°•° Stroh und Späne °•°
Ein unablässiges Klopfen drang an Sveas Ohren. Unruhig wälzte sie sich von einer Seite zur anderen und versuchte, die Arme so über den Kopf zu legen, dass sie dieses nervige Geräusch nicht länger ertragen musste. Schließlich gab Svea auf und öffnete die Augen. Überrascht stellte sie fest, nicht mehr auf dem Hocker in der Küche zu sitzen, sondern auf ihrem Strohbett, zugedeckt mit einer alten Stoffdecke, zu liegen. Ána musste sie hier her gebracht haben.
Und da war immernoch dieses Klopfen... Svea drehte ihren Kopf auf die andere Seite und suchte den kleinen, bis auf eine Kommode leeren, Raum ab. Ihr Blick fiel fast sofort auf das kreisrunde Fenster in der Wand. Von Außen war sich etwas Kleines immer und immer wieder dagegen.
Stirnrunzelnd schlug das Mädchen die Decke zur Seite, streckte kurz die Arme und Beine aus und schlich auf das Fenster zu. Erschrocken fuhr sie zurück. Dieses Wesen da draußen war ein Dúnac! Dúnacs waren unglaublich seltene dämonisch gesinnte Wesen. Einige Menschen behaupteten, sie seien kleine manipulierende Teufel.
Trotz allem, was Svea schon über die Biester gehört hatte, fiel es ihr schwer, zu glauben, dass diese Kreatur da draußen ihr etwas antun könnte. Ohne darüber nachzudenken, was sie tat, öffnete Svea das Fenster.
Der Dúnac hielt inne. Aus tiefschwarzen Augen starrte das geflügelte Wesen sie an, bevor es mit einem Zischen in Sveas Zimmer schoss.
Über die Schnelligkeit des Dämons verwundert, starrte ihm das Mädchen mit offenem Mund hinterher. Sie war nicht in der Lage, irgend etwas anderes zu tun, als zu schlucken, während der Dúnac begann, ihr Bett in seine Einzelteile zu zerlegen. Er riss den groben Stoff, welcher den Körper von einfachem Stroh trennen sollte und wühlte sich durch das Bett hindurch.
Erst als ein Strohbüschel nach dem anderen auf Svea katapultiert wurde,erwachte sie aus ihrer Starre und stürzte auf die Überreste ihres Bettes zu.
Überall im Zimmer verteilt, lag trockenes Stroh. Sogar die Kommode platze bald aus allen Nähten.
Dort, wo das eigentliche Bett noch vor wenigen Augenblicken gestanden hatte, lag nun nur noch ein Haufen zerfetzten Stoffes, in dessen Mitte ein kleines rotschuppiges Wesen saß und teilnahmslos an einem Strohhalm kaute.
Svea wollte schreien. Schreien über diesen Dúnac, über ihre eigene bodenlose Dummheit und die Aussicht, die nächsten paar Tage auf dem Boden schlafen zu müssen.
Sie hätte auch geschrien, wären da nicht Ána und ihr Vater gewesen, der von Nichts und Niemandem gestört werden durfte.
Wütend starrte sie den Dämon auf ihrem Laken an. Ihn jedoch schien das nicht weiter zu beeindrucken, er hatte sich zu einer feuerroten Kugel zusammen gerollt und beobachtete Svea ohne jegliches Interesse, noch immer auf dem Strohhalm kauend.
Frustriert begann das blonde Mädchen den gröbsten Teil des Stoffes mit den Händen zusammen zu sammeln und auf einen Haufen zu kehren. Nachher würde sie noh einmal mit dem Besen hier durchfegen, aber erstmal musste sie etwas gegen ihren ungebetenen Gast tun.
Überraschend fuhr Svea auf die groben Stoffe ihrer Bettwäsche herab und versuchte den Dúnac an den Flügeln zu packen. Alles, was sie zu fassen bekam, warend jedoch lediglich ein paar Strohhalme. Verwirrt schaute sie sich in der kleinen Kammer um. Weit konnte er ja nicht gekommen sein oder?
