21. Du bist mir wichtig


Die Welt kam mir so unecht, so verschwommen vor, als ich es schaffte meine Augen aufzubekommen und an die helle Zimmerdecke zu sehen. Ich wusste nicht wirklich, was geschehen war, wo ich war oder eher in welchem Jahr ich war, doch für mich fühlte sich nichts mehr echt an. Mein Körper kam mir so taub vor, die meiste Luft, die ich zu mir nahm, wurde mir eingeflößt und irgendwie fühlte ich mich einfach nur so erschöpft und das obwohl ich wohl eine sehr lange Zeit geschlafen haben musste.

„Wie geht es dir, Malia?" Verwirrt drehte ich meinen Kopf zur Seite, sah zu dem Arzt, den ich noch von damals kannte und der nun ein wenig älter wirkte, als bei unserer letzten Begegnung vor dem Einfrieren, also war immerhin nicht ganz so viel Zeit vergangen. Kurz war ich etwas irritiert von dem Namen Malia gewesen, doch recht schnell erinnerte ich mich wieder daran, dass das ja mein Name war. Würde ich jemals damit abschließen können nicht mehr Elena zu sein? Vermutlich nicht, doch fürs erste spielte es keine Rolle.

„Ich... bin kaputt", antwortete ich leise und schloss kurz meine Augen, ehe ich sie wieder müde öffnete.

„Ja, deine Atmung hatte einen kleinen Aussetzer nach dem Auftauen, aber jetzt müsste alles wieder funktionieren. Du solltest dich nur noch etwas schonen und dann wird das wieder", erklärte er mir gelassen und zuversichtlich, doch für mich war die Sache sicher nicht so einfach. Das war das erste Anzeichen dafür, dass nichts so schnell wieder ok werden würde, doch war erwartete ich auch? Ich würde niemals die Möglichkeit dazu haben alt zu werden, doch wollte ich das überhaupt? Ein Leben lang hier bei HYDRA bleiben klang zu frustrierend für mich. Wenn ich es nicht schaffen sollte zu fliehen irgendwann, Bucky zu überzeugen, dass HYDRA böse sei, dann wollte ich aber auch nicht hier verenden. Bei dem Gedanken an Bucky zog sich mal wieder alles in mir zusammen. Ich spürte die Sehnsucht nach ihm, fragte mich, wie es ihm wohl ergangen war, doch ich würde wohl noch länger ohne ihn auskommen müssen, zumindest dachte ich das, bis sich da die Türe hinter dem Arzt öffnete und kein anderer als Bucky auch schon gefolgt von zwei Wachen den Raum betrat.

„B...", hauchte ich überwältigt von seinem Anblick, von der Tatsache, dass er tatsächlich da war, dass er so schnell einfach hier sein konnte und wie benebelt streckte ich meine Hand nach ihm aus, sah wie seine Augen sich bei meinem Anblick weiteten und wie er ohne zu zögern auf mich zu geschritten kam.

„Malia", sagte er erleichtert und irgendwie auch besorgt, als er den Arzt halb zur Seite drängte und sich neben meinem Bett hinkniete, ehe er meine Hand ergriff. Es kam mir vor, als wäre eine große Last damit von mir gefallen, als ob ich aufatmen könnte, nun wo er bei mir war. Ich fühlte mich sicherer, weniger alleine und einfach irgendwie glücklich. Es war wieder so, als wäre ich ganz geworden, als wäre das, was auch immer mir gefehlt hatte, wieder zurück an seinem Platz.

„Du bist tatsächlich hier."
„Ich musste dich sehen", erwiderte er dazu, schien dabei jedoch völlige Verzweiflung auszustrahlen und ich sah ihm an, dass er in seinem Inneren einen Konflikt hatte, jedoch wusste ich nicht wieso.

„Ist alles ok? Du wirkst so zerstreut."
„Mir geht es gut", antwortete er und lächelte dabei leicht, als wäre meine Sorge dämlich, was vielleicht auch so war, schließlich lag ich hier halbtot in einem Krankenbett, während er körperlich gesund zu sein schien, „Ich bin nur besorgt um dich."
„Musst du nicht. Ich bin schneller wieder auf beiden Beinen, als du glaubst", besänftigte ich ihn und sah erfreut, dass sie Wachen und der Arzt den Raum verließen, uns alleine ließen.

„Ich hoffe es doch. Ich will dich nicht so leiden sehen müssen", sagte er und drückte meine Hand nur noch fester bei den Worten, sah mich bekümmert an, schien noch mehr sagen zu wollen, als wäre da etwas, was er los werden wollte, doch kein Wort verließ seine Lippen und ich würde ihn nicht dazu drängen.

