31. Im Schnee
Mir war schwindelig, kotzübel und mein Körper fühlte sich an, als wäre ich eine Klippe heruntergefallen. Immer wieder hörte ich die verschiedensten Stimmen zu mir hindurchdringen, sah helle Lichter, nur um wieder in der Dunkelheit zu sein. Ich war eindeutig dabei aus dem gefrorenen Zustand aufzuwachen und wie die Male zuvor, war das kein Kinderspiel, es war eine Tortur, furchtbar schwer und ich war so erschöpft. Ich war zu erschöpft, um das noch weiter mitzumachen, doch ich musste.
„Malia? Hey Malia? Wach endlich auf Kleine." War das Ivan? Mit aller Kraft, die ich auftreiben konnte, öffnete ich blinzelnd meine Augen, sah schon in das grinsende Gesicht des Russen, der nur wieder älter wirkte, als in meinen Erinnerungen und der zwar glücklich zu sein schien und doch sah ich die Sorge in seinen Augen.
„Hey", hauchte ich schwach, spürte, wie irgendwas nicht stimmte und fand schnell den Grund dafür. Als ich an mein Gesicht langte, spürte ich einen Schlauch und panisch war ich schon dabei mir diesen wegzureißen, doch Ivan fing meine Hände ab, bevor ich einen Schaden anrichten konnte.
„Halt! Der hilft dir beim atmen", tadelte er mich und erst da bemerkte ich auch die Schläuche an meinen Armen, „Und die haben dafür gesorgt, dass du weniger Schmerzen hast und nicht austrocknest."
„Welches Jahr haben wir?", fragte ich, ohne auf die Sache mit den Schläuchen einzugehen, fühlte mich völlig K.O und wäre gerne wieder eingeschlafen, doch ich hatte wieder eine Ewigkeit eben das getan, nun musste ich wach bleiben.
„1991", sagte er leise und ich lachte trocken auf. 91. Normalerweise wäre ich jetzt Anfang 60 und doch sah ich auch weiterhin aus wie Anfang 20. Es war so merkwürdig.
„Und? Wie schlimm ist es dieses Mal mit mir? Muss übel sein, wenn ich so hier liege", fragte ich spöttisch nach, was Ivan seufzen ließ und er fuhr sich durch sein kaum noch vorhandenes Haar.
„Deine Nieren sind ausgefallen. Du hast jetzt eine neue verpasst bekommen, aber dein Körper wird geschwächt sein davon, du wirst wohl niemals Hochleistungssportlerin mehr werden können", meinte er mit einem schwachen Lächeln und ich lachte trocken auf.
„Oh wie schade. Das war doch immer mein größter Traum."
„Aber du wirst wieder. HYDRA ist mit ihrer Medizin fortgeschritten. Dein Körper wird kein Extra Zeug brauchen, um mit dem Organ klarzukommen und deine restlichen Organe haben das Einfrieren besser überlebt, als gedacht."
„Was habe ich alles so verpasst in den letzten paar Jahren?", fragte ich leise nach, schloss kurz erschöpft meine Augen, ehe ich wieder zu ihm aufsah. Es war schon seltsam, wie wenig mir diese Neuigkeit ausgemacht hatte. Normale Leute würden panisch werden, wenn sie erfahren, dass sie ein neues Organ hatten, doch irgendwie war ich eher erstaunt darüber, dass es so lange gedauert hatte, bis das überhaupt erst notwendig gewesen war.
„Nicht sonderlich viel. Einige politische Dinge, einige historische Dinge, doch die meisten würdest du vermutlich so eh nicht mehr verstehen, denke ich."
„Ja, wahrscheinlich", seufzte ich, schließlich hatte ich keine Ahnung von irgendwas. Ich wusste nicht, wie der Präsident hieß, hatte keine Ahnung, welche Länder im Krieg vielleicht standen, was für Katastrophen die Welt heimsuchten, ich wusste gar nichts.
„Ich kann dir nur sagen, dass Pierce hier ziemlich die Macht an sich gerissen hat, Juri alles andere als begeistert davon ist und es deinem Bucky gut geht."
