43 (kurzes kapitel)
Er stand mit dem Rücken zu mir gekehrt und hatte sich mit beiden Händen am Waschbecken abgestützt. Es herrschte totenstille im Badezimmer. Man hörte bloß mein lautes und stockendes Atmen.
Ich verkrampfte meine Fingernägel in meine Haut und mich überkam das Gefühl von Übelkeit bei dem Anblick von seinem blutgetränkten Hemd. Als er heute Morgen die Villa verlassen hatte, war das Hemd schneeweiß gewesen.
Nun war es mehr als zur Hälfte in tiefroter Farbe getunkt. Mein Kopf drehte sich und es bildete sich kalter Schweiß auf meiner Stirn. Ich spürte wie sich der Stress anhand meines Körpers bemerkbar machte. Ich wollte wissen wessen Blut es war, dass an ihm klebte. War es seins oder das von jemand anderen?
„Warum schläfst du noch nicht, Sarah?" fragte mich Mason und mahlte wütend seinen Kiefer. Es war schließlich 2 Uhr morgens.
Was hast du diesmal angestellt Mason? schoss es mir durch den Kopf, während ich tief schluckte.
Er beobachtete mich durch den Spiegel, der vor ihm hing. Ich erwiderte seinen Blick.
Meine Augen suchten nach Verletzungen in seinem markanten Gesicht. Ich fand leider Dutzende von ihnen.
Sein rechter Mundwinkel war aufgeplatzt und blutete. In seiner Nase sah ich ebenfalls getrocknetes Blut. Es tropfte sogar Blut über seine linke Schläfe entlang und lief über seine Wange hinunter zum Hals. Auch sonst war sein schönes Gesicht von blauen Flecken und kleinen Verletzungen überhäuft. Seine pechschwarzen Haare hatte er sich versucht mit den Händen zurecht zu streichen. Doch auch anhand von ihnen merkte ich, dass es eine wilde Schlägerei gegeben haben musste.
Mein Bauch zog sich schmerzhaft zusammen und die vielen Stiche in meinem Brustkorb erschwerten mir das Atmen. Wer hatte ihn so zugerichtet?
„Was hast du gemacht?" fragte ich mit zittriger Stimme und versucht gefasst zu bleiben.
Doch meinem blassen Gesicht und meinen zitternden Händen zufolge, sollte meinem intelligenten Mann schon längst bewusst sein, dass ich alles andere als gefasst war.
„Antworte mir" flüsterte ich und berührte ihn vorsichtig am Arm. „Bitte."
Viel zu groß war meine Angst vor seiner Reaktion.
„Geh schlafen" war Masons messerscharfe Antwort, bevor er sich zu mir umdrehte. Er riss meine Hand von seinem Arm los und durchbohrte mich mit seinen zornigen Blicken.
Es war eine gut gemeinte Gestik meinerseits gewesen. Doch Mason reagierte allergisch auf solche lieblichen Kleinigkeiten. Insbesondere wenn er verletzt war.
Wortlos sah ich ihn an und brachte kein Wort mehr über meine Lippen.
Als Mason sich das blutige Hemd über die Schultern zog, hielt ich erschrocken die Luft an.
„Oh mein Gott" flüsterte ich und spürte wie sich ein ätzender Kloß in meinem Hals bildete.
Er hatte unzählige offene Schnittwunden und blaue blecken am Körper, die seinen Rücken und seine Brust zierten. Als hätten zehn Männer gleichzeitig auf ihn eingeschlagen.
Wieso hatte man ihm auf dieser animalischen Weise wehgetan? Er war doch kein Tier, sondern ein Mensch!
Egal wie stabil und unbekümmert mein Mann vor mir stand, konnte ich mir den Ausmaß an schmerzen, den er im Moment verspürte, nur zu gut vorstellen.
Mason drehte sich wieder zum Waschbecken um und öffnete das Wasser im Waschbecken. Das kleine weiße Handtuch zu seiner Rechten machte er nass und tupfte sich das Blut von der Brust weg.