„Ich leide nicht. Wirklich nicht. Ich bin nur etwas erschöpft."
„Soll ich gehen und dich..."
„Nein!", unterbrach ich ihn und lächelte ihn an, was ihn eindeutig glücklich machte, denn seine kurz aufgetauchte Angespanntheit verschwand augenblicklich wieder, „Bleib hier. Deine Anwesenheit macht mich glücklich." Es war nicht wirklich ein Geständnis oder etwas, was er nicht schon längst wissen müsste, dennoch hatte ich bisher nie ausgesprochen gehabt, wie wichtig er auch für mich war, dass ich nicht nur bei ihm war, weil ich es musste und ich sah Bucky an, wie glücklich ihn es machte das gehört zu haben, dass er regelrecht aufblühte von meinen Worten.

„Malia, ich muss dir von meiner Mission erzählen", sagte er da jedoch voller Verzweiflung, schien schnell wieder alles Glück hinter sich zu lassen und ließ meine Hand dabei los, während er meinen Blick mied. Was war bitte geschehen, dass er so schnell so traurig werden konnte? In mir drinnen schrie von seiner ganzen Körperhaltung angetrieben alles danach es jedoch nicht hören zu wollen und im Grunde wollte ich es wirklich nicht. Was machte es schon für einen Sinn? War es nicht egal? Was auch immer passiert war, machte ihn traurig und es war geschehen, niemand würde also mehr etwas daran ändern können.
„B, ich will es nicht hören, ok?", sagte ich deswegen und nahm seine Hand erneut in meine, sah wie verwirrt er zu wirken schien, „Es ist doch egal, was gewesen war und wenn du traurig davon wirst, dann will ich es erst recht nicht wissen müssen, außer es hilft dir darüber zu reden."
„Sicher?", fragte er unsicher nach und ich nickte lächelnd, was ihn aufatmen ließ, was ihn mehr beruhigte als ich geahnt hätte. Ich erschauderte augenblicklich, als er mit seinem Daumen mal wieder über meinen Handrücken strich und wie gebannt musterte ich sein bildschönes Gesicht, nahm zur Kenntnis, dass sein Bart ein wenig länger geworden war und er sich seit Tagen wohl nicht mehr rasiert haben musste, doch es stand ihm.

„Als ich hierhergekommen bin, dachte ich, dass ich niemals wieder etwas wie Glück und Freude verspüren könnte, dass ich nur eine Gefangene sein würde", meinte ich leise und wusste nicht, ob ich das alles nur sagte, weil ich noch so erschöpft war oder weil es mir wichtig war, dass er es wusste, dass Bucky wusste, wie viel er mir bedeutete, „Doch das ist nicht so. Ich vermisse viele Leute da draußen schrecklich, doch wenn ich nicht länger hier wäre, würde ich so viele Leute nun hier ebenfalls vermissen. Ich würde Ivan vermissen, so viele von den anderen Wachen, sogar meinen Trainer Pablo würde ich vermissen, doch am allermeisten dich B."

„Wieso?", fragte er leise nach, als wäre das absurd, als wüsste ich nicht, was ich da sagte, „Ich bin gefährlich, ich töte Menschen, du bist nur meinetwegen hier und ich weiß, dass du anfangs Angst vor mir gehabt hast."
„Weil ich glaube, dass du mehr als das bist. Ich weiß, dass du auch sanft und nett und herzlich sein kannst", erwiderte ich, spürte wie meine Sicht immer unschärfer wurde, wie ich anfing langsam einzuschlafen, ohne was dagegen machen zu können, „Deswegen bist du mir wichtig B." Mit den Worten fielen mir die Augen schließlich zu, doch das Gefühl Buckys Hand in meiner Hand zu halten, blieb bestehen.




