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M A N I A C
L O V E
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[Einweihung]

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Genervt springe ich vom Sofa auf und steuer direkt mein Zimmer an.

"Haaaalt Stop, junges Fräulein. Du gehst nirgendwo hin. Nicht bevor du mir endlich die Wahrheit sagst!"

Mit drohender Miene hält mich Lynn an meinem Arm zurück und hindert mich daran, meinen wundervoll durchgedachten Fluchtplan durchzuführen.

Welcher Fluchtplan? Und wenn er von dir kommt ist er garantiert nicht wundervoll und schon mal gar nicht durchgedac-

Noch genervter als zuvor, schlage ich mir an den Kopf, um die Stimme zum Schweigen zu bringen. Noch eine davon kann ich im Moment definitiv nicht ertragen.

Lynn's Gesichtsausdruck ändert sich schlagartig. Von todernst und wütend zu verstutz und schockiert.

Ich gebe zu: Das muss komisch ausgesehen haben. Schließlich genießt Lynn das Glück und muss diese Stimme nicht aushalten. Jetzt denkt sie wahrscheinlich, dass ich verrückt bin.

Also estens eyy! Und zweitens, das dachte sie auch schon davor und damit ist sie nicht allein.

Ich glaube ich weine gleich los.

Ein dramatischer Atemzug verlässt meinen Mund.

"Wie oft denn noch? Ich. Bin. Nicht. In. Einer. Beziehung. Mit. Luke. Blackburn. Finito.", versuche ich ihr erneut und damit mindestens zum hundertsten Mal an diesen Abend einzutrichtern, indem ich ruhig jedes einzelne Wort extra übertrieben betone. 

Sie verschränkt die Arme vor ihrer Brust und zieht die Augenbrauen hoch. Super. Sie glaubt mir immer noch nicht.

Entnervt lasse ich meine Schultern fallen und werfe meinen Kopf mit einem Stöhnen in den Nacken.

Warum ich?

"Ach ja? Und warum hat Luke Blackburn persönlich in einem Interview mit Videobeweis das Gegenteilige behauptet?", fragt sie mich ungläubig.

Ich überlege. Gute Frage. Wie zur Hölle kommt er auf die Idee so etwas zu behaupten?

"Weil er ein ignorantes Arschloch ist."

Erstaunt blickt sie mich an.

"Was soll das denn bedeuten?

"Das bedeutet, dass er ein ignorantes Arschloch ist."

Eine Weile starrt sie mich mit einer nachdenklichen Miene an.

"Darf ich jetzt gehen?", frage ich sie nach einiger Zeit und unterbreche dabei ihre anscheinend sehr angestrengte Nachdenkerei.

Sie blickt auf und schüttelt verständnislos den Kopf.

"Ähmm. Nein?!?"

Ich stöhne erneut und schlürfe anschließend zurück zum Sofa, um mich dort anschließend fallen zu lassen.

Einige Minuten verharre ich dort mit geschlossenen Augen, bis sich neben mir die Couch senkt.

Wortlos nimmt sie meine Hand in ihre.

"Bitte Jolina."

Jolina. So nennt sie mich sonst nie. Ich habe nichts gegen den Namen, ganz im Gegenteil. Ich finde lediglich, dass er nicht zu mir passt. Deshalb bin ich für jeden eigentlich nur Jo, außer bei Lehrern und dem Rotbiest.

Fakt ist, sie weiß, dass ich etwas verschweige.

Ich habe mit der ganzen Sache rund um Luke schon abgeschlossen und sehe keinen Sinn dahinter, weitere Gedanken daran zu verschwenden oder es Lynn zu erzählen. Ich meine, wozu? Wieso sollte ich?

Es ist nicht so, als ob ich Lynn nicht trauen würde, aber ich halte es schlichtweg für unwichtig.

"Bitte.", flüstert sie erneut.

Lange schaue ich ihr in die Augen, bis ich diese schließlich verdrehe und mich aufrappel.

"Okay fein.", stöhne ich genervt.

Damit verschwindet ihre seriös, eindringliche Art sofort und sie klatscht aufgeregt in die Hande.

"Jayyyyy. Du kannst kommen. Sie rückt endlich mit der Sprache raus."

Erneut verdrehe ich die Augen.

Jayden war sich sicher, dass Lynn nicht eher aufgeben würde, bis ich den Mund öffnen würde und hat mich deshalb hier allein mit dieser Nervensäge gelassen ohne auch nur im geringsten Rücksicht auf meinen armen Kopf zu nehmen, der nun kurz  vorm explodieren ist. Und nein, ich bin nicht dramatisch.
 
Dieser kommt aus seinem Schlafzimmer gestolpert und setzt sich neben seine Schwester.

Beide schauen mich nun erwartungsvoll an.

Na warte. Wie du mir so ich dir.

"Ich bin schwanger. Er ist der Vater."

Bedeutsam pausiere ich meine Lüge und entfalte jedes Stück Schauspieltalent, welches in mir schlummert und beginne zu schluchzen.

Die Zwillinge, welche mir mein Geschwindel abzukaufen scheinen, reißen ihre Augen weit auf, sodass ich Angst habe, dass sie jeden Moment herauspurzeln könnten.

Okay Jolina, nicht lachen!

Ich streiche mir eine nicht vorhandene Träne weg und schluchze weiter.

"Es war ein One-Night-Stand und jetzt hat sein Management das hier arrangiert.", dabei deute ich auf das Magazin mit Luke auf dem Titelblatt, welches auf dem Couchtisch liegt.

