Kapitel 27 - Frische Luft

Ich höre die Musik noch Minuten später so feste in meinem Herzen schlagen, dass ich das Gefühl habe, noch mittendrin zu sein. Doch Sam und ich haben uns bereits eine Weile von den anderen entfernt, um etwas Luft zu schnappen.

Es ist ruhig zwischen uns. Sam scheint in Gedanken zu sein, doch ich hoffe nicht, dass es etwas schlechtes ist, denn irgendwie will ich immer noch, dass er ausgerechnet mir verfällt. Doch warum zur Hölle muss das so kompliziert sein? Ich wollte doch nichts sehnlicher, als Sams Lippen auf meinen und plötzlich lenkt Louis mich davon ab.

Doch warum verspüre ich dann das dringende Verlangen nach Sam? Ich will unbedingt, dass er mich mag. Warum? Warum ist das so?

»Tut mir leid«, flüstere ich in die Stille hinein, da ich das dringende Bedürfnis habe mich zu entschuldigen.

»Was tut dir leid?«, hinterfragt er leise und bleibt stehen.

Er dreht sich zu mir und ich habe das Gefühl, dass Sam gerade zum ersten Mal gewisse Emotionen mir gegenüber zeigt. Oder ich habe es davor einfach nie wahrgenommen.

»Dass ich dir jetzt irgendwie den Abend versaut habe«, gestehe ich und schaue zu ihm hoch.

Die Sterne strahlen um die Wette, während der Wind leicht weht und dem ganzen hier eine wunderschöne Atmosphäre bereitet. Und dann steht auch noch der begehrteste Junge der Schule vor mir, der mich Minuten zuvor beinahe geküsst hätte.

»Das hast du nicht, Maja.« Er lächelt und tritt dann näher. »Ich finde es immer toll mit dir Zeit zu verbringen.«

Sam kommt näher, während mein Herz beinahe stehen bleibt. So lange habe ich darauf gewartet und jetzt habe ich keine Ausrede mehr. Jetzt kann nichts mehr dazwischen kommen und irgendwie stört mich das plötzlich. Will ich das denn überhaupt? Will ich ihn wirklich küssen?

Plötzlich gehe ich zurück, denn allein diese Frage, ist ein Zeichen dafür, dass das alles zu schnell geht.

Sam lacht verletzt. »Ich wusste es.«

»Was?«

»Dass du mich nicht küssen willst«, antwortet er und schaut bedrückt auf den Boden. Mit seinem Fuß kickt er leicht einen Stein zur Seite, der im Moment anscheinend viel interessanter für ihn ist, als alles andere.

»Doch.... ich meine ich wollte, aber...«

»Aber jetzt nicht mehr?« Sam entfernt sich wieder von mir und seufzt. »Es ist jedes Mal das gleiche.«

»Wie meinst du das?«, hinterfrage ich und fühle mich schlecht, dass ich ihn irgendwie abgewiesen habe.

»Immer, wenn jemand anfängt mich kennenzulernen, dann haben sie plötzlich alle kein Interesse mehr«, teilt er mir mit und schaut niedergeschlagen in den Himmel. »Ich habe das Gefühl, die meisten Menschen mögen mich dann nicht mehr und ich weiß einfach nicht warum.«

»Sam... das stimmt nicht«, widerspreche ich. »Soll ich dir verraten, was das wirkliche Problem ist?«

Seine leuchtenden Augen schauen sofort zu mir und ich habe das Gefühl ich schmelze gleich dahin.

»Was?«

»Du stoßt die Menschen von dir, bevor sie dich kennenlernen können«, erkläre ich. »Ich finde dich wirklich toll, aber um ehrlich zu sein, weiß ich nichts über dich. Und ich würde dich lieber richtig kennenlernen, bevor irgendwas zwischen uns passiert. Ich will nicht einfach eine schnelle Nummer sein, das ist nichts für mich, verstehst du das?«

Er nickt. »Ja, ich verstehe das, aber die meisten Mädels hat es bisher nicht wirklich interessiert. Hauptsache sie hatten mal kurz was mit mir, damit sie vor ihren Freundinnen damit angeben können. Und irgendwann hat es mir eben gefallen, deswegen hatte ich nie eine wirklich feste Freundin, weil die Mädels es meistens selber nicht wollten.«

»Das tut mir leid«, meine ich ehrlich. »Vielleicht kommt die Richtige noch irgendwann.«

»Oder vielleicht bin ich ihr schon begegnet, aber habe sie einfach nicht richtig behandelt«, flüstert er und streicht mir eine Strähne hinters Ohr.

»Vielleicht«, gebe ich leise von mir und schließe seufzend die Augen.

»Sam?!«, ertönt eine Stimme, die nicht zu uns beiden gehört.

Wir drehen uns um, als Louis plötzlich vor uns zum stehen kommt und einen verwirrten Blick aufsetzt. »Das Mädel, das du mitgebracht hast, sucht dich.«

Ich spüre, wie die Enttäuschung mich einnimmt, da Sam wieder ein anderes Mädchen mitgenommen hat. Daran werde ich mich nie gewöhnen können.

Sam schaut zu mir und legt seine rechte Hand an meine Wange. »Geht es dir wieder besser? Sollen wir reingehen?«

»Du kannst schon reingehen. Ich bleibe noch etwas an der frischen Luft.«

Sam nickt und entfernt sich dann wieder von mir, weshalb ich seufzend in die Ferne schaue, doch ich merke, dass Louis immer noch hier ist, der sich nun neben mich stellt und kein Wort von sich gibt.

