Kapitel 3

Auch die darauffolgenden Treffen waren außergewöhnlich. Ein Ausflug auf ein Boot oder andere ungewöhnliche Orte. Doch nicht einmal drängte sich Jayson auf oder nahm sich mehr, als Ryoma geben wollte. Nach wie vor wusste er nur, dass er Jay hieß, nicht wer er war oder woher er kam. Keine Ansprüche, keine Verpflichtungen, keine Gefühle. Genau das, was Ryoma wollte, doch beim letzten Punkt hielt er inne.

Keine Gefühle. Ryoma genoss die Zeit, die er mit Jayson verbrachte und dieser bemühte sich um ihn. Er lernte ihn nach und nach kennen und... Himmel, hör auf. Hör auf etwas Romantisches in diese Treffen hineinzuinterpretieren. Er will deinen Körper, mehr nicht. Das war die Grenze, die er selbst gezogen und nie übertreten hatte. Seit er damals verletzt worden war, hatte er niemandem mehr in diesen Bereich gelassen. One-Night-Stands befriedigten ihn und er lief nie Gefahr, erneut in diese Situation zu geraten.

Warum triffst du dich dann immer noch mit ihm? Es sind nicht die Dates, das weißt du. Nachdenklich saß er auf seinem Sofa. „Es wird Zeit, dass du dich der Realität stellst." Er hatte diesen Mann zu nahe an sich herangelassen. „Dann ist es nun Zeit." Zeit für das Ende. Heute Abend würde es enden.

Er zog sich an und machte sich auf den Weg in die Bar. Heute war er früher dran und wartete, dass der Mann, der sich in sein Herz geschlichen hatte, erschien. Es dauerte nicht lange und er sah braune Haare und Augen. Jayson setzte sich neben ihn, so wie er es die letzten Male auch getan hatte. Nur heute wäre es anders. Ryoma würde ihm nicht folgen, sie würden keine weitere Nähe teilen.

„Bist du bereit?", fragte die tiefe Stimme, doch Ryoma schaute nicht auf. Sein Blick war auf das Glas vor ihm gerichtet.

„Erinnerst du dich an unsere Abmachung?", fragte er, die Stimme so neutral wie möglich.

Jaysons Blick wurde ernst. Etwas stimmte nicht. Ein seltsames Gefühl trat in seinen Bauch. „Ja." Dann schauten ihn die schwarzen Augen an, in denen er viele Emotionen bisher gesehen hatte, doch nun stand dort Reue.

„Heute endet unsere Vereinbarung. Wir werden uns nicht mehr treffen. Ich danke dir für die schöne Zeit, Jay, doch diese findet nun ihr Ende. Ich bin nur gekommen, um dir das zu sagen."

Die Worte ließen Jayson kalt werden, auch wenn er eine neutrale Miene behielt. Es ist vorbei. Ihm war bewusst gewesen, dass auf diesem Arrangement ein Zeitstempel stand, dennoch weigerte sich alles in ihm, diesen Mann gehen zulassen. Du hast keine Wahl. Seine Faust ballte sich und er nickte nur. Ryo stand auf und ging. Ein letztes Mal drehte er sich um, schaute ihn an, doch er setzte seinen Weg fort. Jayson hielt ihn nicht auf, schaute nur auf den leeren Platz neben sich, an dem Ryo gesessen hatte.

Als Jayson in seinem Haus eintraf, begrüßte ihn Dane mit Überraschung. „Was machst du hier? Ich dachte, du bist bis morgen weg." Jede Woche war er genau an diesem Tag weg, doch der kalte Gesichtsausdruck sprach Bände. Er hat ihn abserviert. Dane konnte es nicht glauben, doch einen anderen Schluss ließ dieser Blick nicht zu.

„Ich werde mich heute mit dem Treffen in drei Tagen befassen und möchte nicht gestört werden", sagte Jayson und ging direkt ins Arbeitszimmer.

