Anmerkungen
Ein besonderes Dankeschön geht an meine Leser, die jedes einzelne Kapitel abgewartet haben. Ja, im Nachhinein bereue ich es, diese Kurzgeschichte noch einmal so gespalten zu haben – die Teile waren wirklich relativ kurz, vor allem handlungstechnisch gesehen und so bestimmt nicht so rund zu lesen wie im Gesamtfluss, tut mir leid.
Außerdem sollten hier noch VI_Supergirl und Mallylein Erwähnung finden, erstere, weil sie uns jedes Jahr den Mitmach-Adventskalender zur Verfügung stellt (und mich auch bisher beide Male aufgenommen hat, obwohl meine Texte immer zu spät und zu lang waren), letztere, weil sie Maschinenherz bereitwillig schon im Voraus gelesen hat.
Im Folgenden stelle ich euch nun ein paar Gedanken vor, Interpretationen meinerseits und ein wenig zur Entstehungsgeschichte und Erklärung von Maschinenherz.
Entstehung der Idee: Was ist Steampunk?
Ich bin nicht besonders gut im Definieren dieses Begriffs, deswegen lasse ich mal Wikipedia sprechen, meiner Meinung nach ist das eine ganz gute Erklärung.
„[Im] Steampunk [...] werden einerseits moderne und futuristische technische Funktionen mit Mitteln und Materialien des viktorianischen Zeitalters verknüpft, wodurch ein deutlicher Retro-Look der Technik entsteht. Andererseits wird das viktorianische Zeitalter bezüglich der Mode und Kultur idealisiert wiedergegeben. Steampunk fällt damit in den Bereich des sogenannten Retro-Futurismus, also einer Sicht auf die Zukunft, wie sie in früheren Zeiten entstanden sein könnte. Häufige Elemente des Steampunks sind dampf- und zahnradgetriebene Mechanik, viktorianischer Kleidungsstil [...] und Abenteuerromantik."
Um das Phänomen richtig zu verstehen, sollte man aber am besten einfach mal Steampunk unter Google Bilder suchen oder auch auf Pinterest, ich denke, dadurch wird am besten klar, was damit gemeint ist.
Als, wie jedes Jahr, wieder die Anmeldefrist für den Adventskalender ausgeschrieben wurde, war ich natürlich wieder gern dabei. Vorgegebenes Thema war sinngemäß „Weihnachten in Vergangenheit und Zukunft", und obwohl ich ja Malíne als Hauptwerk am Laufen hatte, meldete ich mich sofort an, als mir der Gedanke kam, ich könnte etwas über Steampunk schreiben, einerseits, weil es ja a) Zukunft und Vergangenheit gleichzeitig bedeutet (Retrofuturismus), b) weil ich mir ziemlich sicher war, dass das kein andrer machen würde und es sowieso ein sehr unterrepräsentiviertes Genre auf Wattpad ist und c) weil ich das sowieso schon immer vorhatte.
Mein Problem war nur, damit hatte ich nicht gerechnet, dass ich keine konkrete Idee fand. Sicher hatte ich fünftausend Inspirationen dafür, aber etwas Weihnachtliches war einfach nicht dabei, und die Geschichte sollte ja auch zur Thematik passen. Schließlich fand ich endlich ein paar ganz interessante Ideen (die ich euch nicht verraten werde, vielleicht können sie mir noch nützen), aber so wirklich super waren sie nicht. Bis ich auf die Weihnachtspyramide kam.
Hierbei weiß ich auch nicht genau, ob sich darunter jeder etwas vorstellen kann. Für die, die damit Probleme haben, ein Bild. (Anmerkung: Natürlich ist es völlig unmöglich, den Innenteil der Pyramide abzuheben. Dafür wäre er viel zu schwer.)
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/9b/Weihnachtspyramide_Erfurt.JPG
Philomena als Hauptcharakter
Zusammen mit der Pyramide, die den tatsächlichen Inhalt sozusagen bildete, ist natürlich Philomena die Essenz meiner Geschichte. Eigentlich ist sie sogar wichtiger als die tatsächliche Handlung, denn es ging mir vor Allem darum, ihre Geschichte zu erzählen.