„Wo ist er?", fragte ich augenblicklich nach, kaum wurde Buckys Name erwähnt und schon spürte ich das vertraute Gefühl in mir wieder. Diese Sehnsucht nach ihm, diese Liebe und ich wollte nichts lieber machen, als in seine Arme zu fallen, ihn zu küssen.
„Er ist gerade von einer Mission zurück, ruht sich aus, aber sobald du fit genug bist, um aufzustehen, kannst du sicher zu ihm", erklärte er mir lächelnd und ich nickte knapp, wollte eigentlich jetzt schon zu ihm, doch jammern würde mir nichts bringen, ich hatte nicht sonderlich viel hier zu melden und sollte wohl froh sein, dass man sich überhaupt die Mühe macht mir zu helfen mit meinen ganzen körperlichen Beschwerden. Ich fragte mich ja sowieso, ob HYDRA schon einen neuen Plan entworfen hatte, wie sie Bucky beruhigen wollten, wenn es mich nicht mehr gäbe, mit Sicherheit arbeiteten sie daran, schließlich würde ich nicht mehr lange mitmachen so wie das hier aussah.
„Und wie ist es dir so ergangen?", fragte ich müde nach, wollte meinen Gedanken irgendwie wieder von Bucky weg locken, schließlich würde es mir ja nichts bringen, außer Leid und Kummer.
„Wunderbar. Ich bin zwar alt geworden, aber meiner Tochter geht es prima, sie geht jetzt in die Schule und ich könnte kaum stolzer sein, außerdem bin ich jetzt erst vor einer Woche Onkel geworden. Mein Bruder, von dem ich dir sicher mal erzählt hatte, hat jetzt Zwillinge bekommen, einen Jungen und ein Mädchen, die beiden sind wirklich goldig", erzählte er mir fröhlich, versuchte mich wohl auch ablenken zu wollen und berichtete mir sogleich von irgendwelchen Geschichten von seiner Familie, schaffte es wirklich mich zum lächeln zu bringen und kurz vergaß ich den Schmerz meines Körpers, alle Ängste und Sehnsüchte.
Ich musste noch einige Tage in dieser verfluchten Krankenstation bleiben, bis ich schließlich endlich gehen durfte. Zwar fühlte ich mich nach wie vor so, als hätte mich ein Panzer überrollt und das Laufen fiel mir schwer, doch ich hatte keine Lust mehr nur zu liegen und versuchte mit dem Schmerz klarzukommen, schließlich wollte ich auch endlich Bucky sehen dürfen. In meinen Kopf dachte ich schon fast gar nicht mehr an irgendwas anderes, als ihn. Ich vermisste seine Nähe, vermisste es in seinen Armen zu liegen, in seine Augen zu schauen, seine Stimme zu hören. Ich war mindestens genauso abhängig von ihm, wie er von mir und es fühlte sich an, als wäre ich auf einem Entzug ohne ihn. Betrübt saß ich so auf meinem Bett, wartete darauf, dass Ivan zurückkommen würde mit der Erlaubnis mich zu Bucky endlich zu bringen. Ich kam mir schon total hibbelig deswegen vor, konnte kaum ruhig da sitzen, malte mir unser Wiedersehen aus und lächelte bei dem Gedanken daran ihn hoffentlich gleich zu sehen, als meine Türe schon aufging und Ivan hereinkam. Sein Gesichtsausdruck wirkte jedoch nicht wie erwartet freudig, er wirkte eher besorgt und das hieß nichts gutes.
„Was ist los?"
„Es gibt Neuigkeiten."
„Keine guten anscheinend", bemerkte ich und stand auf, ignorierte den Schmerz in dem Bereich, wo sich meine Nieren befanden.
„Ich weiß es um ehrlich zu sein nicht", gestand er und verwirrte mich sehr mit dieser Aussage, weswegen ich meine Stirn kraus zog und ihn fragend anblickte.
„Was ist denn los?"