Ich stand wie verwurzelt hinter ihm und beobachtete wie er das Blut auf seiner Brust sauber wischte.
Der Anblick von ihm wie er sich konzentriert und nachdenklich seine Wunden selbst sauber machte, brach mein Herz in zwei Teile. Selbst seinen Rücken erreichte er relativ gut und wischte dort das Blut ebenfalls sauber. Ganz als würde er diese Routine schon zu gut kennen.
Ich vergaß immer wieder, dass er kein normaler Mann war. Dieser Mann lebte in ständiger Gefahr, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgte.
Unüberlegt lief ich einen Schritt auf ihn zu und griff nach dem Handtuch in seiner Hand. Er war gerade dabei sein blutiges Gesicht sauber zu wischen.
Als meine warme Hand seine kalte berührte, trafen seine blauen Augen auf meine grünen. Er verfestigte seinen Griff um das Handtuch und der nachdenkliche Ausdruck in seinem Gesicht verschwand.
Stattdessen sah er mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck auf mich runter und wollte das Handtuch nicht loslassen, dass auf seiner Wange lag.
„Ich möchte dir helfen" flüsterte ich verzweifelt und kämpfte gegen mein Gefühlschaos an.
„Deine Naivität kennt keine Grenzen" spottete er über mich und riss meine Hand vom Handtuch los.
Hattest du etwa vergessen mit welch einem Monster du es hier zu tun hast Sarah?
„Du solltest froh sein und dich freuen, dass ich verletzt bin. Schließlich bin ich das Monster, dass dir deine Freiheit genommen hat" spuckte Mason förmlich die Worte aus seinem Mund und verzog sein Gesicht zornig.
Wieso war er so kalt zu mir? Seine Augen sahen mich hasserfüllt und wütend an. Wem galt dieser ganze Hass in seinen sonst so schönen Augen? Ich wusste, dass dieser Hass nicht mir gewidmet war. Wem aber dann?
Er lehnte sich mit seinen Rücken nach hinten am Waschbecken an, während er mich kalt ansah. Immer wenn er verletzt war, reagierte er so als wäre ich sein größter Feind.
„Kümmer dich nicht um das Wohlbefinden von einem-„
Mein plötzliches und hörbares Schluchzen brachte Mason zum Stutzen. Es war das aller erste mal in meinem Leben, dass ich Mason verstutzt sah. Er verstummte und brachte seinen Satz nicht zu Ende.
Der wütende und verhasste Ausdruck verschwand sofort in seinen Augen.
Nun stand wieder der Mason vor mir, der mich dabei beobachtete wie ich durch den Regen tanzte. Nun stand wieder der Mason vor mir, der mich leicht kopfschüttelnd ansah während ich ununterbrochen über die sinnlosesten Sachen der Welt redete.
Der Mason, der mich beim joggen ärgerte, indem er absichtlich viel zu schnell rannte und sich nicht an mein Tempo hielt. Nun stand wieder der Mason vor mir, der mir Schokolade kaufte, um meine schlechte Laune zu verbessern. Es stand wieder der Mason vor mir, der jeden Mann krankenhausreif prügelte, der es wagte mich mit einem falschen Auge anzusehen.
Ohne über weitere Folgen nachzudenken machte ich einen Schritt auf Mason zu, stellte mich auf Zehenspitzen und schlang meine Arme um seinen Nacken.
Schluchzend vergrub ich mein Gesicht in seinem Nacken und drückte mich fest an ihm, als sei er mein einziger Halt auf dieser Welt.
Er stieß mich nicht weg und blieb verharrt in seiner Position. Da er nach hinten gegen das Waschbecken angelehnt war, konnte ich ihn umso besser umarmen.
Es fühlte sich unfassbar gut an, ihn zu umarmen. Er war bei mir und ich hielt ihn. So konnte er sich in keine Gefahr stürzen. Was hätte ich nur getan, wenn ihm etwas passiert wäre?