Ich genieße die Stille und den atemberaubend Duft, der von Louis ausgeht, doch noch lieber würde ich mich mit ihm unterhalten.

»Und hast du Spaß?«, erkundige ich mich bei Louis und drehe mich leicht zu ihm. »Das solltest du nämlich haben, denn Lina wollte dich eigentlich gar nicht einladen.«

Louis lacht. »Wieso das denn nicht?«

»Weil sie weiß, dass ich dich nicht leiden kann, beziehungsweise nicht leiden konnte«, erkläre ich und spüre wieder seinen Blick auf mir, der mich absolut wahnsinnig macht, denn ich habe das Gefühl, dass mein ganzer Körper Feuer gefangen hätte und doch ist es eine angenehme Wärme.

»Das heißt also, dass du mich jetzt leiden kannst?«, neckt er mich und schaut amüsiert zu mir.

»Ganz bestimmt nicht«, lache ich und merke, dass es Louis auf eine Art und Weise trifft, denn seine Schultern sind plötzlich gesenkt und er meidet meinen Blick. »Aber ich finde dich nicht mehr so unausstehlich, wie am Anfang. Ich meine, was sollte das auch? Du warst richtig gemein.«

Louis lacht, doch sagt kein Wort und so langsam werde ich wieder wütend. Warum kann er denn nicht einfach sagen, was sein Problem ist?

»Du denkst bestimmt, ich bin so ein Typ, wie er im Buche steht, oder? Dieser Badboy, der eine schreckliche Vergangenheit hat und deswegen jeden schlecht behandelt«, lacht er. »Oh nein, das bin ich ganz sicher nicht.«

»Warum bist du dann so abweisend zu jedem?«, hinterfrage ich, da ich nicht wirklich schlau aus ihm werde.

»Bist du dir sicher, dass ich zu jedem abweisend bin?«

»Bist du sonst etwa anders?«, will ich wissen und schaue neugierig zu ihm.

»Manchmal.«

»Und wieso bist du dann in meiner Anwesenheit meistens abweisend?«

Es macht mich wirklich wahnsinnig, wie geheimnisvoll er sein muss. Ich meine, die letzten Tage hat sich unser Verhältnis zwar gebessert, doch ich merke, wie sehr sich Louis von mir distanziert. Er will anscheinend keinen Kontakt zu mir aufbauen.

»Wenn man unsympathisch ist, dann gehen Leute auf Abstand«, erklärt er und schaut mich wieder an. »Nur du bist ziemlich hartnäckig.«

»Das ist es also, was du willst? Dass Leute auf Abstand gehen?«

Warum? Warum sollte man sowas wollen?

»Ja.« Er nickt. »Zumindest manche Leute.«

»Also Klartext: Du willst nichts mit mir zu tun haben?«, spreche ich meine Vermutung laut aus, auch wenn sie so sehr schmerzt, dass ich es kaum glauben kann.

Louis lässt sich Zeit mit seiner Antwort und schaut still in die Ferne. Es ist, als wenn er wirklich überlegen müsste, was er als nächstes sagt. Ich hoffe natürlich, dass es nicht der Wahrheit entspricht, aber bei ihm kann man sich nie sicher sein.

»Ja«, bestätigt er und ich weiß jetzt schon, wie sehr mich das in den nächsten Tagen beschäftigen wird.

»Aber wir haben uns doch schon ein bisschen besser kennengelernt... ich meine, ich kenne dich mittlerweile besser als Sam und dabei wollte ich doch eigentlich...«

Ich stoppe mich selber, da Louis mich plötzlich wieder anguckt und in dem Moment sieht er so faszinierend aus, dass mir seine Aussage nur noch mehr weh tut. Außerdem fühle ich mich bei Louis komischerweise irgendwie wohl, denn jetzt gerade wünsche ich mir, dass er mich in den Arm nimmt, um mich zu trösten, obwohl er der Auslöser ist. Das ist alles so verwirrend.

»Vertrau mir, Maja. Wenn wir alle auf Abstand gehen, ist es das Beste«, flüstert er.

»Wieso?«, hinterfrage ich verwirrt, doch plötzlich vergrößert Louis den Abstand zwischen uns beiden wieder.

»Ich muss jetzt gehen. Wir sehen uns in der Schule, oder beim Aufsatz, Bienchen.« Er zwinkert mir zu und verschwindet dann wieder, während ich ihm niedergeschlagen hinterher schaue.

So einsam, wie in dem Moment, habe ich mich schon ewig nicht mehr gefühlt, also laufe ich zur Hütte zurück, trinke ein Glas nach dem anderen leer und versuche durch die Musik gute Laune zu bekommen.

Ich will nicht nachdenken und irgendwie klappt es für den Abend ganz gut, doch ich weiß, dass ich nicht für immer vor meinen Gedanken weglaufen kann, auch wenn ich es am liebsten tun würde.

---
Wichtig!: Heute Abend folgt ebenfalls eine kleine Lesenacht, weil sich das gewünscht wurde. Um 18 Uhr kommt das erste Kapitel, dann folgen zwei weitere Kapitel. Sie werden im Abstand von einer Stunde gepostet. Ich hoffe ihr freut euch und seid alle dabei 🙈❤️

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top