35. Auf der Flucht


Winter Soldier

Bucky. Wer war Bucky? In meinen Augen ergaben die Worte, die Malias Mund verließen, kaum Sinn. Sie erzählte mir diese Geschichte über einen Soldaten, wie er sie rettete, wie er von HYDRA gefangen genommen worden war und dass dieser Soldat ich sein sollte, doch es ergab einfach keinen Sinn. Es war als würde sie einen Scherz machen, doch dafür wirkte sie zu aufgelöst, zu ernst und Haare raufend konnte ich nur da stehen, immer wieder den Namen laut aussprechen, den Kopf schütteln. Ich war Bucky. Ich war ein Soldat im Krieg gewesen, hatte einen besten Freund gehabt, kannte Malia... Elena seit sie ein Kind war. Nein, es klang zu verrückt, zu absurd und doch war es so, als würde eine Stimme in mir drinnen mich regelrecht anschreien ihr zuzuhören, dem Glauben zu schenken, was Malia... Elena da erzählte. Ich dachte an den Moment zurück, wo ich sie gewürgt hatte, wie sie mich Bucky genannt hatte und genauso erinnerte ich mich an meine eigenen Träume zurück. Träume, in denen es um ein Mädchen Namens Elena ging, Träume, die mich so oft schon heimgesucht hatten. Das alles konnte doch unmöglich wahr sein.

Verzweifelt von der Hilflosigkeit in mir, dem Chaos in meinem Kopf, schmiss ich den Tisch neben mir um, schrie laut auf, vergaß kurz, dass Malia, oder wie auch immer ich sie nun nennen sollte, noch da war, doch in meinem Kopf fing es an unerträglich laut zu werden. Ich bildete mir ein in der Ferne Bomben hochgehen zu hören, das Heulen von Kindern zu vernehmen. Immer wieder sprach jemand meinen Namen aus, den Namen, der angeblich meiner sollte, der mit jedem neuen Erklingen vertrauter wirkte und doch wollte ich nur noch, dass es aufhörte. Schmerzvoll schrie ich gepeinigt auf, sank auf meine Knie und raufte mir weiter die Haare, bis mir wieder andere Dinge einfielen. Die Augenblicke, in denen ich Stark und Will getötet hatte, beide hatten etwas in mir erkannt gehabt. Beide hatten sie mich mit einem Namen angesprochen, der nicht meiner war, als ob ich wirklich einst ein richtiger Soldat gewesen wäre und die Erkenntnis, dass Malia womöglich die Wahrheit sprach, brachte mich letztendlich dazu wieder zu verstummen, als zeitgleich jedoch die Türe auf krachte und mehrere Wachen hereingestürzt kamen.

„Bringt das Mädchen weg, er muss ruhig gestellt werden!", rief einer von ihnen aus und augenblicklich richtete ich meinen Blick bei dessen Worte auf Malia, sah wie sie mich verzweifelt und fast schon panisch ansah, die Kette um ihren Hals dabei feste umklammert hielt, als es da plötzlich bei mir Klick machte. Ich sah vor mir meinen Vater wieder, wie er mir diese Kette einst geschenkt hatte, die Kette, die aus seiner Zeit im Ersten Weltkrieg stammte und mit dieser Erinnerung verbunden, fielen mir ein Haufen an Dingen wieder ein. Ich sah den Krieg bildlich vor mir, all die Toten, all das Chaos, sah einen dürren, kleinen Jungen vor mir, wie er in einer Gasse verprügelt wurde, sah einen Zug und einen nie endenden Abgrund in den ich schließlich hineinfiel. Ich hörte Fetzen aus längst vergangenen Gesprächen wieder, hörte erneut wie jemand meinen Namen rief, hörte Schüsse, sah Zolas Gesicht, vernahm meine eigenen von Schmerzen geplagten Schreie, ehe ich in ein Paar Augen sah, das schöner war, als alles, was ich je zuvor gesehen hatte, das so schön war, das ich zu Atmen vergaß, das mein Leben widerspiegelte, mich sicher fühlen ließ. Elenas Augen.

„Elena?", rief ich verzweifelt aus, als die Wachen diese wegbringen wollten, doch das konnte ich nicht zu lassen. Diese Leute dürften sie nicht anfassen, sie sollten keinen von uns mehr anfassen!

„Wir haben hier ein gewaltiges Problem, geht Juri Bescheid geben!", schrie einer der Wachen schockiert, als ich Malia mit ihrem richtigen Namen ansprach und ich selbst erkannte da, dass ich einen Fehler begangen hatte, sie in Gefahr gebracht hatte, dass ich nur gerade vor allen zugegeben hatte, mich wieder zu erinnern.

„Nein", hauchte ich, wollte etwas unternehmen, wollte von hier weg, wollte mit ihr zusammen von hier weg, ich musste es einfach, irgendwas stimmte hier nicht und wir beide mussten hier weg, doch als hätte man es geahnt, stürzten sich da drei Kerle auf mich, rangen mich zu Boden und hielten mich dort fest.