„Warum weinst du?" fragte Mason nach einer Weile und es lag diesmal Verwunderung in seiner tiefen und ruhigen Stimme. Wieso konnte er meine Umarmung nicht einfach erwidern? Spürte er denn nicht wie sehr ich ihn und seine Umarmung brauchte?
Die plötzliche und wohlbekannte Ruhe in seiner Stimme brachte mich dazu noch inniger zu weinen und mich enger an ihm zu drücken. Mein Weinen verstummte in seinen Nacken. Er war nicht mehr blind vor Wut, sondern wieder normal und menschlich.
„Antworte mir, Bella" sprach Mason erneut und seine Lippen streiften mein Ohr beim Sprechen. Eine leichte Gänsehaut überfuhr meine Arme.
„Plötzlich kannst du mich also wieder Bella nennen. Vorhin hast du Sarah gesagt" schniefte ich beleidigt zwischen meinen Schluchzern. Er nannte mich schon von Anfang an Bella, daher hatte ich mich daran gewöhnt. Es klang fremd und nicht persönlich, wenn er mich Sarah nannte.
Mason umfasste mein Gesicht mit seinen Händen und zog es soweit von sich zurück, dass er mir ins Gesicht blicken konnte.
Aus Angst, dass er meine Hände ebenfalls wegziehen würde, verfestigte ich meinen Griff um seinen Nacken. Ich brauchte im Moment seine physische Nähe.
Es blitzte plötzlich das wohlbekannte und süffisante funkeln in seinen schönen Augen auf.
„Ich weiß, dass du es nicht magst wenn ich dich beim Vornamen nenne, Bella mia" sagte Mason und studierte mein Gesicht ein. Ich mochte seine wütende Seite nicht. „Ich war wütend" fügte er hinzu, um zu rechtfertigen weshalb er mich beim Vornamen genannt hatte.
Mason Zachary Knight rechtfertigte sich also bzw. gab er mir den Anschein.
„Ich bin nicht deine Bella" schniefte ich trotzig. Ich mochte es nun mal nicht, wenn er mich beim Vornamen nannte. Doch immer wenn er wütend wurde nannte er mich beim Vornamen.
„Doch bist du" sagte er ruhig und leckte sich über die Lippen. Ich bin seine Bella.
Ich war versucht gegen meine Tränen und mein Schluchzen anzukämpfen. „Warum weinst du? Sag es mir, Bella" forderte mich Mason auf und beobachtete aufmerksam mein verheultes Erscheinungsbild.
„Sie haben dir wehgetan" schluchzte ich und schmeckte meine salzigen Tränen. Ich konnte seinen Zustand nicht ertragen.
„Ich kann dich beruhigen. Sie sehen weitaus schlimmer aus als ich" sagte er und das plötzliche Zucken seiner Mundwinkel, machte diesmal mich stutzig. Er lächelte leicht.
„Du findest es also witzig, dich mit irgendwelchen Gangstern anzulegen und mir so einen Schrecken einzujagen?" stellte ich ihm halb geschockt halb beleidigt meine Frage.
Er ließ sich nicht von mir beirren und wischte stattdessen meine Tränen mit seinen Daumen weg. Seit wann störten ihn meine Tränen?
Er schmunzelte. Mason Knight schmunzelte, während er verletzt war. Was war nur los?
„Ich wusste nicht, dass du noch wach bist, Bella."
Seine schöne Stimme wieder so normal und verspielt zu hören, fühlte sich wie Balsam auf mein blutendes Herz an. Ich liebte es wenn er mich Bella nannte.
Der Mann vor mir war nicht der eiskalte Mason, der mich entführt und gegen meinen Willen geheiratet hatte.
Dieser Mann war der Mason, der sich im Laufe unserer Ehe entwickelt hatte und mir mittlerweile alles erlaubte, dass er sonst keiner Menschenseele dieser Welt erlauben würde.
