Kapitel 37 - Nervosität

Als ich am Dienstag mit Jonas die Schule verlasse, sehe ich bereits Sam und Louis draußen stehen. Louis hat natürlich auf mich gewartet, da wir verabredet sind und quatscht anscheinend noch kurz mit Sam.

»Hey.« Ich begrüße die beiden mit einem Lächeln.

Louis' Blick liegt sofort auf mir, während er mein Lächeln erwidert.

»Bist du fertig?« Sam sieht Jonas fragend an und dieser nickt ihm zu.

»Wofür?«, hake ich neugierig nach.

»Sam hat jetzt auch Interesse daran Fußball zu spielen. Also hat er mich gefragt, ob ich ihm ein paar Tricks zeige, um besser zu werden, damit er auch in unserer Fußballmannschaft aufgenommen wird«, erklärt Jonas und fährt sich durch die blonden Haare.

Ich sehe kurz zu Louis rüber, der genauso verwirrt schaut, wie ich und sehe dann wieder zu Jonas. Wieso fragt Sam denn nicht Louis? Schließlich ist er doch sein bester Freund.

»Wieso hast du denn nicht mich gefragt?«, möchte Louis nun wissen und sieht leicht verletzt zu Sam.

Auf Sams Lippen bildet sich ein großes Grinsen und sein Blick landet auf mir. »Du bist doch beschäftigt.«

»Ich kann mir doch trotzdem Zeit für dich nehmen«, argumentiert Louis weiter und so langsam fühle ich mich wirklich schlecht.

Was wird das hier? Fangen die zwei jetzt an zu streiten? Hoffentlich nicht, denn sonst nehme ich meine Beine in die Hand und laufe so schnell weg, wie ich nur kann.

»Ich weiß, Louis«, lächelt er. »Aber diesmal solltest du mehr an dich denken und nicht nur an mich. Und Jonas kann mir bestimmt sehr gut helfen.«

»Ich kann dir sogar viel besser helfen, als Louis«, gibt Jonas frech von sich.

Louis grinst. »Das werden wir ja bald sehen.«

»Oh ja, und du wirst staunen.«

Die drei Jungs grinsen sich zufrieden an, während ich immer noch am überlegen bin, ob die sich nun gezofft haben oder nicht. Was war das denn? Anscheinend musste ich wohl doch nicht weglaufen. Zum Glück. Denn, wenn ich freiwillig laufe, dann muss die Situation schon wirklich böse aussehen.

Louis und ich verabschieden uns anschließend von den beiden und gehen dann zum Parkplatz, wo er sein Auto geparkt hat. Da ich die Situation trotzdem so komisch finde, kann ich gar nicht still neben Louis im Auto sitzen, sondern muss direkt meine Frage rauslassen.

»Was war das denn?«, hinterfrage ich direkt, als Louis den Motor startet. »Sam fragt lieber Jonas, als dich? Hattet ihr irgendwie Streit davor?«

»Ich hab keine Ahnung, was das war«, gesteht Louis. »Aber er hat gesagt, ich soll mal an mich denken, also tue ich das jetzt auch.«

»Ich bin gespannt, wie die zwei sich alleine vertragen können. Jonas macht keine halben Sachen, was den Fußball angeht«, rede ich weiter.

Ich drehe die Musik ein bisschen lauter und lehne mich entspannt in den Sitz. Schließlich habe ich keine Ahnung, wie lange wir brauchen werden, bis wir bei Louis sind. Ich bin schon ganz gespannt, wo er wohnt.

»Vielleicht braucht Sam genau so jemanden«, meint Louis grinsend. »Es ist nicht immer alles einfach. Manchmal muss man die Zähne zusammen beißen und es einfach durchziehen.«

Ich muss plötzlich anfangen zu lachen, da ich mir vorstelle, wie Sam tausend Runden rennen muss, um für seinen Erfolg zu schuften, während Jonas, wie ein Verrückter, herumschreit.

»Was ist denn jetzt los?«, will Louis verwirrt wissen.

»Was hältst du davon, wenn wir die zwei beim nächsten Training mal beobachten? Es wäre bestimmt lustig zu sehen, wie Jonas Sam quält.«

»Du kannst ja richtig gemein sein«, grinst Louis. »Aber ich bin dabei. Das hat er dann davon, wenn er lieber Jonas fragt.«

»Wer ist jetzt hier gemein?«, necke ich ihn.

»Das ist alles nur dein schlechter Einfluss«, rechtfertigt er sich, woraufhin ich ihn empört ansehe.

»Wie kannst du es nur wagen sowas zu sagen«, meine ich aufgebracht und entlocke Louis ein Lachen.

»Heute lebe ich mal gefährlich«, zitiert er mich und streckt mir dabei die Zunge heraus.

Ich erwidere seine Geste und schaue dann grinsend aus dem Fenster. Louis fährt langsam in eine Einfahrt herein, parkt rechts neben dem Haus und schaltet dann den Wagen aus. Vor uns befindet sich eine Garage, die weiß und schwarz angestrichen wurde. »Wir sind da.«

Ich schnalle mich ab und schaue mir das Haus genau an. Von außen ist es weiß, mit schwarzen Fensterrahmen und einem schwarzen Dach. Vor der Eingangstür befindet sich ein kleines Dach, wo überall Herbstdeko runterhängt. Ich muss sofort lächeln, denn ich kann nicht anders, als an meine Mutter zu denken, die auch immer alles dekorieren muss.