Nach einigen Sekunden des hektischen Hin und her blicken entdeckte Svea den zackigen Ansatz einer roten Schwanzspitze hinter der Kommode. Jetzt hatte sie ihn ganz sicher, er würde ihr nicht mehr entkommen können. Auf Zehenspitzen schlich sich das Mädchen leise an das Tier heran, darauf bedacht, es dieses Mal besser zu machen, als zuvor. Doch nur einen Wimpernschlag und das gefährliche Knarzen der Kommode später, war die Schwanzspitze erneut verschwunden.
Dafür begann es, in der Kommode zu rumoren. Erst begann sie sachte hin und her zu wackeln, dann immer heftiger und lauter. Verzweifelt versuchte Svea die Kommode auf dem Boden zu halten, was ihr kläglich misslang.
Durch einen starken Windstoß wurde sie zurück geworfen und prallte mit voller Wucht gegen die Zimmerwand, welche danach einige Risse mehr aufzuweisen hatte. Benommen richtete Svea sich auf und zog ihren Körper an der Wand hinauf. Ihr Kopf dröhnte, als wäre ein wütender Wespenschwarm in ihm gefangen. Sie führte die linke Hand zu ihrem Schädel und berüherte ihn vorsichtig. Mit einem schmerzerfüllten Zischen zog Svea sie wieder zurück. Dass diese Biester so machtvoll waren, hatte sie nicht gedacht.
Zitternd tastete Svea nach der Türklinke, welche sie glücklicherweise recht schnell gefunden hatte. Mit einem Quietschen schwang die Tür nach Aussen auf und riss Svea welche immer noch die Klinke umklammerte, taumelnd mit sich.
In Sekundenschnelle drehte sie sich um die eigene Achse und drückte die Tür mit einem lauten Aufprall, der diese fast aus den Angeln warf, gegen den Türrahmen.
Der Dúnac durfte auf keinen Fall auch noch den restlichen Teil des Hauses erkunden, denn wenn er dies tun würde, gäbe es hier bald nichts mehr außer einem Haufen Stroh und Späne.
Vielleicht hatte Svea Glück und das Ungeheuer hatte, wenn sie wieder zurück kam, bereits das Weite gesucht, doch sie wagte nicht, fest damit zu rechnen. Viel wahrscheinlicher war es, dass auch die Decke noch herunter kommen und das Erdgeschoss unter sich begraben würde.
Jetzt jedoch, brauchte Svea erstmal etwas Kühles für ihren Hinterkopf, sonst war dieser zu gar nichts mehr zu gebrauchen. Erneut zog Svea zischend Luft durch die Lippen und biss die Zähne zusammen. Angestrengt versuchte sie nachzudenken, wo lang es in die Küche ging. Gerade aus oder doch eher die Treppe hinunter?
Sie war sich nicht vollkommen sicher, aber nach unten zu gehen erforderte im Augenblick die wenigste Anstrengung. Taumelnd machte sich Svea an den Treppenabstieg.
Stück für Stück arbeitete sie sich, die Finger fest um das kühle Geländer gelegt, weiter nach unten vor. Die Stufen erschienen endlos, als würden immer wieder neue unten angebracht werden.
Nach einer Ewigkeit erreichte Svea endlich den Fuß der Treppe und fand sich in der kleinen Küche wieder. Ána war nicht da, vielleicht war sie zum Markt gegangen oder bei ihrem Vater.
Svea stützte erschöpft die Hände auf den Tisch und schaute sich mit suchenden Blicken nach dem Wassertrog um. Neben dem Kamin fand sie ihn schließlich und konnte gar nicht schnell genug auf ihn zu springen. Umso mehr stuzte Svea, als sie den Trog erreichte, dieser ohne Vorwrnung zu schwanken begann und auf dem Boden in tausend Teile zerschellte. Das ganze Wasser ergoss sich vor ihren Füßen und floss in die kleinen Ritzen der Bodendiehlen hinein.
Langsam richtete sich Sveas Blick auf den Kaminsims zu ihrer Rechten und erstarrte beim Anblick der kleinen tyrannischen Dämonenkreatur.
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