Kapitel 16 - James
Zack lässt mich für ein paar Stunden in seiner Wohnung zurück. Auch, wenn ich eigentlich darüber froh bin, etwas Zeit für mich selbst zu haben, kann es im Moment nicht schlimmeres geben. Ich mache es mir auf seinem Bett bequem und starre an die Decke. Kein wirklich guter Zeitvertreib für mich – nein, wirklich nicht. In etwas mehr als drei Stunden ist Zack wieder zurück und so lange liege ich hier alleine. Verdammter Mist. In meiner Hosentasche beginnt mein Handy zu vibrieren und ohne auf den Namen auf dem Display zu achten, hebe ich ab.
„Jimmy", Emilys traurige Stimme schlägt mir entgegen.
Sofort schrillen alle meine Alarmglocken. Weint sie? Ist etwas passiert?
„Was ist los, Sweety?"
„Kann ich zu dir kommen?"
Jetzt ist sogar mir bewusst, dass sie weint. Verdammt, verfluchte Scheiße. Ich weiß genau, wie sehr es ihr jetzt wehtun wird, wenn ich ihr erzähle wo ich bin, aber ich muss es ihr sagen.
„Ich bin gerade bei Zack, soll-„, doch ich kann meinen Satz nicht mehr zu Ende führen, denn sie unterbricht mich sofort.
„Tu-tut mir lei-leid, ich wollte-e nicht st-stören."
Ihr Schluchzen packt sie. Ich kann förmlich am eigenen Leib fühlen, wie sehr sie dieser Satz gerade verletzt hat. Emily investierte mehr Gefühle, als sie sollte. Ich atme kräftig ein und aus, versuche die Schuldgefühle von mir zu schieben. Ich will Zack, oder zumindest den unfassbar guten Sex, den wir haben. Vielleicht hat mir Zack wortwörtlich das Hirn herausgevögelt, zusammen mit allen Barrieren, von denen ich solange nichts geahnt habe.
„Soll ich zu dir kommen, Sweety?"
Dieser verdammte Kosename. Ich kann ihn einfach nicht mehr weglassen, aber ich sollte es. Es verletzt sie nur noch mehr. Sie sollte in der Fiendzone bleiben und sich nicht mehr erhoffen.
„Ist schon gut, i-ich komm schon klar."
„Emily, ich komme zu dir. Ich will bei dir sein."
Fuck, falsche Wortwahl, doch noch während ich darüber nachdenke, mache ich mich schon auf den Weg in den Flur. Ich ziehe meine Schuhe an und gebe ihr Bescheid, dass ich in zehn Minuten bei ihr bin.
***
Mit roten Augen und leicht verschmierter Wimperntusche öffnet sie mir die Tür. Ich schließe sie fest in meine Arme, ehe wir ihre Wohnung betreten. Es fühlt sich gut an wieder hier zu sein. Ich habe Zack Bescheid gegeben und er wird mich nachher von hier abholen. Das gibt uns vorerst genügend Zeit zum Reden. Ich nehme Emilys tränenfeuchtes Gesicht in beide Hände und sehe sie durchdringend an.
„Was ist passiert, Sweety?"
„Ich wollte nicht mehr allein sein", flüstert sie verlegen und zuckt mit ihren schlanken Schultern.
Ihre beinah flehentlichen Worte geben mir den Rest. Ohne über meine Tat nachzudenken, presse ich ihr meine Lippen auf die ihren. Ihre Reaktion auf meinen Körper, meine Berührung, beflügelt mich, lässt mich wagemutiger werden. Ich möchte sie gerade näher heranziehe. Scheiße, bist du bescheuert Jimmy?, schreit mein Unterbewusstsein, aber da löst sich Emily schon von mir.
„Tut mir leid, das wollte ich nicht."
Ihre Stimme ist belegt und leise. Die Scham ist ihr in ihrem wunderschönen Gesicht abzulesen. Woher kommen nur diese verdammten Gedanken? Klar ist Emily hübsch, nein wunderschön sogar – doch vor ein paar Minuten habe ich auf Zacks Bett gelegen, auf ihn gewartet. Vor ein paar Wochen war Zack alles was ich wollte. Er hat sich nie wirklich zu mir und einer gemeinsamen Beziehung bekannt und doch fühle ich mich gerade wie ein Betrüger. Doch Emily fühle ich mich ebenso verpflichtet – als Freund. Aus irgendeinem kranken, selbstzerstörerischen Grund wollte ich Dinge die alles kaputt machten.
Ich ficke Zack, der keine feste Beziehung will. Ich küsse Emily, die nur eine Freundin ist. Und ich will eine Frau, die meine beste Freundin ist.
Ich schiebe ihr meine Zunge zwischen die Zähne, presse sie gegen die mittlerweile geschlossene Eingangstüre, während meine rechte Hand von ihrem Gesicht zu ihren kleinen, festen Brüsten wandert. Sie stöhnt meinen Namen in meinen Mund. Der Klang ihres Stöhnens in meinen Ohren sorgt dafür, dass ich die vergesse, die ich nicht haben kann.
Es sollte Zacks rauer Bariton sein, der meinen Namen stöhnt. Meine Gedanken ziehen immer weitere Kreise. Die Schuldgefühle verschwinden immer weiter in den Hintergrund, als sie ihren Körper an mir reibt. Ich wünsche mir, Zack würde in diesem Moment in die Wohnung platzen. Wir könnten gemeinsam unseren Spaß mit Emily und die Beiden mit mir haben. Fuck, ich bin abartig. Ich will doch nur vergessen.
Diesmal bin ich derjenige der sich von ihr losreißt. Nach diesen Gedanken, kann ich sie nicht weiter küssen. Sie verdient definitiv jemand besseren und niemand der sie nur fickt und dann allein aufwachen lässt. Ich verdiene Zack, der nichts Festes will und der sich holt was er will, der mit anderen vögelt und dem meine Gefühle scheißegal sind. Ich habe es nicht anders verdient, nachdem wie ich Frauen behandelt habe. Ohne eine Erklärung, ein weiteres Wort, geschweige denn eine Entschuldigung, verlasse ich Emilys Wohnung.
Egal, wie sehr ich sie jetzt verletze, es ist definitiv besser so. Sie braucht mich nicht. Jemanden wie mich kann sie auch gar nicht wollen. Sie braucht Stabilität, etwas das ich ihr nicht geben will. Nicht, wenn ich sie küsse und mir wünsche, dass ich eine andere in meinen Armen halte. Alles was ich jetzt möchte ist, zu verschwinden und verschwinden ist, was ich tue.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top