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Schweigend laufen wir zu seinem Auto. Während der Fahrt werfe ich ihm immer wieder kurze Blicke zu. Nervös beiße ich mir auf die Lippe. Ich dachte, wir würden mehr reden. Besonders wenn man bedenkt, wie charmant er ist und dass sein Mund normalerweise nie still steht.

„Wo fahren wir hin?", durch breche ich meine nicht still stehenden Gedanken und die Stille. Mit meinem Blick bewundere ich ihn. Seine schwarzen Haare hat er nach oben gegelt und wie immer ist er geschminkt. Überraschend sind für mich nur seine Kleider, er trägt ein schlichtes schwarzes Tshirt und eine blaue Jeans.

Magnus schenkt mir einen kurzes Lächeln, bevor er sich wieder der Straße zu wendet. „Das ist eine Überraschung.". Stirnrunzelnd drehe ich mich nach vorne und starre auf die Straße. Ich mag keine Überraschungen. Es fühlt sich für mich nun einmal nicht allzu toll an, wenn ich nicht die Kontrolle habe und nicht planen kann.

Ein Räuspern sorgt dafür, dass ich mich wieder Magnus zu wende. „Um ehrlich zu sein, war ich überrascht, dass du überhaupt zu gesagt hast.", verlegen klopft er mit einer Hand auf dem Lenkrad herum, „Ich dachte nicht, dass du mich leiden kannst.". Mit jedem Wort wurde er leiser, so dass ich am Ende Probleme hatte, ihn zu verstehen.

Da das keine Frage war, beschließe ich nicht darauf zu antworten. Wieder stellt sich zwischen uns eine fast schon unangenehme Stille ein. Meine Nervosität verdränge ich und setze meine gelangweilte Maske auf.

Die restliche Fahrt zieht sich und als Magnus endlich einparkt, atme ich erleichtert auf.

„Wo sind wir?", ich muster die Autos um uns herum. Wir sind mitten im Nirgendwo. Überall sind Bäume und Wiesen.

Magnus stellt sich dicht neben mich, „Wie gesagt, ich dachte nicht, dass du zu sagst. Also musste ich mir noch etwas überlegen, was wir machen können.". Er zuckt mit seinen Schultern, greift meine Hand und zieht mich hinter sich her.

Es durchfährt mich wie ein Blitzschlag, als er seine Hand in meine legt. Mein ganzer Körper steht unter Spannung und ich kann nichts anderes tun, als ihm zu folgen.

„Wir sind hier in einem Naturpark.", greift er meine Frage auf. Er zieht uns zu einem kleinen Häuschen, in dem ein Mann und gelangweilt anguckt. Er kauft zwei Karten, greift sich wieder meine Hand und zieht mich lächelnd an dem Mitarbeiter, im Häuschen, vorbei.

Erstaunt betrachte ich unsere Umgebung, „Es ist hier wunderschön, Magnus.", ich betrachte ihn lächelnd, „Danke, dass du mich hierher gebracht hast.".

Sofort erstrahlt sein Gesicht und mir geht dabei das Herz auf. „Freut mich, dass es dir gefällt. Ich war mir nicht ganz sicher.".

Hand in Hand laufen wir im auf den gekennzeichneten Wegen entlang und betrachten die Aussicht. An einem großen See, der in der Sonne glitzert, bleiben wir stehen. „Wollen wir uns setzen?", fragend guckt Magnus mich an. Auf mein Nicken hin, setzen wir uns auf eine Bank und ich beobachte eine kleine Enten- Familie, die vor uns im Gras herum lief.

„Erzähl mir etwas über dich.", fängt Magnus ein Gespräch an. Unsicher blicke ich auf, „Was willst du wissen?". Lächelnd zuckt er nur die Schulter, „Irgendetwas.".

„Na gut.", verlegen kratze ich mich am Hinterkopf. „Ich mag die Farbe schwarz.".

Gespielt überrascht zucken Magnus Augenbrauen nach oben, „Ach wirklich? Das wusste ich ja noch gar nicht.".

