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M A N I A C
L O V E
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[Die Lynola-Masche]

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Der Alkohol hat die Kontrolle über meinen Körper errungen. Die flackernden Lichter leuchten in abwechselnden Farben zum Rhythmus der Musik. Mittlerweile nehme ich alles nur noch verschwommen und gedämpft wahr.

Angestrengt versuche ich mit zusammengekniffenen Augen Lynn irgendwie ausfindig zu machen. Ich gehe, beziehungsweise stolpere, Richtung Treppe des Clubhauses, in welches wir gestern gefahren sind. Den Namen des Clubs habe ich bereits vergessen. Es ist mittlerweile schon 3 Uhr morgens und es gibt keine Spur von Lynn oder Jay.

An der Treppe angekommen gehe ich einige Stufen hoch, um mir einen besseren Blick, über die meiner Meinung nach, viel zu vielen Menschen zu ergattern.

Eigentlich ist es überall das selbe. Ich meine es ist völlig ortsunabhängig:

Männer, die an der Bar versuchen eine oder sogar manchmal mehrere Frauen rumzukriegen, indem sie diese sturzbedrunken machen. Dann gibt es da noch die armseligen Mädchen, die zu kurze Kleider und zu viel Make-up tragen und wahrscheinlich auch noch minderjährig sind und sich irgendwie einschleusen haben lassen. Dann wären da noch die Freundeskreisgruppen, also Gruppen von Freunden, die aber die ganze Zeit nur in dieser Gruppe bleiben und diese niemals verlassen. Außerdem noch Groupies, die nur wegen den Bands da sind die in den Clubs spielen und Pärchen, die ununterbrochen rummachen oder einfach nur Leute, die etwas Spaß haben wollen.

Mit schummrigen Blick überfliege ich die Leute. Eigentlich müsste Lynn einfach zu finden sein mit ihrem knallroten Kleid.

Ich schätze ich werde sie mit irgendeinem Typ engumschlungen und flirtend auffinden. Sie würde niemals mit ihm ins Bett gehen, denn auch wenn sie betrunken ist, ist sie immer noch der Herr über ihren Körper, aber sie ist eine Frau, eine wunderschöne mit Charme wohlbemerkt, die weiß, wie man dies gegen Männer einsetzt. Eigentlich ein bisschen fies, denn weiter, als zu einer kleinen Make-out-session ist bei ihr noch kein Kerl gekommen. Ich weiß, beneidenswert, also das mit der Kontrolle trotz Alkohol, aber sie ist definitiv nicht der Typ One-Night-Stand. Sie hat eine genaue Vorstellung, was dieses ganze Lovey Dovey Thema angeht. Sie hat es mir schon oft versucht zu erklären, wie schön sie sich das vorstellt und wie toll sich Liebe doch anfühlen muss.

Ich als die beste Freundin, die ich bin, habe ihr natürlich stets ein offenes Ohr für ihre kitschigen Phantasien geliehen. Naja gut, ich habe zumindest die Interesse und Aufmerksamkeit, die bezüglich dieses Themas garantiert nicht bei mir vorhanden ist, vorgetäuscht.

Als ich ihr auf der Autofahrt von dem Mann, der mittlerweile vorgestrigen Nacht erzählt habe, da sie das Thema partout nicht fallen gelassen hat, hat sie wieder angefangen irgendwelche Liebesschnulzen zwischen mir und dem 'misteriösen Fremden', wie sie den Mann genannt hat, zu erfinden.

Ich habe ihr nicht von meinem Verdacht, dass es sich bei Flugzeug-Luke und dem 'misteriösen Fremden' um ein und die selbe Person handeln könnte, erzählt. Andernfalls hätte sie womöglich noch einen Suchtrupp nach dem Kerl losgeschickt, um mit der Hochzeitsplanung anzufangen. Zuzutrauen wäre es ihr. Sie hätte sowas gesagt wie: "Jo, das ist kein Zufall, das ist pures Schicksal. Fate. Verstehst du? Ihr seid füreinander geschaffen!"

Mit Sicherheit hätte ich daraufhin meine Augen verdreht und etwas wie: "Naja Pech trifft es wohl eher und nein sind wir nicht..." erwidert.

