24. Tür
"Frohe Weihnachten.", mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen springt mir meine kleine Schwester in die Arme. Mir entkommt ein Ächzen, als ich sie auffange und sie an mich ziehe. "Frohe Weihnachten, Izzy.", ich streiche ihr die schwarzen Haare aus dem Gesicht und gucke in ihr ungeschminktes Gesicht.
Grinsend löst sie sich von mir und bufft mir ihren Ellenbogen in die Seite. "Ich hoffe der Weihnachtsmann hat super Geschenke für mich.". Ihre Augenbrauen wackeln bei jedem Wort. Ich ziehe ein unschuldiges Gesicht, "Wenn du dieses Jahr ein braves Mädchen warst, wird der Weihnachtsmann sich bestimmt deine Wunschliste angeguckt haben.".
Sie schiebt schmollend ihre Unterlippe vor, "Wenn du mir verrätst, was ich bekomme, sage ich dir, was du geschenkt bekommst.". Abwägend lege ich meinen Kopf schief und lasse es mir durch den Kopf gehen. "Nähh.", lehne ich ab und lege ihr einen Arm um ihre Schulter, "Dann ist es ja keine Überraschung mehr.". Zusammen laufen wir zum Frühstück in die Küche, "Außerdem verraten mir Mum und Dad nicht mehr, was du zu Weihnachten bekommst.".
Sie schiebt schmollend ihre Hände in die Taschen ihres Hasen Onesie. "Geht mir auch so.", brummt sie, "Ich verstehe gar nicht, wieso sie inzwischen so ein Riesen Geheimnis draus machen.".
"Das liegt vielleicht daran, dass ihr Zwei euch immer schon im Vorfeld darüber austauscht.", begrüßt uns Magnus, der mit verwuschelten Haaren gegen den Türrahmen gelehnt steht. Sein Blick bohrt sich in mich. Möglichst unauffällig schiebe ich meine Schwester zuerst in die Küche und versuche ihr schnell zu folgen.
Doch eine warme Hand legt sich auf meinen Arm und hindert mich am weiter laufen. "Wo warst du?", fragt Magnus mich und guckt mich verletzt an. "Gestern Abend warst du nicht da und heute Morgen lagst du ebenfalls nicht mehr neben mir im Bett. Doch das Laken war noch warm und dein Kopfkissen zerknautscht.".
Unschuldig zucke ich mit meinen Schultern. "Senile Bettflucht.", antworte ich ihm flapsig. Die Wahrheit ist, dass ich ihm gestern nicht mehr unter die Augen treten konnte. Wäre er bei meiner Ankunft noch wach gewesen, hätte ich bestimmt etwas gesagt, was ich jetzt bereuen würde.
"Los komm mit.", ich möchte nicht weiter von ihm mit Fragen gelöchert werden. Also schnappe ich mir seine Hand und ziehe ihn hinter mir her zu meiner Familie. Entgegen meiner Gewohnheit ziehe ich meinen Bruder um diese Uhrzeit in eine angeregte Unterhaltung.
Während des Frühstücks kann ich mehrere verwunderte Blicke auf mir spüren. Zwei Augenpaare bohren sich regelrecht in mich. "Was?", frage ich Izzy. Ich schiebe mir mein Brötchen in den Mund und schmiere mir dabei Nutella an die Wange. Kauend wische ich mir darüber, doch ich verschmiere die Schokoladen - Creme lediglich dabei noch weiter.
"Warte.", murmelt Magnus neben mir und greift sich ein Zewa, um mir das Nutella von der Wange zu wischen. "Danke.", nuschel ich mit vollem Mund, "Wann bekommen wir eigentlich unsere Geschenke?". Mit einem Augenrollen gibt mein Vater mir einen leichten Klaps gegen den Hinterkopf. "Wie immer nach dem Abendessen, Alec.".
Nach dem wir die Teller abgeräumt haben, fängt meine Schwester mich an der Tür ab. "Können wir kurz reden?". Hat sie sich etwa mit Simon gestritten? "Natürlich.", antworte ich und lasse mich in ihr Zimmer ziehen. Ahnungslos zucke ich meine Schultern und erwidere Magnus Blick, der mir folgt. Keine Ahnung, forme ich wortlos mit meinen Lippen.
In ihrem Zimmer schubst die Schwarzhaarige mich auf ihr Bett und stemmt ihre Hände in die Hüfte. "Was ist zwischen euch los?".
Verwirrt sitze ich da und gucke sie fragend an, "Was meinst du?".
Mit ihrer Hand fuchtelt sie mir vor dem Gesicht herum. "Was ich meine?", faucht sie, "In einem Moment klebt ihr an euren Lippen aneinander und im nächsten Moment weichst du ihm aus. Was. Hast. Du. Gemacht.".
Ich verschränke meine Arme abwehrend vor der Brust, "Wieso soll das ganze meine Schuld sein?". Abwartend hebt sie eine Augenbraue und tippt mit ihrem Fuß auf den Boden.