„ELENA!", schrie ich panisch, versuchte mich zu wehren, wollte zu ihr, während sie selbst zu Schreien angefangen hatte, aus dem Zimmer versucht wurde raus gezehrt zu werden.

„Ich liebe dich, Bucky. Ich liebe dich so sehr, du musst dich erinnern!", schrie sie mir ein letztes Mal zu, ehe sie aus meinem Blickfeld verschwand, ich ihre Schreie nur noch in den Gängen widerhallen hörte, wo ein einziges Chaos entstand. Immer mehr Leute schrien dort durch die Gegend, ich hörte Malia schrill aufschreien, als mehrere Schüsse ertönten, ich davon angetrieben nur noch stärker versuchte mich zu wehren, es schaffte einen von den Männern von mir zu schubsen, doch bevor ich den nächsten Mann auch von mir hätte kriegen können, war schon ein weiterer an mich herangetreten und verpasste mir da eine Spritze direkt in den Hals hinein, stellte mich so ruhig. Egal wie sehr ich auch versuchte gegen die Wirkung der Spritze anzukämpfen, ich schaffte es nicht, konnte nur immer wieder leise ihren Namen ausrufen, wollte zu ihr, wollte sie einfach retten, doch ich war nicht stark genug.



Meine Träume kamen mir nicht wirklich vor wie Träume. Sie waren nichts als ein chaotisches Bündel an Erinnerungen, die mir teilweise viele Fragen beantworteten und mich andererseits mit noch mehr zurück ließen. Es war unerträglich in ihnen jedoch gefangen zu sein, mehr und mehr zu verstehen, was man mir angetan hatte, was man Malia angetan hatte und es machte mich krank zu wissen, dass ich all die Zeit so ahnungslos gewesen war, diese Leute verteidigt hatte, für sie gemordet hatte, sie als Familie betrachtet hatte.

„Soldat, wach auf!" Murrend versuchte ich mich dem Befehl zu widersetzen, doch die Stimme von Pierce war lästig, ließ mich nicht in Frieden und gequält schaffte ich es schließlich aus meiner Traumwelt zu erwachen, in das Gesicht des in die Jahre gekommenen Mannes zu sehen, der angewidert zu mir hinab sah und fast sofort erinnerte ich mich wider an Malia, dass man sie sonst wohin gebracht hatte, dass dieser Mann mitverantwortlich für unser Leid war. Ich wollte ihn nur noch tot dafür sehen, ihm weh tun, doch leider schien es so, als wäre ich an mein Bett fest gekettet worden, während ich schlief.

„Wo ist sie?!", fragte ich wütend, versuchte mich los zu reißen, doch ich war noch zu geschwächt dafür.

„Das wird keine Rolle von nun an mehr spielen. Die Kleine hätte sowieso nicht mehr lange durchgehalten, also haben wir sie von ihrem Elend befreit", klärte Pierce mich mit einem dreckigen Grinsen auf und fassungslos sah ich ihn an, glaubte mich verhört zu haben.

„Von ihrem Elend befreit?", wisperte ich, spürte wie etwas in mir drinnen zerbrach, wie das Atmen mir unmöglich erschien, wie ich glaubte mich übergeben zu müssen, doch das konnte unmöglich die Wahrheit sein. Was hatten sie ihr bitte angetan?

„Sie ist tot, doch das sollte dich bald nicht mehr weiter bekümmern müssen", bestätigte Pierce meine dunkle Vermutung und ich kniff gepeinigt die Augen zusammen, versuchte die Tränen zurückzuhalten, die mir hochkamen, doch das konnte nicht wahr sein! Sie war nicht tot, sie konnte unmöglich tot sein. Ich schaffte es nicht einen Schmerzensschrei zurückzuhalten, schrie so laut, dass meine Stimme halb versagte, ehe mein Schrei in ein Schluchzen überging, das schließlich wieder zu einem Schrei wurde, einem Wutschrei jedoch.

„ICH WERDE DICH TÖTEN!", rief ich rasend vor Wut, wollte mich nur noch befreien und jeden töten, der für diese Organisation arbeitete, jeden töten, der ihr weh getan hatte, der uns das hier angetan hatte. Ich kam mir völlig hysterisch vor, so wie ich an meinen Fesseln zog, herumschrie, doch die Bilder, die ich mir ausmalte, sie waren grauenvoll. Die Vorstelllung, wie sie gestorben war, dass sie überhaupt gestorben war, es war zu unerträglich.

„Oh nein keine Sorge. Wir werden deinen Kopf gleich wieder in Ordnung bringen Sergeant Barnes und danach wird alles wieder in Ordnung sein und du wirst dich auch nicht mehr an deine kleine Freundin erinnern können", sprach Pierce mit bester Laune weiter, machte mich nur noch wütender damit, doch er konnte mir nicht erneut alles nehmen! Ich würde nicht zulassen, dass er mich vergessen ließ, dass er mich sie vergessen ließ! Ich würde es schon schaffen nicht zu vergessen, ich musste es einfach.




