Nur eine Nacht Teil 3
Frohe Ostern!!🐇🐇
Alles war für die Katz! Ich hätte gar nicht studieren müssen, sondern hätte unbekümmert auf Partys gehen können, statt Nachtschichten hinter Gesetzbüchern einzulegen!
Die einzige Fähigkeit, die ich hier wohl zu beherrschen brauche, ist nämlich Kaffeekochen, oh und Aktensotieren beziehungsweise schreddern.
Mehr habe ich in der Woche, die ich schon bei der Shadowhunter arbeite, nicht gemacht.
Ich glaube ja, dass Miss Branwell mich einfach eher als Mädchen für alles, statt als Partner wahrnimmt, denn immer, wenn ich sie höflich nach dem Fall befrage, an dem ich mit ihr arbeiten sollte, schickt sie mich grinsend weg.
Sie genießt ihre überlegene Position sichtlich, sonst hätte sie mich nicht auf den Schreibtisch der, an ihrem Büro grenzenden, Abstellkammer abgeschoben.
Natürlich hätte ich zu Mr Lightwood gehen können, um mich zu beschweren, aber mein Stolz hindert mich daran. Ich will mir nicht helfen lassen, damit er mir vorwerfen kann, nichts alleine auf die Reihe zu bekommen.
Ich weiß, dieser Vorwurf ist mehr als nur weit hergeholt, aber mein Stolz weigert sich schlichtweg, ihn um Hilfe zu bitten.
Ohne meine Mitbewohnerinnen hätte ich wahrscheinlich schon nach dem ersten Tag hingeschmissen.
Ich gebe zwar nur ungern auf, jedoch habe ich mir diesen Job ganz anders vorgestellt. Mein größter Traum war es schon immer, bei der Shadowhunter zu arbeiten, aber jetzt hat der Traum seinen Glanz verloren und ist der harten Realität gewichen.
Ich weiß nicht recht, ob das hier der richtige Platz für mich ist, aber da ich eigentlich ein Optimist bin, versuche ich positiv zu bleiben.
Mein Probemonat geht schließlich noch drei Wochen und in denen kann noch viel passieren.
Aber nur, weil ich Mr Lightwood und seiner kalten Art lieber aus dem Weg gehe, heißt das nicht, dass ich mir seine Worte nicht zu Herzen nehme. Seit einer Woche bin ich nämlich überpünktlich.
So wie auch heute, wo ich mit einem gefälschten Lächeln die Kanzlei betrete und auf direkten Wege in Miss Branwells Büro gehe.
Zu meiner Überraschung ist sie noch nicht da und der kleine Rebell in mir will seinen Plan endlich in die Tat umsetzen, den er sich irgendwann kurz vorm Einschlafen gemacht hat.
Witzigerweise habe ich in diesen wenigen Augenblicken immer die besten Ideen.
Ich vertraue also wieder auf mein Bauchgefühl und gehe zu ihrem Schreibtisch, auf dem das reinste Chaos herrscht. Zugegeben, ich bin nicht besser, aber man sollte versuchen, zumindest beim Arbeitsplatz eine gewisse Ordnung zu behalten.
Einen Vorteil hat ihr Chaos jedoch auch, denn sie wird wahrscheinlich überhaupt nicht merken, dass ich an ihren Akten war.
Konzentriert sehe ich mir die Überschrift jeder Akte an, bis ich die Aktuellste finde.
Sofort zücke ich mein Hamdy und mache von jedem Blatt, das in dieser Akte eingeheftet ist, zwei Fotos. Zum Einen will ich die Informationen auch zu einem späteren Zeitpunkt noch haben und zum Anderen bin ich so ein mieser Fotograf, dass ich sicherheitshalber immer zwei Fotografien mache, um sicher zu gehen, dass zumindest eine gut geworden ist.
Erst als ich alle Informationen auf meinem Handy habe, beginne ich, sie zu lesen.
Es geht wohl um eine Vergewaltigung, die vor einneinhalb Wochen passiert ist.
Der Täter hat das Opfer anscheinend erst in einer Bar massiv bedrängt und ist ihr auf ihrem Nachhauseweg gefolgt. Ein Zeuge, der ihn gesehen hat, hat die Polizei gerufen, woraufhin der Täter geflohen ist. Er wurde allerdings ziemlich schnell gestellt und sitzt jetzt in Untersuchungshaft.
Die Gerichtsverhandlung ist Ende dieses Monats und wir vertreten ... den Täter.
Ich kann meinen Augen nicht trauen, als ich das lese.
Natürlich wird man während des Studiums darauf vorbereitet, in der Zukunft nicht nur Mandanten zu vertreten, die man gern hat oder von deren Unschuld man selbst überzeugt ist. Die persönliche Meinung spielt keine Rolle, aber bei so etwas stellen sich mir die Nackenhaare auf.
Vielleicht bin ich zu sentimemtal bei diesem Thema, aber bei dem Gedanken, so jemanden zu verteidigen, dreht sich mir der Magen um.
~Was machen Sie da?~
Ich zucke erschrocken zusammen und sehe auf. Miss Branwell steht in der Tür und sieht mich misstrauisch an.