„Auweia, das ist nicht gut." Dane wusste, dass sich sein Freund nun in der Arbeit vergrub, doch das war keine Lösung.

„Wieso ist er schon da?", erklang eine weibliche Stimme aus dem Zimmer gegenüber. Katie – ihre Buchhalterin und enge Freundin – trat mit besorgtem Blick zu ihm. Sie war nur 1,63 m groß, hatte lange rote Korkenlocken und eine helle Haut.

Dane kratzte sich am Kopf. „Ich denke, dass Jayson abserviert wurde."

Katie legte den Kopf schief. „Das ist nicht gut. Er war die letzten Wochen so gut gelaunt gewesen und schien diesen Mann wirklich zu mögen." Jayson ließ außer Dane und sie niemand sich heran. Er hatte, seit er seine Stellung eingenommen hatte, keine feste Beziehung mehr gehabt, nur Liebhaber und diese hatte er auf Abstand gehalten. Der Mann, mit dem er sich getroffen hatte, war der Erste seit langem, den er mehrfach traf und um den er sich bemühte.

Dane lehnte sich zu Katie. „Was hast du über ihn herausgefunden?" Gemeinsam liefen sie in Katies Büro und sie tippte ihre beiden Passwörter in den PC. Vor ihnen erschien eine Akte mit einem Bild.

„Ryoma Takahiro, 26 Jahre alt. Eltern stammen aus Japan, doch er kam mit zwei Jahren nach Amerika. Er spricht fließend Englisch und Japanisch und arbeitet bei EloTec in der Marketing-Abteilung. Keine Einträge im Führungszeugnis oder anderes. Ein normaler Büroangestellter, der offensichtlich bei Nacht seine homosexuelle Seite in einer Bar auslebt. Nicht verheiratet, kein Kinder oder Ähnliches. Seine Krankenakte ist ebenfalls sauber, nichts Auffälliges."

Nachdenklich schaute sich Dane es an. Die Wohnung, in der Ryoma wohnte, hatte er sich vor zwei Jahren gekauft und zahlte einen kleinen Kredit ab, ansonsten hatte er keine Schulden und ein festes Einkommen und einen unbefristeten Arbeitsvertrag, sodass der Kredit kein Problem darstellte. Es mangelte diesem also nicht an Geld und nach dem, was Jay ihm erzählt hatte, hatte er weder Geld noch irgendwelche Geschenke von diesem erhalten. „Er ist nicht hinter seinem Geld her. Es scheint, als habe er ihn wirklich um seiner selbst Willen getroffen", sagte er zu Katie und diese nickte.

„Warum hat er es dann beendet?", fragte Katie. Ihnen war nicht ganz klar, was dieses Arrangement gewesen war.

„Wir haben uns nur zum Sex getroffen, mehr nicht. Es war keine Beziehung, doch das hat er von Anfang an deutlich gesagt", erklang Jaysons Stimme aus dem Türrahmen. Sie sahen, wie er dort mit verschränkten Armen stand, sein Blick deutlich. „Da wir das geklärt haben, würde ich es bevorzugen, dass ihr nicht weiter in meinem Privatleben schnüffelt. Es ist aus, ich werde ihn nicht wiedersehen." Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ seine Freunde zurück.

Ryoma Takahiro. Er hatte keine Nachforschungen angestellt, denn nun seinen Namen zu wissen, machte es schlimmer. Du verdammter Idiot, wieso hast du ihn hereingelassen? Wieso hatte er Gefühle entwickelt? Es ändert nichts. Er würde Ryo vergessen, so wie er es bei den anderen auch getan hatte.

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Langsam legte er das Foto vor sich und lehnte sich zurück. „Was haben wir da? Hat Hunter nun wirklich eine Schwachstelle?" Die Finger fuhren über die Konturen des Mannes, der auf dem Foto zu sehen war. „Er ist hübsch."

„Boss. Es wurde bestätigt, unser Informant hat die beiden gesehen", sagte sein Untergebener.