"Na gut.", fauche ich, "Er wollte mir etwas sagen, bevor wir hier her gefahren sind. Doch ich habe ihn darum gebeten, damit bis nach den Feiertagen zu warten.". Izzy lässt sich neben mich sinken, "Warum wolltest du es nicht hören?".
Ich weiche ihrem Blick aus. "Er möchte sich von mir trennen.", murmel ich leise. Bei meinen Worten bricht mein Herz ein kleines Stück und ich habe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. "Das glaube ich nicht.", widerspricht mir Izzy, "Ich habe mich gestern mit ihm unterhalten. Das Ganze zwischen euch ist bestimmt nur ein Missverständnis.".
"Ein Missverständnis.", murmel ich leise, während ich mir über meine schmerzende Brust reibe, "Natürlich.". Mein Blick gleitet ins Leere, als ich an die vergangenen Tage denke, "Weißt du, gestern morgen dachte ich noch, dass es gar nichts schlimmes sein kann. Nicht, wenn er mich so anguckt und mein Herz regelrecht aus meiner Brust in seine Hand springen möchte.".
Tröstend legt sie mir eine Hand auf die Schulter, "Ihr habt beim Schmücken so süß zusammen ausgesehen. So miteinander im Reinen. Was hat sich geändert?".
"Ich habe ihn telefonieren gehört.", murmel ich abwesend, "Was auch immer er mir sagen möchte, wird seiner Meinung nach unsere Beziehung und Freundschaft zerstören.". Izzy fängt an mit ihrem Kopf zu schütteln. Ihre schwarzen Haare peitschen dabei herum. "Das glaube ich nicht.", protestiert sie, "Ihr müsst miteinander reden. Am besten jetzt sofort.".
Vorsichtig schiebe ich sie von mir und erhebe mich. "Lieber nicht.", brumme ich, "Die nächsten Feiertage möchte ich nicht mit einem gebrochenen Herzen verbringen.".
"Alec.", ruft Izzy mir hinterher, als ich aus ihrem Zimmer stürme. Den restlichen Vormittag gehe ich so vielen Menschen wie möglich aus dem Weg. Die Zeit vor dem Essen verstecke ich mich bei meinem kleinsten Bruder und vergrabe meine Nase in einem seiner Comics.
Die Zeit verfliegt wie im Fluge, als Max auf einmal aufspringt und sich schüttelt. "Wir müssen uns für das Essen fertig machen.", antwortet er mir auf meinen fragenden Blick. Widerstrebend hieve ich mich aus dem kleinen Sessel heraus. "Wir sehen uns unten.", brumme ich.
Im Flur kommt mir Jace entgegen. "Alec, du musst mir kurz helfen.". Er deutet auf sein Handy, "Ich soll für Mum ein paar Gläser Rotkohl aus dem Schrank holen, doch Clary hat mich gerade angerufen.".
Fragend hebe ich eine Augenbraue, "Und du kannst nicht mit ihr telefonieren, wenn du gerade ein paar Sachen holst?". Unschuldig grinsend winkt er mich mit seiner Hand fort, "Ich bin kein Fan von Multitasking. Also Husch Husch.". Augen rollend schiebe ich ihn aus dem Weg und laufe nach unten.
Ich öffne die Tür der Vorratskammer. Gerade als ich einen Schritt hinein treten möchte, tauchen Magnus und meine Geschwister hinter mir auf. "Was soll das?", fragt Magnus die beiden verwirrt. Jace und Izzy tauschen einen Blick, bevor sie uns in die Kammer schieben und die Tür hinter uns schließen.
"Izzy! Jace!", fauche ich und klopfe laut an die Tür, "Was soll der Scheiß? Macht die verdammte Tür auf!". Magnus Körper ist eng an meinen gepresst. Hilflos klammern wir uns aneinander, um nicht in die Regale voller Lebensmittel zu fallen. "Wir lassen euch erst raus, wenn ihr miteinander geredet habt.", höre ich die Stimme meiner Schwester durch die Dunkelheit.
Schlecht gelaunt ziehe ich an der kleinen Strippe und lasse es Licht werden. Für einen besseren Halt schlinge ich meine Arme um Magnus Hüfte. Dieser legt seine Hände auf meiner Brust ab. "Weißt du was das soll?", fragt er mich. "Ihr sollt miteinander über eure Probleme reden.", schreit Jace durch die Tür.
"Unsere Probleme?", verwirrt zieht Magnus seine Augenbrauen nach oben. Ich presse stumm meine Lippen aufeinander und weiche seinem Blick aus. "Sag einfach, was du die ganze Zeit sagen wolltest, damit wir hier heraus können.", platzt es aus mir heraus.
Verunsichert blinzelt er mich an, "Ich weiß nicht, wovon du redest.". Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen und hebe meinen Blick. "Sprich es einfach aus, Magnus.". Mein Herz zieht sich qualvoll in meiner Brust zusammen.
"Wieso habe ich das Gefühl, dass du dich gerade für einen Kampf bereit machst?", Magnus zieht spöttisch seinen Mundwinkel nach oben, "Ich dachte immer, dass sich mein Partner freut, wenn ich es ihm sage.".