Was mir am Wichtigsten ist, was aber kein Leser wirklich verstanden haben scheint, sind ihre Absichten. Philomena will das Luftschiff nicht aufhalten, weil ihr das Leben der Menschen wichtig ist, nein. Es gibt sogar einen Absatz, in dem wortwörtlich steht:
„Warum opfere ich mich für diese Menschen? [...] Vielleicht liegt es daran, dass ich mich nicht opfere. Ich bin kein Märtyrer. Ich bin eine Heldin. Sie werden an mich denken, und sie werden nicht an mich denken als die Kreatur, die allen abnormal erscheint, sondern als das Mädchen mit dem stählernen Herzen."
Nicht die Menschen liegen ihr am Herzen, sondern ihr Ansehen. Sie will einmal eine Heldin sein, nur einmal, und wenn es ihren Tod bedeutet. Es ist eine Tat aus Egoismus und Verzweiflung. Und genau deswegen ist es eben fraglich, ob sie tatsächlich als Heldin bezeichnet werden darf.
Auch wurde mir schon gesagt, ich solle mehr Verbindung zum Professor darstellen. Das wollte ich nicht. Sie gehören nicht zusammen. Sie sind keine Familie. Vielmehr hinterfragt sie sogar in einem Absatz ihre Zugehörigkeit und seinen guten Willen:
„Wie kann ich mir anmaßen, den Professor im Stich zu lassen? [...] Aber, flüstert eine Stimme in meinen Gedanken, er hat dich auch zu dem gemacht, was du heute bist. Zu dieser Halbmaschine. Er war der, der dir das Maschinenherz eingesetzt hat, als deines nicht mehr funktioniert hat, Philomena. Und er hat dich nie gefragt, ob du dieses Leben wolltest. Du bist ein Experiment."
In meiner ersten Version gibt es auch folgenden Absatz noch, den ich später herausgestrichen habe:
„Er hat mich auf Reisen mitgenommen und mir Luftschiffe gezeigt, obwohl ich weiß, dass er sie hasst, weil er weiß, dass sie für mich die Freiheit bedeuten. Ich würde nie sagen, dass der Professor mein Vater- und Mutterersatz ist. In all den Jahren habe ich nie seinen richtigen Namen kennen gelernt (wobei ich nicht einmal weiß, ob er ihn selbst sogar schon vergessen hat). Aber er ist ein guter Mann, und mit der Zeit habe ich es zu schätzen gelernt, wie man ihm alles hinterhertragen muss, wie er Schraubenzieher irgendwo vergisst und sie nicht wiederfindet, bis sie irgendwann wieder wie aus dem Nichts an seinem Helm hängen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er jemals versucht hat, mich auch nur wegen meiner Eltern zu trösten. Ich weiß überhaupt nicht, ob er zu irgendeiner emotionalen Bindung fähig ist. Ich weiß nicht, ob er überhaupt ein Herz hat.
Und doch schreit alles in meinen Gedanken: Lauf!"
Dieses familiäre, diese emotionale Bindung zwischen dem Professor und Philomena sollte eben nicht sein. Deswegen hat er auch bis zum Ende keinen Namen erhalten.
Auch generell Menas Vergangenheit sollte negativ dargestellt werden. Der Leser sollte nicht zu sehr mit ihr sympathisieren, deswegen keine melancholischen Familienerinnerungen. Das einzige, was ich euch eben zeigen wollte, waren die Ausschnitte, in denen man Philomena misshandelt hat, ausgelacht hat, in denen sie absonderlich dargestellt wird. Zwar baut man als Leser zwar Mitleid auf, aber sie waren nötig, um Menas Verbitterung zu erklären.
