(3) Andere Pläne

Levi

"Du kommst mit."

"Sicher nicht."

"Levi, ich diskutiere das nicht mit dir. Sie sind Roses Eltern und sie waren unsere Freunde." Seine Mutter stand im Türrahmen, die Hände auf ihre Hüften gestemmten. Als ob ihre Angriffslust ihn beeindrucken würde. Er war der Meister der Angriffslust.

"Das ist der Grund, warum ihr hingeht", gab er trocken zurück.

"Levi!", zischte sie.

"Ich habe schon andere Pläne für heute."

"Die da wären?", fragte sie als ob es sie kümmerte.

"Ich bin mit Christy verabredet."

"Das ist doch nicht dein Ernst. Du wusstest, dass es heute ist."

"Ja, aber ich wusste nicht, dass ich dort erscheinen muss."

"Du bist unglaublich unhöflich. Ich weiß wirklich nicht, was wir bei dir falsch gemacht haben", stieß sie verärgert hervor.

"Oh, mach dir keine Gedanken darüber. Das wart nicht ihr. Ihr wart nicht oft genug hier um solchen einen Einfluss auf mich auszuüben", entgegnete Levi mit einem schiefen Grinsen.

"Levi!", bellte sein Vater von unten. Levi rollte mit den Augen. Manchmal konnte er schwören, sein Vater hätte Ohren wie ein Hund. Oder welches Tier auch immer gut im Lauschen war. "Wenn ich dich jemals wieder so mit deiner Mutter reden höre, werde ich-"

"Was? Mich enterben? Mach doch", rief Levi zurück.

Mrs. Lawson zuckte hilflos mit den Schultern und ging die Treppe hinunter. Scheinbar hatte sie eingesehen, dass sie bei ihm nichts ausrichten konnte.

Jetzt musste er nur noch seinen Vater los werden. Er würde sicherlich verstehen, dass sie ohne ihn besser dran waren.

"Pass auf, was du sagst. Und jetzt zieh dich an, wenn du nicht willst, dass ich deine Autos verkaufe und du für das ganze Schuljahr Hausarrest hast."

So viel dazu. Er würde wohl doch hingehen müssen. Das hätten sie gleich erwähnen sollen, statt ihn tagelang denken zu lassen, er könne den Tag nach seinen Vorstellungen und fernab der Familie verbringen.

"Hast du mich verstanden?", bellte sein Vater.

"Yes, Sir. Ich werde kommen. Wir treffen uns dort."

"Levi!", grollte Mr. Lawson mit einem warnenden Unterton.

"Ich werde pünktlich sein", knurrte er zurück.

"Besser ist es, Junge. Außer du willst, dass dein Leben, wie du es kennst, zuende ist."

"Ich sagte, ich hab's verstanden, Dad", schrie Levi nun, ernsthaft verstimmt darüber, dass niemand seinem Wort Glauben schenkte.

Aber vielleicht lagen sie damit gar nicht so verkehrt. Sie hatten ihm zwar befohlen, dort aufzutauchen, aber sie hatten nicht gesagt, er müsse allein kommen. Levi grinste als ihm verschiedene Ideen kamen, wie er seine Eltern zur Weißglut treiben konnte, während er sich an die eine ausgesprochene Bedingung, nämlich pünktlich zu erscheinen, hielt.

Nachdem er die Zimmertür ins Schloss geworfen hatte, ging er zum Kleiderschrank um seinen besten Anzug herauszunehmen. Christy sagte immer, er sähe darin unwiderstehlich aus. Er sendete ihr die kurze Nachricht.

Trag etwas Nettes. Passend zu meinem Anzug. -L

Steht eine schicke Party an? Xoxo C

Beeil dich. Bin in einer halben Stunde da. -L

Als er genau 25 Minuten später die Einfahrt ihrer Eltern hinauf fuhr, stand sie bereits auf der Terrasse vor dem Haus. Mit offenen Mund starrte er sie an.

Sie trug ein rotes Kleid aus Satin, das sich oben eng anschmiegte und weiter nach unten verlaufend immer breiter wurde. Es war dunkelrot, aber immer noch bunt genug um von seinen Eltern als unpassend betrachtet zu werden. Perfekt.