Ich hatte befürchtet gehabt, dass mein Gespräch mit Bucky vielleicht nicht ganz so gut bei HYDRA ankommen würde, dass die Sorgen, von denen Ivan mir erzählt hatte, sich nur bei ihnen allen verstärken würden, doch anscheinend war das nicht der Fall oder zumindest bekam ich nichts davon mit. Ich hatte noch einige Tage in der Krankenstation bleiben müssen, leider ohne dass Bucky mich noch einmal hatte besuchen dürfen, doch ich hatte diese gut überstanden und da in er Zeit sich keine Wache sonderlich mir gegenüber benommen hatte und auch Ivan nichts besorgniserregendes zu sagen hatte, konnte ich erleichtert mir keine weiteren Sorgen darüber machen, ob jemand mein Gespräch mit Bucky belauscht hatte und wenn ja es falsch hätte auffassen können. Immerhin waren meine Worte auch nicht so schlimm gewesen, oder? Ich hatte ihm nur gesagt, dass er mir wichtig war, nicht dass ich ihn liebte und da gab es doch einen großen Unterschied. Zumindest hoffte ich, dass es ihn gab, auch wenn ich mir eigentlich nichts weiter vormachen musste. Man würde seine Freiheit nicht für jemanden aufgeben, nur weil man ihn gern hatte, doch das zu akzeptieren fiel mir alles andere als leicht.

„Laut Pablo hast du dich wenigstens gut geschlagen heute im Training", sagte Ivan und riss mich damit zurück ins Hier und Jetzt.

„Ich werde halt besser und besser. Ich war ja auch immerhin vor alledem hier eine ausgebildete Agentin."
„Hat dir nur nicht viel gebracht", warf er ein und ich schlug ihm beleidigt gegen die Schulter, was ihn nur zum lachen brachte. Ivan hatte sich in den paar Jahren meiner Abwesenheit immerhin nicht mehr ganz so drastisch verändert. Er wirkte zwar noch etwas reifer, doch ansonsten gab es keine großen Veränderungen dieses Mal, ebenso hatte die Welt sich da draußen auch nicht wieder grundlegend geändert.

„Ich bin hier nicht gelandet, weil ich schwach war, sondern weil ich mich ergeben hatte."
„So aufopfernd von dir", spottete er und ich verdrehte schmunzelnd meine Augen von seiner neckenden Art.

„Sag du mir lieber mal, wie es mit deiner Frau läuft", wechselte ich gekonnt das Thema und sah wie er davon seufzen musste.

„Sie will unbedingt Kinder kriegen, aber ich weiß wirklich nicht, was ich für ein Vater sein sollte. Ich fühle mich nicht bereit schon Kinder zu kriegen, überall dreht sich alles nur um sie. Mein kleiner Bruder hat gerade erst geheiratet und will auch am liebsten sofort Vater werden."
„Du wirst auch nicht mehr jünger Ivan und warum hast du mir eigentlich nie erzählt, dass du einen kleinen Bruder hast?"

„Oh bitte, ich bin immer noch jung und gutaussehend, ich habe alle Zeit der Welt. Und das mit meinem Bruder erschien mir nie als sehr wichtig. Er ist immerhin 15 Jahre jünger als ich, lebt in meiner Heimat und naja hält nicht viel von dem, was ich hier mache", erklärte er mir und erzählte mir den anschließenden Weg in Richtung meines Zimmer noch mehr über seine Familie, wie seine Frau auch mal endlich Bescheid wusste, was er so beruflich tat, wie er damals aus seiner Heimat Sokovia Dank HYDRA in die Staaten kommen konnte, wie er als gebürtiger Russe überhaupt als kleines Kind nach Sokovia gezogen war mit seinen Eltern und wie es ihm in den Jahren hier ergangen war, in denen ich auf Eis gelegen war.

„Ich werde auf jeden Fall niemals den Moment vergessen, als Piotr, das ist die eine Wache, die immer so verpeilt schaut, dann völlig betrunken an Neujahr hierhergekommen war und vor versammelter Mannschaft Juri auf die Füße kotzen musste", erzählte Ivan mir gerade eine unterhaltsame Geschichte, als meine Aufmerksamkeit jedoch auf was anderes gelenkt wurde. Doch vor meinem Zimmer stand niemand anderes als Bucky, der an der Wand gelehnt wohl auf mich gewartet hatte und nun, wo er mich sah, ziemlich erleichtert zu wirken schien.

„Malia", begrüßte er mich glücklich und ich hörte Ivan neben mir irgendwie frustriert seufzen.

„Hallo B", meinte ich ebenfalls ziemlich erfreut ihn zu sehen, dachte zwar gleichzeitig an unsere letzte Begegnung und unser Gespräch, doch was war schon großartig dabei gewesen?

„Ich gehe dann mal weiter, ich habe gleich Wachdienst", verabschiedete Ivan sich derweil von mir und ich sah ihm noch nach, wie er ging, ehe ich wieder zu Bucky blickte, der auch schon meine eine Hand wie so üblich in seine nahm.

„Wieso hast du auf mich gewartet?", fragte ich freundlich nach und ließ mich von ihm nicht wie gedacht in mein Zimmer ziehen, sondern daran vorbei und weiter den Gang entlang.