Sie sieht in allem und jedem das Gute und ist besessen von der Liebe. Ich nicht. Ganz im Gegenteil. Und manchmal beneide ich sie dafür.

Sex ist etwas was Menschen einfach tun. Es ist natürlich. 'Liebe' spielt dabei gar keine Rolle, da sie einfach nicht existiert.

Und manchmal wünschte ich, dass ich anders denken würde. Ein bisschen mehr wie Lynn.

Jemand rempelt mich von hinten an. Ich drehe mich um und schaue in das Gesicht eines, dem Anschein nach, sturzbesoffenen jungen Mannes.
Er lallt ein lautes "Sorry", welches ich trotzdem kaum über die laute Musik hinweg verstehe und verschwindet dann weiter Richtung Bar, um sich vermutlich ein neues Getränk zu holen.

Unglücklicherweise muss ich feststellen, dass sein vorheriger Drink, während des kleinen Zwischenfalls, auf meinem T-Shirt gelandet ist.

Von weiter oben auf der Treppe vernehme ich ein Lachen. Mein Blick schweift dementsprechend nach oben, nur um dann festzustellen, dass dieses Lachen keinem anderem als Jayden gehört.

Yeyy gefunden.

Dieser kommt auf mich zu und gibt mir einen Kuss auf die Wange.
"Na Jo? Heute wohl eher kein Erfolg bei den Männern, hm?"

Kindisch wie ich bin, stecke ich ihm als Antwort nur die Zunge raus.
Er schüttelt lachend den Kopf.

"Und du so? Schon nem süßen Kerl den Kopf verdreht?", ist meine Gegenfrage. Er schüttelt den Kopf.

Einen Moment betrachten wir beide die tanzende Menschenmasse vor uns.

"Heute Abend müssen wir schon wieder los.", murmel ich eher zu mir selbst, "es ging irgendwie viel zu schnell vorbei.", meine ich traurig und schaue zu ihm auf.

"Tja, das haben Urlaube irgendwie an sich, vorallem wenn man sie zur Hälfte verpennt.", zieht er mich auf. Erneut stecke ich ihm die Zunge raus.

Schweigend betrachtet er mein Gesicht für eine Weile. Er wirkt nachdenklich. Plötzlich bildet sich ein fettes Grinsen auf seinem Gesicht.

"Na komm JollyLolly, ich hab ne Idee." Sein Grinsen verschwand dabei nicht. Mit einem kleinen Schubser setzt er mich in Bewegung. Ungläubig starre ich ihn an.

"Entschuldige mal Mister, aber wie hast du mich gerade genannt?" Ein kleines Lächeln kann auch ich nicht unterdrücken. Er schiebt mich weiter durch die vielen betrunkenen Menschen mit seiner Hand auf meinem Rücken.

"JollyLolly. Und jetzt komm."

"Pff. Ich komm ja schon JellyBelly." Jayden muss lachen. Amüsiert schaut er mich an.

"Das klingt ja wirklich erstaunlich ähnlich wie Jayden.", meint er ironisch.

"Aber JollyLolly mit Jolina?", konter ich. Wir müssen beide lachen.

"Okay okay. Wir haben einfach zu viel getrunken.", erklärt sich Jay unser Verhalten. Ja genau, der gute alte Alkohol ist wieder Schuld. Das wir einfach nur gestört sind, gedenkt er nicht mal dran zu glauben.

Applaus Applaus. Sie hat es endlich erfasst.

Das kann ja wohl nicht wahr sein. Ich dachte diese dämliche Stimme erscheinst nur im nüchternen Zustand. Das kann ich jetzt echt nicht ertagen in meinem Zustand und übrigens auch in keinem anderen. Bevor meine so liebliche innere Stimme die Möglichkeit zum Antworten bekommt, rettet mich Jayden vor einem erneuten Dialog bzw. Monolog mit meiner inneren Stimme, je nachdem ob man diese Stimme als mich oder eben nicht bezeichnen würde.

"Wir müssen noch kurz Lynn holen.", meint dieser.

"Weißt du denn wo sie ist?", frage ich ihn. Er nickt mit seinem Kopf in die Richtung einer Säule des Clubs. Dort stand Lynn mit einem Cocktail in der Hand angelehnt an diese Säule mit einem Mann vor ihr, der uns jedoch mit dem Rücken zugekehrt steht.