Er ließ seine Augen zu ihrem tiefen Ausschnitt wandern und schließlich weiter zum Rock, der mitten auf ihren Schenkeln endete. Lang genug um ihren prachtvollen Hintern zu bedecken, aber viel zu kurz um stilvoll zu sein. Mit den schwarzen Highheels kamen ihm ihre Beine atemberaubend lang vor.

Ihr blondes Haar fiel in weichen Locken auf ihre Schultern und lenkte seinen Blick erneut zu ihrem Décolleté. Er liebte einfach alles an diesem Outfit. Christy war heiß, keine Frage. Und Levi konnte das Ende der Beerdigung kaum erwarten, damit er sie endlich an einen Ort bringen könnte, an dem sie allein wären und sich gegenseitig ihre Wertschätzung zeigen konnten.

"Hi", rief sie fröhlich mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Lippen, die Levi...Gedanklich verpasste er sich eine Ohrfeige. Er musste konzentriert bleiben. Nur noch ein bisschen länger.

Er ließ sein Fenster herunter und spürte die heiße Sommerluft ins seinen Wagen dringen. "Spring rein. Wir haben's eilig."

Christy stolzierte zur Beifahrertür und stieg ein. Ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie nicht darüber erfreut war, sich selbst die Tür zu öffnen. Oh, er würde sich später nur zu gern dafür revanchieren.

Bevor sie den Gurt anlegen konnte, schoss Levi aus der Einfahrt. Er überschritt die zulässige Geschwindigkeit nur an zwei Stellen, doch immerhin erreichte er dadurch pünktlich sein Ziel. Christy stieß einen gelangweilten Seufzer aus als sie ihre Umgebung wahrnahm.

"Was ist los, Babe?"

"Ich dachte, wir würden Spaß haben", schmollte sie.

"Werden wir. Lass uns aussteigen."

"Das ist ein Friedhof. Es bedeutet, dass jemand gestorben ist. Wer?"

"Freunde meine Eltern. Du kennst sie nicht und mir sind sie egal. Es gibt für uns also keinen Grund Trübsal zu blasen", erklärte er ungeduldig, während er die Autotür zuschlug.

Langsam ließ er den Blick über die Menschenmenge vor der kleinen Kapelle gleiten und seufzte. Mit Christys Hand in seiner machte er sich auf die Suche nach seinen Eltern und entdeckte sie nach wenigen Schritten in der Nähe des Eingangs.

Mit vor Ungläubigkeit weit aufgerissenen Augen sah seine Mutter Christy an. Das Gesicht seines Vaters war rot angelaufen, doch Levi grinste zufrieden. Obwohl er andere Pläne gehabt hatte, war er ihren Wünschen gefolgt und hier aufgetaucht. Wenn ihn das nicht zu einem Vorzeigesohn machte, dachte er zynisch.

"Hallo, Sie müssen Mr. and Mrs. Lawson sein", begrüßte Christy seine Eltern strahlend. "Schön, Sie kennenzulernen."

Seine Eltern starrten sie wortlos an.

"Mom, Dad, ich möchte euch Christy Leland vorstellen." Levi musste sich auf die Innenseite seiner Wangen beißen, um ein Lachen zu unterdrücken. Er konnte sehen, dass seine Mutter kurz davor war, die Geduld zu verlieren.

"Was zur Hölle, Levi?", zischte sie. In der Hoffnung niemand würde Christy in ihrer Nähe entdecken, schweifte ihr Blick über die Menschenansammlung. Aber sie hatte kein Glück. Jedermanns Augen waren auf sie gerichtet. Fast jedermanns.

Zwei Mädchen standen abseits, eine von ihnen leise schluchzend. Das andere Mädchen versuchte erfolglos sie zu trösten. Ihr Gesicht war verdeckt von ihren Händen und der Schulter des tröstenden Mädchens. Levi konnte sie daher nicht erkennen, aber es war ihm auch nicht wichtig. Es musste wohl die Tochter sein. Niemand sonst auf diesem Vorplatz heulte derartig.