Und damit möchte ich euch einen weiteren Punkt näher bringen, den niemand wirklich verstanden hat, wobei das auch kein Wunder ist, denn es ist eher ein Interpretationsansatz meinerseits. Ich habe die These, dass Philomena eigentlich selbst sterben will.
Es gibt viele Andeutungen, die darauf hinarbeiten. Es sind manchmal einfach kleine Wortphrasen wie irgendwo das sprachliche Bild von Geiern (als Leute, die um Philomena herumstehen), die ja auch, jedenfalls denkt man das, auf den Tod von Opfern warten,, manchmal aber auch richtige Äußerungen (wie oben: „Und er hat dich nie gefragt, ob du dieses Leben wolltest.")
So gesehen hat Philomena nur auf den richtigen Augenblick gewartet, um ihren Selbstmord geschickt auf die Bühne zu stellen. Ist das noch heldenhaft oder eher selbstsüchtig?
Eine andere Seite ihrer Persönlichkeit sehe ich als Träumerin. Philomena weiß, welche Person sie sein will, aber sie steht sich dabei quasi selbst im Weg, weil sei eben gleichzeitig auch eine abstruse Maschine ist und das nicht sein will. Im Abschluss nennt sie sogar selbst dieses Wunsch-Trikolon: „Ein Lächeln, so wagemutig wie es ein Kapitän im Angesicht seines Todes tragen sollte. Ein Lächeln, so wie es ein Mechaniker auf den Lippen hat, sein Werk vollendet ist. Ein Lächeln, wie es nur das Maschinenmädchen besitzen kann [...]."
Erstens: Kapitänin auf einem Luftschiff. Zweitens: Mechanikerin. Drittens: Akzeptanz, von sich selbst und vor Allem von allen anderen.
Man kann dieses Dreiergespann aber auch als Zeitstrahl ansehen: Kapitänin ist ihr Lebenstraum, Mechanikerin ist sie momentan, und die Nichtakzeptanz bzw. das Maschinenherz selbst ist das, was sie in diese missliche Lage gebracht hat.
Als ihren Traum übrigens das Fliegen anzugeben, war eine ironische Anmerkung und gleichzeitig auch ein ideales Abschlussbild, da sie ja durch das Fliegen bzw. durch ein Luftschiff selbst den Tod findet.
Ein weiteres ironisches Easter Egg ist auch ihr Name: Philomena wird teilweise mit Freundin des Mutes oder auch, für mich eher vorrangig, als geliebte[r Mensch] übersetzt (und gerade das ist ja nicht der Fall).
Große Schwester, kleine Schwester – Vergleich zu Gedankenkrieg
Wer Gedankenkrieg nicht kennt – es ist die Adventskalendergeschichte aus dem letzten Jahr und ebenfalls auf meinem Profil zu finden. Dabei handelt es sich um ein (SciFi-)Drama, in dem die Protagonistin Tapeesa sich zwischen ihrer Schwester, die zu den Aufständischen gegen eine große Firma, und ihrem Geliebten, der dort Mitarbeiter ist, entscheiden muss, da sie nur einen retten kann, als die Firma gestürmt wird und sie (als Anhängerin des Widerstands) dort eindringt. Sie hegt Schuldgefühle, da sie zuvor den Arbeitern von ihrer Rebellion verraten und damit quasi ihre Familie zum Tode verurteilt hat.
Der folgende Text wird die Geschichte spoilern, also wenn ihr sie noch lesen wollt, macht erst beim Absatz mit der Überschrift „Happy End?" weiter.
Gemeinsam haben die beiden Kurzgeschichten, dass beide Male die Protagonistin selbst verschuldet stirbt (obwohl der Tod selbst nie direkt geschildert wird!). Wichtig war mit beide Male auch, dass mehr die Geschichte dahinter erzählt wird, mehr die Gefühlslage und die Erinnerung der beiden als die tatsächliche Handlung.
Von der Form her haben sie dieselbe Länge, und beide spielen nur an einem Handlungsort mit einer Handlungszeit plus Rückblenden (eine sehr typische Sache, die ich unbedingt auch in Maschinenherz haben wollte). Und beide haben sie diesen Zwiespalt der Protagonistin, deren Dilemma.