Ich schüttel verwirrt meinen Kopf und versuche den Nebel zu verscheuchen, der sich in meinem Gehirn breit gemacht hat, seit wir in diese Kammer gesperrt wurden. "Dann werden deine Partner anscheinend alle nicht mehr ganz dich im Kopf sein.", presse ich mühsam hervor.
Magnus zuckt zusammen und zieht verletzt seinen Kopf zurück. "Wow.", murmelt er leise, "Ich hatte Angst, dass du damit ein Problem haben würdest, doch alle haben mir gesagt, dass das nicht stimmt und du dich darüber freuen würdest.". Ruckartig zieht er seine Hände von meiner Brust. Er verliert das Gleichgewicht und ich kann ihn gerade noch am Fallen hindern.
"Bleib stehen.", ermahne ich ihn. Ich kann die Wärme seiner Haut auf meinem Körper spüren. "Ich wüsste nicht, wieso ich mich darüber freuen sollte.", zische ich, "Es hat vielleicht damit zu tun, dass ich mir nicht gerne das Herz heraus reißen lasse.".
Verdutzt starrt Magnus mich an. "Ich liebe dich.", fauche ich, "Und natürlich reagiere ich verletzt, wenn sich der Typ, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte, mit mir Schluss macht.".
Der Schwarzhaarige schüttelt seinen Kopf, "Was redest du da für einen Schwachsinn? Ich wollte nicht mit dir Schluss machen. Ich wollte dir sagen, dass ich dich liebe, Alexander.".
Seine Worte bringen mich zum Schweigen. Fassungslos gucke ich den Mann in meinen Armen an. "Du wolltest dich nicht von mir trennen?", frage ich ihn, um sicher zu gehen. "Natürlich nicht.", erwidert er, "Ich hatte Angst vor deiner Reaktion und habe es dir deswegen nicht gesagt.".
"Das ging mir auch so.", murmel ich leise, "Ich dachte, dass du nicht so für mich empfindest und wenn ich es sage würde, damit alles zwischen uns ruiniere. Als du dann angefangen hast, dich so seltsam zu benehmen, dachte ich, dass es vorbei wäre und du nur noch auf den richtigen Moment wartest, um es mir zu sagen.".
Fast schon liebevoll gleiten Magnus Hände in meine Haare und ziehen an einer Strähne. "Möchtest du mir gerade etwa mitteilen, dass wir die letzten paar Tage völlig umsonst mit unserem Verhalten verdorben haben? Ich hätte also die ganze Zeit mit meinem Freund verbringen können, der mich genauso liebt, wie ich ihn?".
Ein Strahlen erscheint auf meinem Gesicht und das Kribbeln breitet sich in meinem Bauch aus, um mein gebrochenes Herz zu heilen. "Hey.", murmel ich, "Gib nicht nur mir die Schuld, Bane.". Liebevoll reibe ich unsere Nasen aneinander, "Du hast ebenfalls nichts gesagt.".
Er schlingt seine Arme um meinen Hals und drückt mir einen Kuss auf den Mundwinkel, "Wir haben beide keine Glanzleistung abgeliefert, Lightwood.". Ich versinke in seinen bernsteinfarbenen Augen. "Ich liebe dich, Magnus. Versprich mir, dass wir in Zukunft versuchen werden, besser miteinander zu kommunizieren, damit so etwas nicht noch einmal passieren kann.".
Grinsend zieht er eine Augenbraue nach oben, "Du möchtest etwa nicht von deinen Geschwistern in die Vorratskammer gesperrt werden?". Spielend pikse ich meinen Finger in seine Seite. Magnus entkommt ein Glucksen, bis der Ausdruck in seinen Augen liebevoller wird und das Lachen verstummt. "Ich liebe dich auch, Alexander. Jetzt und wahrscheinlich für den Rest meines Lebens.".
Unsere Lippen vereinigen sich zu einem Kuss. Fest umschlinge ich ihn mit meinen Armen und ziehe Magnus näher zu mir heran. Ich brauche ihn wie die Luft zum Atmen. Seine Finger spielen mit den Haaren in meinem Nacken und ich kann die Weihnachtsmusik hören, die meine Familie im Wohnzimmer eingeschaltet hat.
Ich kann das Grinsen nicht unterdrücken, welches sich auf meine Lippen schleicht. "Was ist? Warum lächelst du?", fragend guckt mich mein Freund und die Liebe meines Lebens an. Ich platziere einen Kuss auf seine Wange, "Ich musste gerade nur daran denken, dass dieser Moment auf mich wie ein Weihnachtswunder wirkt. Wenn ich an die letzten Tage denke, hätte ich nie gedacht, dass ich heute hier mit dir stehe und dir sagen kann, dass ich dich liebe.".
Mit einem liebevollen Zug um die Lippen, legt Magnus mir eine Hand auf die Wange. "Du, Alexander Lightwood, bist einfach ein Jackpot.".
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Ende
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