"Levi", vernahm er die Stimme seiner Mutter.

"Huh? Hast du was gesagt?", witzelte er. "Sag Christy, wie wunderschön sie ist, Mom."

"Sicher nicht. Das ist ein Beerdigung und das Kleid versteckt nicht mal die Hälfte ihrer Beine. Und lass mich bloß nicht von der Farbe anfangen."

Während seine Mutter um Beherrschung kämpfte, legte sich die schwere Hand Mr. Lawsons auf Levis Schulter. Es war eine stille Warnung. Doch er konnte einfach nicht widerstehen. "Sie steht ihr ausgezeichnet, nicht wahr? Dunkelrot, fast wie Blut. Zum Glück nicht hellrot wie ein Feuerwehrauto. Das wäre ja geschmacklos, nicht wahr?"

Mrs. Lawson ballte ihre Hände zu Fäusten und der Griff seines Vaters wurde so schmerzhaft, dass er beinahe aufschrie.

"Schluss jetzt. Miss Leland, Sie dürfen bleiben, da wir nicht genug Zeit haben, Sie nach Hause zu bringen oder Entsprechendes zu organisieren. Aber ihr zwei werdet euch den Rest des Tages von eurer besten Seite zeigen, verstanden?", knurrte sein Vater.

Gekonnt ignorierte Levi seinen Vater. Er war nicht hier, um sich vorführen zu lassen. Volljährig zu sein hatte er sich irgendwie befreiender vorgestellt. Sollte sein Vater ihn doch für das ganze Schuljahr zu Hause einsperren. Er würde es eh nicht tun.

Das Basketballspielen würde sich gut machen auf seiner Collegebewerbung. Vielleicht würde er sogar ein Stipendium erhalten. Obwohl sie dies natürlich nicht nötig hatten. Aber in jedem Fall würde sein Vater ihn spielen lassen. Und alles, was danach kam - er musste nicht auf fremde Partys gehen, wenn er sie doch einfach Zuhause ausrichten konnte. Seine Eltern waren ja eh fast nie da. Und Camila würde er schon um den kleinen Finger gewickelt kriegen. Sie tat schließlich immer, worum er sie bat. Lasset die Spiele beginnen, dachte sich Levi.

"Dann muss ich es ihr wohl selbst sagen", er wandte sich Christy zu und fing ihren Blick auf. "Christy, du siehst bezaubernd aus."

Bevor sein Vater etwas sagen konnte, öffnete der Geistliche die Tür und blickte seine Eltern an. "Sie dürfen jetzt eintreten."

Levi verstand es als Aufforderung und setzte sich in Bewegung, doch Mr. Lawson hielt ihn zurück. Unauffällig zeigte er zu den Mädchen in der Ferne. " Sie zuerst."

"Ich sage ihnen Bescheid", flüsterte Mrs. Lawson und ging hinüber. Sie sprach ein paar Worte, während sie auf die Kapelle zeigte. Auf dem Rückweg strich sie den Mädchen beruhigend über die Schultern und Arme bis sie den Eingang erreichten.

Mr. Lawson traf sie dort und Levi und Christy folgten schweigend. Er sah sie kurz an. Sie war unangenehm still, was bei ihr nie ein gutes Zeichen war.

"Tut mir leid. Aber das wird nicht lange dauern. Wir hauen bei der ersten Gelegenheit ab. Versprochen."

Christy nickte nur. Sie musste stocksauer sein. Aber Levi hatte schon eine Idee wie er sie später aufmuntern konnte.

Als sie Platz nahmen fanden sie sich in der ersten Reihe neben den beiden Mädchen wieder. Mr. und Mrs. Lawson saßen links der Mädchen, dann folgte Christy. Levi saß ganz außen. Geschickter hätte er es selbst nicht einfädeln können.

Nachdem alle Gäste saßen, begann der Geistliche seine Rede. Eine Weile sprach er tröstende Worte vom Gleichgewicht zwischen Leben und Tod, aber Levi schaltete gedanklich ab. Als der Geistliche sich dezent räusperte und ankündigte als Abschluss ein Gedicht von einem gewissen Max Ehrmann zu zitieren, witterte Levi das Ende der langweiligen Veranstaltung.