~Ach, Miss Branwell, schön Sie zu sehen~, gewinne ich etwas Zeit, um mir eine Notlüge auszudenken,~Ich bin gerade nur auf die spezielle Ordnung ihrer Akten aufmerksam geworden.~
~In der Zeit, in der Sie mein Chaos bewundert haben, hätten Sie mir genauso gut einen Kaffee machen können.~
~Entschuldigen Sie bitte. Natürlich bekommen Sie ihren Kaffee unverzüglich.~, sage ich gespielt reumütig, während ich an ihr vorbei gehe und Richtung Kaffeeküche pilgere.
Gekonnt werfe ich die Kaffeemaschine, scheinbar meinen einzigen Freund in dieser Kanzlei, an und warte dann, bis das braune Lebenselixier fertig ist. Nebenbei stelle ich Milch und Zucker neben die Kaffeemaschine und suche nach einer ungenutzten Tasse.
Natürlich muss diese im obersten Regal in der hintersten Ecke stehen. Wie hätte es auch anders sein können?
~Kann man Ihnen vielleicht helfen?~, fragt eine tiefe Stimme hinter mir und wieder zucke ich zusammen, bevor ich mich ertappt zu meinem Chef umdrehe.
Heute trägt Mr Lightwood einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug, der natürlich einfach perfekt an ihm aussieht. Er hat sich wohl länger nicht mehr rasiert, denn er hat einen leichten Bartschatten, der ihm erstaunlich gut steht.
Seine tiefblauen Augen scheinen mich regelrecht zu durchbohren und kurz vergesse ich zu atmen.
Aber genauso schnell habe ich mich wieder gefasst und mein Pokerface aufgesetzt.
~Sie würde mir einen hervorragenden Dienst erweisen, wenn Sie die Tasse von da oben runterholen könnten.~, bitte ich ihn.
Kurz zieht er die Augebrauen hoch, als hätte er nicht erwartet, dass ich antworte, bevor er geschmeidig auf mich zukommt und ohne sich groß anzustrengen nach der Tasse greift.
~Haben Sie vielleicht eine kleine Kaffeesucht oder warum sonst sehe ich Sie nur hier?~, fragt er nachdem er die Tasse vor mir abgestellt hat.
Noch immer steht er hinter mir, sodass ich seinen Atem auf meinem Nacke spüren kann. Sofort bekomme ich dort eine Gänsehaut. Was macht er bloß mit mir?
Dennoch kann ich nicht verhindern, dass sich bei der Andeutung meines Jobs bei Miss Branwell die Wut in meinem Bauch zu einer heißen Kugel zusammenballt.
Ohne ihn anzusehen, antworte ich in einem abfälligen Tonfall~Ich glaube, Miss Branwell braucht einfach jemanden, der ihren Kaffee kocht und ihre Akten schreddert. Ansonsten scheint sie keinen Verwendungszweck in mir zu sehen.~
Kurz meine ich seine Hand über meine Taille hinabfahren zu spüren, aber das kann ich mir ebenso gut eingebildet haben.
~Soll ich vielleicht mit Miss Branwell reden?~
~Nein! Ich meine, nein danke. Ich bekomme dieses kleine Missverständniss auch ohne Ihre Hilfe aus der Welt.~, antworte ich, im Versuch, meine Stimme nich vor Wut zittern zu lassen.
Dennoch freut sich ein kleiner Teil von mir, dass er mir helfen wollte, aber dieser Teil wird sofort geknebelt und in eine Kiste gestopft. Er ist mein Chef verdammt!
~Dann ist ja gut.~, meint er mit einem leicht beleidigen Unterton.
Endlich kommt der Kaffee aus der Maschine und ich gebe zusätzlich noch die Tonne fettfreie Milch und das Gramm Zucker hinzu. Genau so und nicht anders wünscht Miss Branwell ihren Kaffee -das gehört zu den Dingen, die ich mittlerweile gelernt habe.
Mit der fertigen Tasse will ich mich umdrehen, aber dort steht noch immer Mr Lightwood, der mir jetzt den Weg versperrt.
Seine Augen nehmen mich wieder gefangen und ich verliere mich schier in ihnen. Wie kann jemand, der so unfreundlich ist, so schöne Augen haben?
Ich weiß es nicht, aber das wäre schließlich nicht das Einzige, das an ihm perfekt wäre.
~Hören Sie zu, ich weiß, dass Miss Branwell nicht die Einfachste ist und auch manche ihrer Methoden sind mehr als fragwürdig, aber sie ist erfolgreich in dem, was sie tut. Sie können noch viel von ihr lernen und ich hätte Sie ihr nicht zugeteilt, wenn ich nicht absolut davon überzeugt wäre, dass Sie dem gewachsen sind. Sie werden schon mit ihr klarkommen und das Richtige tun. Daran habe ich keinen Zweifel.~
~D-danke~, stottere ich überrumpelt. Ich habe nicht mit solchen Lobeshymmnen gerechnet, schon gar nicht von Mr Lightwood.
Wieder bin ich so verunsichert, aber ich versuche, meine Maske krampfhaft aufrechtzuerhalten, denn sonst würde ich vermutlich zu einer Pfütze vor ihm zerschmelzen, wie ein Teenager, wenn ihm der heimliche Crush ein Lächeln zugeworfen hat.
Kurz sehe ich ihn noch an, bevor ich mir einen Weg an ihm vorbei und zurück zum Büro der Bit-Miss Branwell bahne.
Insgeheim danke ich ihm für seinen Rat, denn ich habe vor, das Richtige zu tun. Die Frage war nur, was ist mir das wert?
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