„Der Soldat wird auf eine sehr lange Mission geschickt, die verflucht wichtig ist und wofür er um einiges länger als sonst weg sein wird", erklärte er und ich atmete geschockt ein von dieser Info, dachte daran Bucky wohl sehr lange nicht sehen zu können, ihn vielleicht ja zu verlieren bei der Mission, wenn sie doch so wichtig und womöglich auch schwierig war.
„Aber..."
„Der Prunkt ist, dass Pierce der Meinung ist, dass man die Launen des Soldaten hierbei nicht gebrauchen könnte, dass er voll dabei sein muss, keine Anfälle oder ähnliches haben sollte", sprach Ivan weiter und ich verstand nicht so recht, was er mir sagen wollte, „Deswegen hat er den Vorschlag gebracht, dass du mit gehen darfst."
„Wie bitte?", fragte ich schrill, glaubte mich verhört zu haben, doch das leichte Lächeln auf Ivans Lippen sagte aus, dass es wohl die Wahrheit war.
„Du wirst mit auf die Mission gehen, Malia."
„Aber das heißt ja..."
„Du kommst nach draußen." Schockiert ließ ich mich auf mein Bett zurück fallen, hielt mir die Brust und glaubte mein Herz müsste vor Freude gleich aus dieser springen, doch ich würde raus dürfen. Nach all den Jahrzehnten hier, würde mein Körper wieder die Sonne sehen, frische Luft einatmen. Ich würde die Natur sehen, den Himmel, vielleicht ja Regen spüren. Ohne es zu merken, fing ich bei dem Gedanken laut zu quietschen an, sah fröhlich zu Ivan, der zwar auch grinste, jedoch nach wie vor besorgt wirkte.
„Ich kann es einfach nicht glauben", rief ich erheitert aus, denn ich würde raus kommen und das auch noch mit Bucky zusammen.
„Ich freue mich wirklich sehr für dich, Kleine, doch leider bin ich auch sehr besorgt deswegen", meinte Ivan und setzte sich neben mich hin, wo mein Lächeln etwas verschwand und ich ihn fragend ansah.
„Wieso denn?"
„Weil es keine einfache Mission werden wird. Ihr werdet zu Fuß unterwegs sein, bei Meter hohem Schnee im Gebirge, es wird kalt und anstrengend werden und deine körperliche Verfassung ist nicht die Beste."
„Gebirge? Aber... wieso fliegen wir nicht, oder fahren mit einem Auto?"
„Das Gebiet ist für keins von beidem wirklich geeignet, deswegen", sagte er und seufzte betrübt, „Ich werde auch mitkommen, aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass du an deine körperlichen Grenzen angelangen wirst, vor allem jetzt, so frisch nach der Operation."
Aufgeregt wie ein Kleinkind stand ich keine Woche später neben Ivan vor einer gewaltigen Türe, die anscheinend einer der vielen Ausgänge dieses Unterschlupfs wäre und wohinter sich die süße Freiheit befinden würde. Ich hüpfte schon fast auf der Stelle, während ich alles mit großen Augen betrachtete, zu den ganzen Leuten sah, die hierfür mitkamen und genauso wie ich dick eingepackt waren. Ich hatte seit einer Ewigkeit nicht mehr so viele Schichten Kleidung getragen, war ganz euphorisch bei dem Gedanken mal andere Temperaturen spüren zu können, gleich wirklich raus von hier zu gelangen, auch wenn es nicht für immer sein würde. Doch vielleicht würde ich ja öfters raus dürfen, wenn ich mich gut benehme? Ich wollte es zumindest hoffen dürfen und so blieb ich still, stellte nicht zu viele Fragen und lauschte den verschiedenen Gesprächen um mich herum, die jedoch alle Informationen zu dieser Mission beinhalteten und mich somit meistens nur verwirrten.
„Du siehst niedlich aus mit all diesen Kleidungsstücken, wie ein kleiner Eskimo", lachte Ivan, der sich wieder mehr zu mir gesellte und ich streckte ihm lächelnd die Zunge raus, hielt dabei weite unauffällig Ausschau nach Bucky, den ich in all der Zeit nach wie vor nicht gesehen hatte und schrecklich vermisste, doch alles was ich sah, waren mit unbekannte Männer HYDRAs, Juri, der mit Alexander Pierce etwas Abseits diskutierte und eben Ivan, der ganz genau merkte, wie nervös ich war.