"Versuche, soweit es dir möglich ist, ohne dich selbst aufzugeben, mit allen Menschen auf gutem Fuß zu stehen, das heißt: auszukommen.

Wo immer es nötig ist, sage ruhig und besonnen die Wahrheit, und sei dir dabei stets bewusst, dass diese auch schmerzen kann.

Höre die Weltweisen, aber höre auch die anderen an, selbst wenn sie dir unwissend und dumm erscheinen, denn auch sie haben ihre Geschichte und an ihrem Schicksal zu tragen."

Es klang, als wolle der Geistliche jemandem Hinweise geben, wie er sein Leben zu meistern hatte. Wie unpassend, dachte Levi. Schließlich wurde niemand gern belehrt.

"Meide die lauten und streitsüchtigen Menschen, denn sie sind eine Qual für den Geist.

Wenn du dich mit anderen vergleichst, werde nicht hochmütig und überheblich oder fühle dich nicht zu gering. Wisse: Es wird immer Menschen geben, die besser, vielleicht auch bedeutender oder geringer sind als du."

Levi lachte in sich hinein. War das sein Ernst? Meide streitsüchtige Menschen. Jesus Christus. Als ob man darauf nicht selbst käme.

"Sei du selbst! Bleibe dir selber treu, was auch immer geschehen mag, Und - was immer du bist, bleibe stets bescheiden.

Heuchle nie Gefühle vor, wo sie nicht vorhanden."

Er rollte mit den Augen. Das klang wie etwas, das man beim Kaffeetrinken bei der Oma zu hören bekäme.

"Du bist ein Kind der Schöpfung, ebenso wie Sonne, Mond und Sterne sowie Bäume und Sträucher, Berge, Hügel und Täler, Wind, Wasser und Feuer ein Teil dieser sind.

Du hast ein Recht, hier zu sein. Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, Gott hat dich gewollt; Er liebt dich und will, dass du glücklich bist. Und wenn du dich auch selbst und deine Umwelt nicht verstehst, so entfaltet sich doch die Welt nach Gottes Plan."

Es folgte Geschwafel darüber, im Frieden mit Gott zu leben und den Seelenfrieden anzustreben. Levi atmete genervt aus. Er hatte auf einen Vierzeiler gehofft. Stattdessen schien sich Ehemanns Meisterwerk über vier Seiten hinzuziehen.

"Dann wird in dir die Erkenntnis wachsen, dass die Welt bei aller Mühe und Last, bei aller Plage und zerronnenen Träumen, dennoch eine schöne ist, auf der zu leben sich lohnt.
Greife nicht nach den Sternen. Strebe behutsam danach, zufrieden und glücklich zu sein."

Das mussten ungelogen die langweiligsten Worte sein, die Levi jemals hatte mit anhören müssen. Es kostete ihn jeden Funken Selbstkontrolle, den er aufbringen konnte, um das in ihm lauernde Gähnen zu unterdrücken. Wenn sein Vater ihn dabei erwischte, würde er sein Abschlussjahr damit verbringen auf brennenden Kohlen zu tanzen.

Und das konnte er gar nicht gebrauchen. Daher entschloss er sich kurzerhand sich auf etwas zu konzentrieren, das ihn wach halten würde.

Aus dem Augenwinkel sah er zu Christy herüber. Ihre Hände lagen miteinander verschlungen auf ihrem Schoß. Langsam ließ er seine Hand auf ihre gleiten. Er drückte sie kurz, ehe er seine Hand Richtung Knie wandern ließ. Gott sei Dank hatte Christy genau dieses Kleid ausgewählt.

Als seine Hand die bloße Haut ihrer Beine berührte, spürte er wie sie vor Vergnügen erschauerte. Er stoppte seine Lieblosung und begann stattdessen mit dem Saum ihres Kleides zu spielen. Als er ihren schneller werdenden Atem wahrnahm, strich er langsam an der Innenseite ihrer Schenkel empor.

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A/N: Sympathischer Kerl, unser Levi, nicht wahr?😉
Oder was denkt ihr?

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