°•° Küchenkämpfe °•°













Wie erstarrt haftete Sveas Blick auf dem Dúnac. Wie hatte dieses teuflische Wesen es geschafft aus ihrem Zimmer zu fliehen?
War es aus dem Fenster geflogen und durch die Tür wieder hinein gekommen oder ihr direkt aus dem Zimmer gefolgt?
Nein, das konnte nicht sein, schließlich hatte Svea die Tür vorhin ganz sicher hinter sich geschlossen und da hatte das Ungetüm noch auf den Überresten ihres Bettes gelegen. Langsam dämmerte dem Mädchen, dass es vollkommen egal war, wie der Dämon ihr gefolgt sein konnte. Alles was jetzt zählte war, diesen Plagegeist ein für alle Mal los zu werden. 

Der Wespenschwarm in Sveas Kopf hatte sich offenbar nach draußen, in den Wald verflüchtigt, denn sie fühlte keinen Schmerz mehr. Auch kein Gefühl der Beunruhigung oder Verzweiflung beschlich sie länger.
Alles, was Svea fühlte, war Wut. Ein, bis zum Rand gefülltes Fass Wut, dass bei der kleinsten Bewegung überschwappen und sie zum Ausrasten bringen konnte. Ohne, dass sie es überhaupt merkte, ballte Svea ihre Hand zur Faust. Ihre Fingernägel gruben sich tief in ihr Fleisch und die Knöchel begannen, weiß hervorzutreten. Den Dúnac schien ihre Reaktion auf sein plötzliches Erscheinen nicht im geringsten zu beeindrucken. Im Gegenteil, er lag mit ausgestreckten Flügeln und einer Klaue auf dem prallen Bauch, teilnahmslos auf dem Sims und betrachtete den alten Holztisch hinter Sveas Rücken. Keinen Wimpernschlag später sauste Sveas Faust auf das Monster hinab und hätte es sicher auch getroffen, wäre nicht in diesem Moment die Haustür aufgerissen worden. 

Augenblicklich kehrten die Gefühle des Mädchens zurück. Alle auf einmal brachen sie auf Svea ein und zwangen sie fast in die Knie. Diese Kreatur auf dem Kaminsims hatte sie zum Verzweifeln gebracht und an ihre Grenzen gestoßen, auch der Wespenschwarm hatte sich wieder in ihrem Kopf eingenistet und summte unheilbringend vor sich hin.

"Svea?" fragte Ána ungläubig und ließ die Tür hinter sich ins Schloss gleiten.
Langsam öffnete Svea ihre Faust wieder und sah zu, wie das Blut nach und nach, den Weg in ihre Hand zurück fand. Sie schüttelte diese kurz aus, die Schmerzen in ihrem Kopf ignorierend und wandte sich zu ihrer Schwester um. 

Ána blickte sie noch immer fragend an und stellte einen prall gefüllten Korb, mit Einkäufen vom Markt vor sich auf den Küchentisch. Gerade wollte sie Kräuter, die sie in Suriéls Gewürzladen erstanden hatte, auf dem dunklen Holz ablegen, als sie mitten in der Bewegung erstarrte.
Ánas Blick war auf den, mittlerweile schlafenden, Dúnac hinter Svea gerichtet.
Ihre Augen weiteten sich gefährlich, so, dass Svea Angst bekam, sie würden aus den Höhlen treten und sich selbstständig machen.

"Ist das ein Dúnac?" fasste Ána sich wieder. Sie ließ die Kräuter so leise wie möglich auf den Tisch sinken und trat ein paar Schritte zurück, bis ihre Hände die Tür ertastet hatten. Svea nickte mit verkrampften Gesicht. "Ich versuche gerade, ihn einzufangen." Ána reagierte nicht auf Sveas Worte sondern starrte das, so friedlich schlafende Wesen einfach nur an. "Wie ist er hier her gekommen?" fragte sie endlich, eine Hand bereits fest um den Türknauf gelegt.

Ána hatte riesige Angst vor Allem, dem jemals, auch nur in geringster Weise nachgesagt wurde, es hätte etwas mit dem Teufel zu schaffen. Svea hatte Ánas Angst bemerkt und überlegte, wie sie, ohne ihre Schwester zum Schreien zubringen, ihre Frage beantworten konnte.

"Er ist, nur wenige Augenblicke, bevor du zurück gekommen bist, durch das offene Fenster hinein geflogen", entschied sie sich, zu lügen. Ána nickte und eine Spur der Erleichterung zog über ihr kindliches Gesicht. "Ein Glück, dass er nicht in die oberen Stockwerke vorgedrungen ist. Gott weiß, was er dort angestellt hätte. Ein Stechen zog durch Sveas Magengegend, welches fast noch schmerzhafter war, als ihre Kopfschmerzen. Sie hasste es, ihre Schwester anzulügen, das war, als würde sie einen Teil ihrer Selbst betrügen. 