„Er wird ja gleich da sein", besänftigte er mich und ich wollte schon etwas erwidern, als tatsächlich in dem Augenblick Bucky durch eine Türe trat, so schwer bewaffnet wie damals, als er mir das erste Mal als Winter Soldier begegnet war und eben auch maskiert. Mein Herz machte dennoch sofort einen Sprung bei seinem Anblick, der Tatsache, dass er hier war und ihm schien es kaum anders zu gehen. Wie von alleine fanden unsere Blicke sich in diesem überfüllten Raum und ohne auf das zu achten, was der Mann neben ihm ihm gerade mitteilte, lief Bucky schon auf mich los, warf seine Waffen dabei zur Seite. Lächelnd kam ich ihm dabei entgegen, lief mit ausgestreckten Armen auf diesen zu, glaubte wie von einem Magneten angezogen zu werden, doch alles woran ich dachte, was wichtig war, war in seinen Armen zu sein und genau das tat ich nun. Seufzend presste ich mein Gesicht an seine Brust, als er seine Arme um meinen Körper legte, mich an sich drückte und sein Gesicht dabei an meiner Halsbeuge vergrub. In dem Moment war es mir total egal, dass uns vermutlich jeder anstarrte, dass das vielleicht komisch wirken konnte, schließlich lief meine Zeit langsam ab und immerhin küssten wir uns ja nicht, es war nur eine Umarmung, eine sehr innige, aber dennoch nur eine Umarmung.
„Ich habe dich so vermisst", hauchte er leise, so dass nur ich es hören konnte und glücklich lächelte ich nur noch breiter, hatte Schwierigkeiten mich davon abzuhalten ihn zu küssen.
„Ich dich auch... so sehr."
„Bereit das erste Mal nach draußen zu gehen?", fragte er mich lächelnd, nachdem er die Maske von seinem Gesicht gezogen hatte und löste sich etwas von mir, behielt sein Hände dennoch an meinen Seiten.
„Und wie", lachte ich erheitert, fand es nur noch schöner, dass er dabei sein würde, dass wir Tage lang zusammen sein würden, ohne Unterbrechungen.
„Ich passe die ganze Zeit auf dich auf, versprochen", meinte er und sah mich mit so viel Liebe dabei an, dass mein Herz wirklich drohte dahinzuschmelzen, nur leider musste Pierce diesen Moment zerstören.
„Genug davon hier, wir wollen der lieben Malia ja nicht erneut zeigen müssen, was für eine Rolle sie hier hat, oder?", fragte er und ich zuckte von seinen Worten zusammen, trat einen Schritt weg von Bucky, dem das alles andere als glücklich stimmte, doch immerhin würde Pierce nicht dabei sein, uns dort draußen nicht bedrohen.
„Na dann los!", rief vom Eingang aus der Leiter unserer Gruppe, der Vlad hieß und laut Ivan in den letzten Jahren erst neu dazu gekommen war, dennoch jetzt schon verflucht viel zu sagen hatte. Ich lief dicht gefolgt von Bucky so wieder zurück zu Ivan und sah mit geweiteten Augen dabei zu, wie das riesige Tor geöffnet wurde, die weiße Winterlandschaft dahinter somit preisgab und mir Tränen in die Augen trieb. Ich war völlig überwältigt von diesem Bild, lächelte nur noch breiter, als die kalte Winterluft mir entgegen schlug, ich frische Luft atmen konnte.
„Willkommen im Jahr 1991, Kleine, auch wenn die Wälder sich in den letzten 40 Jahren denke ich kaum geändert haben", sagte Ivan leise an mich gerichtet, als er mich schon mit sich nach außen zog, wo ich begeistert wie ein Kleinkind auf quietschte bei dem Gefühl von Schnee unter meinen Schuhen und ich sah zwar, dass einige der Kerle mich dafür seltsam anblickten, doch es interessierte mich nicht ein Stück. Ich war tatsächlich draußen. Nach fast 40 Jahren war ich wieder draußen und auch wenn hier um mich herum alles nur weiß war, so war es wunderschön. Ich spürte die Kälte wieder, konnte den von dunklen Wolken bedeckten Himmel sehen, lief durch Schnee und hörte leise in der Ferne Vögel zwitschern, es war wie ein verdammtes Paradies.