Leise fange ich an zu lachen, „Sehr witzig.". Ich drehe mich auf der Bank ein Stück zu ihm und lege meinen Arm auf die Lehne der Bank. Ich könnte mit meinen Fingern über seine Schulter streichen. „Ich bin nicht sonderlich sozial. Den Großteil der Leute in der Schule kann ich nicht ab und ich mache gerne Kampfsport.".

Ich spüre seinen Blick, der sich sofort auf meinen Körper richtet, „Das sieht man.", höre ich ihn leise murmeln. Sofort zieht sich mein einer Mundwinkel nach oben und ich betrachte Magnus belustigt. Seine Wangen nehmen eine rosa Färbung an.

„Erzähl mir etwas über dich.", fordere ich ihn auf.

Nachdenklich lehnt er sich auf der Bank ein Stück nach hinten, so dass meine Fingerspitzen seine Schulter berühren. Als wäre ich unter Zwang, fange ich sofort an in zu berühren. Fasziniert betrachte ich mich selbst dabei. Seine Schulter strahlt eine Wärme aus, die sich sofort in mein Herz fest setzt.

„Ich gehe gerne auf Partys.", Magnus unterbricht meine Beobachtung und mein Blick richtet sich auf sein Gesicht, in dem ein nachdenklicher Ausdruck steht, „Aber nicht unbedingt, weil ich gerne trinke oder tanze. Also ich trinke und tanze gerne.", sagt er mit einem Zwinkern, „Doch der Hauptgrund, warum ich auf Partys bin, ist der, dass ich nicht gerne alleine bin.". Verwirrt betrachte ich ihn.

Nachdenklich lege ich den Kopf schief und denke nach. Immer wenn ich Magnus sehe, ist er von Menschen umgeben. „Wieso?", frage ich ihn leise. Mir ist noch nicht einmal bewusst, dass ich ihn weiter mit meinen Fingerspitzen berühre.

Er zuckt mit seinen Schultern, „Mein Vater und ich kommen nicht sonderlich gut miteinander aus, also versuche ich so oft wie möglich, nicht Zuhause zu sein.".

„Was ist mit deiner Mum?".

Es scheint, als möchte Magnus meine Frage nicht beantworten, denn es herrscht eine ganze Weile Stille zwischen uns, in der er auf den See guckt, während mein Blick auf ihm liegt.

„Sie ist tot.", durchbricht er die Stille, „Sie hat sich das Leben genommen, da war ich neun.".

Entsetzt ziehe ich ihn zu mir in eine Umarmung. „Das tut mir leid.", flüster ich ihm leise ins Ohr, während er sich an mich klammert.

„Es ist schon lange her.", höre ich ihn gedämpft durch mein Tshirt sagen. Mit einer Hand streiche ich über seinen Rücken, „Das macht den Schmerz aber nicht ungeschehen.".

Überrascht hebt er seinen Kopf. Unsere Gesichter sind nur noch ein paar Zentimeter von einander entfernt und ich spüre seinen Atem auf meinen Lippen. „Nein, das macht es nicht.", haucht er, „Aber die Zeit dämpft den Schmerz.".

Ich muss das Verlangen, ihn zu küssen, verdrängen. Er ist gerade verletzlich und ich möchte ihn nicht ausnutzen. Denn wenn ich etwas nicht versauen möchte, dann ist es das zwischen uns.

Verlegen löst Magnus sich von mir und rutscht auf der Bank von mir weg. Mir fehlt sofort seine Wärme und traurig betrachte ich die Lücke zwischen uns. Wir richten beide den Blick auf den See, der vom Sonnenuntergang rot beleuchtet wird.

„Wir sollten langsam gehen.", stellt Magnus fest. Zustimmend stehe ich auf und ziehe in an seiner Hand hoch. Doch ich lasse sie danach nicht los. Ich behalte seine Hand in meiner. Sie ist so weich und am liebsten würde ich sie nie wieder los lassen.