Elias Dawson schaute zu dem Mann, der vor ihm stand und diese frohe Kunde gebracht hatte. Mit der Hand fuhr er sich durch seine hellblonden Locken und schob sie mit seiner weiß-behandschuhten Hand aus dem Gesicht. Ein kalter und gleichzeitig freudiger Ausdruck stand in seinen Augen. „Wer hätte gedacht, dass du so dumm sein könntest."

༻✧༺

Ryomas Wecker klingelte. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen und fühlte sich elendig. Hätte er gewusst, dass es ihn so mitnehmen würde, hätte er niemals einem weiteren Treffen zugestimmt. Du lernst auch nicht aus deinen Fehlern.

Seufzend stand er auf und wusch sich das Gesicht. Unmotiviert zog er sich seine Arbeitskleidung an. Heute war Samstag und er musste nur den halben Tag herumbringen. Hätte er nicht dieses Meeting mit den Ausländern, hätte er ausschlafen können.

Als er die Firma betrat, machte er sich einen Kaffee und lief in den Besprechungsraum. Die Besprechung zog sich zu seinem Leidwesen und als sie endlich vorbei war, machte er drei Kreuze. Jetzt nach Hause und hinliegen. Er würde nichts tun. Rein gar nichts.

Nachdem er sich von seinen Kollegen verabschiedet hatte, verließ er das Bürogebäude, um in Richtung Bushaltestelle zu laufen. Auf dem Weg wurde er von einem jungen Mann angerempelt, sodass seine Aktentasche zu Boden fiel. Dieser hielt jedoch nicht an und entschuldigte sich auch nicht.

Er rieb sich den Arm und lief weiter. Es waren ungefähr drei Minuten Fußweg bis zur Bushaltestelle. Nach einer Minute spürte er, wie er Kopfschmerzen bekam. Sehr gut. Das konnte er nicht gebrauchen. Er blieb stehen und rieb sich die Stirn. Als er jedoch einen weiteren Schritt machte, begannen die Seiten seines Sichtfeldes zu verschwimmen. Was...? Bevor er reagieren konnte, sah er, wie sich die Umgebung drehte, dann wurde alles schwarz. Er hörte nur gedämpfte Laute, dann nichts mehr.

Ein Pfeifen weckte Ryoma. Der Schmerz pochte in seinem Kopf und er stöhnte. Es war lange her, dass er solche Kopfschmerzen gehabt hatte, und ihm war bewusst, dass das Pfeifen in seinen Ohren davon herrührte. Es dauerte etwas, bis er die Augen öffnete und er scharf sah. Er sah eine weiße Decke. Wo bin ich? Was ist passiert? Er versuchte sich zu erinnern, doch die Kopfschmerzen hielten ihn davon ab. Seine Hand wanderte an seine Stirn und ein metallisches Klirren erklang.

Überrascht schaute Ryoma zu seinem Handgelenk und sah dort einen metallischen Ring, von dem aus eine Kette zu dem Gestell des Bettes lief, auf dem er lag. Plötzlich war er hellwach und richtete sich auf. Zu schnell, sodass ein leichter Schwindel ihn erfasste. Er befand sich in einem Raum, in dem nichts war, außer dieses Bett. Das Fenster, durch das Licht drang, war vergittert.

„Was ist hier los?" Er schaute sich um und sah, dass er bis auf seine Unterwäsche nichts trug. Panik erfasste ihn. In dem Raum gab es nur zwei Türen. Eine metallische, an deren Griff er ruckelte, die sich aber nicht bewegte. Die andere öffnete sich und er sah eine kleine Toilette. Ich bin ein Gefangener. Irgendjemand hat mich entführt. Doch er wusste nicht wer und warum?

Sein Herz pochte schnell und er zuckte zusammen, als er das Geräusch der anderen Tür hörte, die sich öffnete. Er drückte sich an die Wand, die Angst schnürte ihm die Brust zu.