„Was hättest du gemacht, wenn du gewusst hättest, dass ich wach bin?" fragte ich ihn und schniefte. Die Tränen wollte kein Ende nehmen. Ich konnte es nicht fassen, dass er seine Wut beiseite gelegt hatte und mich nicht mehr als seinen größten Feind ansah.
„Ich hätte solange im Auto gewartet, bis du eingeschlafen wärst."
„Nur um meinen Fragen auszuweichen, würdest du lieber verletzt im Auto sitzen bleiben und verbluten?" schluchzte ich und schlug ihm gegen die Brust. Wieso kümmerte er sich nie um sich selbst?
Die Vorstellung von ihm verletzt und alleine im Auto sitzend, während ich gemütlich in meinem Bett schlief, tat mir so verdammt weh. Wieso teilst du dein Leid und deine Gedanken nicht mit mir Mason?
„Spiel nicht immer den unverletztbaren Macho!" schluchzte ich und blinzelte meine unzähligen Tränen weg. Es brachte nichts. Immer wieder kamen neue dazu.
Meine Beleidigung entlockte ihm ein weiteres Schmunzeln, während er mein Gesicht erneut mit seinen Händen umfasste.
„Bella mia" sagte er und wischte wieder meine Tränen mit seinen Daumen weg.
Es war schön den menschlichen und verspielten Mason wieder vor mir stehen zu haben. Und nicht den Roboter Mason, der alles und jeden von sich stieß.
„Umarme mich, wenn ich deine Bella bin" flüsterte ich unter meinen Tränen und wusste dass ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Denn Mason Knight umarmte keine Menschen. Es sei denn sie sind Jayden Anderson und kennen ihn seit den Schulzeiten.
Der verspielte Ausdruck verschwand aus Masons Augen und er sah mich wieder ernst an. Sein Griff um mein Gesicht lockerte sich ebenfalls.
Bitte umarme mich. Ich brauche es so sehr, Mason.
Als er sich nicht vom Fleck rührte und keine weitere Anstalten machte mich zu berühren, löste ich meine Arme um seinen Nacken.
Selten hatte mir eine Sache so sehr wehgetan, wie diese hier. Einseitig. Es war alles einseitig.
Ich steckte zu viel Hoffnung in etwas rein, dass mich jedesmal bloß verletze.
Hastig wischte ich mir meine Tränen aus den Augen und wirbelte zur Tür herum. Ich musste hier raus, bevor ich dank meinen Tränen ersticke.
Masons fester Griff um mein Handgelenk hielt mich jedoch vom Gehen ab.
Ich erstarrte in meiner Haltung und mein Herz klopfte wie verrückt gegen meinen Brustkorb.
Sein fester und grober Griff hieß nichts gutes. Ich hatte viel zu viele Bedenken mich umzudrehen. Daher blieb ich erstarrt stehen.
Es war Mason der mich zurück zu sich wirbelte. Der Ruck war so grob gewesen, dass ich aufquickte und beinahe gegen seine Brust gestoßen wäre.
Mit großen Augen blickte ich nach oben in seine Augen, die mich ernst wie und je ansahen.
Mach dich auf etwas gefasst Sarah Knight. Du hast dich zu weit aus dem Fenster gelehnt meine Liebe.
Sein Griff verfestigte sich härter um mein Handgelenk, sodass es wehtat und ich war versucht mich aus seinem harten Griff zu befreien. Was war nun schon wieder los?
„Du tust mir weh, Mason" stotterte ich hilflos.
Erst als mein Gesicht durch einen Ruck gegen seine Brust landete und Masons Arme sich wie feste Schlingen um mich legten, wurde mir bewusst was passiert war.
Mason Zachary Knight umarmte mich.
Undzwar so fest, dass ich beinahe Schwierigkeiten beim Atmen bekam.
Frohes neues 🎊
Ich habe leider keine Ahnung wann es weiter geht.
Wie hat es euch gefallen?
Wie gehts wohl weiter?
Wen habt ihr mehr vermisst? Sarah oder Mason
Was steckt hinter Masons Umarmung?
Wer war noch an der Schlägerei beteiligt ?
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