„Ich fahre dich nach Hause.", teilt mir Magnus im Auto mit, während wir uns anschnallen. Während der Fahrt können wir unsere Augen nicht von einander lassen und ich spüre, wie er mir immer wieder kurze Blicke zu wirft. Es herrscht wieder Stille zwischen uns, doch diesmal empfinde ich sie nicht als störend. Wir brauchen einfach nichts sagen.

Als Magnus den Schlüssel dreht, erstirbt der Motor. Draußen ist es schon dunkel und die Rückfahrt ist schnell vergangen. Nervös betrachte ich Magnus aus dem Augenwinkel, der nachdenklich in die Ferne guckt.

„Es war wirklich schön.", flüster ich leise und löse meinen Gurt. Mein Herz fängt an zu rasen, als er mich immer noch nicht anguckt. Fand er das Date so schlimm? Da er mich komplett ignoriert, möchte ich die Tür auf machen. Doch seine Hand, die meinen Arm sanft umfasst, hindert mich daran.

„Ich würde dich gerne noch einmal sehen.".

Unsicher gucke ich ihn an, meint er das Ernst? Magnus hat sich inzwischen in seinem Sitz in meine Richtung gedreht. Liebevoll streicht er mir eine schwarze Strähne aus der Stirn, „Ich möchte ehrlich gesagt auch mehr sein, als nur dein Date.".

Verwirrt runzel ich die Stirn, „Mehr als mein Date?". Ich stehe auf dem Schlauch, was meint er damit?

Ich höre ihn leise lachen. Sanft umfasst er mein Kinn und dreht es in seine Richtung. „Ich möchte dein Freund sein.", haucht er leise, bevor er seine Lippen auf meine presst.

Unsere Lippen verschmelzen miteinander, während ich versuche die Unsicherheit von mir abzuschütteln. Mein Herz fängt an schneller zu klopfen, während wir unsere Lippen aufeinander bewegen. Langsam lösen sie sich, während ich keuchend nach Luft schnappe.

„Ich möchte, dass wenn du Kummer hast, mich anrufst. Ich möchte, wenn mein Atem dich trifft, dass du Gänsehaut bekommst. Dein Herz soll bei meinem Anblick schneller schlagen. Ich möchte, dass du nicht aufhören kannst, an mich zu denken.", sein Blick ist gerade zu flehend, „Sag mir bitte, dass du das Gleiche auch von mir möchtest.".

Unsicher senke ich den Blick und schweige. In meinem Kopf rasen die Gedanken, doch ich kann einfach keinen davon ausdrücken.

Anscheinend fasst Magnus das als Antwort auf, denn er lässt mein Kinn los und ihm entkommt ein Wimmern, während er sich nach hinten auf seinen Sitz fallen lässt. Abwesend streicht er sich über die Brust, genau da, wo das Herz sitzt.

„Okay.", haucht er leise, „Ich habe verstanden.", er holt zitternd Luft, „Und es ist in Ordnung. Aber Alexander, ich werde dich nicht so leicht aufgeben.".

Ich lasse meinen Blick zu ihm gleiten. In seinen Augen glitzert es verdächtig, sofort bleibt mir das Herz stehen. Schnell hebe ich meinen Arm und berühre seine Hand, die immer noch auf seiner Brust liegt.

„Ich will es auch.", sage ich leise. Überrascht dreht er seinen Kopf zu mir und betrachtet mich. Nervös beiße ich mir auf die Lippe, „Es ist nur so, dass ich noch nie einen Freund oder eine Freundin hatte.", ich kann mir ein nervöses Lachen nicht verkneifen.

Mit großen Augen guckt Magnus mich an,„Heißt das, du bist noch Jungfrau?". Seine Stimme klingt heiser und jagt mir einen Schauer über den Rücken. Ich brauche ihm nicht antworten, mein verlegender Blick sagt alles.

„Wow.", haucht er, „Das hätte ich nicht gedacht.".