Ein Mann in einem weißen Anzug und weißen Handschuhen betrat den Raum. Er hatte blonde Locken und blaue Augen, doch diese Augen waren kalt und der Tod stand in diesen. Diese Augen richteten sich auf Ryoma. „Gut geschlafen?", fragte der Mann mit einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte und Ryoma eine Gänsehaut bescherte.

„Wo bin ich und was wollen Sie von mir?", stotterte er und umschlang sich.

„Setz dich erst einmal auf das Bett, nicht dass du dich erkältest", sagte der Mann und zögerlich kam Ryoma dieser Anweisung nach. Er wickelte sich in die dünne Decke ein und presste sich an die Wand, um möglichst viel Abstand zwischen sich und dem Mann zu bringen.

„Mein Name ist Elias Dawson und du bist ein Schatz, den ich gefangen habe", begann der Mann in Weiß zu sprechen.

Schatz? Gefangen? Ryoma wurde übel. „E-Es muss eine Verwechslung vorliegen. I-Ich-" Doch er wurde unterbrochen. Elias hielt ihm ein Foto entgegen. „Das bist nicht du?"

Ryoma starrte auf das Foto. Auf diesem waren er und Jayson vor einem Hotel zu sehen. Langsam schaute er auf, schaute in die kalten blauen Augen. „Keine Leugnung. Dann kommen wir ja schnell voran."

„Warum bin ich hier?"

Elias schaute den jungen Mann an. Spielt er den Unwissenden oder... „Weißt du, wer der Mann ist, dessen Liebhaber du bist?"

Ryoma zuckte zusammen. „W-Wir sind nicht... ich habe gestern unser Arrangement beendet. Wir hatten nur Sex, nicht mehr. Ich weiß von diesem Mann nichts außer seinem Vornamen, Jay." Er umschlang seine Knie.

Seufzend setzte sich der blonde Mann auf das Bett, legte die behandschuhte Hand an Ryomas Wange. „Ich habe fast Mitleid. Jayson Hunter ist der Boss der Vereinigung „La Muerte", hat diese Position vor zwei Jahren von seinem Vorgänger übernommen."

Eiskalt lief es Ryoma den Rücken hinunter. La Muerte... die Mafia? Er hatte Schlagzeilen darüber gelesen. Um Gottes Willen. Er begann zu hyperventilieren.

„Na na. Beruhige dich. Wie es aussieht, hat ein sehr gefährlicher Mann Gefallen an dir gefunden, und das werde ich nutzen. Ich habe noch eine Rechnung mit diesem offen. In all den Jahren hatte er nie eine Schwachstelle, nie einen Liebhaber für mehr als zwei Nächte. Doch nun bist du aufgetaucht – ein Wink des Schicksals, nicht wahr?"

Ryoma sah das Lächeln und Tränen stiegen ihm in die Augen. Die Hand fuhr über seine Wange.

„Du bist wirklich wunderschön, kein Wunder, dass er keine Chance hatte."

„W-Was passiert nun mit mir?" Ryoma schluckte, die Tränen liefen und er zitterte.

Elias schaute auf den Mann. Hinreißend. Diese Angst. Ich will, dass er für mich schreit. „Wie ich bereits sagte, ich habe eine offene Rechnung mit Hunter. Ich dachte zunächst daran, ihm deine Leiche zu schicken, doch ich habe es mir überlegt." Nackte Angst trat in Ryomas Augen. „Es wäre eine Verschwendung, dich einfach zu töten. Also werde ich dich ihm wegnehmen. Kleines Häschen, du hast nun die Wahl. Liege unter mir oder mach deinen letzten Atemzug."

Als Ryoma die Worte hörte, wurde er ruhig. Sein Puls rauschte in seinen Ohren.

„Du bekommst natürlich etwas Bedenkzeit. Ich komme in zwei Tagen wieder, kleines Häschen. Teile mir dann deine Entscheidung mit." Mit diesen Worten stand Elias auf und verließ den Raum. Ein Lächeln zog sich über sein Gesicht, das seine Untergebenen zusammenzucken ließ. Er ist hinreißend.

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