Als ich mit dem Plotten von Maschinenherz begann, wollte ich genau das auch haben. Philomena sollte wie Tapeesa auch mit einer inneren Zerrissenheit konfrontiert sein. Mein Problem war: Ich wollte gleichzeitig eine „echte" Steampunk-Geschichte schreiben, und dazu gehörte für mich definitiv Freiheitssehnsucht, große Träume, die Faszination für Maschinen und vor Allem eine Art Abenteuerlust.
Das gab es in Gedankenkrieg nicht. Hier gibt es zwar Szenen, in denen sich Tapeesa an Momente erinnert, in denen sie von Reisen und Freiheit träumt, aber alles in allem wollte ich es doch eher beklemmend gestalten, und so ist das Abenteuergefühl diesem Wunsch zum Opfer gefallen.
Auch, dass das Ganze eigentlich in einem engen Gang spielt, nahm der Geschichte diesen Freiheitstouch, und das störte mich ja nicht, war sogar Absicht, doch in Maschinenherz konnte ich das so nicht umsetzen. Gedankenkrieg sollte nackt sein, kalt und unbarmherzig, Maschinenherz dagegen leidenschaftlich und unbändig.
Das ist auch mit der Grund, warum Philomena den Traum vom Fliegen und Reisen haben sollte, ein Ultimatum an Abenteuerlust. Sehr gern hätte ich sie auch auf einem Luftschiff direkt gesehen, aber mir gefiel der Gedanke, sie erst gegen Ende abheben zu lassen. Es erzeugte eine Steigerung der Dramatik, und es bot ein wahnsinnig schönes Abschlussbild in meinem Kopf, vor allem mit dem „Feuerwerk".
Happy End?
Vom Anfang bis zum Ende ist die Geschichte in ihrer Entwicklung sehr schnell sehr düster geworden. Natürlich war der Selbstmord der Protagonistin schon sehr früh in meinem Hinterkopf verankert, aber zu Beginn sollte es noch nicht derart eskalieren.
Mit dem Einfall, ein Maschinenherz als zusätzlichen Gegenstand der Geschichte zu nutzen – ursprünglich war nur die bloße Geschichte geplant, nämlich einfach Mena als Waise darzustellen und sie zu einer Ausgeschlossenen ohne triftigen Grund zu machen, vielleicht wegen ihrer Verbindung zu dem seltsamen Professor, und eben die Sache mit der Pyramide – bekam sie allerdings sehr schnell einen bitteren Geschmack. Das war etwa so nach einer Seite Text, und obwohl ich natürlich später etwas nachkorrigierte, nimmt die Geschichte erst hier so richtig eine eher düstere Gestalt an.
Auch Philomena selbst merkt man das an: erst später steigert sie sich zu ihren Erinnerungen, während sie sie vorher noch leichter verdrängen kann.
Und trotzdem sehe ich das Ende dieser Geschichte auch ein wenig als ein gutes an. Das klingt sehr paradox, aber ich denke eben, dass Mena eigentlich selbst sterben möchte, und das macht sie letzten Endes zu einer „freien", glücklichen Seele.
Dabei war das in der gekürzten Version kaum vorhanden: Vielleicht werdet ihr es gemerkt haben, aber alles was ab „Man mag Schmerzen erwarten [...]." kommt, ist nur in der Originalversion enthalten. Hier wird noch einmal genau beschrieben, dass Philomena eigentlich Glück empfindet. Und auch das Bild eines Feuerwerks ist nicht zufällig gewählt. Ein Feuerwerk ist etwas Positives. Es steht für ein Fest.
Natürlich ist es ein sehr großes Stück weit auch einfach der der Rausch, den sie spürt, und sie ist nicht mehr ganz bei Verstand.
Aber dennoch denke ich, dass Philomenas Ende ein gutes ist.
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