„Na los", lachte Ivan amüsiert von meinem Verhalten und deutete mir an weiter zu laufen, während Bucky mich mit einem undefinierbaren Blick gemustert hatte bei meinem kleinen Freudenausbruch, sein Wort wohl jedoch ziemlich ernst nahm mir nicht von der Seite zu weichen.
Das alles hier hätte wie ein kleiner, wahr gewordener Traum sein können, nur leider hatte Ivan mit seinen Worten recht behalten, dass es verflucht anstrengend war, denn so war es auch. Es war nicht leicht durch so hohen Schnee zu laufen, dann meistens noch aufwärts gegen den starken Wind ankämpfend. Wäre ich körperlich fit gewesen, dann wäre das hier wahrscheinlich schon anstrengend geworden, doch in meinem Zustand fühlte ich mich nach einer halben Stunde so, als hätte man mich von einem Bus überrollen lassen und fiel dementsprechend weit zurück.
„Na los!", schrie Vlad von vorne an mich gerichtet und ich war dankbar, dass Bucky wirklich hinten bei mir geblieben war. Wir hatten zwar die ganze Zeit über nicht miteinander gesprochen, nur ab und an Händchen gehalten, auch wenn es nicht ganz so schön war mit dicken Handschuhen, doch zu mehr war ich sowieso nicht fähig, so aus der Puste wie ich war. Mein Körper war eben am Arsch und dass ich die letzten Jahre kaum weit laufen musste, half dabei auch nicht weiter.
„Ich... kann... nicht", schnaufte ich und hatte überall schon Seitenstechen, hielt mich an einen Baumstamm fest, da wir gerade durch einen winzigen Wald weiter Bergauf liefen.
„Ok es reicht, spring auf", sagte Bucky, der ebenfalls stehen geblieben war und verwirrt sah ich ihn an, sah wie ernst er wirkte, vor allem mit der Maskierung des Winter Soldiers.
„Was?", fragte ich verdattert, während er sich erklärend umdrehte und in die Hocke ging.
„Spring auf meinen Rücken, ich trage dich. Du kannst nicht mehr laufen, musste dich schonen, also trage ich dich."
„Aber B, ich werde auf Dauer dich völlig entkräften und..."
„Ich bin stärker als normale Menschen", erinnerte er mich und tatsächlich fiel mir da auch mal auf, dass er anders als alle anderen nicht tausend Jacken trug. Es war als wäre ihm gar nicht wirklich kalt. Seufzend ließ ich deswegen auch den Baumstamm los, legte zögernd meine Arme um Buckys Hals, als er schon meine Beine festhielt und sich wieder aufrichtete, um einiges schneller nun weiter zu laufen. Etwas panisch davon presste ich mich regelrecht an ihn fest, war kurz wie benebelt von dieser Nähe und gleichzeitig war ich auch unfassbar beeindruckt, wie er es schaffte mit mir so schnell durch den Schnee zu stapfen, ohne hinzufallen oder wirklich erschöpft zu wirken.
Eine ganze Weile liefen wir so weiter, nur selten wurden Pausen von Vlads Seite aus gemacht und doch schien Bucky wirklich keine Probleme mit meinem extra Gewicht zu haben, schaffte es manchmal sogar die Führung zu übernehmen, so schnelle wie er lief. Ivan sah immer, wenn wir in seiner Nähe gerade waren, belustigt zu uns beiden und ich sah ihm deutlich an, dass er sich freute uns trotz der anstrengenden Situation glücklich zu sehen, denn das waren wir. Nun, wo ich nicht mehr vor Überanstrengung halb umkam, sprach ich mit Bucky, neckte ihn damit, dass er mein Pferd war, küsste ihn flüchtig auf die Schläfe oder seinen Nacken, wenn keiner hinsah und spürte dann immer zu deutlich, wie er gleich wieder aktiver, lebendiger wurde.
