Entsetzen

Ein Geräusch ließ mich aus dem Schlaf hochfahren. Im ersten Moment wusste ich nicht genau, wo ich war. Ich bemühte mich ruhig zu atmen und sah mich um, im diffusen Licht, das durch die dichten Vorhänge sickerte, erkannte ich die vertrauten Umrisse der Möbel. Ich war zuhause. Ich war zuhause? Wie war das möglich?

Die Tür ging auf und meine Mutter schaute rein.

„Guten Morgen, Süße, Frühstück ist fertig, kommst du runter?"

Ich sprang aus dem Bett und fiel ihr um den Hals „Schön, dass du da bist." nuschelte ich in ihr Haar. Ich konnte nicht verhindern, dass mir Tränen über die Wange liefen.

„Alles in Ordnung, mein Schatz?" ein wenig irritiert strich mir über Kopf und Rücken.

„Du weinst ja! Was ist denn mit dir?" sie klang ein wenig erschrocken.

„Alles in Ordnung, Mum, es ist alles okay." lächelte ich sie an, „Ich komm gleich runter."

Sie sah mich noch einen Moment an, als ob sie überlegte, ob sie mir glauben könnte, dann sagte sie „Gut.Dann bis gleich." und ging zur Treppe. Ich sah ihr noch kurz hinterher, dann drehte ich mich zu meinem Zimmer um.

Als ich die Treppe herunter kam, hörte ich schon die Gespräche meiner Familie. Tom und Chris alberten wie immer rum und ich hörte das Rascheln der Zeitung meines Vaters. Solange hatte ich es nicht gehört und trotzdem kam mir alles ganz vertraut vor. Der Tisch war so wie immer gedeckt, als ich mich daran nieder ließ. Hätte ich keine Ohren, hätte ich im Kreis gegrinst.

„Wie geht es Seth?" fragte meine Mutter und stellte Kaffee auf den Tisch.

„Ja wie geht es Seth?" Chris grinste und stieß mit seinem Ellbogen Tom in die Seite. Doch ich war zu verwirrt um es wirklich mitzubekommen.

„Ich.... ähm... gut schätze ich."

„Richte Sue einen schönen Gruß aus, wenn du später zu ihm gehst, ja? Und bedank dich für den Kuchen." vollkommen verständnislos starrte ich sie an. Das konnte doch nicht sein? Wieso wussten sie von Seth, aber als ich damals zu unserem Haus laufen wollte, war es doch nicht da? Irgendwas stimmte hier nicht, aber bevor ich reagieren konnte, bat mich Mum Milch aus dem Keller zu holen. Wie fremdgesteuert stand ich auf und ging zur Kellertür. Als ich sie grade erreicht hatte, breitete sich eine merkwürdige Stille aus. Mir lief eine Gänsehaut langsam den Rücken rauf und ich drehte mich wie in Zeitlupe um.

Ich sah direkt in Aros kaltes Lächeln. Seine Augen funkelten in einem leuchtenden Rot.

Hinter ihm sah ich wie die Körper meiner Familie leblos in ihren Stühlen hingen. Meine Kehle zog sich zu, ein gequältes Stöhnen entfuhr mir.

„Mit uns legt sich niemand an." sagte er in einem absurd freundlichen Ton „Wir finden dich, egal wo du bist . . . . und natürlich auch alle, die du liebst." Sein Lächeln wurde unerträglich. Panisch fing ich an zu schreien, während mir sein Lachen in den Ohren weh tat. Ich merkte, wie mich jemand versuchte festzuhalten, während ich schrie und um mich trat und schlug.

„Tracy, beruhig dich." hörte ich Seth Stimme. Meine schreckgeweiteten Augen starrten in entsetzt an, als ich versuchte zu begreifen, dass Seth und nicht Aro vor mir war. Mein Hirn weigerte sich die Information zu verarbeiten, stattdessen fing ich an zu weinen und ließ mich von Seth in die Arme nehmen. Ein scheinbar endloser Strom von Tränen quoll aus meinen Augen. Ständig überkam mich ein neues Schluchzen, wenn ich erneut von den Bildern meiner Familie überwältigt wurde. Ich wusste nicht wie lange wir so da saßen, nur, dass Seth mich nicht ein mal losließ und mich hielt, nahm ich wahr. Und irgendwann beruhigte ich mich so weit, dass ich aufhörte zu weinen. Dennoch blieben wir noch eine ganze Weile so sitzen. Wir waren natürlich im Reservat in Sues Haus. Anscheinend hatte ich geträumt, denn wir waren in meinem Zimmer und saßen auf meinem Bett. Eigentlich saß nur Seth, während ich zusammengekauert in seinen Armen lag. Sanft strich er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, zog mich zu sich heran und küsste die letzten Tränen von meinen Wangen. Ich schlang meine Arme um ihn und vergrub mein Gesicht an seiner Halsbeuge. Mir war immer noch elend zumute, aber es überwältigte mich nicht mehr. Endlich fand ich auch meine Stimme wieder, auch wenn sie sehr heiser klang: „Meine Familie. Ich werde sie nie wieder sehen. Ich werde nicht einmal erfahren, ob es ihnen gut geht. Sie fehlen mir. Und ich mache mir Sorgen um sie." Seth schaute mich kurz an. Er genau so wie ich, wussten das es nichts gab was er sagen könnte, was es besser machte, denn das gab es nicht.

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