Kneif mich mal!
Wir waren wieder bei Sam. Den ganzen Rückweg hatte keiner mit mir gesprochen. Lag vermutlich auch daran, dass sie noch Wölfe waren. Allerdings hatte sich das trotz Rückverwandlung noch nicht geändert. Wir waren alle im Esszimmer versammelt. Die Meute auf der einen Seite des Tisches über den hinweg sie mich entweder ratlos oder genervt ansahen. Oder wohl eher starrten. Meinen Lachanfall hatte ich irgendwie überstanden. Sam hatte mich mit sich geschleift. Und das meine ich wörtlich. Mein linker Oberarm tat ziemlich weh und würde vermutlich morgen in allen Farben schillern. Vorher hatte er aber noch den Cullens mit vor Wut knirschenden Zähnen zu gezischt „Wir kümmern uns drum!" Das hatte mich erneut zum Lachen gebracht. Als wenn Sam das regeln könnte... dazu müsste man doch erst mal wissen, was überhaupt mit mir passiert war. Das wusste ich ja noch nicht mal selbst.
Plötzlich hatte ich einen Geistesblitz. Was wäre eigentlich, wenn ich bei meinem Sturz von der Klippe eine Kopfverletzung erlitten hätte und nun im Koma lag. Wer weiß denn schon, was bei Komapatienten so im Kopf ablief? Das war's! Ich muss nur aufwachen! Im Traum klappt das doch immer mit kneifen oder so. Meine Erkenntnis musste deutlich auf meinem Gesicht zu sehen sein. Sam runzelte schon die Stirn, als befürchtete er Schlimmes und riss überrascht die Augen auf, als ich mir ziemlich fest in den Oberarm kniff. Was viel mehr weh tat, als erwartet, da ich die Prellungen von Sams Griff vergessen hatte.
„AU!!" gefolgt von Flüchen sprudelte aus meinem Mund. „Bist du jetzt total durchgeknallt?" brüllte Sam, der anscheinend mit allem aber nicht mit meiner Selbstgeißelung gerechnet hatte. Oder dem Fluchen? Anstatt zu antworten, sagte ich „Kneif mich mal!" und hielt ihm meinen rechten Arm hin. Verwirrt starrte er mich an. Mir fiel ein, dass es auch gar nicht die Lösung sein konnte, denn dann hätte mich sein Zangengriff von vorhin ja auch schon „wecken" müssen. Resigniert ließ ich den Arm sinken. „Dann nicht, bringt ja eh nichts." sagte ich traurig und ich verschränkte meine Arme auf dem Tisch, vergrub mein Gesicht darin und fing an zu heulen.
Nur am Rande merkte ich, wie sich nach und nach, einer nach dem anderen verabschiedete. Dann hörte ich, wie Sam die Treppe nach oben ging. Weinerlich bedauerte ich mein Schicksal und hörte gar nicht, wie er wieder die Treppe runterkam. Völlig unvermittelt hob Sam mich hoch, nahm mich wie ein kleines, heulendes Kind auf den Arm und trug mich nach oben. Dort brachte er mich in ein Zimmer, in dem Emily gerade ein Bett frisch bezog. Ich schämte mich für meine Tränen, die gar nicht aufhören wollten, und war dankbar, dass keiner von beiden mehr irgendwas fragte oder motzte oder sonst etwas von mir wollte. Als das Bett fertig war, legte mich Sam vorsichtig auf die Matratze. Ich rollte mich ganz klein zusammen und Emily deckte mich zu. Sie blieb auch noch einen Moment bei mir, nachdem Sam schon gegangen war, und strich mir tröstend über den Rücken. Irgendwann nach vielen Tränen dämmerte ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
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