„Für heute ist deine Arbeit wohl erledigt", lachte Ivan rau, als wir zur Dunkelheit hin ein Lager im Schutz des Berges aufschlugen und Bucky mich gerade wieder herunter ließ.
„Es war mir ein Vergnügen", erwiderte Bucky schmunzelnd und musste schon gehen, da er von Vlad zu einer Besprechung in dessen Zelt mit einigen anderen berufen wurde, so dass ich mir ein wenig verloren vorkam, denn während jeder irgendwas aufbaute, ein Feuer machte oder einen Wachposten übernahm, stand ich nur da und sah zu Ivan, der sich daran zu schaffen machte mein Zelt aufzustellen, da ich keine Ahnung hatte, wie das funktionierte. Diese Art von Zelten waren viel zu modern und selbst vor meiner Gefangenschaft hatte ich nie eines aufbauen müssen, weswegen ich ihn lieber die Arbeit übernehmen ließ und dankbar war, dass er seines direkt neben meinem platzierte, denn um ehrlich zu sein fand ich den Gedanken dann doch gruselig in einem Lager voller Männer zu sein. In HYDRAs Stützpunkt war die Angst schon vor einer langen Zeit verflogen, schließlich kannte ich die meisten Wachen dort und mein Zimmer wurde eben überwacht, doch hier war es anders. Ich kannte niemanden außer Ivan und Bucky und irgendwie war mir das alles doch ziemlich suspekt.
„Schau nicht wie ein verängstigtes Reh, Malia." Ich verdrehte die Augen von Ivans Worten und versuchte ihm irgendwie zu helfen nun sein Zelt aufzustellen.
„Ich schau nicht wie ein verängstigtes Reh. Das alles hier ist nur so fremd... so neu."
„Du warst doch im Krieg und hast da eine Zeit in einem Militärstützpunkt gelebt, das hier muss doch sicher Ähnlichkeiten haben, oder nicht?", fragte er und ich seufzte betrübt bei den Erinnerungen, dachte daran zurück, wie ich als Kind dort Peggy kennen gelernt hatte, wie Bucky immer noch Bucky gewesen war und wie er auf mich aufgepasst hatte, als wäre ich ein Schatz. Es hatte sicher Ähnlichkeiten zu dem kleinen Lager hier gegeben und doch auch überhaupt nicht, denn in dem Lager damals waren alle Gut gewesen, hier wimmelte es nur so von den Bösen.
„Ja, irgendwie", murmelte ich leise zur Antwort.
Als die Dunkelheit schließlich endgültig über uns eingebrochen war, saß ich neben Ivan am Lagerfeuer und versuchte nicht das ekelhafte Essen zu erbrechen, das man hier verteilt bekommen hatte und wobei es sich um irgendeinen braunen Eintopf handelte, der genauso abscheuliche schmeckte, wie er auch aussah. Ich hörte müde und erschöpft den Männer dabei zu, wie sie irgendwelche Geschichten erzählten, schweifte dabei meistens jedoch ab, da fast alle Gespräche auf russisch oder deutsch gehalten wurden und es mir zu anstrengend wurde da voll konzentriert zuzuhören und alles zu übersetzen. Aus dem Grund machte ich mich auch nach keiner sonderlich langen Zeit auf den Weg in mein Zelt, war dankbar für die Wärme in diesem und verschloss es hinter mir sogleich wieder. Ich zog mir meine Schuhe und die Jacke aus und verkroch mich schon in meinen Schlafsack, versuchte die Kälte irgendwie los zu werden, dachte dabei gleichzeitig einfach daran meinen ersten Tag draußen verbracht zu haben. Es war merkwürdig, wie sehr es mir gefehlt hatte und wie normal es für mich nun jedoch wieder war außen zu sein und das nach nur einem lächerlichen Tag, dabei hatte ich noch nicht einmal die Sonne zu Gesicht bekommen gehabt. Ich seufzte betrübt, war dankbar dafür, dass es langsam etwas wärmer in meinem Schlafsack wurde und ich versuchte zu schlafen, nur leider war es in meinem Kopf so laut. Hier draußen zu sein, mal so viel Zeit glücklich verbracht zu haben, es war merkwürdig. Ich dachte daran zurück, wie sehr ich früher den Schnee geliebt hatte, wie ich mit meinen Eltern einen Weihnachtbaum suchen gegangen war oder mit meiner kleinen Cousine Schlitten fahren. Wahrscheinlich tat Ivan all das auch mit seiner Tochter, schließlich wäre in wenigen Tagen schon Weihnachten, oder nicht? Ivan hatte mir erst vor wenigen Tagen gesagt, welches Datum wir genau hatten, doch ich hatte es wieder vergessen, für mich war so etwas einfach schon zu belanglos geworden.