"Ach du scheiße!"

"Heilige Mutter Theresa!", erwiedern die beiden.

Jay rauft sich verzweifelt durch die Haare.  

Aufgrund der völlig schockierten Gesichter, die mir entgegen blicken, kann ich mich schlussendlich nicht mehr zusammenreißen und pruste los.

Verdattert starren mich beide an. Lachend falle ich vom Sofa und halte mir am Boden den Bauch, der durch den Lachflash bereits zu schmerzen begonnen hat.

Ein Schlag gefolgt von einem nächsten, lässt mein Lachen langsam verebben.

Mit tränigen Augen schaue ich in zwei zornige, aber zugleich erleichterte Gesichter. Erneut schlägt mich Lynn auf den Oberarm.

"Jooo", quengelt sie, "ich hatte gerade einen Herzinfarkt. Also nicht, dass ich was dagegen hätte die Tante eines berühmten, kleinen Babys zu sein, aber ich bin viel zu jung."

"Tu das nie wieder, außer es ist in zehn Jahren oder so!", fügt auch Jay hinzu, der sich langsam zu erholen scheint.

Lachend schüttel ich den Kopf.

"Keine Sorge. Das wird niemals passieren. Das mit Kindern und so überlasse ich Lynn und Brian.", zwinker ich in ihre Richtung.

Lynn läuft rot an.

"Ihr hättet mal eure Gesichter sehen sollen. Ich kann nicht fassen, dass ihr mir geglaubt habt."

Erneut verfalle ich in ein schallendes Gelächter.

Beide schieben die Unterlippe vor und maulen zur gleichen Zeit, dass ich doof sei. Ich schwöre,  Zwillingthelepathie existiert wirklich.

Ich stehe auf. Ich könnte gerade wirklich eine Banane mit einer fetten Schicht Nutella darum gebrauchen.

Lynn jedoch zieht mich am Handgelenk zurück auf das Sofa.

"Netter Versuch, Jo."

Sie schüttelt belustigt den Kopf.

"Die Wahrheit. Jetzt. Sofort."

"Aber ich habe Hunger!", schmollend lege ich einen leidenden Gesichtsausdruck auf.

"Ich bestelle danach Pizza und Ben&Jerry's und jetzt erzähl.", wirft nun auch Jay ein.

Funkelnd starre ich ihn an. Das ist Bestechung und dazu noch eine ganz miese Masche.

Ich erzähle ihnen also alles von Anfang bis Ende. Von der Begegnung im Fluugzeug, bis zu der im Flugzeug. Mit Lynn als Zuhörerin, darf selbstverständlich kein Detail ausgelassen werden.

Was tut man nicht alles für Pizza und Eiscreme.

Als ich fertig endlich war, den beiden alles zu berichten, herrscht einige Zeit beängstigende Stille.

Sie sind doch nicht etwa sauer oder?

Die Gesichter der Zwillinge sehen jedenfalls nicht sauer aus. Jayden's spiegelt irgendwie Verständnis wieder, so als ob jetzt alles Sinn ergeben würde. Lynn's hingegen kann ich nicht deuten. Ihre gesamte Körperhaltung macht jedoch den Anschein, als würde sie angestrengt über mein eben Gesagtes grübeln.

"Ich wusste doch, dass ich den Typ aus dem Flugzeug irgendwoher gekannt habe.", murmelt sie beiläufig ohne uns anzuschauen und immer noch tief in ihren Gedanken versunken.

Jetzt, wenn ich mal ganz realistisch zurückdenke, ist es echt erstaunlich, dass sie damals nicht vollkommen ausgerastet ist. Ich meine, ich kannte das Arschloch noch nicht (was jetzt ja leider nicht mehr der Fall ist), aber sie ja anscheinend schon.

Sie runzelt die Stirn.

"Warum hast du Nein gesagt?"

Ungläubig schaue ich sie an. Redet sie von dem Fake-Freundin-Angebot?

"Die Frage ist so daneben, die beantworte ich gar nicht erst."

Kindisch streckt sie mir die Zunge entgegen. Im nächsten Moment fängt sie ganz plötzlich an zu quieken und zu kreischen. Alles klar, der Schalter in ihrem Kopf scheint sich endlich umgelegt zu haben. Achtung, Achtung dies ist eine Warnung: Fangirlalarm!

"Oh mein Gott, ich kann nicht glauben, dass meine beste Freundin die Freundin von Luke Blackburn ist."

Arghh. Ich gebe auf! Sie hört auch nur das, was sie hören will.

"Nein, bin ich nicht. Das versuche ich dir doch schon seit Stunden einzutrichtern und jetzt ist das Thema beendet."

Mein Blick schweift zu Jayden neben ihr.

"Und jetzt zu dir Mister. Warum hast du noch kein Telefon in der Hand? Ich sehe dich nicht Pizza bestellen. Hopp hopp."

Unterstützend klatsche ich dabei in die Hände.

"Und vergiss nicht mein Ben&Jerry's."

Jayden verdreht die Augen, steht aber auf, um sein Handy zu holen.

"Aber eine große Portion!", rufe ich ihm hinterher.

"Ich leg schon mal 'Club der toten Dichter' ein"

Ich höre Jay nur noch seufzen, bevor er in seinem Zimmer verschwindet.

Immerhin hat sich mein Film und Wille am Ende des Tages durchgesetzt!

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