Verlegen kratze ich mich am Hinterkopf, „Ich würde verstehen, wenn du jetzt doch nicht mit mir zusammen sein möchtest, schließlich warst du schon mit ein paar Leuten zusammen und im Vergleich zu denen, habe ich gar keine Erfahrung.", stirnrunzelnd gucke ich ihn an, „Mit wie vielen eigentlich genau?".

Verlegen fängt Magnus an auf seinem Sitz hin und her zu rutschen, „Alexander, das möchtest du nicht wirklich wissen.".

Ich richte mich in meinem Sitz auf und betrachte ihn aus zusammen gekniffenen Augen, „Doch. Sag es mir,Magnus. Von mir aus kannst du auch runden, wenn du die genaue Zahl nicht weißt.".

Er wirft mir einen entschuldigenden Blick zu, „Ich habe dir erzählt, dass ich nicht gut mit meinem Vater klar komme und deswegen kaum Zeit Zuhause verbringen möchte, oder?". Nach einem Nicken von mir, fährt er fort. „Ich habe nicht nach jeder Party mit jemanden geschlafen, aber nach den meisten. Meistens habe ich die Chance genutzt und bei ihnen übernachtet. Es war also eine Nacht weniger, die ich Zuhause verbringen musste.".

Ich lege meinen Kopf schief, „Wie oft gehst du auf eine Party?". Mein Herz hat wieder angefangen wie wild zu klopfen.

„Fast jeden Samstag seit ich fünfzehn bin.".

Geschockt lasse ich mich in den Sitz fallen. Er hat so viel Erfahrung und ich habe gar keine. In mir macht sich ein beklemmendes Gefühl breit und ich massiere mir meine Nasenwurzel. Magnus neben mir hat sich ebenfalls in seinen Sitz fallen gelassen und guckt aus dem Fenster.

„Wenn man so darüber nach denkt, haben wir nichts gemeinsam, oder?". Seine Stimme klingt so traurig und ich muss mit aller Macht den Kloß in meinem Hals herunter schlucken. Ich hatte so gehofft, dass es zwischen und klappen kann, aber mit jeder Minute, die wir weiter schweigend in dem Auto sitzen, wird meine Hoffnung weniger.

„Ich sollte dann mal rein gehen.",sage ich leise, während ich die Autotür öffne. Magnus steigt ebenfalls aus dem Auto aus und lehnt sich an die Motorhaube, er guckt mich traurig an.

„Das Date war wirklich toll, Magnus.", ich hole tief Luft, um auch den abschließenden Satz heraus bringen zu können, „Aber das zwischen uns kann einfach nicht klappen.". Unsicher hebe ich meine Schultern. Magnus nickt nur kurz, während er mich einfach weiter betrachtet. Meinen Anblick regelrecht in sich aufsaugt.

Das war es dann wohl. Mit gesenkten Kopf und einem Kloß in meinem Hals drehe ich mich um und gehe zur Haustür. Was machst du hier eigentlich, Alec? Der Typ, auf den du schon seit Ewigkeiten stehst, sagt dir, dass er mit dir zusammen sein möchte. Und was machst du? Du lehnst ab, weil du Angst hast. Angst, dass ihm irgendwann auffällt, dass du nicht genug Erfahrung hast und er lieber jemand anderen möchte. Angst, dass es doch nicht klappen kann und du am Ende mit einem gebrochenen Herzen da stehst. Sei nicht so ein Angsthase und höre ausnahmsweise mal auf dein Herz.

Ruckartig bleibe ich stehen und drehe mich langsam um. Magnus steht immer noch am Auto und guckt mich an.

„Mir ist scheißegal, mit wie vielen Leuten du schon zusammen warst.", meine Füße setzen sich in Bewegung. Fast schon erleichtert stößt Magnus sich vom Auto ab und läuft auf mich zu,, „Und mir ist egal, mit wie viel Leuten du noch nicht zusammen warst.".

Glücklich drücke ich meine Lippen auf seine. Zum ersten Mal bin ich meinem Herzen gefolgt und nicht meinem Kopf. Und das war eindeutig die richtige Entscheidung.

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