Malia

Einfach alles glich einem wahr gewordenen Albtraum. Die Schreie, die durch die Gegend hallten, die Art wie die Wachen mich packten und weg von Bucky zehrten, das ganze Chaos um uns herum, es war als wäre man mitten im Krieg gelandet. Alles, was hätte schief laufen können, war eingetroffen. Bucky erinnerte sich nicht komplett, HYDRA weiß Bescheid, ich würde sterben. Verzweifelt wollte ich mich jedoch doch nicht so einfach damit abfinden, wie ich es ursprünglich dachte, wehrte mich, schrie um mein Leben, schrie nach Bucky, was die Tatsache nicht besser machte ihn selber nur schreien zu hören, doch ich würde niemals wieder zu ihm können. Es war ausgeschlossen, dass sie das jemals wieder zulassen würden und das war es also gewesen. Meine letzte Erinnerung an ihn wäre es, wie er meinen echten Namen rief, von mehreren Wachen festgehalten wurde und ich würde wohl nur hoffen und beten können, dass er sich auch weiter erinnern würde, dass meine Worte gereicht hatten, so dass er es schaffen würde zu fliehen, wenigstens alleine hier herauskam, doch sonderlich zuversichtlich war ich dabei nicht.

„BUCKY!", schrie ich hysterisch weiter, heulte vor Schmerzen auf, als einer der Wache mich grob am Arm packte, weiter zog, bis da Schüsse ertönten und der feste Griff sich auch schon löste. Verschreckt blickte ich von dem nun toten Mann weiter zu keinem anderen als Ivan, der ein Gewehr in der Hand hielt und nun auch den zweiten Kerl erschoss, der mich festgehalten hatte, wirklich dabei war sein Leben hier zu riskieren.

„RENN!", rief er mir zu, als da schon das Feuer erwidert wurde. Schreiend rannte ich fort von alledem, hielt mir schützend die Hände über den Kopf, während Ivan mir nach eilte, dabei immer wieder andere Wachen erschoss, die selbst versuchten uns zu treffen.

„Ivan, wohin geht es raus?", fragte ich panisch, fühlte mich so orientierungslos, zwar wusste ich ungefähr, wo der Eingang mittlerweile war, doch bei allem was hier ablief, konnte ich nicht mehr klar denken, war viel zu verstört dafür. Für mich war das hier wie ein Flashback zum Krieg und es fiel mir verflucht schwer mich nicht heulend in eine Ecke zu verkrieche, weiter zu rennen, mich nicht von dem Trauma kaputt machen zu lassen.

„Lauf einfach gerade aus!", antwortete Ivan mir und blieb erneut stehen, um die anderen hinter uns aufzuhalten. Ich musste ja sagen, für sein Alter war er wirklich in einer Top Form. Ich selbst war schon völlig aus der Puste, kollabierte halb und hatte keine Ahnung, wie ich je entkommen sollte, es war unmöglich, doch für Ivan lief ich weiter, direkt jedoch in die Arme von anderen Wachen, die uns den Weg von vorne abgeschnitten hatten.

„IVAN!", schrie ich panisch, drehte mich um, um auf diesen zu zulaufen, weg von der Bedrohung, doch leider waren auf der anderen Seite des Ganges genauso viele neue Wachen aufgetaucht und bevor ich weit hätte kommen können, schmiss mich einer von ihnen schon mit voller Wucht zu Boden. Ich hörte einer meiner Rippen unter mir laut Knacken, spürte den grauenvollen Schmerz, genauso wie ich auch spürte, wie mir sämtliche Luft aus den Lungen gepresst wurde. Meine Welt fühlte sich kurz nicht mehr echt an. Ich hörte alles nur noch dumpf, spürte nur noch Schmerzen, glaubte zu ersticken und die Bilder vor mir, sie waren unerträglich anzusehen. Während ich völlig wehrlos auf dem Boden festgehalten wurde, schaffte es eine weitere Wache Ivan zu entwaffnen, schubste diesen ebenfalls zu Boden und ich wusste, dass es das jetzt gewesen war. Verzweifelt wollte ich seinen Namen schreien, wollte zu ihm, wollte irgendwas machen, doch mein Körper war viel zu verkrampft und so konnte ich nur mitansehen, wie mein einziger Freund an diesem grauenvollen Ort auf die Knie gezogen wurde, wo ihm schon eine Waffe vor die Stirn gedrückt wurde. Unkontrolliert liefen mir Tränen übers Gesicht, als er ein letztes Mal zu mir sah, mir ein trauriges Lächeln schenkte, irgendwas sagte, das ich nicht hören konnte, ehe er den Blick abwandte und ich in dem Moment wieder fähig dazu war zu reagieren, zu atmen, zu hören, als der Schuss ertönte, die Wand hinter ihm rot gefärbt wurde und mein Schrei schließlich durch die ganze Basis hallte. Ivan war tot. Er war wirklich tot und ich würde die Nächste sein.


#Lesenacht Teil 1


Aloha :) Doch etwas früher als eigentlich geplant. In etwa einer Stunde kommt das nächste Kapitel xx

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