„Ich wollte dich einfach sehen, sehen dass es dir auch wirklich wieder gut geht", erklärte er sich und steuerte direkt den Gang an, wo die Videolücke war, wo man nicht auf einer einzigen Kamera gesehen werden konnte, also wollte er wohl mehr Privatsphäre haben, wogegen ich nichts einzuwenden hatte.

„Mir geht es gut. Ich darf wieder trainieren, kriege genug Luft und lebe ja noch", besänftigte ich ihn, auch wenn es nicht so einfach und so gut war, wie ich es darstellte. Meine Angst blieb schließlich bestehen und ich wusste ja, dass immer noch alles einfach ganz schnell enden könnte.

„Dennoch sorgt es mich sehr", meinte er frustriert und blieb in der gewünschten Ecke auch schon stehen, wo er sich mehr zu mir drehte. Wie gebannt sah ich in seine bildschönen hellen Augen, glaubte den Himmel in ihnen zu erkennen, glaubte die Sterne darin wiederzusehen und das schönste war wohl, dass er mich genauso fasziniert ansah, wie ich ihn, dass er einfach nur da stand, meine Hand in seiner hielt und mir in die Augen blickte. Ich wollte schon etwas sagen, irgendwas, doch es kam alles ganz anders, als da die Erde zu beben anfing.

Überrascht schrie ich auf, als ich mein Gleichgewicht verlor und gegen Buckys Brust fiel, der mich feste an sich gedrückt hielt und selbst Schwierigkeit hatte stehen zu bleiben, während die Erde weiterhin nicht still blieb. Überall waren Schreie zu hören, der Alarm ging mit einem Schlag an und ich hielt mir panisch die Ohren davon zu, sah mich hektisch nach einem Grund um, glaubte nur wieder mitten im Krieg zu sein und ohne Bucky wäre ich vermutlich verloren gewesen. Hastig zog er mich mit sich, als die Decke anfing Risse zu kriegen, teilweise Metallteile herunterstürzten oder der Boden anfing sich zu spalten. Es war kein Attentat, kein Krieg, der hier ausbrach, es war ein ganz gewöhnliches Erdbeben, doch wenn man in einem Konstrukt unter der Erde war, das teilweise Jahrzehnte alt war, dann sollte man sich nicht unbedingt sicher fühlen. Ich schrie verängstigt auf bei dem ganzen Schutt, der von der Decke fiel, war ja so froh, dass Bucky da war, der mich führte, der mich nicht alleine ließ, der mich immer weiter irgendwohin zog, bis wir durch eine Türe in eine halbleere, recht winzige Lagerhalle liefen, in der ich noch nie zuvor gewesen war und wo auch schon mit einem Schlag der Strom ausfiel, ehe wie bei dem Angriff von Will und seinen Männern auch der Notstrom direkt darauf ansprang.

„Verdammt", fluchte Bucky laut auf, als die Türe in den nächsten Raum wegen des fehlenden Stroms nicht mehr aufging, wir eingesperrt in der kleinen Halle waren, während die Erde auch weiterhin bebte, Stücke von der Decke fielen. Panisch sah ich mich in dem kleinen Raum um, zuckte zusammen, wenn irgendwas von der Decke fiel und glaubte, dass wir hier drinnen noch lebendig begraben werden müssten, wenn das so weiter ging. Ich schrie überrascht auf, als Bucky sich fluchend zu mir umdrehte, von der Türe abließ, nicht wissend, was er sonst tun sollte, mich plötzlich einfach gegen die Wand drängte, mit seinem ganzen Körper abschirmte, während er seinen Metallarm über uns hielt, wie einen metallenen Regenschirm. Doch für mich spielte plötzlich nichts mehr wirklich eine Rolle. Weder das Erdbeben, noch die Gefahr hier zu sterben. So nahe an Bucky zu sein, seinen Körper halb gegeben mich gepresst zu haben, während unsere Gesichter kaum voneinander entfernt waren, sein warmer Atem meine Haut streifte und er mir tief in die Augen sah, das war alles, was nur noch zählte, was von Bedeutung war. Sollte die verfluchte Welt doch untergehen, doch ich war hier und kam mir noch nie in meinem Leben so sicher und so gut aufgehoben vor, wie jetzt.


Aloha :) Ich hoffe ihr mochtet das Kapitel irgendwie xD Im nächsten kommt auch wieder ein wenig was aus der Gegenwart vor und mal schauen, wie es zwischen den beiden weiter verlaufen wird xD xx

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