun jedoch lernte er auch die Frau hinter dem Genie kennen.
„Und genau davon habe ich vorhin gesprochen, Miss Sans Souci", erklärte der Dunkelhaarige mit gesenkter Stimme an die Soldatin gewandt.
Zufrieden faltete Harrison seine Hände und betrachtete Sams Rücken. Leicht verengte er seine Augen, da die Haltung der Brünetten verkrampfte. Oder bildete er es sich ein?
Sam ließ die Hand, mit der sie ihr Handy umschlossen hielt, langsam sinken.
„Samantha?", fragte er und fuhr mit seinem Rollstuhl auf sie zu. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit. „Ist alles in Ordnung?"
„Dr. Wells", sagte die junge Frau, kaum mehr als ein Flüstern.
Langsam drehte sie sich herum, wie benommen. Ihr Gesicht war bleich, ihre Augen geweitet. Das Braun darin, das vor wenigen Momenten noch wie Gold geschimmert hatte, überzog ein dunkler Schleier.
„Mrs. Anderson ist vor einer halben Stunde gestorben", berichtete sie.
Harrison konnte es sehen. Konnte sehen, wie etwas in Sam brach.

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