"Er hat sich bewegt!" kreischte Ána leise auf und deutete erschrocken auf den Dúnac.
Svea fuhr herum und sah, wie das rote Ungetüm sich wieder aufrecht hinsetzte und die beiden Schwestern aus wachsamen schwarzen Augen beobachtete. 

"Wir- wir sollten ihn so schnell wie möglich einfangen-"
"Das geht nicht. Ich habe es schon zweimal versucht, sogar aus meinem Zim-Zimoliumkrug ist er entkommen!" unterbrach Svea Ána und hoffte, dass diese vergessen hatte, dass besagter Zimoliumkrug seit zwei Jahren spurlos verschwunden war. "Natürlich ist das möglich", murmelte die jüngere Schwester aufgebracht und lief, ohne den Dúnac aus den Augen zu lassen, unablässig hin und her. "Und wie stellst du dir das vor?" fragte Svea und ein leiser Triumph schwang in ihrer Stimme mit. "Dieses Biest lässt sich von Niemandem so leicht wegsperren."

Ána blickte unschlüssig von ihrer Schwester zu der kleinen dämonischen Kreatur.
Plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf und ein Lächeln deutete sich auf ihren Lippen an. "Erinnerst du dich an den kleinen dunklen Laden, hinten an der Mauergasse? Den Laden für Magieartikel aller Art?" Ánas Augen begannen zu leuchten. 

Früher, hatte Mutter sie immer mit dort hingenommen. Natürlich erinnerte Svea sich daran, schließlich hatte sie den Laden geliebt!
An ihrem zwölften Geburtstag hatte sie sich dort ein magisches Armband kaufen dürfen, das zu jeder Zeit ihre Gefühlstemperatur messen konnte.
Nur wenige Tage später war ihre Mutter dann gestorben...
Zitternd schob Svea den Gedanken zurück, dort hin, wo er hergekommen war und konzentrierte sich wieder auf Ána.
Langsam nickte sie.
"Ja, natürlich erinnere ich mich. Du meinst, dort könnten wie Hilfe bekommen?"

"Ja!" Ána nickte erfreut. "Ich denke schon. Aber vorher müssen wir ihn trotzdem noch fangen und provisorisch irgendwo festhalten, damit er nicht ins restliche Haus entwischen kann." Gemeinsam räumten die Schwestern, Stück für Stück, den vollbeladenen Tisch frei, damit die Lebensmittel nicht zu Schaden kommen konnten. Ána versicherte sich, dass alle Fenster fest verschlossen waren und positionierte sich dann vor dem Treppenfuß, damit der Dúnac nicht nach Oben entfliehen konnte. 

Auf ein unauffälliges Handzeichen ihrer Schwester, pirschte Svea sich langsam, so nah wie möglich an den, schon wieder schlafenden Dúnac heran.
Wie eine Harpune schoss ihr Arm hervor und schloss sich um den Leib der kleinen Kreatur. Für einen Moment glaubte Svea, den Dúnac überwältigt zuhaben, doch dieser gab sich nicht so leicht geschlagen. Flink wand er sich aus Sveas hohler Hand heraus und glitt auf sanften Schwingen hinüber zur Wohnungstür.

Svea stürzte ihm nach, sprang und hangelte sich bis zu ihm vor und erreichte ebenfalls, jedoch außer Atem, die Tür. Der Dúnac, welcher es sich auf dem Türrahmen bequem gemacht hatte, betrachtete Svea nur gelangweilt, während sie japsend und schnaufend versuchte, ihn mit der Hand von dort oben hinunter zukehren. Umso überraschter war das Mädchen, als er sich plötzlich aufrichtete, an den Rand des Rahmens trat und direkt in ihre, vor Verwunderung, ausgebreiteten Arme fallen ließ. Nur für einen kurzen Moment betrachtete sie das Wesen in ihren Armen verständnislos, dann drehte sie sich auch schon um und lief, um den Küchentisch herum, auf Ána zu, die sich bereits eine große Dose geschnappt hatte und sie offen in ihre Richtung hielt. Svea ließ den Dúnac hineingleiten und nur Sekundenbruchteile später, war die Dose fest von einem Deckel verschlossen. Mit einem Messer bohrte Svea, noch immer außer Atem ein paar Löcher in die Dose und ließ sich dann neben Ána auf einen Küchenstuhl sinken. 

"Lass uns so schnell wie möglich zu diesem Laden aufbrechen, ich möchte ihn ungern da drin behalten", murmelte Svea und betrachtete die Dose vor ihrer Nase eingehend. Ána nickte nachdenklich. "Aber findest du es nicht auch merkwürdig, dass sich die Dose noch kein einziges Mal bewegt hat?"

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