Louis schließt die Haustür auf und mir kommt direkt der tolle Geruch von Rosmarinkartoffeln entgegen. Wir befinden uns in einem kleinen Eingangsbereich, wo ich meine Schuhe ausziehe und die Jacke aufhängen kann. Doch ich sehe bereits den offenen Wohnbereich, also trete ich näher und sehe links von mir die offene Küche und rechts das Wohnzimmer, mit einer Terrasse und Garten. Gegenüber von uns befindet sich eine hölzerne Wendeltreppe mit schwarzem Gitter, die geht entweder nach oben, oder nach unten in den Keller. Ich finde es sieht wirklich toll aus.

»Oh, hallo.« Eine Frau mit schulterlangen braunen Haaren, dunklen Augen und rotem Lippenstift kommt lächelnd auf mich zu. »Du bist bestimmt Maja, oder?«

Ich sehe kurz zu Louis, da es mich wundert, dass er seinen Eltern von mir erzählt hat und schaue dann wieder zu seiner Mutter. »Ja, es freut mich sehr Sie kennenzulernen.«

»Ach, Liebes. Nenn' mich Susi, sonst fühle ich mich viel zu alt. Und jetzt komm mit, wir haben heute was tolles gekocht.«

»Wir?« Louis' Vater kommt aus einem kleinen Raum heraus und legt das Handtuch beiseite, um zu uns zu kommen. »Ich habe gekocht. Du hast wieder Blödsinn gemacht.«

Louis Mutter sieht mich grinsend und gleichzeitig ertappt an, aber ich weiß ja bereits von Louis, dass seine Mutter nicht so gut kochen kann. Deswegen erwiderte ich ihr schönes Lächeln und fühle mich gleich viel wohler.

»Hallo, Maja.« Er reicht mir lächelnd die Hand. »Ich bin Karsten. Keine Sorge, wir wollen euch nicht zu lange nerven, aber du musst unbedingt etwas essen, was anderes kann ich gar nicht akzeptieren. Und dann könnt ihr euch in Ruhe dem Lernen zuwenden.«

»Okay. Essen ist immer eine tolle Idee, danke.« Ich lächele glücklich in die Runde und setze mich dann schüchtern neben Louis auf den Platz.

»Das höre ich gerne«, murmelt Louis' Vater, als er zur Kücheninsel läuft, um die Kartoffelecken auf den Tisch zu stellen.

Ich schnappe mir von allem etwas, da ich alles probieren möchte und kann gar nicht fassen, dass ich immer gedacht habe, dass meine Mutter die beste Köchin der Welt ist. Denn das, was gerade wortwörtlich auf meiner Zunge zergeht, ist so gut, dass ich es kaum glauben kann.

»Wow, das schmeckt richtig gut«, schleime ich und grinse Louis an, der mein Vorhaben anscheinend wahrgenommen hat. Doch trotzdem sage ich die Wahrheit, denn das Essen schmeckt fantastisch.

»Danke, Maja.« Louis' Vater sieht mich lächelnd mit seinen strahlend blauen Augen an. Die dunkeln Augen hat Louis definitiv von seiner Mutter, auch wenn ihre ein bisschen heller sind, als die von Louis.

»Wo ist Zack eigentlich?«, möchte Louis nun wissen und ich vermute direkt, dass er seinen Bruder damit meint.

»Er ist vorhin zu einem Freund gefahren«, erklärt seine Mutter und trinkt dann einen Schluck von ihrem Rotwein. »Aber er wollte nicht lange bleiben.«

Das restliche Essen verläuft tatsächlich sehr gut, auch wenn ich innerlich vor Nervosität platze. Ich versuche ständig ruhig zu bleiben, doch manchmal muss ich kurz zittern, weil ich meine Hände die ganze Zeit anschreie, dass sie das bloß lassen sollen. Und dann machen sie einfach genau das Gegenteil, von dem was ich ihnen sage. So eine Frechheit aber auch!

Ich versuche es jedoch gelassen zu nehmen, denn es fällt nicht allzu sehr auf, wenn meine Hand kurz zittert und außerdem ist es doch normal, dass ich aufgeregt bin. Was mich aber nur noch viel mehr unter Druck setzt, ist, dass ich Louis mehr mag, als einen normalen Freund. Aus diesem Grund will ich bei seinen Eltern auch den perfekten Eindruck hinterlassen, aber ich weiß ja bereits, dass kein Mensch perfekt ist. Und wenn ich eben nervös bin, dann ist das nun mal so. Ich möchte, dass man mich so mag, wie ich bin und nicht die perfekte Maja, die gar nicht existiert, schließlich schafft Louis das auch. Zwar nur freundschaftlich, aber immerhin mag er mich.

Doch ich habe das Gefühl, dass seine Eltern mich tatsächlich mögen und bin ebenso froh, dass Louis so tolle Eltern hat. Dass wir beide so tolle Eltern haben. Und genau deswegen genieße ich die Zeit mit seinen Eltern so sehr, wie ich nur kann, denn ich weiß, dass andere alles dafür geben würden, um ein letztes Mal mit den Eltern essen zu können.

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