Beide gehen wir auf sie zu. Als sie uns bemerkt, winkt sie uns zu.
"Hey Jo." Sie fällt mir um den Hals und kichert. Ich nehme ihr anschließend den Drink aus der Hand.

"Du hast eindeutig genug.", sage ich und nicke zu dem Getränk. Sie verträgt wirklich nicht viel.

Sie kichert wieder. Ich verdrehe amüsiert die Augen. Sie führt uns zu dem Mann, mit dem sie sich bis eben noch unterhalten hat.
"Jolina. Bruderherz-", sie gestikuliert zu dem jungen Mann, "-das ist Brian. Brian-", sie gestikuliert abermals, jedoch diesmal zu uns, "das ist meine beste Freundin Jolina und mein Bruder Jayden."

Mit zusammengekniffenen Augen betrachte ich ihn. Er ist groß, muskulös, aber schlank und echt relativ hübsch. Er sieht sympathisch aus. Den ersten Check der besten Freundin hat er überstanden und die des Bruders anscheinend auch, da Jay ihm die Hand reicht.

"Hey man, ich bin Jayden, aber du kannst mich ruhig Jay nennen."
Sein Gegenüber erwidert die Gestik und lächelt.

"Hi. Ich bin, wie Lynola schon gesagt hat, Brian."

Jay und ich schauen uns an und prusten dann auf Kommando los.

Als wir uns beide wieder eingekrigt haben, steht uns ein ziemlich verwirrt ausschauender Brian gegenüber. Ich wende mich an Lynn.

"Du hast ernsthaft die Real-Name-Masche abgezogen?"
Sie schaut mit glühenden Wangen auf den Boden.

"Naja, ich dachte halt das macht mich interessanter oder so."

Ich muss lächeln. Sie ist schon ziemlich süß. Kein Wunder, dass ihr da so viele Männer hinterherrennen, auch wenn sie diese dann nicht an sich ran lässt.

"Also Brian, wir möchten euch ja wirklich nur ungern stören, aber wir müssen LYNN jetzt leider entführen.", erkläre ich Brian, wobei ich ihren Namen extra deutlich betone.

Er nickt verständlich und lächelt. Er gibt Lynn noch einen Kuss auf die Wange ehe wir sie von ihm wegschleifen. Auf seinem Arm entdecke ich mit Edding geschrieben, Lynns Handynummer. Lächelnd schütteln ich den Kopf.

Auf dem Weg nach draußen aus dem Club hat sie ein ununterbrochenes und verträumtes Dauergrinsen im Gesicht. Jayden hat schon im Club auf irgendeine Weise ein Taxi bestellt, auf welches wir nun warten mussten.

Die frische Nacht- beziehungsweise Morgenluft nüchtert meinen Kopf ein wenig aus.

Ich zähle innerlich schon einen Countdown, bis das Geschwärme von Lynn losgehen würde.

3

2

1

.

.

.

"Oh mein Gott...ist Brian nicht süß? Er kommt aus New York und studiert in London Medizin..."

Ahaa. Hab ich es nicht gesagt?

"Und wirst du ihn wieder sehen, Lynola?", ziehe ich sie ein wenig auf. Jayden und ich prusten erneut los.

Zunächst setzt Lynn ein schmollendes Gesicht auf, steigt schließlich aber auch mit in unser Lachen mit ein.

Als das Taxi ankam war unsere Stimmung unverändert.

"Jayden wohin geht es den nun eigentlich? Ich und Lynola hier sind schon ganz gespannt."
Erneut fingen wir an zu lachen. Lynn schlug mir spielerisch auf die Schulter.
"Och man ey. Ihr seid doch beide doof."

Ich glaube so schnell werden ich und Jay das nicht wieder vergessen. Aber mal ehrlich. Nie. Wirklich noch nie hat irgendwann mal igerndwer sie bei ihrem richtigen Namen genannt. Nicht einmal ihre Eltern.

Lachend stiegen wir in das Auto ein. Gespannt wartete ich das Ziel ab, welches Jayden dem Taxifahrer jeden Moment nennen würde.

Jayden lehnt sich nach vorne und flüstert dem Fahrer etwas zu.

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