Um mich herum wurde es nach und nach stiller. Die ersten Männer gingen wohl schlafen und ich selbst wollte dies Ruhe nutzen, auch endlich Schlaf finden, als ich das eine Gestalt vor meinem Zelt wahrnahm. Augenblicklich richtete ich mich panisch von dem Schatten auf, schaute mich in meinem Zelt nach einer Waffe um, doch natürlich war hier nichts, weswegen ich mir hastig wieder die Schuhe anzog und meine Jacke, bereit dazu war aus dem Zelt zu stürzen, zu fliehen vor wem auch immer. Mit einem Ruck wurde der Reißverschluss geöffnet und bevor ich hätte aufspringen und weg rennen können, kam Bucky ins Zelt hinein, sah perplex zu meinem verängstigten Abbild und schloss hastig das Zelt hinter sich wieder.
„Du hast mich zu Tode erschreckt", jammerte ich und hielt mir die Brust, als ich ihn lächeln sah.
„Tut mir leid", sagte er und klang dabei ganz und gar nicht so, als würde es ihm wirklich leid tun.
„Keine Angst, dass jemand gesehen haben könnte, wie du hier rein bist?", fragte ich, als er mich schon wider zurück auf meine Schlafmatte drückte, sich dabei über mich beugte.
„Irgendwer hat es geschafft Vodka mitzunehmen, die da draußen übrig sind, sind alle total betrunken", hauchte er und kam meinem Gesicht immer näher dabei, während mir ganz und gar nicht mehr kalt war. Auf einmal fühlte es sich so an, als wären hier drinnen tausende Grad und ich wollte mir nur noch die Kleider vom Leibe reißen, begnügte mich jedoch vor erst mit Buckys Lippen auf meinen. Glücklich stöhnte ich auf von dem Gefühl ihn wieder küssen zu dürfen, hörte ihn selbst mehr als nur zufrieden seufzen von dieser Nähe, von der Art wie unsere Lippen miteinander verschmolzen, wie unsere Zungen aufeinander trafen. Gierig versuchte Bucky meinen Körper anzufassen, stöhnte jedoch genervt davon auf, wie viele Schichten Kleidung ihm dabei den Weg versperrten, was mich zum lachen brachte.
„Nicht so ungeduldig", tadelte ich ihn kichern, ließ seine Augen dunkler von meinen Worten werden und auch wenn man hier drinnen kaum etwas sah, so erkannte ich zu deutlich, wie er lächelte.
„Das ist alles nur deine Schuld. Den ganzen Tag bringst du mich schon um den Verstand mit den ganzen flüchtigen Küssen und deiner verfluchten Nähe."
„Tut mir leid", erwiderte ich schmunzelnd, war schon dabei ihn erneut zu küssen, als da plötzlich die Welt zu beben anfing. Ich kannte dieses Gefühl schon zu gut, wusste, was für ein Chaos das hier bedeuten konnte und panisch sah ich zu Bucky auf.
„Erdbeben."
Aloha :) Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Malia war das erste Mal nach 40 Jahren wieder draußen und mal sehen wie sie die gemeinsame Zeit mit Bucky noch so nutzen wird xD. Die Geschichte erreicht in den nächsten Kapiteln dann den Punkt, wo sie in der Gegenwart endgültig ankommen wird xx
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